Moin, es wird langsam Zeit mit dem Bericht über unsere Reise mit dem Ziel, mit ein paar Abenteuern in Tasche wieder gesund nach Hause zu kommen. Nachdem meine Frau heute zufällig unser Tourentagebuch wieder gefunden hat, geht es jetzt los. Ich werde in mehreren Etappen so schreiben wie es mir mein Putzfrauenjob ermöglicht. Für die, die erst in jüngerer Zeit den Weg in dieses ausgesprochen nette Forum gefunden haben, in dem man sich üblicherweise schnell auch außerhalb des PC's kennt, möchte ich noch auf 2 Threads, die vor Beginn und während dieser Tour entstanden, hinweisen.
An einem Freitag im Mai diesen Jahres lassen wir den Canadier vor der Jens Winckler Werft an der Schwentine ins Wasser damit ich den Canadier zur Ausrüstungspier beim KVK-Kiel verholen kann. Nach gerade mal 200m fällt mir eine Rauchfahne auf, die ein paar Hundert Meter vor mir mit dem Ostwind übers Wasser geweht wird. Bald kann ich am rechten Ufer auf dem Dach der Lagerhalle eines schwedischen Getreideunternehmens Flammen und schwarzen Qualm in immer größerem Umfang emporsteigen sehen. Die Sirenen des Feueralarms sind unüberhörbar, ich lege mich ins Zeug und paddle in Richtung Förde. Auf Höhe des Schwentineyachthafens, gerade vorbei an den Fischhallen, kommt mir die Wasserschutzpolizei entgegen und fordert mich per Lautsprecher unüberhörbar auf, wegen giftiger Rauchentwicklung den Yachthafen an zu laufen und dort auf weitere Anweisungen zu warten. Damit habe ich nicht gerechnet, mit knappem Haar und ohne Kopfbedeckung warte ich in bester Mittagssonne fast eine Stunde bis das Feuer gelöscht ist und ich zur anderen Fördeseite weiter paddeln darf, eigentlich eine Sache von 10 Minuten. Über Nacht parkt der Canadier beim Vereinshaus.
Am Samstag Vormittag liegt ein unvorstellbarer Berg an Ausrüstung auf dem Steg. Während ich mit Unterstützung durch meine Frau, Freund Winni und Sohn Lej packe, erscheint zufälligerweise die Reporterin der Kieler Nachrichten um Fotos von den Mädels aus unserem Verein zu machen, wir kommen auch aufs Bild und beantworten artig ein paar Fragen. Endlich ist alles verstaut und bei leichter Briese verabschieden wir uns ca. 14 Uhr und queren das Fahrwasser um am Ostufer entlang die Sperrzone der Holtenauer Schleusen zu umgehen. Geschafft, ich hatte befürchtet, dass meine Frau mir unseren Jüngsten im letzten Augenblick noch wieder aus dem Kanu zieht. Auch mit unserem zusätzlich von Lej mit hübschen Schleifchen am Baum befestigten Leesegel machen wir kaum Fahrt und ich quere paddelnd am Innenfördeleuchtturm bei starkem Schiffsverkehr im richtigen Moment das Fahrwasser zum Westufer und weiter geht es entlang am Falkensteiner Strand in Richtung Olympiazentrum. Der Wind streikt völlig, rechts und links kringeln Meeräschen an der Wasseroberfläche, ein Hornhecht kreuzt unseren Kurs, am Strand ist Hochbetrieb. Die Strecke bis Strande ist zäh, der Dampfer klar überladen, keine 10cm Freibord. Wir beschließen es für Heute genug sein zu lassen und steuern einen kleinen Strandabschnitt von ca. 50m Länge zwischen dem Strander Yachthafen und dem Strandkorbgebiet an. Zu allem Überfluss kommt eine Motoyacht vorbei und hat nichts Besseres zu tun als eine Schleife um unsere Yacht zu drehen, das Resultat sind 10cm Wasser um unsere Füße. Kurzfristig mache ich mir Gedanken über Handgranaten und ähnliche Dinge, Lej ist stinksauer und schimpft.
