Ich bekenne, dass mich "Flex" bei Paddeln bisher wenig interessiert hat. Die Diskussion über Vor- und Nachteile von Holzpaddeln rückt die Frage nach der Notwendigkeit von Flex für mich in den Vordergrund.
In welcher Situation hilft mir "Flex", wo ist ein relativ steifes Paddel hilfreich?
Zitat In welcher Situation hilft mir "Flex", wo ist ein relativ steifes Paddel hilfreich?
Meine Einteilung lautet grob
-Touren paddeln = viel "Flex" weil gelenkschonend auch über größere Distanzen,
-Wildwasser = hohe Steifigkeit für präzise Manöver; die Gelenkschonung kann etwas in den Hintergrund treten, da die zurückgelegten Strecken meist nicht so groß sind bzw. man nicht soviel Energie in den Vortrieb stecken muss.
Hohe Steifigkeit birgt allerdings auch gewisse Gefahren, Schulterluxationen sind im Wildwasser relativ häufig.
Ich gehe mal davon aus, dass Du da mit mir d'accord bist, als jemand der in beiden Welten zu Hause ist.
Als Ergänzung würde ich nach meiner Erfahrung hinzufügen, dass der "richtige" Flex das Verankern des Paddels im Wasser erleichtert und auch eine nicht so gute Paddeltechnik damit unterstützt. Gruß Hans-Georg
aus meiner Sicht ist eines der Hauptprobleme beim Paddeln ein ADÄQUATER Krafteinsatz, d.h., die Portionierung der Kraft muß möglichst perfekt zum Bewegungszustand des Bootes passen, um Schlupf zu vermeiden, da können Wildwasserpaddler eine Menge von der Flachwasserfraktion lernen. Nach meiner Beobachtung schätze ich, daß diese Dosierung 90 % der Paddler nicht gelingt, meistens wird überdosiert, was sich in Wassertrichtern, Turbulenzen hinter dem Blatt und, als übelstes Phänomen, durch Gurgelgeräusche beim Paddelschlag artikuliert. Ein "vernünftiger" Flex schaffgt hier eine gewisse Toleranzzone, ich schätze mal, 10 % Überdosierung kann das passende Paddel kompensieren. Ultraharte Paddel lassen sich effizient nur mit 120-prozentiger Technik und genau stimmender Kraftentfaltung effizient einsetzen, finden im Wildwasser-und im Rennsport Verwendung, wo nicht Effizienz, sondern Effektivität gefragt ist (Man will "effektiv" eine Medaille gewinnen, da wird beim Einsatz nicht verhandelt, und auch ein Fels in der Strömung ist kein guter Verhandlungspartner, da heißt es er oder ich, selbst, wenn das Paddel bricht. Flexibilität an sich ist kein Maßstab, sondern angemessene Flexibilität, die zu Person und Paddelstil paßt. Jörg Wagner
Da bin ich jetzt mit Jörg ziemlich d'accord. Meiner meinung nach besitzt ein gutes Paddel immer ein gewisses Maß an Flexibilität. Mal von den bocksteifen Carbon-Dingern der Rennpadderln abgesehen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass dies hier quasi ausschliesslich aus das Blatt bezogen wird. Das ist imho falsch, liegt aber wohl an der Ausrichtung des Forums. Vereinfacht würde ich sagen Touring-Flexibilität im Blatt, Wildwasser-Flexibilität im Schaft. Die Flexibilität hat ja die Aufgabe, die Kraftspitzen auszuglätten. Und die sind im Touring halt stetig bei jedem Schlag, im Wildwasser bei starken Korrektur/Kursänderungsschlägen vorhanden. Gearde im WW bevorzuge ich grosse Blätter, die allerdings bei solch trägen Booten wie OCs manchmal einen solchen Zug entfalten, dass sie kaum zu halten sind. Genau dann ist es wichtig, im oberen Toleranzbereich etwas "Reservere" zu habe, denn sonst haut's einem das Paddel aus den Griffeln. Kann ich bei meinem sonst sehr gemochten TyWarp mit Carbonschaft immer wieder feststellen. Die Tendenz der Paddelbauer (GFK-Fraktion) geht aber immer mehr zu brettharten Schäften, mit der Zusatzfolge, dass diese Carbonschäfte auch noch sehr empfindlich sind. Ich verstehe nicht, warum da nicht feste Blätter mit eher weichen Schäften kombiniert werden. Im Kajakbereich ist das übrigens genau so.
Was sagen den die Hersteller, wenn die hier aktiven Kommerziellen Paddel einkaufen und nach dem "Flex" fragen.
