Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019
Ich träume seit Jahren schon von tropischen Flüssen, die ich befahren könnte, und die mich der prallen Tierwelt dort näherbringen. Ich dachte dabei immer an Afrika, schaute nach Flüssen in Botswana, Sambia und Kamerun, das Okawango-Delta zB oder den Sambesi. Aber letztlich konnte ich mich auf keinen der Flüsse dort festlegen. Afrika kam mir immer zu gefährlich vor.
Südamerika hatte ich in diese Überlegungen bezüglich Paddelgewässern nie mit einbezogen, ich weiß auch nicht warum. Wahrscheinlich, weil ich im Amazonas-Dschungel nicht so mit der prallen Tierwelt rechne. Und gefährlich ist es auch da. Mehrfach sind Paddler beraubt und ermordet worden (zB 2004, 2011, und 2017, 3 Tage zuvor schrieb sie’s schon auf Twitter).
Vom Pantanal hatte ich vorher schon gewisse Vorstellungen. Es sei ein riesiges Sumpfgebiet irgendwo in Südamerika, großflächig überschwemmt, wegelos, örtlich sehr klares Wasser, fischreich, bissige Piranhas, 9m-Anakondas, Millionen Kaimane, Riesenotter, Jaguare und viele Wasserschweine. Cowboys reiten auf Pferden durchs Wasser. Im Rahmen von aufwendigen Expeditionen wird dort geforscht oder es werden prächtige Naturfilme gedreht. Für Otto-Normalbürger auf eigene Faust aber letztlich unzugänglich. Kann sein, dass ich meine letzte Pantanal-Dokumentation bereits in den 70er Jahren gesehen habe.
Aber 2016 entdeckte ich einen Paddelreisebericht, der anders klang - das schien auch für mich einfach machbar. Ich habe mich also gleich hingesetzt, das Pantanal auf der Landkarte gefunden, den Bericht in allen Details studiert, die wahrscheinliche Fahrtstrecke ermittelt und deren Länge ausgemessen. Rund 900km mussten die beiden gepaddelt sein. Puhhh, eine ganze Menge, und das in 25 Tagen, also durchschnittlich 36km täglich. Das bei der Hitze und den kurzen Tagen dort in den Tropen. Auf meinen Touren komme ich normalerweise auf 15 bis 25km am Tag, aber wir lassen uns besonders morgens regelmäßig viel Zeit.
Das Pantanal liegt im Herzen Südamerikas und gilt als das größte kontinentale Sumpfgebiet der Welt. Der größte Teil der Fläche gehört zu Brasilien, kleinere Teile zu Bolivien und Paraguay.
Hier jetzt mal eine Überblickskarte, die bereits den Streckenverlauf grob erkennen lässt. Es geht los im Nordosten in Rondonópolis, folgt dem hier nicht bezeichneten Rio Vermelho, weiter über den Rio São Lourenço und den Rio Cuiabá auf den Rio Paraguai bis zum Ziel Corumbá:
www.pantanalescapes.com
Es verging einige Zeit, bis ich die Tour dann tatsächlich in Angriff nahm. Immer wieder kam was dazwischen, was mich am Pantanal hinderte. 2 Jahre bin ich mit Andrea dann noch den Sommer in die NO-Ukraine gefahren (2016, 2017), und 2018 auf den Bargusin und den Baikal in Sibirien. Das war mein finaler Test Flugzeugreise mit Faltboot-Gepäck. Danach hatte ich so viel Vertrauen in meine Flugtauglichkeit gewonnen, dass der großen Tour nichts mehr im Wege stand.
Andrea ist leider nicht tropentauglich und so habe ich mir für diese lange Tour einen kräftigen Mitpaddler gesucht. Thomas kannte ich bereits von Touren zB 2013 in Lappland, von der Mulde, der Elbe und anderen Gelegenheiten.
