gestern habe ich einem unkontrollierbaren Reflex folgend einen alten "Old Town Ranger" erstanden. Den Papieren folgend wurde er 1986 an seinen ersten Eigner verkauft.
Reflexauslöser waren ein wunderschönes Holzsüll und dazu ein Haufen Orginalzubehör wie eine komplette Beseglung, Seitenschwerter, Ruderanlage, Einhängetisch, Zeltpersenning, Motorhalterung und so weiter.
Das Boot ist aus Royalex und sehr leicht.
Kennt jemand den "Ranger" von Old Town? Ich finde im Netz kaum Informationen dazu, allerdings verraten Maße und Linienführung eine enge Verwandtschaft mit dem Penobscot 16.
Und noch eine Frage zum Royalex. Die Bootshaut ist etwas wabbelig und weich, nur der Süllrand scheint dem Boot Stabilität zu verleihen. Die Bootshaut läßt sich vor allem am Boden leicht einbeulen, allerdings sind keine bleibenden Verformungen zu erkennen. Ist das bereits eine Alterserscheinung dieses bald dreißig Jahre alten Bootes oder ist das Royalex von damals einfach so? Habe ich eine lebende Leiche gekauft?
Viele Grüße, Fritz
sorry für die schlechte Fotoqualität, sind nur Handybilder....
Moin Fritz, das Material löst sich sicher nicht auf. Habe schon ein paar bekannte Marken mit wabbeligem Royalexboden gepaddelt, ist ausreichend Gepäck drin, wird es weniger und ist meiner Meinung nach zu vernachlässigen, zum Wandersegelpaddeln völlig okay, fürs Regattensegeln bringt es vielleicht nicht den ersten Platz . Selbst völlig ausgebleichte Boote erfüllen oft noch ihren Zweck. Das ist sicher keine lebende Leiche sondern ein schönes segelkanu. LG Jürgen
Hallo Jürgen, Danke für die beruhigende Antwort...aber es ist schon sehr wabbelig alles. Aber ich werde mich dran gewöhnen. Das dazu gehörende Rigg wiegt übrigens deutlich über 10 kg und die Spieren haben den doppelten Umfang der Solway-Dory-Riggs. Deshalb werde ich mein neues Expeditionsrigg erstmal verwenden, auch wenn die Segelfläche ziemlich gering ist. Viele Grüße, Fritz
Da hat aber jemand mit viel Liebe zum Detail umgebaut.
>>> ... aber es ist schon sehr wabbelig alles. Aber ich werde mich dran gewöhnen. Royalex bildet ja ein Drei-Schichtiges-Sandwich, ist der Spacer, also der Schaum in der Mitte "matschig" oder von den Hüllen abgelöst wird es sehr wabbelig. Nimmt man einen starken Saugnapf kann man gut spüren ob alle drei noch mit ein ander verbunden sind oder ob man nur die Deckschicht hoch hebt. Eine Reparatur von gelösten Schichten ist schwierig, auch bei matschigem Schaum ist es nicht einfacher. Es geht z.B. mit Vakuuminfusion Epoxi in die Problemzone zu ziehen. Wäre mir aber zum "um".
Wenn das Wabbeln dauerhaft stört, würde ich ein paar Esche-Spanten einpassen (wie bei Woodcanvas). Problematisch ist das unterschiedliche Verhalten von Holz und Royalex deshalb eventuell nur Halbspanten. Nach dem Dampfbiegen trocknen lassen und wieder rausnehmen und dann mit Epoxi einkleben. Oder bei Vollspanten eine gewisse elastische Führung.
Nicht vergessen jede Holzfläche die auf Royalex liegt mindestens lakieren.
