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Dieses Thema hat 4 Antworten
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 TOURENBERICHTE
franzose Offline



Beiträge: 16

23.05.2018 23:29
Wesermarathon – 135 km im Solokanadier Antworten

Letztes Jahr hatte ich Euch von meiner 112 km – Fahrt bei der Aller Hochwasser Ralley Ende März berichtet. Im Ziel hatte ich mir schon vorgenommen, beim Wesermarathon Anfang Mai die Goldstrecke zu versuchen. Der Zahn wurde mir dann aber gezogen, genauer gesagt waren es gleich drei, ein paar Tage vor dem Start.

Also standen die 135 km von Hannoversch Münden nach Hameln dieses Jahr immer noch auf meiner once-to-do-Liste. In der Hoffnung, dass das Wetter, vor allem der Wind, mitspielt. Selbiger hatte mir vor zwei Jahren einen Strich durch die Rechnung gemacht, damals war ich bei km 82 in Holzminden ausgestiegen.

Diesmal sollte der 6. Mai fast schon ein Hochsommer-Sonntag werden. Bis 29 Grad waren angesagt. Das Einpaddeln am Samstag bei der Werraland-Ralley, über gemütliche 20 km, fand unter tollsten Bedingungen statt : warm, sonnig, gute Strömung, nur wenig Wind. Auch die Kenterung meiner beiden Begleiterinnen, samt geöffnetem Kleidersack, bei ihrer allerersten Paddeltour, tat der guten Stimmung keinen Abbruch.

Kati und Frances hatten sich bereit erklärt, am Sonntag das Auto nachzuholen und mich zwischendrin mit Verpflegung und Getränken zu versorgen. Man weiss ja, dass ein paar Etappenziele der Motivation äusserst förderlich sein können. Unsere Abmachung war auch, dass sie mich samt Boot aufsammeln würden, falls ich irgendwo erschöpft zusammenbrechen würde.

Um halb sechs in der Früh ging es also los. Frisch war es nach sternenklarer Nacht und die meisten der Starter am Weserstein waren dick eingepackt. Die Strömung der Weser war nicht ganz so stark, wie ich es erwartet hatte. Vor zwei Jahren konnte ich bis Beverungen einen 12 km-Schnitt halten. Diesmal zeigte mein Bordcomputer 11,5 an, bei unserem ersten Verpflegungstreffpunkt in Fürstenberg, nach gut 60 km, waren es noch 11,4.

Die meisten meiner Mitpaddler in ihren Kajaks oder Ruderbooten rieben sich natürlich verwundert die Augen, als ich mit meinem Solokanadier und 60 Schlägen pro Minute am Bronzeziel in Beverungen vorbeigefahren bin. Einige meinten, mein Werkzeug, also das schöne teure ZER-Bentshaftpaddle, sehe aus wie Spielzeug mit dem man es bestenfalls ans andere Ufer schaffen könnte. Als ich dann aber auch noch am Silberziel in Holzminden nicht aus dem Wasser gekommen bin, gab es von den verbleibenden Booten nur noch aufmunternde Zurufe.

Die konnte ich auch gut gebrauchen. Bei meinem zweiten Stop nach 90 km war langsam die Puste raus. Nicht so beim Wind, der fing jetzt erst richtig an. Nicht ständig und auch nicht mit der Kraft, die er hier manchmal an den Tag legt. Aber doch heftig genug um mich immer wieder so zu verblasen, dass mein 11 kg leichtes Carbon-Schiff unweigerlich ans Ufer gedrückt wurde. 30 bis 40 mal musste ich so fast vollständig abbremsen und das Boot wieder neu ausrichten um auf Kurs zu kommen. Jedesmal wieder ein Tiefschlag für die Moral und die schwindenden Kraftreserven.

Den Sonnenbrand und die Blasen an den Händen habe ich nicht mehr gespürt. Zur letzten Pause konnte ich nicht mehr aus dem Boot steigen. Ich hätte es nicht mehr hinein geschafft. Das Essen musste ich mir reinquälen, das letzte Drittel der Strecke lag noch vor mir.

