nachdem hier oft Boote für Spezialisten von Spezialisten besprochen werden, jetzt mal was aus der Sicht eines "fortgeschrittenen Anfängers". Es geht um den Venture Ranger 14, ein Anfängercanoe mit Potential.
Beschreibung:
Gefertigt wird der Ranger in good old England, immerhin also kein Billigprodukt aus Fernost. Die Verarbeitungsqualität macht eine insgesamt ordentlichen Eindruck, das Material scheint stabil, alles schmeckt mehr nach Panzer als nach Rennpferd. Laut Herstellerhomepage http://www.venturekayaks.com gibt es ihn in diversen teilweise knalligen Farben, eine Onlineabfrage des Händlers ergab die Farbpalette grün.
Rumpf: Material ist dreilagiges PE, das einen soliden Eindruck macht und recht kratzfest zu sein scheint. Der Ranger ist 450 x 90 cm groß und damit eigentlich schon eher ein Ranger 15. Laut Hersteller wiegt er mäßige 30 Kilo, nach Aussage meiner digitalen Kofferwaage sind es tatsächlich ca. 34 Kilo. Dieses Gewicht ist für ein PE-Boot sicherlich ok, leicht geht aber anders. Serienmäßig ist ein PVC Süllrand sowie Kunstoffdecks mit eingearbeiteten Handgriffen. Der Boden ist in der Mitte recht flach aber zu den Seitenwänden großzügig gerundet. Kielsprung laut Hersteller "moderate", ich kann eigentlich gar keinen Kielsprung entdecken. Die Breite am Süllrand beträgt 86 cm, damit hat er sogar etwas Tumblehome. Der Rumpf ist symmetrisch und damit "rückwärts" fahrbar.
Sitze: Die beiden Gurtflechtsitze sind ca. 46 cm breit und damit viel angenehmer als die oft üblichen 35 cm Sitze, bei denen man immer auch auf den seitlichen Hölzern sitzt. Serienmäßig ist ein Tragejoch, mein Exemplar hat zusätzlich ein Kneeling-Thwart (Originalzubehör). Die Sitzaufhängung erfolgt an Metallwinkeln, diese sind durch den Süllrand verschraubt, die Sitze von unten an den Winkeln verschraubt. Alle Schrauben sind metrisch (M6), überlange Schrauben werden nicht gebraucht. Diese Befestigungsart mag wenig elegant erscheinen, trotzdem finde ich sie vielseitiger als die bekannten Abhänger aus Holz. Die Winkel lassen sich ganz einfach verdreht montieren, dann kann man die Sitze in 2 Höhen oder auch schräggestellt verschrauben.
Handhabung an Land: Geht grade so, wenigstens isser kurz. Für 2 Personen sicherlich in Ordnung. Alleine bekomme ich Büroheini mit Kugelschreibermuskeln ihn auf die Schulter gewuppt, aufs Auto geschoben und auch ein Stück getragen. Der Spaßfaktor hält sich dabei aber in Grenzen.
Probesitzen und beladen: Die Sitze sind relativ weit zur Bootsmitte angebracht, man hat daher auf beiden Sitzen sehr viel Platz für ganz lange Beine. So viel Platz habe ich bis jetzt noch selten erlebt. Die Bordwände sind relativ hoch, der Platz dürfte auch für Übernachtungstouren locker ausreichen.
Probefahrt tandem: Tagestour auf einem gemütlichen Kleinfluss (Oste) mit 2 ausgewachsenen Männern, minimales Gepäck, ca. 210 Kilo Beladung. Der Ranger liegt hoch im Wasser und dürfte noch etliche Kilo Gepäck wegstecken, für eine Wochenendtour sollte es locker reichen. Der Ranger liegt kippstabil im Wasser. Er macht durchaus Spaß und läuft ganz erstaunlich flott und leicht, nur bei "Vollgas" wird er etwas zäh. Wie erwartet ist bei so einem kurzen Boot die Wendigkeit gut aber der Gradeauslauf ist durchaus ok.