Das Zelt steht, Goulasch mit Nudeln sind verspeist. Meine Frau besucht uns noch spät und nimmt die ersten überflüssigen 20kg mit nach Hause. Später ein Plausch mit Seglern, vor Bülk gibt es Wetterleuchten mit heranziehendem Gewitter und anschließendem Platzregen, Bettzeit.
Moin, es ist Sonntag, mit der Sonne stehe ich auf, schwimme eine Runde, Lej pennt noch, weder im Yachthafen nebenan noch bei den Strandkörben rührt sich etwas. Ich bereite das Frühstück, schüttle Lej aus dem Schlafsack, der grinst mich an,"cool" sagt er. Die Förde füllt sich ungewohnt schnell mit Unmengen an Jollen und Surfern, alle mit Nummern im Segel, Regattabojen werden ge- und verlegt.Auf meine Frage hin bekomme ich von einem Segler zu hören, dass an diesem Wochenende 600 Jugendsegler, vom direkt gegenüber liegenden Olympiazentrum Schilksee, Regatta haben und gestern war mangels Wind kein Wettkampf möglich. Wie sollen wir da einen Weg hindurch finden? Frau und Tochter besuchen uns ein letztes Mal, noch ein bisschen Klönschnack mit Seglern, um 14Uhr legen wir ab. Wir mogeln uns durch die Regattafelder in Richtung Bülk, werden fast von einem mit vollem Speed heranrauschenden Rettungsschlauchboot übersehen, dann wird es ruhiger. Am Bülker Leuchtturm vorbei drückt Lej schon die Blase, der Wind läßt schlagartig nach, hinterm Klärwek gehen wir kurz an Land. Ein paar Nackte betrachten interessiert unser Kanu, dann geht es weiter mit direktem Kurs auf Schleimünde, die Eckernförder Bucht lassen wir rechts liegen, Lej schläft mit Lolli im Mund ein. Kein Wind heißt paddeln, erst mal voraus kein Land in Sicht, linker Hand wächst der schmale Küstenstreifen langsam mit. Die Hochhäuser der Rehaklinik Damp sind zu erahnen, unerwartet taucht ein einzelner Schweinswal zwischen uns und einem Windjammer am Horizont auf. Meine Arme werden langsam etwas schwerer als das markante Wäldchen von Schleimünde sich erkennbar in die Küstenlinie einreiht, kommt der 3,3 AB in Aktion, auf Schildkrötenstellung spurten wir an ein paar Booten mit Pilkanglern vorbei zum Nothafen Schleimünde. Es ist spät geworden, mit so wenig Wind werden wir wohl auch die nächsten Tage kaum Meter machen. Ganz schön was los im Hafen, wir legen von außen kurz vor dem Naturschutzgebiet an, ziehen den Canadier soweit möglich ans Ufer und schleppen das Gerödel ein paar Meter zur Zeltwiese, nette Nachbarn helfen uns. Einige Familien mit Kindern, Seekajaker, Jollen und Hobiesegler auch Schleifischer im Familienurlaubrlaub, symphatische, unkomplizierte Menschen. Die Schultergelenke und der Kopf verlangen Maxalt und Novalgin, Lej und ich sind platt von Luft und Sonne. Es wird ruhiger, ab ins Bett.
Moin, ein kleiner Nachtrag vom Sonntag und etwas Info zum Hafen. Schleimünde liegt am Ausgang der Schlei, ist durch das dahinter liegende Naturschutzgebiet mit Betretungsverbot (Ausnahme bei vogelkundlicher Führung), quasi eine Insel und nur übers Wasser mit eigenem Boot oder den Ausflugsdampfern ab Schleswig zu erreichen. Eine Stiftung hat vor wenigen Jahren die Unterhaltung des Hafens,die Pflege des Umlandes und der Gebäude übernommen, vermietet Zimmer für Urlauber und wird in absehbarer Zukunft auch die Führung der über die Landesgrenzen hinaus bekannten Giftbude(Seglerlokal)übernehmen. Ein überaus freundliches Hafenmeisterehepaar organisiert die Liegeplätze, die Zeltplätze mit sehr moderaten Preisen, den immer aktuellen Wetterbericht und hilft bei kleinen und größeren Problemchen der Besucher. Der Küstenreferent des DKV, Udo Beyer und der Küstenreferent von Schleswig Holstein, Eckehard Schirmer, führen hier regelmäßig Schulungen für Küstenpaddler durch. Hier noch ein paar Tourbilder vom Paddel- und Segelknotenpunkt Schleimünde.