Bei Hochsprungstäben heißt es überigens Flexnummer. ("Thomas damit wirst du leben müssen, das die Flex zu dem Flex wird.")
Rein von der Physik her betrachtet geht es doch vor allem um den Flex im Schaft. Das sich das Blatt verbiegt ist doch für die Verankerung gar nicht so optimal oder?
Zitat von Andreas Schürmann im Beitrag #7Rein von der Physik her betrachtet geht es doch vor allem um den Flex im Schaft.
Das habe ich anders verstanden. Das wäre doch nur die Frage, auf welcher Seite des Hebels das Material etwas nachgibt und ggf. in welchem Hebelverhältnis(?).
Zitat von Andreas Schürmann im Beitrag #7Rein von der Physik her betrachtet geht es doch vor allem um den Flex im Schaft.
Das habe ich anders verstanden. Das wäre doch nur die Frage, auf welcher Seite des Hebels das Material etwas nachgibt und ggf. in welchem Hebelverhältnis(?).
Gruß, Markus
Aber wenn sich die Form des Blattes durch die Flexibilität durch Krafteinwirkung ändert (also einen geringeren Widerstand bietet), hält es nicht mehr so gut im Wasser und schlupft, das meinte Andreas. Wenn der Schaft "federt", speichert er die Energie und gibt sie auch wieder ab.
Bei der Angelrute heißt es "durchgehende Aktion". Ein gutes, traditionelles Paddel ist ein Ganzes. Wenn der Schaft Flex hat kann ich mir ein steifes Blatt dazu bei einem Wanderpaddel schlecht vorstellen. Die Flexibilität im Blatt erleichtert das Verankern, den Catch, bei zuviel Krafteinsatz gibt es im richtigen Moment etwas nach. Dazu kommt, daß es noch etwas feiner gearbeitet ist, förderlich, wenn im Wasser vorgeholt wird und einfach feiner zu Fahren. LGW
Wolfgang: der Vergleich mit Angelruten stellt sich für mich nach eingehendem Nachdenken als gut geeignet heraus, den Sachverhalt näher zu beleuchten. Durchgehende, parabolische, Spitzenaktion, da haben die Ruten je nach Art des Fischens ihre jeweilige Berechtigung. So wird es (und ist es) wohl bei den Paddeln und dem mehr oder weniger vorhandenen Flex auch. Was will ich mit ner weichen "Peitsche", wenn ich leichte Köder präzise an die Krautkante werfen will? Wie will ich einen Wurf (über 70 bis 80 Meter) mit 120 Gramm mit nem steifen Stock sauber plazieren?
Man sollte für jeden Zweck auswählen, was tut not, was wäre nett, welches Werkzeug ist das geeignete. Auf Tour bevorzuge ich Paddel mit Flex - das schont, passt zu meiner flexiblen Seele und hinterlässt nach Bestrafungen auch weniger schwere Verletzungen beim Tandempartner. Für's freestylen mag ich ganz steife Hölzer, und beim canadian-style bin ich mir noch nicht so sicher, aber es wird.
Reineditierter Zusatz: Nach meiner Meinung brauchts ein Paddel mit Flex auf Seen, Flüssen, jeweils beim Touren, d.h. längerwährender Aufenthalt im Boot auf dem Wasser, mit Vortrieb. Wildwasser nehm ich da mal ausdrücklich raus, ich schrob vom touren. Physikalisch kann ich da nichts beitragen, hätte wohl besser meine ******** gehalten.
Wie lange man "unterwegs" sein muss, um Flex zu "erfahren"... der eine schnallts nach zwei Stunden, der andere braucht wirklich Jahre. Und ich glaub, ich begreifs nie
Viel probieren, dann geht`s schnell. Besonders, wenn jemand dabei ist, der die Zusammenhänge kennt und sein Wissen auch teilt.
Ich kenne Paddler, die fahren seit ewig, haben keinen Bedarf ihr Tun zu kultivieren, fahren sicher noch für den Rest ihres Paddlerlebens ein steifes Brett. Ist ok.
Ich hatte welche im Einsteigerkurs, die nach zwei Tagen schon recht gut wußten, was Ihnen gefällt und was nicht. Die werden sicher eine Entwicklung machen, an der sie selbst die größte Freude haben. LGW
Ich finde den Angelroutenvergleich nicht besonders gelungen. Weil ein Paddel keine Angelroute ist und die Mechaniken, die hinter diesen Bewegungen stehen, völlig verschieden sind. Das beginnt schon damit, dass eine Angel völlig rotationssymmetrisch ist. (Ich hab keine Ahnung vom Angeln, aber das gilt für die Teile, wie ich sie kenne). Paddel hingegen haben zwei völlig verschiedene Ebenen und werden beim Gebrauch ständig gedreht und tordiert.