Probefahrt solo: Kurze Testfahrt auf einem ruhigen Altarm, kein Gepäck. Der Ranger läßt sich solo leicht paddeln, liegt auch etwas gekantet stabil und läuft erstaunlich leicht, der Gradeauslauf ist ok. Die am Süllrand nicht zu große Breite macht sich angenehm bemerkbar. Durch die Wendigkeit konnte der Hersteller es sich erlauben, die Sitze sehr weit zur Mitte einzubauen. Dadurch liegt der Ranger auch ohne Zusatzballast fast grade im Wasser, wenn man vom Vordersitz paddelt. Dies macht ihn vielseitig nutzbar, man kann sich den Einbau eines zusätzlichen "Solositzes" getrost ersparen und muß daher auch nicht auf das Tragejoch verzichten. Das Kneeling Thwart habe ich so eingebaut, dass hinter dem Joch gekniet wird. Kniend habe ich lediglich die Weser zweimal überquert, das hat trotz etwas Wind prima geklappt, das Boot lag ohne Gepäck grade im Wasser, die leichte Querströmung und die mäßigen Wellen waren kein Problem.
Probefahrt mit seitlichem Außenborder 2,5 PS: Der Ranger mit Motor liegt leer leicht schräg aber stabil im Wasser, in Fahrt merkt man das seitliche Gewicht fast nicht mehr. Leichter Wellengang durch Frachtschiffe war kein Problem. Auch Fahrten mit Elektromotor verliefen problemlos - für meinen Geschmack aber etwas monoton. Lieber paddeln!
Wildwasser: Der Ranger hat genug Höhe und Volumen in den Spitzen und läuft in Wellen recht trocken. Echtes Wildwasser fahre ich nicht, wohl aber Kleinflüsse mit zahlreichen Stufen, Schwällen und Stufen an alten verfallenen Wehranlagen. Dabei bewährt sich das Boot durch Stabilität und trockenen Lauf. In England, wo die Firma Venture eine Macht zu sein scheint, wird er gerne für leichtes Wildwasser benutzt. Ein Beispiel von vielen: http://www.youtube.com/watch?v=J4BgUNrgx...2c3FAAAAAAAAAAA
Fazit: Ein erstaunlich gutes Boot. Kein Canoe für den sportlich ambitionierten Schnellpaddler, dafür aber besonders vielseitig für eher gemütliche Touren allein - auch länger und mit viel Gepäck - oder zu zweit. Leider hat er ein paar Kilo zu viel "Speck auf den Rippen". Das ist aber wohl für 1000,- € nicht anders zu haben.
Nochmal PS: 30.8.2013, Tagestour auf stehendem Wasser (Bremen Blockland, Kleine Wümme). Auch gute 230 Kilo Zuladung werden problemlos verkraftet, dabei erstaunlich leichter Lauf
22.02.14: Kleinflußtour auf der Lehrde, eine extrem steinige Angelegenheit, mit so manchem Schwall garniert. Während ein Royalexboot ganz erhebliche Spuren davon getragen hat, ist dem Venture kaum etwas anzusehen. Das Material hat eine für PE extrem harte und kratzfeste Oberfläche. Auch die Fahreigenschaften und die Kippsicherheit bewähren sich als sehr kleinflusstauglich. Ich hatte zwei Kinder von 8 und 10 Jahren ohne nennenswerte Paddelerfahrung mit an Bord, wir haben uns immer sicher gefühlt.
Liebäugle mit dem 15er Prospector, hab den in Italien auf dem tiber gesehen....mit Holzrand..schnittig gebaut, recht stabil vom Boden her, der paddelt damit steinreiches Gewässer und schont das Boot nicht...paddelt sich auch solo sehr anständig, klar, vom Gewicht her schon bisserl mehr :-). Würde das Boote auch gern mal selber ausführlicher probieren. Hat mir gefallen.