Moin, Pfingstmontag, ich stecke bei schönstem Wetter vorsichtig meinen Kopf aus dem Zelt. Die Gedanken sind wieder klar, den Blick die Schlei hinauf gerichtet stelle ich fest, dass Segler Frühaufsteher sind. Wie an einer Perlenschnur gezogen, steuern Hunderte Yachten aus der Schlei kommend, der Ostsee entgegen um sich dort dann fächerartig in Richtung Heimathafen zu verteilen. Lej murmelt im Schlafsack "Hunger", ich antworte:" Packen und Abflug, raus aus der Kiste, Segelbriese", Lej tippt sich an die Stirn und sagt:" Wir sind ein Team und heute bestimme ich, das hast Du mir vor der Tour versprochen, mal du mal ich". Ich bin ein Weichei, wir bleiben. Animation wird verlangt, ich muss kämpfen, Fußball spielen, Angeln an der Mole, vergrabene Schätze und vergiftete Getränke( ebenfalls vergraben) suchen. Zu meinem Glück lassen sich später ein paar Kieler Medizinstudenten mit Lej ein und ich kann die fast beim Hafenmeister vergessenen Brötchen holen. Ein Möwenei soll ich auch noch kochen, muss der dumme Vogel auch das Ei in einer Feuerstelle legen, Lejs Argumente sind logisch. Frühstück und Mittag werden zusammengelegt, danach ein Spaziergang zum Leuchtturm, die Perlenschnur aufs Meer hinaus nimmt immer noch kein Ende. Es briest auf, ich verhole Potemkin in das geschützte Hafenbecken. Wir versuchen Krebse mit der Klammerangel und Muschelfleisch zu fangen, kein Erfolg. Entlastung naht in Form eines Studenten, der eine Befragung für die Entwicklung von Schleimünde im Auftrag der betreuenden Stiftung durchführt, Lej kapert seine hübsche und nette Freundin mit Erfolg, ich nehme mir für die Befragung genügend Zeit. Wir bummeln übers Gelände, lernen einen netten Seekajaker aus Troisdorf kennen, fachsimplen übers Wetter welches von Ost auf West gedreht hat, mittlerweile fast 7Bf. Nachdem wir den baumbrütenden Möwen einen Besuch abgestattet haben, nutzen wir zum Leidwesen von Lej die Duschen auch Geschirr wird gereinigt, anschließend bekommt Lej seine vermutlich für längere Zeit letzte Portion Pommes. Wir verbringen einige Zeit auf dem Spielplatz bis der Junior sich den Fuß so weh getan hat, dass der halbe Hafen von seinem Gebrüll zusammenläuft, selbst dem langsam schon nervenden Kuckuck hat das Geschrei endlich die Sprache verschlagen. Der schöne Sonnenuntergang hat Lej's Schmerzen bruhigt, vermutlich nichts gebrochen. Nach der "Gute Nacht Geschichte" schläft er sofort ein. Ich mache noch einen Bummel am Wasser und das wars dann für Heute.
