eine interessantere Frage für mich wäre, warum viele Bugpaddler in diesen Zeichnungen Kreuz-GrundSchlagen "cross-forward strokes" scheinen zu verwenden?
Zitat von gast im Beitrag #21warum viele Bugpaddler in diesen Zeichnungen Kreuz-GrundSchlagen "cross-forward strokes" scheinen zu verwenden?
Meine Vermutung wäre daß Hopkins (von der die Gemälde ja stammen) damit die fortgeschrittenen Fahrtechniken dokumentieren wollte die bei der Befahrung von Stromschnellen zur Anwendung kamen.
Zitat von Murphy im Beitrag #17In her paintings, she portrayed in great detail the needed skills in the manoeuvring of canoes [...]
Crossstrokes sind eindrucksvoller als Onside-Schläge - die Kringler bauen ihre ganze Show drum herum auf Für Hopkins vielleicht ein guter Grund vorzugsweise diese abzubilden.
Die Fahrtechnik in den großen Maitre-Kanus unterscheidet sich offensichtlich von unseren kleinen Freizeitcanadiern; Avant und Gouvernail standen wohl häufig, weil sie sonst vermutlich bei der großen Bootsbreite nicht entsprechend hätten agieren können.
Für den Vortrieb sorgen die Milieux, die restliche Mannschaft, Avant und Gouvernail konnten sich damit ganz auf die Steuerung konzentrieren und haben vielleicht zumindest in bewegtem Wasser eher keine Vorwärts- und Kombi- sondern nur Steuerschläge benutzt.
In "Shooting the Rapids" habe ich den Eindruck daß der Avant sein Paddel wie eine Stakstange verwendet um Abstand von den Steinen zu halten. Alles in allem dürften die erfahrenen Voyageurs über ein sehr großes und ausgereiftes Repertoire an Techniken verfügt haben.
Dann möchte ich zur Vertiefung noch eine Leseempfehlung für Ripples from La Prairie Voyageur Canoes geben das ich gestern erst hier verlinkt habe, da ist der Alltag und die Arbeitsweise der Voyageurs wunderbar beschrieben. Hervorzuheben ist dabei daß der Avant, also der Bugpaddler, der Kommandeur/Kapitän eines Bootes war, und zusammen mit dem Gouvernail zuständig für die Steuerung; der Rest war nur Antrieb.
Zitatavant or bowman: the man located in the front (or bow) of the canoe who acted as the guide. [...] while they were canoeing the avant or bowsman was in charge [...] He was responsible for the navigation of the brigade and the safety of the precious cargo. [...] The avant was highly experienced and knew exactly what the canoe and crew could handle. [...] The avant in the bow and the gouvernail in the stern had longer paddles since they were often standing while navigating.
Moin, ich bin weit davon entfernt fundiertes Fachwissen zu haben aber ab und zu hatte ich schon Großcanadiererfahrungen (z.b. irgendwann einen geklinkerten Holzcanadier bei einem HKT-Bild finde ich gerade nicht, oder Nikolausausfahrt mit Bremer Vereinen – siehe Bild). Ich habe ab und zu schon mal in einem Großcanadier als Steuermann oder Schlagmann im Bug mitgepaddelt. Die möglichen Paddelschläge in einem Lasten/Großcanadier sind deutlich robuster. Mit 10 oder mehr Personen bewegt man schnell eine Tonne , auch ohne Gepäck, und mehr Gewicht, da werden z.b. Steuerschläge schlicht schwieriger und auch Heckschläge bewirken eine spätere Richtungsänderung. Dafür ist man IMMER deutlich schneller unterwegs, als die kleineren 2er Canadier. Viele Grüße docook
Zitat von gast im Beitrag #23Ich persönlich dachte, dass vielleicht es ist schneller mit einem Paddel mit langem Blatt cross-strokes zu machen als die Paddle-seiten zu wechseln?
Ein guter Hinweis. Mit so langen und wohl auch schweren Paddeln im Stehen über einen so hohen Bug hab ich keine Erfahrung, wäre aber gut möglich. Im Solo-OC sind Crossstrokes auf jeden Fall schneller als der Wechsel der Griffhand, der auch immer die Gefahr birgt daß man dabei das Paddel verliert. Ich vermeide das daher wenn's gerade schnell gehen muß, und mache es nach Möglichkeit im Kehrwasser oder wenn ich sicher in der Hauptströmung bin.
