Aufgrund einer Nachfrage mußte ich mir mal wieder Gedanken zu dem Thema machen, und hab jetzt alles zusammengeschrieben was mir dazu einfällt um es in Zukunft einfacher zu haben. Der Text ist selbstverständlich aufgrund meiner eigenen Ausrichtung und Erfahrungen voreingenommen. Habt ihr dazu noch Anmerkungen, Vorschläge oder Korrekturen? Gibt es fundierte Lehrmeinungen (z. B. von ACA) dazu?
(1) Wahl der richtigen Stechpaddellänge: Ein eindeutiges "kommt darauf an".
(2) Normalerweise nicht über Schulterhöhe, außer bei außergewöhnlich großem Boot oder Sitzhöhe.
(Anmerkung: Mein Vater hat Stechpaddel noch nach der Formel "Kinnhöhe" angepaßt, das halte ich aber selbst im Vierer für etwas zu lang.)
(3) Lang genug um das Blatt während des Schlags vollständig in's Wasser eintauchen zu können, und für einen effektiven Hebel bei allen Schlägen (vorwärts, steuern, stützen).
(4) Kurz genug um komfortabel paddeln zu können ohne sich auf Dauer zu überanstrengen (obere Hand während des Schlags nicht oberhalb der Schulter), und daß man mit dem Paddel ohne loszulassen auch übergreifen kann.
(5) Im Wildwasserboot für schnellere Reaktionen und flaches Wasser bei niedrigerer Sitzposition kürzer. Wanderpaddel für ausreichend tiefe Gewässer können auch ein längeres und schmäleres Blatt (Beavertail) haben.
(6) Um die ideale Länge rauszufinden muß man dann in diesen Grenzen verschiedene Längen mit dem entsprechenden Boot ausprobieren und letztlich nach Gefühl entscheiden. Kompromisse sind unvermeidbar.
(2) Normalerweise nicht über Schulterhöhe (gemessen im Stehen mit Paddel daneben auf den Boden gestellt), außer bei außergewöhnlich großem Boot oder Sitzhöhe. Wenn die Wahl schnell gehen muß ist das i. d. R. ein ausreichender Anhaltspunkt, und knapp unter Schulterhöhe eine passende Länge für Wanderfahrten.
(5.1) Im Wildwasserboot für schnellere Reaktionen und flaches Wasser bei niedrigerer Sitzposition kürzer.
(5.2) Wanderpaddel für ausreichend tiefe Gewässer können auch ein längeres und schmäleres Blatt (Beavertail) haben, und können dann insgesamt entsprechend länger sein.
(5.3) Der Steuermann in einem mehrsitzigen und insbesondere vielsitzigen Canadier kann für eine bessere Hebelwirkung bei Steuerschlägen ein längeres Paddel verwenden.
Auf der falschen Spur, finde ich jetzt nicht. Natürlich ist die Schaftlänge ausschlaggebend. Wenn man aber jetzt abwechselnd verschiedene Boote fährt, muss das eine Paddel nicht zwangsläufig bei jedem Boot passen. LG, Rob
Was würde die Berücksichtigung der Schaftlänge an der Anleitung zum eingrenzen der persönlichen Längenwahl ändern?
Dir ist vielleicht aufgefallen daß ich keine absoluten Zahlen nenne. Der Text ist vor allem dazu gedacht, Leuten ohne Vergleich und eigenes Paddel eine erste Entscheidungsgrundlage zu geben die sie für ihre individuelle Auswahl verwenden können. Sobald sie ein passendes Paddel gefunden haben können sie davon auch die Schaftlänge nehmen und bei der nächsten Entscheidung berücksichtigen. Oder einfach weiter ausprobieren.
Die Schaftlänge mag als absolute Vergleichzahl für Diskussionen wie zwischen den Nerds hier im Forum ein besseres Kriterium sein als die Gesamtlänge, und für eine Bestellung bei manchen Spezialisten notwendig. Aber zumindest der deutsche Handel verwendet i. d. R. nur die Gesamtlänge, so daß ein Bezug auf die Schaftlänge m. E. eher zur Verwirrung als zur Klärung beitragen würde.
Zitat von Rob im Beitrag #7Wenn man aber jetzt abwechselnd verschiedene Boote fährt, muss das eine Paddel nicht zwangsläufig bei jedem Boot passen.