Moin, der Dienstag startet grau und spät, kurz vor Mittag. Der Wind dreht früher von West nach Ost zurück als angesagt, in Böen bis 8, für den geplanten Kurs direkt von vorne, ein No Go. Im Hafenbecken gähnende Leere, der Stimmungswechsel in der Landschaft wirkt sich angenehm melangcholisch aus, die Farbe wechselt vom kräftig strahlenden Hellblau des Vortags in ein mildes Grau, Zeit wird langsamer, wir genießen das Beide. Schwalbentag, Mehl und Rauchschwalben jagen im Schutz der Gebäude und Büsche, See und Zwergseeschwalben stehen mit erhöhter Schlagfrequenz über dem Wasser fast auf der Stelle, mit auffällig geringerer Fangquote als gestern. Lej spielt mit seinem Katamaran. Die Strandungeheuer der Kinder vom Vortag zeigen erste Abnutzungserscheinungen, der Canadier liegt nach dem Winddreher nicht mehr auf dem Trockenen, ich kontrolliere den Festmacher. Vorsichtshalber ziehen wir in eine durch Heckenrosen(Rosa Rugosa) besser geschützte und mit Küchenmobiliar aus Holz ausgestattete Ecke um.
Eine Dohle interessiert sich für das Amselnest im Holunderbusch neben unserem betagten, bewährten Vaude Campo. Lej bekommt große Kulleraugen, rührt sich keinen Millimeter als sich 3 Meter vor seiner Nase der Amselhahn wie ein Kamikaze auf die Dohle stürzt, er vermöbelt sie nach Strich und Faden, der Wind nimmt schon einige Federn mit auf die Reise als es die Dohle endlich schafft sich vom Gegner verfolgt aus dem Staub zu machen. Lej ist schwer beeindruckt von dem kleinen Ritter. Abends klönen wir noch ein bisschen mit dem Seekajaker, der nach Hause muß und am nächsten Tag gerne mit etwas weniger Wind seine Tour in Kappeln beenden würde. Der Wind soll über Nacht schon wieder drehen, dann hätte er, wenn der Wetterbericht recht behält, reichlich Puste gegenan. Für uns wäre es zumindest die richtige Windrichtung. Mal sehn ob wir uns trauen oder der Verstand siegt. Dusche noch mal genießen und in die Kojen.
Moin, der Mittwoch startet wie der Dienstag allerdings belebt es sich im Hafen wieder etwas. Da Lej immer noch in der Kampfphase ist, Kung Fu etc.,ich aber keinen Bock mehr drauf habe und er das einfach ignoriert, wühle ich einen vom Meer modellierten alten Stamm aus der Molenbefestigung und transportiere das nassschwere Teil zum Hafen in die Nähe des Zeltes. Da buddle ich das Ding einen halben Meter tief ein und biete es Lej als schmerzfreien jederzeit bereiten Kämpfer an. Lej sagt nur"cool" und strahlt.Die Idee sollte ich mir patentieren lassen, wirkt. Störtebekker wird mittels drauf gelegtem Stein mehrmals enthauptet, mehrere Bösewichte mit Fußtritten erledigt, ich schaue ab und zu mal beim Lesen rüber. später drehe ich noch einen professionellen Film im Auftrag für den Sohn über Angriffstaktiken und den perfekten Genickschlag. Ich frage mich, wie andere das auf Tour mit ihren Kids machen und ob nur ich öfter mal genervt bin.
Vom Leuchtturm habe ich ein Foto gemacht, mit dem gezwungenermaßen mittransportierten Tablett und es hat funktioniert auch ins Forum hat es der Turm geschafft, ist schon der Hammer. Sollte aber für längere Zeit das letzte Bild sein, von dem überflüssigen Teil, denn hier haben mir zwei nette Jungs von einem Folkeboot das Ding nochmal erklärt und dann sicherheitshalber den Vorgang lieber selbst erledigt. In mein Buch(Puschkin-Schneesturm) vertieft, dringt das Geschrei meines juniors in mein Ohr, bitte nicht schon wieder Pflaster oder Desinfektionsmittel, nein, es ist ein stinkender verwesender Schwan den er nur mit Aufbietung aller Kräfte aus dem Schwemmgut am Tourianleger ausgebuddelt hat, wie er mir stolz erzählt. Der Kopf fehlt ihm noch, ich soll suchen helfen. Ja, ich habe nach dem Kopf gesucht! Ein grausamer Gestank und überhaupt, ich will jetzt weg hier, Inselkoller greift um sich. Als mir eine Seglerin die Kieler Nachrichten mit einem Bild unserer Abfahrt darin in die Hand drückt, denke ich nur noch ans Packen, Sch...wetter! Unser Seekajaknachbar aus Troisdorf hat es am Morgen trotz eigener Bedenken scheinbar geschafft der Insel die Schlei hinauf zu entkommen. Lejs Fuß wird desinfiziert und er muß Fenistil schlucken, Bremsenbiß. In der Giftbude bekommt Lej noch ein letztes Eis. Am Zelt zurück wird es deutlich kälter, wir gehen früh zu Bett und schwören uns auf die morgige Abfahrt ein, egal bei welchem Wetter und wenn ich den Canadier zu Fuß am Strand entlang ziehen muss.