Die Bilder von Hopkins bilden die zu ihrer Zeit üblichen Paddeltechniken ab, ich glaube nicht, dass die Voyageurs Cross-forward einsetzten, um zu beeindrucken, sondern sie als adäquates Mittel innerhalb eines notwendigen Manövers benutzten. Freestyler bauen "ihre shows" nicht um"bewundersnwerte" x-forward-strokes herum, sondern setzen sie dann ein, wenn sie funktional sinnvoll sind, statistisch gesehen sind diese Schläge gar nicht so häufig im Gebrauch, wie Du vermutest, wir haben da echt Wichtigeres zu tun. Das Paddeln im Stehen dient hauptsächlich dem Erlangen eines besseren Überblickes zu Erkennen von Strömungsverläufen und Unterwasser-Hindernissen und ist im Heck eher selten zu sehen. Der Avant war nicht generell der Steuermann, sondern immer dann, wenn es Sinn machte, da er auf strömendem Wasser eine bessere Einschätzung der Verhältnisse hatte. Wie der Name Gouvernail schon sagt, galt dieser im Normalfall als der Kapitän und erhielt auch deshalb die höchste Löhnung der gesamten Mannschaft. In "Shooting Rapids" setzt der Avant definitiv sein Paddel nicht als Staak ein, das Blatt ist in einem Umfang sichtbar, der dies gar nicht ermöglichen würde. Ansonsten wäre es auch grössenwahnsinnig, in dieser Situation ein vollbemanntes Canot de Maitre in seinem Lauf durch Staken beeinflussen zu wollen, das wäre ähnlich erfolgversprechend, wie der Versuch, einen Elefanten mal eben wegzuschubsen. Jörg Wagner
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #26Wie der Name Gouvernail schon sagt, galt dieser im Normalfall als der Kapitän und erhielt auch deshalb die höchste Löhnung der gesamten Mannschaft.
Kannst du Quellen anführen die diese Annahme unterlegen? Die von mir zitierte Webseite behauptet das Gegenteil, und soweit es sich über die zeitliche und räumliche Distanz beurteilen läßt scheint sie durchaus glaubwürdig zu sein.
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #26Der Avant war nicht generell der Steuermann
Bitte nochmal sorgfältig lesen; es wird nirgendwo behauptet daß er Steuermann gewesen wäre. Wie du richtig wiedergegeben hast war das schon der Bezeichnung nach die Aufgabe des Gouvernail. Daß er aber für die Steuerung des Bootes wesentlich war steht hier hoffentlich nicht zur Debatte.
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #26ich glaube nicht, dass die Voyageurs Cross-forward einsetzten, um zu beeindrucken, sondern sie als adäquates Mittel innerhalb eines notwendigen Manövers benutzten
Auch das ist eine Misinterpretation; ich habe nicht behauptet daß Avants Crossstrokes einsetzten um zu beeindrucken. Aber Hopkins könnte sie aus diesem Grund immer wieder abgebildet haben, wie Benutzer "gast" aufgefallen ist.
Lieber Murphy, vielleicht ist Dir aufgefallen, dass auch die großen Pelzhandelskanus an den Enden spitz zulaufen, vulgo :dort nicht übermäßig breit sind, insofern ist Deine Meinung zur stehenden Fahrweise ähnlich "interessant" wie einige andere Thesen, die Du so vertrritst. Auch Deine Vermutung zu Mrs. Hopkins Innenleben würde ich unter "interessant" verbuchen. Vielleicht dämmert Dir, was mit "interessant" gemeint ist, das ist oft eine Umschreibung für... na ja. Ich glaube, dass meine in gut 50 Jahrern intensiver Beschäftigung mit Ausbildungsfragen und amerikanischer Kanugeschichte dich nicht wirklich weiterbringen würden, denn Du ziehst ja aus Deinen Quellen "interessante" Schlüsse und verbreitest "originelle" Meinungen. Nichts für ungut Jörg Wagner
es gibt Quellen, die belegen wie Voyageure bezahlt wurden, nämlich ihre Lohnlisten. Eine davon war auch mal auf der Homepage der WCHA zu sehen, jetzt finde ich sie aber nicht mehr. Ich habe mir aber nicht die Mühe gemacht alle veröffentlichten Artikel zu durchstöbern. Die von dir zitierten "zeitgenösischen" Kritiker von Frau Hopkins haben ihre Kritiken um den Jahrtausendwechsel veröffentlicht. Die Fußnote zum zweiten Zitat in Beitrag 17 dazu: Philip Shackleton. "BEECHEY, FRANCES ANNE," in Dictionary of Canadian Biography, vol. 14, (University of Toronto/Université Laval, 2003). Sie waren also nicht ganz so zeitgenösisch. Hopkins hat wunderbar detailgetreue Bilder gemalt, nur paddeltechnisch nicht immer korekt. Im Bild "Canoes in a Fog" siehst du, dass die vorderen Paddler onside paddeln, der letzte, detailreiche Paddler aber einen crossstroke verwendet, dabei jedoch die Griffhand nicht zur Paddelstellung passt. Warum? Künstlerische Freiheit!
Zitat von Peter_Will im Beitrag #29Ich habe mir aber nicht die Mühe gemacht alle veröffentlichten Artikel zu durchstöbern.
Eine Suche auf woodencanoe.org hat mir auch keine relevanten Treffer gebracht. Aber eine generelle Suche immerhin das hier:
ZitatThere were social classes among the voyageurs. [...] After many journeys, when they knew the waters of the route in all moods, they might graduate to steersman. Then, he would stand in the rear, and by means of a long sweep turn the craft on orders from the bowman. [...] Steersman and bowman often became an inseparable team for the steersman could not see ahead due to the length of the canoe. [...] After many journeys the steersman could advance to the bow position or avant at an advance in pay.