Das sehe ich auch so. Die Sitzposition und z.B. die Höhe des Süllrandes und ggf. auch die Neigung durch Ankanten beeinflussen das 'Passformgefühl'.
Auch werden IMHO für 'Standardpaddel' und traditionelle Paddel mit sehr langem und schmalen Blatt sehr unterschiedliche Herangehensweisen für die Ermittlung der Paddellänge benötigt.
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Die richtige Schaftlänge ermöglicht bei verschiedenem Körperbau und menschlichen Körperproportionen ein individuell genauer angepasstes Pasddel, es gibt sogen. "Sitzriesen"und das Gegenteil davon. Dass der deutsche Einzelhandel immer noch antiquierte Längenformeln zu Grunde legt, macht deren Metrhode nicht richtiger. Und, Murphey : Die "Nerds" sind im Allgemeinen die, welche tief in der Materie stecken und Ahnung haben. Jörg Wagner
Ich vermisse immer noch den direkten Bezug des Themas Schaftlänge zum ursprünglichen Inhalt dieses Threads. Bisher habe ich nur gelesen daß das doch alles veralteter Unsinn sein soll, aber keine sachlichen Argumente.
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #10Die "Nerds" sind im Allgemeinen die, welche tief in der Materie stecken und Ahnung haben.
Können die Leute die Ahnung haben dann auch ausführen wie die von mir aufgelisteten Faustregeln für die Längenwahl des Paddels an die Erkenntnis daß die Schaftlänge das zentrale Kriterium ist angepaßt oder ersetzt werden müssen? Eine detaillierte Darlegung warum das zu besseren Ergebnissen führt würde außerdem die Nachvollziehbarkeit und Glaubwürdigkeit deutlich verbessern.
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #10Dass der deutsche Einzelhandel immer noch antiquierte Längenformeln zu Grunde legt, macht deren Metrhode nicht richtiger.
Der Einzelhandel legt hier keine Formel zugrunde, sondern verwendet die Gesamtlänge als grundlegende Eigenschaft für die Auswahl der Artikelvariante. Man kann das sicher auch mit der Schaftlänge machen, ist aber eben hierzulande nicht etabliert, und würde dann wohl zu einiger Verwirrung führen. Und folgerichtig verwenden dann auch die Paddler die Gesamtlänge als Kriterium für "paßt mir", was bei vergleichbarer Blattformgröße ja durchaus auch zutrifft.
Zitat von markuskrüger im Beitrag #9auch die Neigung durch Ankanten beeinflussen das 'Passformgefühl'.
Und was folgt jetzt daraus für die Praxis? Aufkanten vermeiden um das gute Gefühl zu bewahren?
Zitat von Murphy im Beitrag #11Und was folgt jetzt daraus für die Praxis? Aufkanten vermeiden um das gute Gefühl zu bewahren?
Nein, daraus folgt, dass es nicht 'die eine' Paddellänge gibt, die Überall und immer passt und dass man ggf. mehre als ein Paddel für verschiedene Situationen braucht.
Wieso Schaftlänge? Wenn ich das Paddel schulterbreit greife, weil die Geometrie dann passt, dann ist das schon mal 'Maß-geblich'. Kürzer als schulterbreit macht wegen der Hebelgesetze schlichtweg keinen Sinn! Ob länger als schulterbreit für den jeweiligen Paddler Sinn macht, hängt - wie hier schon beschrieben wurde - von diversen Faktoren ab.
Und nicht vergessen: Es geht hier lediglich um 'Daumenwerte', um nicht ein völlig falsches Paddel zu wählen!
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"Die Größe des Paddels bestimmen Hocken Sie sich ungefähr so weit hinunter, als säßen Sie im Wasser in einem Kanu. Setzen Sie den Paddelgriff auf den Boden und halten Sie den Paddelschaft vertikal. Der Schafthals des Paddels sollte auf Nasenhöhe abschließen. Für eine noch bessere Messung sitzt man im Boot und im Wasser. Halten Sie das Paddel vertikal an Griff und Schaft. Tauchen Sie das Blatt voll ein. Der Griff sollte auf Höhe der Nase sein.
Die Schaft-Hand und wie man das Paddel hält ...Die eine Möglichkeit, den richtigen Abstand von der Schaft-Hand zur Führungshand herauszufinden, ist, den Paddelgriff unter die Achsel zu setzen. Den Arm dann den Schaf entlang strecken und den Punkt markieren, den die Fingerspitzen erreichen. Dort greift dann die Schaft-Hand den Schaft. Für die Größe gilt generell, daß 10-15cm zwischen der Schaft-Hand und dem Blatt verbleiben sollten..."
Aus "Faszination Kanusport" von G&J McGuffin
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Zitat von markuskrüger im Beitrag #12Wenn ich das Paddel schulterbreit greife, weil die Geometrie dann passt, dann ist das schon mal 'Maß-geblich'.
Jetzt kommen wir vielleicht weiter. Schulterbreit wie für Doppelpaddel gemessen, Paddel auf den Kopf, Arme 90° abgewinkelt und Hände greifen vorne und hinten? Das dann als minimale Schaftlänge genommen?
Ist auf jeden Fall ein interessanter Ansatz.
Zitat von markuskrüger im Beitrag #12dass man ggf. mehre als ein Paddel für verschiedene Situationen braucht
Da bin ich voll dabei, hab auch immer ein Strecken- und ein Spielpaddel dabei
Zitat von Murphy im Beitrag #14Schulterbreit wie für Doppelpaddel gemessen, Paddel auf den Kopf und Hände greifen vorne und hinten im 90°-Winkel? Das dann als minimale Schaftlänge genommen?
Sebastian Stetter empfiehlt in "Solo Freestyle Canoeing" die Breite der Schultern als Griffweite, wodurch man auf deutlich kürzere Werte kommt, als wenn man die Methode von G&J McGuffin nutzt.
Edit: Er empfiehlt:"Die optimale Griffweite ist etwas weiter als schulterbreit." (S.45)
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Zitat von Dipol im Beitrag #15Sebastian Stetter empfiehlt in "Solo Freestyle Canoeing" die Breite der Schultern als Griffweite, wodurch man auf deutlich kürzere Werte kommt, als wenn man die Methode von G&J McGuffin nutzt.
Ein Punkt welcher die Paralleldiskussion hier vielleicht erklären kann: Wildwasser- vs. Wander- vs. Kringelpaddel. Und alles dazwischen abhängig von Booten und Gewohnheiten.
Entschuldigung für das zuerst verkehrt angegebene Maß, habe es inzwischen editiert.
Die zweite von mir zitierte Methode von G&J McGuffin hat für mich eine ganze Weile gut getaugt, um aus einer größeren Anzahl verschiedener Paddel ein passendes auszusuchen. Inzwischen finde ich kürzere Schäfte angenehmer.
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MOINSEN! @ Murphy : Bin hier schon sehr lange unterwegs, und wundere mich immer wieder, wie hier immer noch die Fahne für den, trotz des Namens, vom völlig ahnungslosen, was das Canoe fahren betrifft DKV, völlig unsinnige Statements hochgehalten werden. Die Aussage von Jörg Wagner hätte man auch einfach final so stehen lassen können. Canoe paddling isn't rocket science. Listen to the nerds and go canoeing...
Zitat von Murphy im Beitrag #14Schulterbreit wie für Doppelpaddel gemessen, Paddel auf den Kopf, Arme 90° abgewinkelt und Hände greifen vorne und hinten?
Äh, wie, was? Nee, ganz einfach die Arme gerade und waagerecht nach vorne gestreckt, als wenn man gleich lospaddeln will...
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ZitatAber zumindest der deutsche Handel verwendet i. d. R. nur die Gesamtlänge, so daß ein Bezug auf die Schaftlänge m. E. eher zur Verwirrung als zur Klärung beitragen würde.
Für eine optimale Kraftübertragung beim Vorwärtsschlag muss die Griffhand in etwa der Schulterhöhe sein, das ist einfache Mechanik. Die Schaftlänge ist deswegen durch den Abstand zwischen der Griffhand auf Schulterhöhe und der Wasserlinie bestimmt. Und genau deshalb ist die Schaftlänge die einzige echte Längenbestimmungsgröße bei der Paddelauswahl.
Es ist ein Ärgernis, dass man im (nicht nur) deutschen Einzelhandel die Schaftlänge aus der Gesamtlänge und der nicht immer angegebenen Blattlänge, wenn möglich, selbst errechnen muss.