Moin, Donnerstag, der Wind hat auf Westnordwest gedreht 4BF, Topwetter. Packen zieht sich wie gewohnt, geht aber schon schneller. Lej füttert ein letztes Mal die Zeltmöwe, gibt seinem hölzernen Kampfpartner noch einen freundschaftlichen Tritt und steigt in den Trocki.
Bei reichlich Gegenverkehr passieren wir den Leuchtturm, kurz darauf etwas Achterbahn im Schwell, dann segeln wir entlang des Birknack grob Richtung Nord. Beim Auslaufen geht der Wind auf 5Bf rauf. Für das erste mal richtig Wind im gerefften Segel mit bisher nicht wirklich getestetem Canadier ist das Händling etwas ungewohnt. Der Wind nimmt noch etwas zu, wir gehen dichter unter Land um dem Lüftchen etwas Puste zu nehmen, bekommen hier aber mehr Wasser rein als weiter draußen also wieder raus. Jetzt gut 5Bf von der Seite, das hat kein Wetterbericht erzählt auch nicht der Dänische, das ist da draußen aber auch nicht mehr machbar. Dauerpumpen und wieder etwas zurück, an den Strand geht nicht, Naturschutz. Etwas Tricki ist das gleichzeitige Pumpen und steuern, da ich die Schot dann nicht aus der Hand fahren kann. Im Flachen steige ich aus und bekomme mühsam den Motor in Gang, hätte schief gehen können, Chaotenkram, funktioniert aber. Lej bekommt eine Einweisung wiederholt, er nickt, wir testen unseren Auftrieb, Lej nimmt den Eimer. Halb voll ist gar kein Problem, darüber hinaus macht sich vertretbare Schwerfälligkeit bemerkbar. Sorgen mache ich mir eher über unser Furnier + eine Lage Gewebe = 3mm Rumpfwandung, wenn ich doch mal einen Hauch zuviel Gas gebe haut es uns ganz schön ins Tal und ich denke, dass uns der Dampfer gleich um die Ohren fliegt. Das Zigarrenvolumen in den Enden erweist sich als ein Segen, es kann richtig Welle auf dem Deck stehen und der Dampfer kommt trotzdem hoch wie ein U-Boot. Wir kommen mühsamst vorwärts, draußen ist es etwas weißer, wir gehen an den Strand und warten bis es gegen Abend weniger wird. Weiter gehts, bald wird der Deich höher, kurz vor dem Falshöft Leuchtturm haben wir keinen Nerv mehr auch wenn Wind und Wellen in kurzer Zeit abgestorben sind. Lej ruft was von Hunger, ich entdecke den steilen Slip von einem Campingplatz davor ein paar Festmacherbojen. Wir stiefeln rauf, checken die Lage, Lej nickt, ich drehe mich um, blicke Richtung Dänemark, es hat richtig aufgeklart,es sieht ruhig aus. Lej hält die Handfläche hoch, ich schlage in diese kulturlose Geste ein, das Cool hätte er sich sparen können. Den Canadier rauf schieben geht grad noch so, das nächste mal sollte ich mehr ausladen, Hilfe springt nicht grundlos herbei. Zeltstelle bekommen wir windgeschützt hinter einem Wohnwagen, das Vorzelt nutzen wir für unser Gepäck. Lej ist verschwunden, nachdem alles steht taucht er wieder auf, zur Belohnung gibts Schnitzel mit Bratkartoffeln. Eine Streckenleistung war das Heute nicht, wir müssen viel besser werden, Lej nickt und schweigt.
Ja, toller Bericht! Sag mal, was war bei diesem Bild hier los: Das sieht so dermaßen dynamisch aus. Das Segel bis aufs äußerste gerefft, eine enorme Bugwelle, ABER: das Segel schlapp und keine Schaumkronen auf den Wellen. Wie geht denn das? Mit Motorunterstützung?
Danke Bernd, habe schon geglaubt ich würde das zu langweilig rüber bringen.Zwischendurch wird es aber auch ohne Seemannsgarn noch mal etwas spannend. LG Jürgen
Moin Michael, das Bild täuscht etwas, wir sind da ganz dicht am Deich unter Landschutz bei ablandigem Wind, ich war gerade im Wasser um den streikenden Motor in Gang zu bekommen und gerade wieder auf dem Weg in etwas tieferes Wasser. LG Jürgen
Moin liebe Mitleser, ich mache mich mal ganz unbeliebt aber hier mein Vorschlag: Jürgen gibt sich so viel Mühe mit seinem Fortsetzungsbericht. Damit das, auch später, flüssiger zu lesen ist., können wir nicht einen 2. thread eröffnen, so in etwa Lob und Fragen zu "Eine kleine Canadier-reise mit Segel, Paddel+AB" eröffnen? Ich habe mein Lob deshalb per PM geschrieben um hier nichts zu unterbrechen... Ist nur so eine Idee. Viele Grüße docook
Moin, Freitag, Lej wünscht sich Kaninchen am Spieß zum Frühstück. Seine Jagd bleibt erfolglos, es bleibt also erst mal bei Vollkorntoast mit der Wahlmöglichkeit zwischen Marmelade, Scheibletten, Wurst, Nutella und Remoulade,Basta.
Ein leicht grauer Morgen, das Zelt ist nach dem nächtlichen Regenstürmchen trocken in den Sack gekommen. Der steile Slip ist überwunden, der Wetterbericht kündigt für übermorgen Starkwind aus Nordwest an, heute soll es evtl. 4-5 werden in Böen auch mal drüber gehen. Unsere bisher zurückgelegte Strecke ist auf Zeit gerechnet eine Lachnummer, mit dem Blick aufs Wasser in Richtung Nordost fällt die Entscheidung, vom Leuchtturm Falshöft bei idealem Westwind direkt nach Mommark auf Alsen, nicht noch irgendwelche zähen Umwege durch die Flensburger Förde, nicht erst mal nach Langballigau und dann sondieren. Mein Ego ist genug angekratzt, mit dann fast achterlichem Wind ist das auch relativ sicher, da sollte auch etwas mehr als gestern kein Problem werden.
Lej ist unter der Bedingung, dass er endlich den Deeprunner an der Angel ausprobieren darf, einverstanden. Gestern hatten wir deswegen Streit, Angeln verboten! Mir hätte die dritte Hand zum Gaffen gefehlt, denn er hat mich unterwegs schon öfter mit zu großen Fischen an der Angel im falschen Moment in Troubel gebracht.
Kurs Dänemark, es geht nicht nennenswert über 3 außer ein paar kuriosen Böen und immer wieder sehr viel Regen. Lej ist mit dem ersten Dorsch auf dieser Tour nicht ganz zufrieden, er hat ein pfannenfreundliches Format.
Unterhalb Kegnäs redet Lej von "ich muss mal", meine Antwort, "Pech gehabt, pinkel in den Trocki", Lej, "du bist unfair wenn Du nicht den Außenborder an machst rede ich nie wieder ein Wort mit dir". Das will Papa natürlich nicht. Kurz vor der südöstlichen Ecke von Alsen gehen wir an Land, von einem angelbegeisterten Pärchen aus Thüringen werden wir freundlich begrüßt. Lej schafft es nicht allein aus dem Trocki, es geht gerade noch mal gut. Nach längerer Fachsimpelei über das Meerforellenangeln verabschieden wir uns um doch noch etwas weiter zu machen. Den angekündigten Nordnordwest Sturm möchte ich gerne an einem idealen ganz bestimmten Platz abwettern.