Das schöne sommerliche Wetter an diesem Wochenende war natürlich ein Geschenk für uns Paddler. Das sahen aber leider unsere motorisierten Wassersportfreunde genauso und wurden zwischen Holzminden und Hameln immer zahlreicher. Offensichtlich gilt auch, je später der Nachmittag, desto schöner das Wellenmachen. Zumindest scheint gegen Abend die Zahl der Rücksichtsvollen rapide abzunehmen, im Gegensatz zu dem Bedürfnis kurz vor Schluss noch mal richtig Gas zu geben. Mein Vertrauen in meine Fähigkeit ein kippliges Boot vor dem Kentern zu bewahren, war nach über hundert Paddelkilometern jedenfalls nicht mehr sehr ausgeprägt. Also galt auch hier immer wieder : raus aus der Flussmitte, langsam fahren, jeden Fehler vermeiden.

Auf den letzten Kilometern machte sich dann auch der Rückstau vom Wehr in Hameln bemerkbar. Die Flussströmung war fast vollständig verschwunden, mein Kilometerschnitt sank weiter. Am Steg des Kanu-Club Hameln lag er dann bei genau 11 km. 40 Minuten hatte ich Pause gemacht, es war gegen halb sieben. Hilfsbereite Dänen haben mich aus dem Boot gehoben und auf die Wiese gelegt.
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Insgesamt also 13 Stunden für 135 km. Das ist zwar weit entfernt von Jörgs fabelhaften 10 Stunden und 50 Minuten, die er seinerzeits mit einem Kumpel im Tandem geschafft hat, aber für einen Solokanadier vielleicht doch nicht so schlecht. Die Befragung der Wesermarathonveteranen im Ziel ergab auch keinen Hinweis, dass es überhaupt schon mal ein Einer-Kanadier bis Hameln geschafft hat.

Für alle, denen so was viel zu viel des Ehrgeiz und Masochismus ist : ich verspreche Euch, meine nächste Tour wird wieder gemütlich, mit Zelt und Hund.

Liebe Grüsse, Axel


Rheinländer Offline




Beiträge: 606

23.05.2018 23:46
#2 RE: Wesermarathon – 135 km im Solokanadier Antworten

Respeeeeeekt. Hatte schon deinen letzten Bericht interessiert gelesen.
Starker Wille und viel Energie. Ich ziehe meinen Hut und hoffe dass es nicht mehr weh tut

Gruß Björn

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Da wir im gleichen Boot sitzen, sollten wir froh sein, daß nicht alle auf unserer Seite stehen.(Ferstl Ernst)


River_Coyote Offline




Beiträge: 74

24.05.2018 07:10
#3 RE: Wesermarathon – 135 km im Solokanadier Antworten

Wille und Leidensfähigkeit auf einem sehr hohen Level!

Coyote


wupperboot Offline



Beiträge: 314

24.05.2018 11:00
#4 RE: Wesermarathon – 135 km im Solokanadier Antworten

Hallo Axel,
vielen Dank für Deinen schönen Bericht einer sehr tollen Leistung für die mensch Dir nur Respekt zollen kann.
Ich kenne lediglich die Erfahrung nach einem gelaufenen Marathon auf der Wiese zu liegen und zwischen Ohnmacht, Schmerz und Stolz zu schwanken. Aber 13 Stunden in einem nicht ganz stabilen Kanadier zu sitzen und dabei diesen tollen Schnitt zu halten, ist natürlich ein ganz andere Nummer! Hut ab.
Im Stillen träume ich manchmal auch von einer solchem Marathon nachdem das mit dem Laufen nicht mehr geht, aber ich bin fast froh, dass ich über kein entsprechendes Material verfüge, wenn ich von Deinen Strapazen lese.
Ich wünsche Dir viel Spass bei einer entspannten Runde mit Deinem Hund.
Thorsten


wupperboot Offline



Beiträge: 314

11.06.2018 13:07
#5 RE: Wesermarathon – 135 km im Solokanadier Antworten

Hallo Axel,
da ich eben nur "fast froh" war/bin über kein entsprechendes Material zu verfügen, habe ich nun zumindest einen denkbaren Grundstein gelegt. Am Samtag war der erste Test zumindestens so leichtläufig, dass ich locker mit meinem Seekajak, in dem ich meiner Freundin unverhofft zu ihrer ersten Fahrt verhalf, mit halten konnte.
Bis zu Fahrten über 100km wird es wohl noch sehr lange dauern, aber über das Erlernen der sit 'n switch echnik denke ich schon ersthaft nach.
Mich würde es jedenfalls freuen, wenn Du noch mehr berichtest, auch wenn Du Dich hier vielleicht als Einzeltäter empfindest.
Gruss Thorsten


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