dieses Mal geht es um ein wohl weniger bekanntes Canoe, den Kawartha von der Kanadischen Firma Clearwaterdesign. Ich habe das Boot inzwischen verkauft. Vieles aus dem folgenden Bericht habe ich von dem jetzigen Besitzer erfahren, der hier nicht unbedingt genannt sein möchte. Er ist nach eigener Aussage eher Anfänger, hat aber immerhin eine einwöchige Tour mit diesem Boot (mit Frau und einem großen Hund) unternommen und seine Erfahrungen beigesteuert, die sich durchgehend mit meiner Einschätzung decken. Es handelt sich ein Boot in der gängigen Länge von 16 Fuß/490 cm und einer Breite von ca. 88 cm. Das Boot besteht aus dreilagigem PE, hat einen Kunststoffsüllrand und ist mit zwei Gurtflechtsitzen und Tragejoch oder wahlweise mit drei Sitzen lieferbar. Mein Exemplar hatte drei Sitze, ein zusätzliches Joch wurde lose mitgeliefert. Die Kunststoffdecks haben eingearbeitete Tragegriffe. Den Import nach Deutschland besorgt diese Firma: http://www.massivekayak.de/ Preis 880,- €, oft sind auf Nachfrage auch Ausstellungsboote noch deutlich günstiger lieferbar. Hersteller: http://clearwaterdesignboats.com/
Erster Eindruck: Ein ausgesprochen formschönes Boot, überhaupt kein plumper Verleihdampfer. Der Boden ist nur in einem kleinen Bereich recht flach, ansonsten zu den Seiten großzügig abgerundet. Die Seiten sind senkrecht, kein Tumblehome, die Form ist insgesamt eher niedrig. Bei näherem Hinsehen zeigen sich ein paar kleine Schwächen in der Verarbeitung, der Süllrand erscheint leicht wellig und der Innenraum zeigt ein paar kleine Beulen, als wäre das Aufschäumen der Mittelschicht nicht ganz gleichmäßig gelungen. Die Verschraubung eines Decks mußte nachgebessert werden. Die Sitze sind wie bei anderen Marken auch mit langen Schrauben (nicht metrisch) und Distanzröhrchen aus Holz abgehängt. Die Schraubenköpfe sind im Süllrand versenkt, die Löcher sind abgedeckt. Das sieht gut aus, erweist sich aber später bei Umbauten und Änderungen als etwas unpraktisch.
Handhabung an Land: Negativ macht sich das Gewicht von (laut ungeeichter Kofferwaage) ca. 39 Kilo bemerkbar. Dies ist das übliche Gewicht von PE-Booten, leider auch üblich ist aber die Schummelei bei der Herstellerangabe von 32 kg. Vorteilhaft ist das sehr gute Tragejoch, dieses ist nicht einfach ausgesägt sondern angenehm ausgeformt. Damit war tragen und verladen auf dem Autodach für mich allein machbar, aber alles andere als lustig. Das war auch der Grund für den Verkauf und den Tausch gegen ein Royalexboot. Der Kawartha war mir im Sologebrauch und mit zwei Kindern von 7 und 9 Jahren zu schwer. Mit zwei Erwachsenen sollte es besser gehen.
Im Wasser: Jetzt ist das Gewicht ganz schnell vergessen. Das Canoe wirkt anfangs leicht kippelig, daran gewöhnt man sich aber bald und ist dann ausgesprochen flott unterwegs. Das Boot läuft leicht, fährt gut gradeaus, ist aber auch noch ausreichend wendig. Auf einer Kleinflußtour hatte ich jedenfalls keine Probleme. Dank der großzügigen Abrundung vom Boden zu den Seiten läßt sich der Kawartha bis kurz vor dem Süllrand kanten ohne instabil zu wirken und auch solo sehr gut fahren. Zitat neuer Eigentümer zum Fahrverhalten: Bisher nur auf Stillwasser und ganz langsam fliessendem Wasser unterwegs gewesen! Jetzt wird es schwer für mich! Ich denke das Boot hat einen anständigen Geradeauslauf und läuft auch brauchbar schnell! Wir konnten trotz viel Gegenwind und teils gegen die Ströming eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 4 Km/h erreichen! Mit besserer Technik sind auch bestimmt gute 5 drin! Wir hatten Abschnitte ohne Strömung mit Rückenwind wo wir 6 km/h(GPS Messung) halten konnten! 4km/h waren der Durchschnitt! Ich empfinde das Boot als wendig und sehr kontrollierbar! Was mir besonders gefällt ist die Stabilität im Wasser! Anfangs erscheint es kippelig, meine Frau hatte da Sorgen, Jedoch hatte ich diese nie! Endstabilität würde ich als besser einstufen! Sehr gut gefallen hat mir im gleichen Zuge die "Ehrlichkeit" des Bootes! Es lässt sich ganz sicher Kanten und das auch fast bis zum Süllrand! Das Boot gibt eine Rückmeldung und kündigt ein ggf. kommendes Kentern an, man kann also reagieren!
Dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen. Wildwassererfahrungen habe ich auch nicht gesammelt. Bei der Wochentour auf ruhigen Gewässern sollen insgesamt etwa 220 kg (incl. 43 kg Hund) an Bord gewesen sein, ohne daß die Fahreigenschaften gelitten haben. Ein echter Schwertransporter ist der Kawartha aber nicht, dafür erscheinen mir die Seitenwände etwas zu niedrig. Positiv sind mir die Sitze aufgefallen. Die Gurte sind schön straff gespannt, es gibt je nach Einbauposition unterschiedlich breite Sitzflächen. Einen der Sitze habe ich in meinen neuen Penobscot übernommen und dort einen dieser Notsitze mit Minisitzfläche abgelöst.
Fazit: Es gibt für diesen Preis keine Wunder. Die Verarbeitung ist mittelprächtig aber insgesamt in Ordnung und wirkt ausreichend solide. Entscheidender Schwachpunkt ist wie bei allen PE-Booten das Gewicht, da helfen auch keine herstellerseitigen Beschönigungen. Wer damit leben kann, der erhält einen ordentlichen, flotten, und preislich allemal beachtlichen Allrounder.
Gruß Habbo
PS: Jetzt habe ich drei Tests geschrieben, nicht als Experte sondern als Durchschnittspaddler und hoffentlich grade deswegen für manchen ja einigermaßen interessant. Evtl. folgt demnächst noch ein Bericht über meinen Penobscot 16 als Nachfolger des Kawartha. Das wäre dann das letzte Boot, in dem ich soviel gesessen (und seltener gekniet) habe, dass ich dazu einigermaßen fundiert etwas sagen kann. Hoffe, diese etwas brachliegende Rubrik mal wieder etwas belebt zu haben. Vielleicht kann ja der eine oder andere mal etwas über sein Boot berichten. Muss ja nicht immer so ausführlich und aus Paddelprofisicht sein.