10000km-Anreise: Hinflug mit TAP am Samstag, 31.8.2019, Berlin-Tegel - Lissabon, Umsteigen und weiter Lissabon - Brasilia. Anschließend 932km Busfahrt bis in die Stadt Rondonópolis. Hier haben wir einen Zentner Verpflegung für 4 Wochen eingekauft (hauptsächlich Trockennahrung) und im Rio Vermelho eingesetzt.
Völlig verschwitzt vom Bootsaufbau unser Startbierchen:
3.9.2019 9:05Uhr, Endlich auf dem Wasser, die weite und anstrengende Anreise ist Geschichte. Vor uns liegt das Pantanal, vielleicht noch 50 bis 200km voraus, so genau kann ich die Grenze des Sumpfgebietes auf den Karten und Luftbildern nicht erkennen.
Der Rio Vermelho ist flach, führt nur wenig Wasser und wir müssen sehr genau schauen, wo wir eine fahrbare Rinne finden. Der im Moment bezüglich Wasserführung kleine Fluss mäandriert sozusagen unter der Wasseroberfläche innerhalb seines sandigen Bettes noch einmal. Wir versuchen, der Fließrinne zu folgen. Durch das trübe Wasser sieht man nichts. Einzig leichte Kräuselungen der Wasseroberfläche verraten uns, wo es gut fließt und wo es zu flach wird. Achtet man nicht drauf, bleibt man schnell mal auf dem flachen Sand sitzen.
Wir sind hier auf dem Höhepunkt der Trockenzeit, also bei den im Jahresverlauf geringsten Wasserständen unterwegs:
Das hat den Vorteil, dass sich all die stark vom Wasser abhängige Tierwelt an den Ufern der Flüsse versammelt.
Unser erstes Lager schlagen wir an einem kleinen Nebenfluss auf:
Im klaren Wasser des Nebenflusses kann man schon von Land aus erkennen, wo die Kaimane und Piranhas lauern:
Bis nach Mitternacht ist es zu heiß, um sich zuzudecken. Bis auf 2 Nächte, in denen es regnet, zelte ich im Pantanal immer "oben ohne", also ohne Überzelt. Der Sound des Dschungels kommt absolut ungefiltert bei mir an, und sehen kann ich auch genug.
Zum Sonnenaufgang schwillt das Vogelkonzert an. Zeitweise dominiert ein Trupp Brüllaffen die Akustikkulisse. Phantastisch hier, genau so wie ich mir solch eine Tropentour vorgestellt habe.
Morgens löffeln wir unser am Vorabend kalt angerührtes Müsli, eine Mischung von körnigem Fertigmüsli, feinen Haferflocken, Milchpulver und filtriertem Flusswasser. Über Nacht konnten die Körner quellen. Zum Schutz vor wilden Tieren (Ameisen, Ratten, Pekaris) hängen wir den Topf über Nacht hoch an einen Ast.
Sobald die Sonne über die umgebenden Berge steigt, wird es wieder heiß. Für heute und die folgenden Tage sind 40°C und mehr angekündigt:
Badepause. Thomas hat es mit dem Kreuz, kann sich kaum bewegen und verharrt auf Land:
Später nicht aufgepasst bzw Durchfahrt falsch eingeschätzt, festgefahren, wir müssen ein kurzes Stück treideln:
Mündungsgebiet des Rio São Lourenço:
Das Lager schlagen wir am 2. Tag nach knapp 43km Tagespaddelstrecke um 3 Uhr am Rande einer sehr großen Sandbank auf (Map):
Wir bauen die Zelte am Rande der Sandbank im Schatten der niedrigen Weiden auf. Hier führen Tierpfade ins Dickicht.
Eines der Boote aus einem in der Nähe liegenden Fischercamps stoppt auf unserer Höhe und sie warnen uns vor dem Jaguar, der Unze, die hier ihr Revier hätte. Sie haben sie hier öfter gesehen. Aber was können wir machen? Jetzt noch das Lager verlassen? Rüber zu den Fischern möchte ich nicht unbedingt. Da will ich es eher hier drauf ankommen lassen.