Wie flexibel ein Paddel ist, lässt sich auch für einen Laien leicht fetsstellen: Paddel möglichst schräg auf den Boden stellen, Hände in Paddelposition, mit der Schafthand den Schaft zum Boden drücken, quer zur Längsachse. Je weicher, desto flexibler.
Welche Aussagekraft haben Vergleiche, wenn sie Dinge mit sich selbst vergleichen.
Für jeden Angler, aber auch jeden mit gutem Willen ist das oben Beschriebene leicht nachvollziehbar. Wenn der Vergleich für Dich daran scheitert, ok.
Auf genauere Auslegung, warum sich eine beringte Angel beim Wurf sehr wohl recht genau in einer vorgegebenen Richtung biegt, warum es unabgenehm ist, wenn sich die Elastizität in einem Teil nicht kontinuierlich verändert ( wie, wenn sich bei einem Paddel der Flex auf den Übergang Schaft zu Blatt, oder auf die Blattspitze beschränkt bleibt ), werde ich verzichten. Auch darüber warum die "Gespießte" Könnern vorbehalten ist, werde ich nicht schreiben.
Wenn keine Bereitschaft zu Verstehen da ist, verkommt jeder Diskurs zur Besserwisserei.
Ich wollte dir nicht auf die Füsse treten, Wolfgang. Ich habe aber auch nix miteinander verglichen. Aber ein Vergleich taugt nur, wenn er nicht zu dolle hinkt. Und eine Angel ist nun mal ein in der Theorie technisch ziemlich einfach zu erfassendes Gerät, leicht als progressive Feder ohe jede Torsionseigenschaften zu beschreiben. Und alles, was ich mit einer Angel an Bewegungen mache ist weit von einer Paddelbewegung weg. Nur weil ein Paddel und eine Angel in einer Dimension eine ähnliche, stetige Änderung der Federkonstante aufweisen (sollen), sind sie trotzdem nur schlecht vergleichbar. Das hat nix mit "nicht verstehen wollen" zu tun. Ich weiss, worauf du hinaus willst, aber das ist nur ein gaaaanz kleiner Teil beim Paddel, auch zB verglichen mit den hydrodynamischen Abläufen, aber auch weil hier einfach eine dritte Dimmension hinzu kommt.
Hi Thomas, Bei Licht betrachtet, sehe ich jetzt auch ohne Goldwaage, daß meine Reaktion von heute Nacht zuwenig Flex hat. Nimms mir bitte nicht krumm. LGW
Ich hätte ja als Fliegenfischer da noch was zu ergänzen bezüglich der Rotationssymmetrie bei Angelruten.. die gibt es nämlich nur begrenzt. Diese haben i.d.R. einen doch merklichen sogenannten "Sprung" an dem die Sprungkraft größer ist, was dann entweder als Rückgrat der Rute verbaut wird oder als "Bauch". Das ist dann unter Rutenbauern eine Philosophiefrage.
Nicht, dass das jetzt was zur Lösung der Frage beitragen würde, ob das ein treffendes Mittel ist, den "Flex" von Paddeln in seiner Dynamik zu verstehen - generell empfehle ich aber Fliegenfischen, um besser paddeln zu lernen. Bezeichnenderweise kenne ich den ein oder anderen sehr guten Paddler, der diese Theorie mit seiner Praxis zu bestätigen scheint.. :D
Der Flex meiner Wildwasserpaddel im Schaft ist mir übrigens angenehm, den bemerke ich auch nicht negativ. Was mir einerseits gar nicht gefällt, andererseits aber vermutlich meist nur ein Anzeichen für zu großen Krafteinsatz darstellt, ist ein gewisses Nachgeben des Blattes bei kräftigem Zug, was sich dann wie ein kurzes "durchrutschen" anfühlt, wobei nicht das Blatt durch das Wasser rutscht, sondern nur die Spitze des Blattes nachgibt und sich dadurch die Druckverteilung auf dem Blatt ändert.. fühlt sich fast so an, als würde plötzlich die Blattspitze abbrechen, nur viel weniger deutlich natürlich :D
Ich sollte das wohl nicht nur negativ auf das Blatt zurückführen, sondern mal weniger stark dran ziehen. Oder mal ein steiferes Blatt verwenden und schauen, ob sich am Vortrieb was ändert... gebrauchen kann man den im WW ja schon gelegentlich.