Gruß Andreas
"Wie wir die Welt wahrnehmen, hängt davon ab, wie wir uns in ihr bewegen." F. Schätzing
moin schönes canoe - wenn Du Eschenspanten einfügen solltest, würde ich diese nicht einkleben, die verschiedenen Dehnungskoeffizienten Royalex:Holz könnten zu Problemen führen. (Kannst Du checken: Nehme die Messingkappen an Heck/Bug ab, die Holzsüllränder stoßen bestimmt nicht aneinander, sie müßten vorne offen sein und Spiel haben) das Wabbeln - auch als oilcanning bezeichnet - ist bei RX lite und manchen neuen Booten "serienmäßig" vorhanden, durch den Holzsüllrand sollte die Stabilität sichergestellt werden. Immer genügend Wind und Wasser unterm Kiel wünscht absolut canoe
PS Seriennummer wäre mal interessant, dann könnte man verfolgen, wo das Boot herkommt/war - wenn es in den USA registriert wurde
Moin Fritz, sollten sich tatsächlich die Schichten gelöst haben, ist das vermutlich auch nicht so tragisch. Ich hätte da evtl. selbst hier die Möglichkeit zum Vacuum ziehen also nichts ist unmöglich, nur müßte das bis nach den Sommerferien warten. LG Jürgen
Zitat Eine Reparatur von gelösten Schichten ist schwierig, auch bei matschigem Schaum ist es nicht einfacher
Das sehe ich genauso.
Zitat Es geht z.B. mit Vakuuminfusion Epoxi in die Problemzone zu ziehen.
Ich bin ehrlich gesagt skeptisch, dass das eine dauerhafte Lösung darstellt. Unverstärktes Epoxidharz ist eher spröde, und wenn schon der Schaumkern wegbröselt dürfte da auch keine saubere Fläche für eine gute Verklebung der Deckhäute im Sandwich sein. Dazu kommt, dass Du in dem Moment wo Du Vakuum ziehst, die Deckhäute aufeinandergezogen werden. Dadurch verringert sich die Wandstärke was zu reduzierter Steifigkeit führt.
Zu bedenken ist auch, dass Du mit einer Harzinfusion Luft durch massiven EP-Kunststoff ersetzt. Dieser ist schwerer. Da Bei Royalex das Material selbst für Auftrieb sorgt, könnte dass bei großen Flächen (kleine Ablösungen dürften eher nicht für Wabbeln verantwortlich sein) zum Mühlstein werden.
Hat das schonmal jemand probiert? Falls es dazu irgendwo Infos gibt würden die mich sehr interessieren.
Zitat Nicht vergessen jede Holzfläche die auf Royalex liegt mindestens lakieren.
Warum denn dieses? Epoxid hält sicher besser auf dem Holz als jeder Lack und dichtet mindestens genauso gut ab.
Allerdings würde ich das Harz zum Verkleben mit etwas Thixotropiermittel "stellen" und mit Baumwollflocken eindicken. Das Thixo sorgt dafür, dass das Harz nicht abläuft aber gleichzeitig "nass" genug bleibt und die Baumwollflocken dienen als Brücke zwischen den Klebeflächen. Die RX-Flächen vorher gut reinigen und aufrauhen.
Eine Epoxi Infusion halte ich mir bei einer Trennung von Deckschicht und Spacer durchaus für sinnvoll. Bei "matschigem" Schaum sollte der Bereich nicht zu groß sein, dann dürfte auch die Gewichtszunahme vertretbar sein, bei größeren Schaumauflösungen geht auch dies: Befallenes Gebiet mit 6-10mm Bohrer in Abständen von 5-10cm durch die innere Deckschicht perforieren. Zwei-Komponenten-Baumschaum (geschlossenporig) durch die Statische-Mischdüse direkt in die Schaumschicht spritzen, eine gewisse Zeit die Löcher verstopfen, so dass sich der Schaum auch um das Loch herum verteilt. Dann Stopfen entfernen, überschüssiger Schaum tritt aus den Löchern aus. Nicht Alles auf einmal sondern punktuell, immer klein klein vor arbeiten. Die Dosierung ist ziemlich heikel und führt schnell zu Beulen, aber es ist einfach und geht schnell. Danach die Löcher mit Epoxi verschließen. Mit dem Schaum ist das "voll der Schweinkram". Möglichst viel abkleben und dann erst durch die Abklebung bohren. Das hält sogar mit normalem Bauschaum, man hat aber das Risiko das sich der Schaum voll Wasser Saugt, wenn es irgendwo Leck ist.
Zitat Zitat: Nicht vergessen jede Holzfläche die auf Royalex liegt mindestens lackieren.
Warum denn dieses? Epoxid hält sicher besser auf dem Holz als jeder Lack und dichtet mindestens genauso gut ab.