Unruhige Nacht, natürlich lausche ich auf alles, was da draußen vor sich geht. 2008 wurde bereits einmal ein Angler im Zelt vom Jaguar erwischt.
Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass es so nah an der Stadt und von Fazendas umgeben noch (oder schon wieder?) Jaguare gibt. Wir sind Luftlinie 20km von Rondonópolis entfernt. Allerdings denke ich auch, dass hier, mit den Fazendas rundum und fern dem Jaguar-Schutzgebiet bei Porto Jofre, noch keine große Gefahr besteht. Der eventuell immer noch vorhandene (illegale) Jagddruck von Seiten der Rinderzüchter könnte die Tiere scheu halten. Brian und Diana haben 2013 einen toten Jaguar im Fluss liegen sehen.
Wir schlafen also diese Nacht zum ersten Mal in dem Bewusstsein, uns hier im Jaguar-Revier aufzuhalten.
Ich halte die Gefahr aus rein statistischen Erwägungen noch für relativ gering. Anders wird das erst, wenn wir in die Gegend um Porto Jofre kommen. Da weiß ich noch nicht, wie wir da heil durchkommen sollen. Dort sind die Jaguare extrem häufig und sie sind an Menschen gewöhnt. Sie flüchten nicht mehr instinktiv, wenn sich Menschen nähern. Und dass dort so wenig Unfälle passieren liegt wohl nur daran, dass sich niemand dort der Gefahr richtig exponiert, also zB dort am Ufer zeltet. Die Touris sitzen alle in mehr oder weniger großen Schnellbooten (oder woanders auch in Safariautos). Oft belagern mehrere Boote einen Jaguar.
So liege ich in meinem luftigen Zelt, gehe diesen Gedanken nach und lausche in die Nacht.
Ok, ich kann es jetzt verraten, wir überleben die erste Nacht im Jaguar-Gebiet.
Und ich bin auch immer wieder eingeschlafen und stehe jetzt nicht übermüdet auf. Dennoch bin ich auch ein bisschen froh, als die Nacht vorüber ist.
Weiter geht es durch Traum-Landschaft
Ab hier kann man sagen, wir haben das Pantanal erreicht. Auch wenn man es vom Fluss aus nicht wahrnimmt, hinter dem linken Ufer, also südlich von hier, erstrecken sich erste große zusammenhängende Flächen, die bei größeren Hochwässern zeitweise überschwemmt werden. Ich erkenne es deutlich an der Strukturierung der Vegetation im Satellitenbild.
Kinder beim Angeln im Indianerreservat:
Unser erster Kaiman liegt auf einer Sandbank in der Sonne, ein großer. Als wir uns noch weiter nähern, verschwindet er ins Wasser. Klasse!
Kaimane beim Frühstückskaffee:
Dieselben herangezoomt:
Der Kaiman muss weichen, wir möchten baden gehen:
Am 6.9. stoßen wir auf eines der Feuer, die Brasilien seit Wochen in Atem halten.
Unsere Presse ist voll davon. Auf einer Fazenda nördlich des Flusses werden Pflanzenreste verbrannt. Wahrscheinlich wurde wieder ein neues Stück Urwald gerodet und soll zu Viehweide umgestaltet werden:
Tatsächlich ist es in diesem Jahr in großen Teilen Brasiliens außergewöhnlich heiß und trocken. Das Pantanal gehört dazu und war zumindest im September 2019, unserem Paddelreisemonat, der absolute
Hitzepol des Landes. In der Folge ist es erst mal normal, dass es häufiger brennt als in den Vorjahren.
Wieder ein Lager auf einer kleinen Sandbank:
Im Unterlauf des Rio São Lourenço verzweigt sich der Fluss und fließt in mehreren kleineren Teilströmen in Richtung Rio Cuiabá:
Brüllaffen-Konzert auf diesem Abschnitt:
Tendenziell werden die Flüsse auf unserem Weg durchs Pantanal immer größer. Wir versuchen zunehmend, auf kleineren Nebenstrecken vorwärts zu kommen und so abgelegenere Gebiete zu erreichen.
