Liebe Leute, das letzte lange Wochenende waren wir auf der Peene. Die Peene ist ein Flachlandfluss mit extrem geringem Gefälle. Am Startpunkt Malchin, also weitab der Ostsee im Herzen Mecklenburgs, befinden wir uns nur etwa 24 cm über dem Meeresspiegel. So hängen der Wasserstand des Malchiner und des Kummerower Sees tatsächlich vom Wasserstand der Ostsee und des Oderhaffs ob. Die Strömung im Fluss wechselt entsprechend. Aber Strömung ist an der Peene normalerweise kein Thema. Häufiges Thema ist der Wind. Das flache, oft sumpfige und daher baumarme Land und die Nähe zur Ostsee lassen oft kräftige Winde wehen.
Warum wählten wir die Peene? 1. weil wir sie noch nicht kannten. 2. weil sie ein bekanntes Naturparadies ist. 3. weil Winde aus West vorhergesagt wurden. 4. weil ich doch mal probieren wollte, ob ich auf einer Gepäcktour mit dem provisorisch auf unser Ally montierte RZ85-Segel klar komme. Noch vor drei Wochen, beim ersten richtigen Segeltest auf dem Stienitzsee, konnte ich mir nicht so recht vorstellen, ob das Spaß machen könnte. Aber nun wollten wir das mal probieren.
Start war in Malchin. Die ersten 4 km auf einem kanalartigen Abschnitt hatten wir das Segel noch nicht montiert. Erste positive Feststellung: auch verpackt stört es wenig. Kurz vor dem Kummerower See liegt noch mal ein Seglerhafen. Dort haben wir aufgetakelt. Mehrere Leute warnten uns, auf den Kummerower See hinauszufahren. Einer kam mit seinem Segelboot vom Wasser und hatte dort gerade Windstärke 4, in Spitzen bis 7 erlebt. Aber der Wind kam aus West und hätte uns nahe des Westufers ohne große Wellen frisch vorwärts getrieben. Ich habe mich leider leider davon beeindrucken lassen und habe darauf verzichtet, die Fock zu setzen. Als wir ein paar Minuten später auf dem See waren, war der Wind bereits beim abendlichen Abflauen. So kamen wir nur langsam vorwärts, 5 km/h, maximal 7 km/h, das war das höchste der Gefühle. Große Strecken dümpelten wir nur mit 3 km/h hin. Die Fock hätte bestimmt noch 1 - 2 km/h mehr rausgeholt. Na ja, als es dann drohte dunkel zu werden, griffen wir zusätzlich zu den Paddeln. Über den ganzen See, immerhin satte 10 km lang, hätten wir es heute sowieso nicht mehr geschafft. So fuhren wir in den Peenekanal Richtung Neukalen und fanden mitten im Sumpf unter einer Uferweide ein Stück trockenes Land fürs Zelt.
Nachts trappelte und wieherte es am Zelt. Da waren offenbar wilde Pferde unterwegs im Sumpf. Ausgebüchst? Einen schweren Schlag aufs Wasser wie von einer Biberkelle hörten wir ebenfalls. Und natürlich ein paar Kraniche und Wildgänse.
Der nächste Tag begann spätsommerlich warm und erfreulich windig. Der Wind blies allerdings heute aus Süd und hatte damit die gesamte Seefläche für den Aufbau von Wellen zur Verfügung. Da war kein entkommen unter Land möglich. Aber der Wind blies nur mäßig, und so konnten wir richtig schön segeln. Zwar hatte ich auch heute keine Fock aufgezogen (das Handling ist mit Fock komplizierter als ohne), aber wir fuhren dennoch schöne 5 bis 7 km/h. Die Wellen erreichten nach 5 bis 10 km Anlauf 30 - 40 cm Höhe und waren immer schneller als wir. Die Wellen von hinten versuchten öfters mit ganzer Kraft das Boot aus dem Kurs zu bringen. Irgendwie komme ich mit dem Wikingersteuer noch nicht so richtig klar. Als wir die Segelrichtung gewechselt hatten, musste ich das Steuer sogar von steuerbord auf backbord montieren - was für ein Frevel!
Es gibt am Westufer des Kummerower Sees eine Untiefe, die in den Karten eingezeichnet ist. Die müssen wir glatt überfahren haben, wenn ich den hellen Fleck auf Google-Earth richtig interpretiere. Geschrammt hat aber nichts. Am Nordende des Sees geht eine lange Reuse fast 1 km den See hinaus und versperrte uns den Zugang zur Fahrrinne. Am Schilfrand ließ sie sich aber überfahren. Nur die Schwerter klappten hoch. Am Rastplatz Aalbude (Verchen) vertraten wir uns kurz die Beine. Es gibt entlang der Peene etwa 10 ausgewiesene Wasserwanderrastplätze. Konsistentes Merkmal ist an allen Plätzen ein neuer Schwimmsteg, bequem für Paddler. Ansonsten sind sie unterschiedlich ausgestattet, eher komfortabel, zT mit warmen Duschen - echt dekadent!
Am Rastplatz Aalbude weist auch gleich ein Schild auf die Preise, die hier zu löhnen sind: ich glaube 2.50€ allein fürs Anlegen. Am Ende der Tour habe ich dann mal ein Leihkanadier-Pärchen gefragt, was sie auf diesen Plätzen bezahlt haben: zwischen 4 und 9 Euro.