Und nebenbei noch zwei Artikel der ein paar konkrete Summen der Bezahlung beleuchten, aber nicht wirklich vollständig; dort ist nur allgemein von "steersman" im Plural die Rede, bzw. es wird keine Untescheidung zwischen Avant und Gouvernail gemacht:
Zitat von Peter_Will im Beitrag #29Künstlerische Freiheit!
Zweifellos; darauf wollte ich hinaus: Ein Maler hat die Freiheit Einzelszenen zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen, und kann auswählen was am besten wirkt - oder einfach was erfinden. Bei Hopkins gehe ich aber davon aus daß sie sich mit der Realitätsnähe wirklich Mühe gegeben hat, auch wenn die Kombination nicht der tatsächlichen Situation entspricht. Sie konnte also auch Crossstrokes abbilden wenn sie es so in Erinnerung bzw. den Skizzen hatte, oder einfach wegen der Wirkung im Bild.
Zitat von Peter_Will im Beitrag #29der letzte, detailreiche Paddler aber einen crossstroke verwendet, dabei jedoch die Griffhand nicht zur Paddelstellung passt.
Diese unkonventionelle Haltung ist mir auch aufgefallen; ich würde sie gerne mal selbst ausprobieren, nur mangelt es an Gelegenheit. Als statische Steuerposition auf ruhigem Wasser im Stehen, zur Abwechslung nach einer halben Stunde in konventioneller Onside-Haltung, warum nicht?
Zitat von Peter_Will im Beitrag #29der letzte, detailreiche Paddler aber einen crossstroke verwendet, dabei jedoch die Griffhand nicht zur Paddelstellung passt.
Diese unkonventionelle Haltung ist mir auch aufgefallen; ich würde sie gerne mal selbst ausprobieren, nur mangelt es an Gelegenheit. Als statische Steuerposition auf ruhigem Wasser im Stehen, zur Abwechslung nach einer halben Stunde in konventioneller Onside-Haltung, warum nicht?
Höchst unwahrscheinlich. Einfach die Seite des Paddelns zu wechseln, wäre viel entlastender.
ich bin begeistert. Sehr gute Artikel/Video Erklärungen zum Thema. Besonders die Aussagen und Erklärungen von Jessica Fox finde ich super. Sie beschreibt viele Vorteile des „switchens“ die ich genau so erlebe und einsetze. Das heißt nicht, dass ich in bestimmten Situationen nicht auch offsite paddle, aber wirklich nur sehr ausgewählt. Mit dem switchen kann ich halt in immer onsite paddeln. Macht vieles einfacher!
Grüße von der Mittelweser
Volker
Solo Canoe: GRB Newman Classic XL; Ashes Solo Day (cedar strip) Paddle: BlackBart Bentshaft, Northstar Voodoo, GRB Newman Racing (new) Tandem Canoe: Wenonah Itasca; Freedom 17.9 Cedar Strip
Zitat von gast im Beitrag #32Einfach die Seite des Paddelns zu wechseln, wäre viel entlastender.
Wer sagt daß diese Position nicht entspannt ist? Statt dem Innenarm auf Druck wird der Außenarm vor dem Bauch auf Zug belastet.
Aber natürlich war keiner von uns dabei, und es gibt wohl im Forum auch niemanden der Erfahrung im Führen von Maitrekanus hat, deshalb wird das so nicht zu klären sein. Ich versuche nur gerne mir vorzustellen unter welchen realistischen Bedingungen man es genau so machen würde, statt das von vorne herein als Fantasieprodukt bzw. künstlerische Freiheit abzutun; so kommt man auf originelle Ideen
Wirklich ein sehr schönes Video; ja, ich switche auch viel und gerne, weil ich dann das Paddel ohne Verrenkungen mit mehr Aktionsradius auf der Seite hab wo ich stützen oder ziehen will. Ich bezweifle nur daß es zur Klärung beiträgt. Warum? Weil es sich hier um Solotechnik handelt, wo man Avant, Milieu und Gouvernail in einem ist und selbst für Vortrieb und Steuerung sorgen muß. Aber was wenn man nur steuern müßte? Ist aber auch nur eine von meinen originellen Ideen und kann ignoriert werden.
Es bleibt merkwürdig, dass eine Technik, die nicht so üblich ist, in diesen Zeichnungen so oft zu sehen ist. Bisher bin ich der Meinung, dass dies tatsächlich mehr "künstlerische Freiheit" oder Interpretation ist.
Nachtrag zur Handstellung in meinem Beitrag (#29): In Murphys Beitrag #13, letztes Bild (hält der Paddler das Paddel mit der rechten Hand so, als ob Paddelgriff und Paddelblatt genau 90 Grad versetzt wären! Das war mit der nicht zur Paddelstellung passenden Griffhand gemeint.