Nach 11 Tagen auf dem Wasser kommen uns auf einer Nebenstrecke des Rio São Lourenço eines späten Nachmittags am laufenden Band Schnellboote entgegen:
Offensichtlich bewegen wir uns jetzt genau in dem Gebiet, in das die Touristen gekarrt werden, um Jaguare zu beobachten.
Kurze Zeit später schlagen wir auf den ausgedehnten Sandbänken eines Altarms unser Lager auf und kochen Erbswurst zum Abendessen:
Jaguar-Spur:
Die Spur ist ganz frisch, der Wellenschlag der Schnellboote hat kurz vorher noch den Sand glattgewischt.
Zunächst sind wir hier während des Zeltaufbaus und der Essenzubereitung ungestört. Doch dann kommen die Schnellboote zurück. Ein paar von ihnen landen bei uns am Strand an, zum einen, um ihren Touristen diese seltene Attraktion zu zeigen, Paddler werden hier nur alle paar Jahre mal gesichtet, zum anderen aber, um uns vor den Jaguaren zu warnen:
Zwei Jaguare sollen genau hier leben. Je später der Nachmittag, desto mehr Boote kommen, um zu warnen, und um so eindringlicher werden die Warnungen. Einer erzählt uns, vor 3 Wochen wäre ein Jaguar wütend angerannt gekommen, als genau hier Touristen das Boot verließen und an Land gingen. Touristen im Boot sind sie gewöhnt, Touristen an Land leben gefährlich. Er fragt auch, ob wir schnarchen, das lockt sie an.
Ich argumentiere mit der relativ geringen Wahrscheinlichkeit, gefressen zu werden, und verweise auf den
einzigen Fall 2008. Die Diskutanten halten dagegen, dass nur deshalb so wenig passiere, weil man eben hier nicht zeltet.
Mir ist natürlich auch klar, dass seit 2008 eine Menge Zeit vergangen ist, die Jaguare jetzt und besonders hier viel häufiger sind, und dazu eben an ständige Besuche von Menschen gewöhnt.
Zu guter Letzt legt ein Boot an, dessen Führer uns erklärt, dass all das Land hier zur Fazenda São Bento gehört, als Jaguar-Schutzgebiet ausgewiesen ist, und dass zelten hier verboten wäre. Er funkt noch zur São Bento und organisiert ein Boot, das uns hier abholen soll. Wir sollen zur Fazenda gebracht werden und dort übernachten.
Das hat mich nun auch "überzeugt". Verbot ist Verbot, da bin ich einfach zu deutsch, um dass jetzt auch noch zu ignorieren.
Ich erkläre ihm aber, das Boot bräuchten wir nicht, wir lieben es, auch nachts im Mondlicht zu paddeln, und kämen auch alleine bis São Bento, es sind ja nur ~10km.
So bauen wir die Zelte wieder ab, stellen den rußigen Topf mit der fertigen Erbswurst ins Heck, packen unsere Sachen und paddeln um 17 Uhr weiter.
2km weiter, da, wo wir auf den Durchbruch des Rio Cuiabá stoßen (
Map), geraten wir plötzlich in eine Ansammlung von Motorbooten. Mir ist natürlich sofort klar, was hier los ist, bekomme Thomas aber nur mit Mühe zum Stoppen. Er will eigentlich mit Höchstgeschwindigkeit zur Fazenda São Bento weiterpaddeln.
Wir legen an das Boot an, welches am nächsten zum Ufer liegt:
Und richtig, hier liegt ein Jaguar in einer Höhle unter einem Baum. Unser erster Jaguar. Leider unter Umständen, wie sie jeder Tourist hier erlebt: Motorenlärm, Stimmengewirr, Gewusel der Boote. Irgendwie etwas unwürdig.