Weiter ging es auf der Peene in Kombination Segeln und Paddeln. Auch wenn der Wind hier nicht mehr stetig blies, eine spürbare Hilfe war es schon. Allerdings musste man halt auch ständig auf die wechselnden Winde reagieren. Dieser erste Abschnitt der Peene zwischen Kummerower See und Demmin ist landschaftlich sehr schön und auch recht abwechslungsreich.
Demmin war am Sonntag Abend relativ tot. Anlegen ist schwierig bzw. fast überall verboten, und ein Eis gab es auch nicht für uns. Aber immerhin haben wir zwei Nazis gesehen, für die diese Gegend berühmt ist. Die zwei jungen Männer überholten uns in ihrem Motorboot, hatten das typische Outfit, und guckten so komisch angestrengt weg. Das müssen welche gewesen sein ;-)
Das zweite Nachtlager schlugen wir einige Kilometer hinter Demmin auf. Eigentlich ein schöner Ort, hohes Ufer, von Land aus nur selten besucht, aber die große Feuerstelle total vermüllt. Gegenüber sammelten sich nach und nach dutzende, vielleicht hunderte Kraniche am Schlafplatz. Tagespensum betrug fast 28 km. Absolut pefekter Sternenhimmel (Neumond). Taunass in der Frühe.
Am nächsten Morgen strebten die Kraniche wieder in alle Himmelsrichtungen auseinander, ihre Futterplätze aufsuchend. Unterhalb von Demmin ist das Peenetal landschaftlich nicht mehr so vielfältig. Regelmäßig begleiten Wiesen, Erlenbrüche, Sümpfe und die offenen Wasserflächen der aufgegebenen Torfstiche den Fluss. In Loitz versuchen wir wieder an ein Eis zu kommen - diesmal mit Erfolg. Die Toiletten an der Marina sind gut ausgestattet. Da wir Wasser fassen wollen, investieren wir die 50 Cent für das Münzschloss und begeben uns in dieses Sanitärreich. Zuerst bei einer warmen Dusche das Wasser ablaufen lassen, dann den Kanister füllen. Man weiß ja nie, wie lange das Wasser bereits in der Leitung steht. Ich glaube es ist das erste mal, das ich während einer Flusstour warm dusche ;-)
Eigentlich sind diese Marinas wohl auf Motorboot-, insbesondere Hausbootfahrer ausgerichtet, die im Hochsommer die Peene hoch- und runterschippern. Alle Außenanlagen hier in Loitz sind bestens instandgesetzt bzw. neu gebaut worden, aus meiner Sicht wohl das letzte mal, bevor hier nach und nach die Lichter ausgehen werden. Irgendwie sieht es alles viel zu groß aus für die wenigen Gestalten, die sich hier herumtreiben. Wir fahren weiter bis auf Höhe Alt Plestlin, wo wir auf einem schönen grünen Flecken kurzrasiger Wiese im Schatten einer Weide Mittagessen kochen (Wiener, Kartoffelbrei, Kaffee). Später geht es durch sehr ruhige Abschnitte. Ringelnatter, Silberreiher. Mehrfach sehen wir Fischadler, andere Greife, auch einen schönen alten Seeadler.
Abends machen wir auf einem offiziellen Rastplatz Schluss. Die Autobahn ist bereits in Hörweite. Näher an Jarmen wäre es uns zu unruhig. Hier erleben wir einen schönen Sonnenuntergang, viele Schwalben, und Massen von Staren, die in quirligen Formationsflügen über den Wiesen kreisen. _Fast_ so wie hier: Murmuration.
Am letzten Tag haben wir uns viel Zeit gelassen und sind nur noch bis Jarmen gefahren. Mach Anklam, 26 km weiter, hätten wir es nicht mehr geschafft. Wir wollten ja noch das Auto zurückholen, was hier mit außerordentlich weiten Wegen und 1 bis 3 mal umsteigen verbunden ist. Mein Bus 300 ging nach Neubrandenburg, dann mit der OLA (Ostseeland Verkehr) auf der Schiene nach Malchin. Zurück in Jarmen kommt man mit dem Auto nicht in die Nähe des Rastplatzes an der Peene. Dieser wurde zwar wieder mit einem dieser schönen Schwimmstege ausgestattet, aber der einzige Fahrweg zu diesem Rastplatz wurde 400 m entfernt durch große Findlinge für Autos versperrt. Super freundlich von der Stadtverwaltung. Also ich kann nur empfehlen, um Jarmen einen großen Bogen zu machen. Wir mussten das ganze Gerödel dann 200 m zum Auto schleppen (Bootswagen benötigt man an der Peene normalerweise nicht). Dann ging es ein Stück über die neue Autobahn und die B96 zurück nach Hause.
Fazit: Die Peene lohnt sich außerhalb der Saison für viele stille Naturbeobachtungen - nicht ganz so prall wie die Untere Havel letztes Jahr, aber doch auch schön.
Gruß Michael
PS: Track auf Google-Earth mit geschwindigkeitsabhängiger farblicher Markierung (rot = schnell, ca. 11 km/h).
PS2: Frank, wie bekomme ich denn die Reihenfolge der Bilder festgelegt, zugleich aber die Möglichkeit erhalten für "Als Diashow anzeigen".