Hallo Leute,
nachdem wir letztes Jahr im ärmsten Land Europas, in Moldawien, unterwegs waren, testeten wir dieses Jahr das krasse Gegenteil, Norwegen. Wir paddelten auf der Glomma/Glåma von Røros bis Elverum, mit Ausnahme eines besonders schwierigen Abschnitts von 18 km Länge. Das waren dann also 240 km auf dem Wasser. Der Fluss ist gekennzeichnet durch einen häufigen Wechsel von ruhigen Abschnitten und mehr oder weniger ausgeprägten Schnellen.
Natürlich fehlte mir etwas das Abenteuergefühl, welches mich immer packt, wenn ich in Richtung Osten aufbreche. Die gesellschaftlichen Verhältnisse in Norwegen fühlen sich sofort sehr vertraut an, vernunftgesteuert, da gibt es kaum etwas Schlechtes. Die Menschen sind sehr freundlich, man kann sein vollgepacktes Boot stundenlang alleine am Fluss liegen lassen usw. usf. Ein Abenteuergefühl kann in einem solchen Land wohl nur aufkommen, wenn man sehr weit in die abgelegene Wildnis vorstößt. Das jedoch war uns auf der Glomma nicht vergönnt. Wie bereits vorab bei einem Blick auf die Karte klar wurde, ist das Østerdalen durch relativ dichte Besiedlung sowie Straßen und Eisenbahnlinie entlang des Flusses gekennzeichnet.
Reizvoll war die Glomma vor allem wegen ihres Wildwassers, welches (auf den befahrenen Abschnitten) überwiegend Stufe I war, aber stellenweise auch II, ausnahmsweise III+ erreichte (lt. DKV-Führer). Das war für uns im für 2 Wochen beladenen Touren-Canadier, nicht besonders bewandert im Wildwasser, mit etwas Glück alles gut zu fahren. Sehr sinnvoll wäre es gewesen, wenn wir vorab einen Blick in den DKV-Führer Skandinavien geworfen hätten. Der scheint hier doch im Großen und Ganzen zu stimmen. Nach den schlechten Erfahrungen mit den Angaben des DKV-Führers für Dunajec, Theiß, Südlichen Bug und Dnjestr haben wir aber darauf verzichtet. Stattdessen begnügten wir uns mit dem Kartenmaterial, welches online zur Verfügung steht, und zeichneten dort die auf Luftbildern erkennbaren Stromschnellen mit rotem Kuli ein ;-)
Interessant war aber auch die weitgehend naturnahe Flussmorphologie der Glomma, die Spuren der Gewässerdynamik (gerade nach dem großen Hochwasser Juni 2011), sowie der oft sehr natürliche Anblick der gebirgigen und bereits recht nördlichen Landschaft links und rechts des Flusses. Immerhin befindet man sich in Røros bereits auf ähnlicher geografischer Breite wie der Yukon. Und natürlich hat man alle Chancen, an den Ufern solch imposante Tiere wie Elch oder Rentier zu beobachten. Andrea hat denn auch tatsächlich einen Elch gesehen. Ansonsten sahen wir Rehe, Fuchs, Fischotter, Fischadler, sowie etliche weitere Vogelarten. Die wenigen Wölfe und Bären wird man kaum zu Gesicht bekommen. Ein Bär wurde, während wir quasi vorbeifuhren, wegen Viehdiebstahls erschossen, etwa 5 km von der Glomma entfernt SW von Atna; ein weiterer Bär wurde 3 Wochen zuvor erschossen. Auch der Vielfraß, ein sehr starker, großer Marder, der im Winter Rentiere und Elche umbringt, und vor dem selbst Bären zurückweichen, ist nur mit viel Glück mal zu sehen.
Man spürt besonders zum Anfang der Tour sehr deutlich, wie stark verarmt die Landschaft so weit nördlich und in der Höhe von mehr als 600 m über dem Meeresspiegel an Tier- und Pflanzenarten ist. Je weiter man sich auf der Glomma nach Süden und Richtung Meeresspiegel bewegt, desto mehr Arten kommen dazu. Aber zur Artenvielfalt in Mitteleuropa noch immer kein Vergleich. Trotz bescheidener Artenvielfalt zeigt sich aber eine erstaunliche Wuchskraft der Pflanzenwelt. Seitdem immer weniger Weidevieh die Vegetation kurz hält, wuchern viele Flächen regelrecht zu. Entsprechend schwierig gestaltet sich mancherorts die Suche nach einem angenehmen Zeltplatz.
Wer Interesse an dem Fluss hat, kann sich den umfangreichen Bildbericht hier ansehen (am besten 'Diashow' drücken, dann läufts von alleine). Neu jetzt auch ein reich bebildeter Text.
Gruß Michael