Trotzdem das hier eine ganz normale Begegnung mit einem freilebenden Jaguar in der Wildnis ist, will sich in mir kein großartiges Gefühl einstellen, so wie es sicher wäre, wenn ich diesem Tier alleine begegnet wäre. Für mich fühlt es sich eher an wie im Zoo. Ihr könnt ja mal vergleichen mit
dieser Jaguar-Begegnung. Ist doch was ganz anderes! Da bekomme ich schon Gänsehaut, wenn ich es nur lese.
Das Tier hier liegt ganz relaxt in seiner schattigen Höhle, halb von den Wurzeln über dem Eingang verdeckt. Ohne die Bootsansammlung hätte ich den garantiert übersehen (meine Blicke gingen den ganzen Tag schon auf die Oberkante der Steilufer, wo die Jaguare auch oft liegen).
Damit ich einen festeren Stand bekomme, kann ich auf das Boot vor mir klettern und dort fotografieren. Das Boot mit Bootsführer haben zwei Brasilianer mit Vollprofi-Filmausstattung gemietet. Sie haben heute bereits 5 Jaguare im Kasten.
Auch meine Freihand-Fotos scheinen trotz des schwachen Restlichtes zu gelingen:
Nachdem sich in der Höhle nichts weiter regt, paddeln wir eine knappe ½h später weiter:
Kurz darauf werden wir von dem per Funk georderten Schnellboot aufgegabelt und im Schlepp zu einer 11km entfernten Fazenda gebracht, der Fazenda Jofre Velho. Dort werden wir in einem klimatisierten Zimmer untergebracht, man lädt uns zum Essen ein und zeigt uns die Einrichtung der Umweltschutzorganisation "Panthera", der dieses Anwesen gehört. "
Panthera" ist eine NGO, die sich exklusiv dem Schutz aller 40 wilden Katzenarten weltweit widmet. Alles sehr nett hier.
Am nächsten Tag erreichen wir den einzigen Punkt im Pantanal, von dem aus wir theoretisch unsere Paddeltour abbrechen und auf einer unbefestigten Straße aus dem Pantanal heraus kommen könnten. Hier befindet sich ein Campingplatz und einige Hotels, darunter das
Hotel Porto Jofre Pantanal Norte:
Natürlich brechen wir nicht ab, sondern werden auch die nächsten knapp 400km bis Corumbá paddeln.
Zwei Tage nach Porto Jofre stelle ich abends im Zelt fest, dass ich mir den ersten Parasiten eingefangen habe. [oh2]
Unter dem Ansatz des rechten großen Zehs sitzt so ein Vieh, das man, so weit ich mich erinnere, mit einer scharfen Kanüle oder einem Holzspan herausoperieren kann. Ich ertaste eine Erhebung, und meine mich sogar zu erinnern, wie ich ein, zwei Tage vorher gespürt hätte, dass da gerade etwas eindringt.
Nun überlege ich, wie weiter vorzugehen ist. Warte ich, bis wir in Corumbá ankommen? Aber verschenke ich da nicht unnötig Zeit, in der sich der Parasit entwickeln oder gar vermehren könnte? Oder lasse ich das Vieh besser gleich herausnehmen? Thomas traue ich nicht so recht zu, dass er als Chirurg willig und fähig ist. Ich will ihm das jetzt nicht zumuten. So nehme ich Smartphone und Stirnlampe und versuche mein Glück beim Besitzer der kleinen Fazenda, auf deren Grund wir gerade zelten.
Ich frage ihn über den Google-Translator: "Kennen Sie diesen Parasiten?", er nickt, "sim". "Wissen Sie, was zu tun ist?", "sim". Er bejaht, setzt mich auf einen Gartenstuhl und holt sein großes Schlachtermesser von draußen. Im Vorbeigehen hält er das Mordwerkzeug hoch und lacht dabei. Ich verstehe: Nein, keine Angst, damit werde ich dich nicht operieren.