Verkleben geht natürlich 1A, nur hat man dann das Problem mit den unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten (siehe mein erster und auch Alberts Text). Mehr als 10cm Holz würde ich auf Royalex nicht festkleben wollen. (Allerdings würde ich mich gern durch einen Test belehren lassen.)
Bei längeren Stücken, bleiben dann Stücke, wo Holz auf Royalex liegt und die müssen unbedingt lackiert werden. Da das ohne UV-Belastung ist, würde ich auch mit Epoxi lackieren.
Gruß Andreas
"Wie wir die Welt wahrnehmen, hängt davon ab, wie wir uns in ihr bewegen." F. Schätzing
Zitat von Hornblaeser [...] Kennt jemand den "Ranger" von Old Town? Ich finde im Netz kaum Informationen dazu, allerdings verraten Maße und Linienführung eine enge Verwandtschaft mit dem Penobscot 16. [...]
Old Town Ranger = Old Town Tripper mit holz (in Deutschland...)
Zitat von HornblaeserHallo, gestern habe ich einem unkontrollierbaren Reflex folgend einen alten "Old Town Ranger" erstanden. Den Papieren folgend wurde er 1986 an seinen ersten Eigner verkauft. Reflexauslöser waren ein wunderschönes Holzsüll und dazu ein Haufen Orginalzubehör wie eine komplette Beseglung, Seitenschwerter, Ruderanlage, Einhängetisch, Zeltpersenning, Motorhalterung und so weiter.
Gratuliere, vor allem bei der Zusatzausstattung! Wenn er dazu noch relativ günstig war hast du ein sehr seltenes Boot, dass bei euch mal an die gut 5.000,- DM gekostet hat, ohne Zusatzausstattung.
Zitat von Hornblaeser Das Boot ist aus Royalex und sehr leicht.
Nun ja, "leicht" ist immer subjektiv, die 36kg für die Ausführung ohne Holztrim waren eine sehr vorsichtige Schätzung.
Zitat von Hornblaeser Kennt jemand den "Ranger" von Old Town?
Ja. Ein Freund von mir hat den letzten nach Österreich importierten gekauft, das war vor ca. 9 Jahren, zeitgleich wie ich meinen Old Town Pathfinder mit Holztrim kaufte. Mittlerweile baut Old Town keine Holzränder und keine Flechtsitze mehr, bzw. werden keine Canoes damit mehr nach Europa geliefert.
Zitat von Hornblaeser Ich finde im Netz kaum Informationen dazu, allerdings verraten Maße und Linienführung eine enge Verwandtschaft mit dem Penobscot 16.
Nein. Der Ranger ist ein Old Town Trip (in den USA & Canada hieß er gar "Tripper") mit Holztrim und Messingdecks und Sitzen mit Thonet Geflecht.
Zitat von Hornblaeser Und noch eine Frage zum Royalex. Die Bootshaut ist etwas wabbelig und weich, nur der Süllrand scheint dem Boot Stabilität zu verleihen. Die Bootshaut läßt sich vor allem am Boden leicht einbeulen, allerdings sind keine bleibenden Verformungen zu erkennen. Ist das bereits eine Alterserscheinung dieses bald dreißig Jahre alten Bootes oder ist das Royalex von damals einfach so? Habe ich eine lebende Leiche gekauft?
Sei beruhigt. So wie das Oltonar (der Name von Old Town für Royalex, bevor das Patent fiel) bei deinem Boot aussieht, ist es richtig gelagert worden und gut in Schuss. Diese Boote hatten damals wie heute Oilcanning im Kaufpreis gratis "inkludiert". Ich hatte damals mal ein Old Town das wabbelte ohne Zuladung wie der Teufel, aber als ich damit mal einen Unfall am Wasser hatte und es das Ding mit offener Seite gegen die Strömung gegen einen Felsen gespült wurde und es den Boden bis zum Süllrand drückte, waren nach der bergung und 12h Wärme in der Augustsonne kaum noch Schäden erkennbar. Ich kenne solche Boote, bei denen der eigentlich geschlossene Schaumkern frei liegt und bei welchen das Royalex nahezu weiß ist. Sie verrichten immer noch ihren Dienst.
Dein Boot hat enorme Zuladungskapazität, ist sehr anfangs-, aber wenig endstabil (gerader Boden!), und bei entsprechender Zuladung in Bootsmitte ist auch das Wabbeln kein großes Thema mehr. Geschwindigkeit und Wendigkeit sind ebenso nicht sein Haupteinsatzgebiet, er kann vieles gut, ist aber weder ein Renner noch ein Leichtgewicht, solo möchte ich ihn nur zur Not paddeln müssen.
Ich danke tausendmal für die vielen interessanten Rückmeldungen!
In aller Schnelle ein paar Antworten:
Albert, ich schicke Dir eine PM mit der Nummer des Bootes.
Ulme, das Boot ist wirklich leicht, nämlich so, dass ich es problemlos alleine aufs Autodach heben kann. 36 kg wiegt es ganz sicher nicht, denn ich habe den Vergleich mit meinem PE Penobscot. Ich werde es mal zu wiegen versuchen. Laut Papieren wurden für das Boot 1986 als Vorführboot über 6200 DM bezahlt.
Was das Wabbeln angeht, so bin ich nachhaltig beruhigt! Und ich freue mich noch mehr über mein schönes neues Boot!
Zitat von Hornblaeser Ulme, das Boot ist wirklich leicht, nämlich so, dass ich es problemlos alleine aufs Autodach heben kann. 36 kg wiegt es ganz sicher nicht, denn ich habe den Vergleich mit meinem PE Penobscot. Ich werde es mal zu wiegen versuchen. Sehr herzlich, Fritz
Für den Trip mit Vinyl/Alusüllrand gab Old Town 36kg an. Dieses Gewicht hatte ein PE (Oltylen) Canadier mit einem guten Fuß weniger Länge auch locker - siehe dein Penobscot.
Wenn du den Ranger alleine aufs Dach bringst - gut! Wenn der erste Enthusiasmus verflogen ist und dir jemand dabei mal einwenig helfen muss: auch kein Problem. Fakt ist, es ist ein edler Canadier mit "Geschichte", wenn man sich Old Towns Werdegang (und leider Verfall) vor Augen führt. Wenn man möchte, kann man ruhigen Gewissens sagen du hast den Maybach unter Old Towns Rx - Canoes erstanden.
Hallo Ulme, das hat mir jetzt keine Ruhe gelassen. Deswegen nun das Ergebnis meiner nächtlichen Maybach-Wiegemaßnahme: 34 kg laut ungenauer Badezimmerwaage. Du hast natürlich recht. Viele Grüße, Fritz
Hallo Moose, hatte keine Bodenberührung. Und nutzlos ist das Teil darüberhinaus auch. Wabbeln war auch so nicht das große Problem. Ansonsten ist es schon mühsam, den Frachter alleine gegen den Wind voranzubringen. Aber es macht dennoch sehr viel Spaß, dieses schöne Boot. Viele Grüße, Fritz
der alte Ranger/Trip/Tripper gibt mir eine neue Frage auf, die ich ans Forum weiterreiche...
Das Boot hat nicht genug Bänke, um meine Familie zu transportiern. Außerdem wünsche ich mir eine Bank etwas mittiger fürs segeln mit dem Boot.
Da ich keinesfalls Löcher in das schöne Süllbord bohren möchte, um ein oder zwei feste Bänke zu installieren, habe ich mich auf die Suche nach Einhängesitzen gemacht und bin dabei hier hängengeblieben: http://www.endlessriver.co.uk/canoe-addaseat-p-891.html Die Lösung gefällt mir viel besser als die mancherorts verkaufte Lösung mit Alurohr und Schaumplatte.
Liege ich völlig falsch, wenn ich feststelle, dass die Auswahl an verkäuflichen Einhängesitzen nicht besonders breit ist? Was würdet Ihr mir empfehlen?
Zitat Wenn man möchte, kann man ruhigen Gewissens sagen du hast den Maybach unter Old Towns Rx - Canoes erstanden.
Hallo Ulme, diese Deine erfreuliche und Luxuslimousinenorientierte Aussage über das neue Boot hat meine Familie zu einer entsprechenden Namensgebung inspiriert. Viele Grüße, auch dafür Danke, Fritz