Mommark lassen wir rechts liegen, ein Stück nördlicher setzen wir unsere Füße endlich wieder auf den Strand eines der schönsten Länder Europas, DÄNEMARK.
Ganz vorsichtig entlade ich Potemkin im Wasser um keinen Schaden durch die zahlreichen Überbleibsel der Eiszeit zu bekommen. Plötzlich schreit Lej als sei er in höchster Lebensgefahr, ein faustgroßer Stein verfehlt nur knapp meinen Kopf, ich lasse vor Schreck das letzte Packstück fallen und sehe wie mein Sohn schon den nächsten Stein in der Hand hat und dabei weiter schreit," Papa leg sie um, die klaut unsern Fisch", mich zum Wasser umdrehend fliegt der nächste Stein keinen halben Meter an meinem Kopf vorbei, während ich zurückbrülle, dass er endlich mit dem Werfen aufhören soll, bekommt er gar nicht mit, dass er dabei mit Klong den AB trifft.
Ich sehe gerade noch wie eine dicke Mantelmöwe im Sturzflug Richtung Wasseroberfläche unterwegs ist, sie hat sich in der Größe etwas verschätzt und bekommt im letzten Moment gerade noch so die Kurve. Schwerfällig im Wellenflug strebt sie weiter nördlich dem Ufer zu, von Lej sehe ich nur noch eine Staubwolke.Ist natürlich ärgerlich, dass die blöde Möwe unser Abendessen klaut, der Kleine wird drüber weg kommen. Das erinnert mich an eine lustige Geschichte anfang 80 in Alaska, da habe ich an einem Fluss ein paar Fische gefangen und ans Ufer gelegt, nach einiger Zeit bemerkte ich einen Babybrownie dem meine Fische scheinbar gut schmeckten. Die Mutter in der Nähe vermutend habe ich dann den eiskalten Rückzug zum anderen Ufer angetreten und mich rar gemacht. Lej kommt nach kurzer Zeit erfolglos zurück um gleich darauf wieder zu verschwinden, bald ist er mit einem dänischen Wanderer im Schlepptau, den er als Packesel engagiert hat, wieder da. Am Ufer unterhalb einer Steilküste steht hier ein Hinweischild für Paddler und Jollensegler, zu dem Overnatningsplatz führt ein Pfad den Hang hinauf. Kurz nach einer kleinen Schulterop habe ich mich etwas gehen lassen und somit keine Kondition, auch mit Hilfe bin ich, als alles rauf geschafft ist, ziemlich am Ende.
Lej ist wieder verschwunden, ich stelle das Zelt 50cm von der Steilküstenkante zwischen die alten Buchen und genieße dann erst mal eine unbezahlbare Aussicht für die Seele. Lej kommt mit Feuerholz, zu dritt wird gegessen, gequatscht auf englisch, dänisch+deutsch. Lej macht ein indianerunwürdiges Feuer. Sonst mit seinem Klapphobo in den Dimensionen beschränkt, wird hier eingeheizt bis ich ihn unterbreche. Beleidigt zieht er sich in seinen Haglöff zurück und ist erstaunlich schnell eingeschlafen auch ohne "Gute Nacht Geschichte".
Moin, wie ich gerade feststellen muß gibt es den Freitag laut Tagebuch 2x direkt hintereinander, ein traumhafter Sonnenaufgang weckt uns das erste mal so richtig mit Strahlwärme, ich öffne das Zelt und selbst Lej als Kind kann dieses Lichtwunder aus größerer Höhe mit Blick aufs Meer hinaus 2Std. in Ruhe genießen.