Er geht hinter ins Schlafzimmer, kommt kurz darauf mit einem kleinen Holzspan zurück, den er gerade geschnitzt hat, und setzt sich mir gegenüber auf einen Campingstuhl. Ich setze ihm noch meine Kopflampe auf, damit er ordentliches Operationslicht hat.
Dann packt er meinen Fuß auf sein Knie, und legt los:
Alles sieht sehr gekonnt aus, er hat das sicher nicht zum ersten Mal gemacht. Und es tut überhaupt nicht weh. Mit dem Span wird die Hornhaut um den Parasiten geweitet und das Vieh möglichst vollständig herausgeholt. Später nimmt er noch eine Nagelzange zu Hilfe, um die Ränder des Loches zu glätten. Nach 10 Minuten ist alles vorbei. Am Ende bleibt ein 3 - 4mm großes Loch in der Haut.
Ich habe dann im Zelt nachts noch etwas Desinfektionsmittel draufgesprüht, am Morgen noch einmal, und das war es dann. Pflaster wäre sowieso gleich wieder abgeweicht.
Es handelte sich um einen
Sandfloh, der bei stärkerem Befall die Füße vollständig zerstören kann. Im Netz findet ihr dutzende Filmchen zu diesem Thema, aber ich rate nur Leuten mit einer gewissen Ekel-Resistenz, hier raufzuklicken: "
Jigger Removal" (das ist nur die Google-Suche). Sandflöhe waren ursprünglich nur in Südamerika verbreitet, sind jetzt aber besonders in Afrika ein riesiges, offenbar massiv unterschätztes Problem ("
Das grosse Leiden an einem Floh").
Wir streifen den Nationalpark "
Parque Nacional do Pantanal Matogrossense" und werfen einen Blick von einem Hügel mitten im Sumpf (
Map):
Im Zentrum des Pantanal kommen wieder Berge in Sicht, die Serra do Amolar. Die Region ist eine der mysteriösesten im Pantanal und gilt als fern und geheim (
Quelle). Hier unser Blick vom Rio Cuiabá auf den Gebirgszug 7km entfernt:
Der Gebirgszug erreicht eine Höhe von fast 1000m.
Abendbrot im Jaguarrevier an einem abgelegenen Ort:
Schöne Aussicht über den Sumpf in Richtung Serra do Amolar:
Nachts höre ich den Jaguar regelmäßg brüllen. Vielleicht haben wir ihn hier von seinem Stammplatz vertrieben?
Am folgenden Tag Wanderung in der Sierra do Amolar:
Im vollen Heldenornat, mit schickem Chinahut
Jeden Abend (und jeden Morgen) Wasser filtern:
Der
MSR Guardian ist eine meiner besten Neuanschaffungen für diese Tour gewesen. Mit ihm pumpen wir rasch unsere 3 - 4 Liter Trinkwasser am Tag in die Kunsstoffflaschen. Nur das Wasser, dass wir für Erbswurst- und Nudelnkochen verwenden, wird nicht gefiltert. Alles andere ist gefiltertes Trinkwasser und kann sofort (ohne Abkühlen lassen) in großen Mengen getrunken werden. Das auch das Filtrat auf dem Bild oben so trübe aussieht, liegt nur an der Multivitamin- und Mineralientablette, die ich in eine von 3 Flaschen dazugebe. Ansonsten kommt das Wasser kristallklar aus dem Filter. Einzeller aller Art, Wurmeier, Bakterien etc, sogar die freisuspendierten Viren, werden von dem Filter zuverlässig zurückgehalten.
