Für 4 Wochen hatten mein Sohn und ich die Gelegenheit den Felicity von Lake Constance Canoes zu paddeln. Nachdem die letzte Woche emotional verarbeitet ist und die Trauer über den Diebstahl durch die Routinen des Alltags verdrängt wurden, möchte ich von diesem tollen Boot erzählen.
Der Anfang war die Suche nach einem kurzen Canadier für meinen Sohn. 4 m kurzen Booten war ich eher skeptisch gegenüber eingestellt: Länge läuft, die drehen zu stark, zu wenig Zuladung – wenig Potential also wenn er dabei bleibt? Doch nach 4 Wochen mit dem Boot bin ich begeistert von dem Potential, dass das Boot hat.
Zahlen – Daten – Fakten Länge über alles: 395 cm , Breite (Süllrand): 70 cm Breiteste Stelle: 71 cm Höhe (Mitte): 31 cm Höhe (Steven): 49 cm Kielsprung: 8,5cm, Gewicht ca. 17,5 Kg Rumpf Epoxi-Hanf-Composite, Sülränder spannungsfrei integriert, Geflecht Sitz Western Red Cedar und Esche schichtverleimt. http://www.lakeconstance.de/de/canoe-mod...-sport-canadier
Einsteigen: erfolgt bei 70 cm Breite und einem moderatem Rundboden natürlich mit höherer Konzentration als bei einem Canadier aus der Verleiherflotte. Der Felicity balanciert quer aber angenehm harmonisch, wenig Neigung zum „Abwurf“. Ich kann im Felity ohne relevantes Kibbeln aufstehen und vor- bzw. zurück gehen. Der Sitz hat eine Höhe, die mir auch mit Schuhgröße 47 keine Beklemmungen macht. Überhaupt ist das mein erstes Boot, bei dem ich kein Verlangen hatte die Sitzposition zu ändern.
Anfahren, aufbeschleunigen: im Vergleich zu den Booten, die ich sonst gewohnt bin (5 m, 24-28 kg, ca. 85 Breite) ist das ein Leichtlauf-Start. Ich bin auch nach 4 Wochen noch angenehm überrascht, wie wenig Korrekturschläge der Canadier bei seiner Länge braucht. Will man den Felicity dazu bringen, am Heck auszubrechen, braucht es einige kräftige und provokante Vorwärtsschläge. Da kenn ich längere Boote, die schon früher ausbrechen. Das geniale: der Canadier lässt sich aus der Hüfte lenken. 2-3 Geradeausschläge, Ankanten und das Boot fährt eine harmonische Kurve ganz alleine. Was man für einen Wedge, Axle oder ähnliches noch dazu gibt bringt das Boot deutlich über 180 Grad.
Gewicht: Lake Constance gibt als Körpergewicht 90 kg als Orientierung aus. Ich bringe ca. 85 kg mit und habe regelmäßg unseren Labrador dabei gehabt, ohne dass es gestört hat. Bei 70 cm Breite sind Seitenwechsel vom Hund spürbar. Aber auch nicht unangenehmer als bei unseren anderen Booten. Meine Kinder bringen 35 bzw. 45 kg mit und haben zum ersten Mal einen Canadier ausdauernd fahren können. Einfach, weil das Boot zu ihrem Gewicht, Muskulatur, Körpergröße passt. Schläge auf der Gegenseite sind durch die 70 cm Breite plötzlich realisierbar. Das wird auch kurzen Erwachsenen so gehen.
Querversetzen statisch oder in Fahrt braucht etwas mehr Gefühl. Der Punkt, auf den das Paddel zum Bootsschwerpunkt gesetzt werden muss, muss etwas besser getroffen werden. Kombinationen aus Querversetzen und Drehbewegungen sind dafür eine Freude. Was mir auch nach 4 Wochen nur schlecht gelingt: Querversetzen zur on side hin mit dem Paddel auf off side. Das ist aber ein Manöver, was ich eigentlich nicht brauche....
Fazit: ein gelungener "Feierabend Canadier", der mich auch von der Ästhetik sehr anspricht. Vom Bootshaus auf´s Wasser mit rückenchonenden 17-18 kg und dann mit großer Freude Manöver fahren (Anmerkung: das könnte man Freestyle oder Kringeln nennen, bei mir wäre das aber geprahlt). Der Felicity hat mehr Rafinessen eingebaut als andere Boote, die ich bisher fahren durfte. Und wenn ich schwitzen will, fährt der Felicity auch Strecke. Meine Varianten an J-Schlägen kann ich mit dem Boot gut trainieren. Auch weil kurze Boote hier sensibler sind ... Ein Canadier ohne Altersbeschränkung. Der erste Canadier, in dem sich meine beiden Kinder alleine paddelnd wohl gefühlt haben.
Tourentauglichkeit: Tagestouren sicher, Wochenendtoren solo, mit Kompromissen bei der Zuladung, beim Geradeauslauf, bei der Endgeschwindigkeit. Den ersten Canadier habe ich mir gekauft mit dem Traum von Kanutouren in Scandinavien. 5 Meter, viel Zuladung... Am meisten Zeit auf dem Wasser verbringe ich aber Samstag abends, wenn der Wochenende-Job gemacht ist. Oder unter der Woche zur Entspannung von der Arbeit. Und da ist der Felicity wirklich gelungen.