Kurz vor Mittag nimmt der Wind deutlich zu und geht schnell rauf bis 8Bf aus Nnw, die Ostsee ist weiß verziert. In unserer durch die Altbuchen exponierten Windlage bekommen wir Probleme, an Zelt und Stangen zerrt der Sturm, er nimmt weiter zu, uns bleibt nichts anderes übrig als nach unten um zu ziehen. Ein Zeltplatz im grobsteinigen in der Tiefe begrenzten Uferbereich ist nur mühsam her zu richten. In der am weitesten vom Ufer entfernten Ecke ziehen wir einen umgefallenen Baum in die Platzwahl mit ein, wir reinigen den Boden von größeren Steinen und sind mit der gemütlichen Biwakecke zufrieden. Lej baut Windschutz zum Kochen, sammelt Brennholz, nimmt eine alte Feuerstelle Betrieb und geht dann Versteinerungen suchen, 2Seeigel sind die Ausbeute. Nachdem ich Heute Nacht bereits 2x den Canadier nur mit Mühe im Dunkeln wegen des steigenden Wasser weiter rein geholt habe, bringe ich ihn jetzt bis an die Hangkante dabei fällt mir eine hässliche Macke an der Seite auf. Von draußen dringt das Geräusch der brechenden See zu uns und wird von der Steilküste noch verstärkt, die Windrichtung verschiebt sich ein kleines bisschen westlicher, wir liegen ablandiger, es wird ruhiger das Weiß verschiebt sich weiter aufs Meer hinaus, endlich macht sich mal vorrausschauende Planung bezahlt. Jetzt bestimmen die rauschenden Buchen auf der Abbruchkante den Ton, wenn die Kante nicht hält haben wir ein Problem, meine Berechnung des Fallwinkels fällt einigermaßen positiv aus.
Schreibe später weiter, wir müssen in den Süden, die Hamburger Paddler warten!
Hallo lieber Jürgen und Lej, die Beschreibung eurer Seereise mit der Luxusyacht macht uns viel Freude, und wir sind gespannt auf jede Fortsetzung. Lieben Gruß! Fred&Caroline
Moin Caroline, Fred und Wolfgang, freut mich wenn es Euch gefällt, ich bemühe mich jeden Tag wenigstens ein Stückchen zu schreiben, wenn es funktioniert auch mal mehr. LG Jürgen
Moin, gerade von Roman`s sehr nettem Paddlertreffen aus Hamburg zurück, möchte ich noch den letzten Teil des zweiten Freitags, der eigentlich ein Samstag sein müßte zu Ende bringen.
Samstaghälfte des zweiten Freitags, nachdem alles irgendwie geordnet ist machen wir uns auf einen ausgedehnten Spaziergang durch die Blommeskoppel, so heißt dieser wunderschöne Mischwald, der am Steilküstenrand immer mal wieder die eine oder andere Buche dem Meer abgeben muss. Weiter befinden sich darin eine ganze Reihe interessanter Grabhügel bzw. Langgräber aus der Wikingerzeit. Den Wald Richtung Norden dann noch ein ganzes Stück durch die angrenzenden Felder und unten am steinigen Strand zurück. Beim Zelt angekommen, bestaunt gerade eine Schulklasse den Canadier. Nach langer Fachsimpelei helfen sie uns den Canadier etwas besser zu positionieren um am nächsten Tag ein ganzes Stück weiter, besser ins Wasser zu Kommen. Lej bringt das Lagerfeuer wieder in Gang und wedelt dabei grinsend mit der Marshmellowtüte, er wartet dann ungeduldig bis er Goulasch mit Nudeln verdrückt hat. Sein größtes Vergnügen ist es, mir jeden Abend unter die Nase zu reiben, dass er während der Tour erst dann ins Bett muß wenn er Lust dazu hat, war keine gute Idee von ihm und von mir dämlich, dass ich mich darauf eingelassen habe. Wir gehen in die Falle und ich merke, dass eine der 10J. alten Airtechs ein Loch haben muss, es ist ausgerechnet meine Isomatte. Lej sagt," du bist mit deinem Bauch viel schwerer, kannst meine haben". Morgens liegt er trotzdem dicht bei mir auf der Matte.
Moin Fred, man lernt immer was Neues, ich habe davon noch nie etwas gehört. Lej ist sicher noch ein bisschen zu untergewichtig für Kitefischen, deswegen erzähl ich ihm besser nichts davon sonst fliegt er mir davon. Liebe Grüße nach Berlin Jürgen