Im letzten Viertel der Paddeltour machen wir ein paar Abstecher in die nassen Sumpfweiten des Deltas des Flusses Taquari:
Wir paddeln die Mata Cachorro aufwärts gegen den Strom:
Hier ist das Wasser außergewöhnlich klar:
Ich schätze die Sichtweite unter Wasser auf 6 - 8m, deutlich mehr als eine Bootslänge:
Video unter Wasser von der selben Stelle in Zeitlupe mit ½ Originalgeschwindigkeit:
In diesem Teil des ausgedehnten Sumpfgebietes findet man nur sehr selten ein trockenes Plätzchen, wie zB unser Dschungelcamp:
3 Tage später, wir waren schon lange wieder auf dem großen Rio Paraguai, hat es kräftiger geregnet. Am Nachmittag besuchen wir die
Schule Jatobazinho und werden dort ebenfalls eingeladen:
Fernanda, die Verwaltungschefin, bittet uns, uns und unsere Tour vor dem Abendbrot kurz vorzustellen:
So große Flüsse sind eigentlich nicht so meins. Schöne Pausenplätze finden sich auch nicht mehr so oft, und so verbringen wir die Pausen manchmal treibend auf dem Fluss:
Hier im südlichen Bereich des Pantanal sind viele große Hotelschiffe unterwegs. Sie legen zeitweise am Ufer an, und die Angeltouristen schwärmen dann mit kleineren Motorbooten auf die umliegenden Gewässer aus. Hier ein großes Hotelschiff mit Angelbooten im Schlepp:
Am Horizont tauchen neue Berge auf, unser Ziel kommt näher:
Angekommen am Endpunkt der Paddeltour, in Corumbá:
Schöne Paddeltour, auch im Rückblick. Aber es geht ja weiter. In Corumbá stößt Andrea zu uns. In den nächsten 3 Wochen möchten wir zu dritt Südbrasilien erkunden, zuerst nach Bonito, dann mit Mietwagen zum riesigen Wasserkraftwerk Itaipú, anschließend zu den nahegelegenen Wasserfällen von Iguaçu, und dann weiter an den Atlantik, nach Curitiba und Blumenau.
Für speziell Interessierte habe ich wie das meine Art ist einen sehr ausführlichen Bericht zur Reise geschrieben (siehe
outdoorseiten.net, wird noch weiter ergänzt).
Cowboy im Gebiet um Bonito:
Die Wasserfälle von Iguaçu:
Am Atlantik:
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Ganz zum Schluss noch einige Bilder der Tiere des Pantanals:
Zwei Hornwehrvögel mit einem Rabengeier in der Mitte:
Azara-Kapuzineraffe?:
Wasserschweine:
Hier erwische ich mal eines der Kleinen beim Hechtsprung ins Wasser:
Mit Klick aufs Bild gibt es eine AnimationGrüner Leguan, sie graben ihre Wohnhöhlen oft in den festen Sand der Sandbänke am Ufer:
Jabiru:
Königsgeier:
Tapir-Mutter mit Kind:
Soundkulisse aus dem Dschungel:
Scherenschnäbel:
Rotbrustfischer:
Wasserschwein, cooles Männchen, bleibt sitzen:
Rabengeier, Caracara:
Hyazinth-Ara:
Nacktgesichthokko:
Orangerückentrupial:
Schmetterlinge auf der Suche nach Mineralien:
In Bewegung kommt das natürlich viel besser rüber:
Eine
Gelbe Anakonda:
Die Sucuri-amarela wird nicht ganz so groß wie die ebenfalls hier vorkommende Grüne Anakonda. Während die Gelbe fast 6m lang und bis 70kg schwer wird, erreicht die
Grüne Anakonda von der Wissenschaft bestätigte 9m und gerüchteweise bis zu 16m Länge! Riesige Monster! Im Pantanal ist die Grüne Anakonda selten, während die von uns gesehene Gelbe Anakonda häufiger anzutreffen ist.
Riesenotter:
Die Riesenotter gelten zwar immer noch als gefährdete Art, aber wir haben sie fast jeden Tag entlang der gesamten Paddelstrecke gesehen. Im Pantanal sind sie definitiv häufig anzutreffen.
Rabengeier auf einem toten Kaiman:
Gewilderter Kaiman: