nachdem ich nun zweigleisig unterwegs bin, sprich Kanu & Seekajak, stellt sich für mich vermehrt die Frage: Wie gehe ich mit winterlichen Bedingungen und Wassertemperaturen im Bereich 10 bis 4 Grad um, und im Fall des Falles, worst case also: Kentern? Am 8.10. habe ich einen Level II Kurs am Neusiedlersee.
Was ich bislang tat: Beim Winterpaddeln im OC fuhr meist (nicht immer!) eine zweite Garnitur Kleidung mit. Wasserdicht verpackt, anfangs noch in Tonnen, später in Rollsäcken. Am Mann waren je nach Temperatur früher Gummistiefel, später dann Wasserschuhe, Mukluks, Wollsocken, Merino oder eben Woolpower Unterwäsche, darüber die üblichen Verdächtigen aus mehr oder minder Outdoorkleidung, oben auf dann die obligatorische Schwimmweste. (Wenn ich an die ausgehenden 1980er Jahre denke: Winterpaddeln ohne Weste, heute für mich undenkbar!) Im Seekajak kommt logischer Weise schneller Wasser über das Deck als einem lieb ist, Spritzdecke hin oder her.
Wer nützt Neoprenanzüge, wer Trockenanzüge? Lustiger Weise liest man in den Seekajak Foren recht wenig Detailliertes, außer dass scheinbar "gute" Trockies" gut und gerne über 1000,- Euro kosten. Bitte jetzt nicht lachen: Ich war heute aus anderen Gründen im Bauhaus. Die haben auch eine gut sortierte Marine - Abteilung, wo ich immer mal vorbei schaue. Und da hingen Neoprenanzüge ("Long John Style", mit abnehmbaren Ärmeln, um 70 Euro im Abverkauf (anstelle 100), "Marke" ist Marine Pool, Modell Steamer Eco, gemacht in der demokratischen Volksrepublik China, so wie auch Markenteile a la Palm, usw.
Ich war alleine unterwegs und hatte Zeit, also habe ich mich in so eine Fetisch - Haut reingezwängt. Schweißperlen inklusive in der engen und einzigen Kabine. Gar nicht mal schlecht, von der Optik reden wir nicht.
Was ist davon zu halten? Rausgeschmissenes Geld? Nix verkehrt? Wie trägt man das, bzw: was darunter, was darüber?
Bitte um geneigte Antworten erfahrener Winterpaddler!
Die aktiven Seekajakleute hier werden dazu sicherlich noch mehr schreiben. Während meiner aktiven Zeit war es unter engagierten Fahrern üblich, dass man (wenigsten während der kalten Jahreszeit) so gekleidet fuhr, dass man sich im Notfall einige Minuten im kalten Wasser aufhalten konnte.
Kaltbaden führt bei den meisten Menschen ja sehr schnell zu einer Reduzierung der Körperkontrolle. Man kann nicht mehr richtig zugreifen, hyperventiliert und so weiter. Alles nicht so hilfreich, sowohl bei der Selbstrettung (direkt aufrollen oder reentry and roll) als auch bei der Partnerrettung. Von daher ist bei den professionellen Seekajakleuten der Trockenanzug relativ verbreitet.
Was die Preise angeht: Eine gute Goretex-Jacke kostet ja auch leicht schon mal 500 € und mehr. Von daher finde ich Preise von ca. 1000 € zwar unangenehm aber im Rahmen.
Noch mal was zu kaltem Wasser. Geh mal bei Wassertemperaturen von unter 10 Grad in Ufernähe schwimmen und teste wie lange du dich wohlfühlst.
Schließlich etwas was ich aus der Übungsleiterausbildung behalten habe: Eine Kenterung darf nie zur Katastrophe werden!
"Dress for water, not for air." Das Zitat trägt jetzt wenig zu deiner konkreten Frage bei, ist aber immer dann angebracht wenn jemand meint "heute ist es warm, da lasse ich X weg". Ich denke das gilt auf Gebirgsbächen genauso wie auf dem Meer.
Ich schwöre auf meinem Trockenanzug. Da kann ich entsprechende Kleidung drunterziehen (mal Funktionswäsche. mal Merino oder Fleece). Frau ist gut angezogen und fühlt sich sich auch im Wildwasser (kalte Bäche) oder auf Seen im Winter sicher. Ich habe den Kauf nie bereut. Und in einigen extrem Situationen zu schätzen gewusst.
Und selbts an Pfingsten im Schluchsee, Kentern und Wiedereinstieg üben.(Instructorausbildung L2) Nach einer Halben Stunde im Wasser war ich froh um den Trocki, während meine Kollegin im Neo an ihre Grenzen kam.
Es gibt auch günstige Varianten.(für Männer von "Rhino") oder gute gebrauchte. Reinschlupfen und fertig. Neo ist nur für den Übergang was. Und das gefummel bis man drin ist.....
Ersatz Klamotten sind obligstorisch immer dabei.... da geht Sicherheit vor.(auch wenn ich mit Trocki unterwegs bin)
Ich fahre das ganze Jahr hindurch auf die Nordsee und würde von Oktober bis April nie ohne Trocki auf's Meer! Kleine Flüsse fahre ich auch ohne Trocki und Neo mit Ersatzklamotten in der Luke, aber da ist eine Kenterung auch unwahrscheinlich und das Ufer nur eine Minute entfernt. Gute Trockis kosten nicht pauschal 1000,-€. Ich habe einen guten Typhoon PS220 Extreme und habe unter 600 € im Outlet bezahlt.
So einen billigen Neopren habe ich mir auch gekauft. Verrückt wie ich bin habe ich dann im Oktober abends im dunkeln mal damit schwimmen geübt. Erst war mir beim reingehen (nicht fallen) schweinekalt, dann wurde es angenehm und als ich dann geschwommen bin ist das kalte Wasser im Kragen rein und an den Füßen das Warme raus.Also der Billige zumindestens war rausgeschmissenes Geld.
Ich habe zwar noch keine Erfahrungen mit Trocken-Kleidung, will das aber auch demnächst ändern. Bei der Überlegung Trocki vs. Neo hatte ich mich pro Trocki entschieden. Einfacher Grund: Überleben wird man eine Kenterung vielleicht mit beiden, aber was ist dann? Mit dem Trocki bleibt der Nässe-/Kälteschutz, der Neo ist tropfnass und bei niedrigen Lufttemperaturen kühlt man schnell aus. Tourabbruch...
ich will meine Erfahrung mit dem Neoprenanzug hier auch noch kurz kundtun.
Bevor ich mir meinen Trockenanzug gekauft habe, durfte ich leihweise einen Neoprenanzug testen, um bei einer Ausfahrt dabei sein zu können, die ich aufgrund der Temperaturen ohne passende Kleidung nicht mitgemacht hätte.
Nachdem ich einmal einen nassen Ärmel hatte und weiß wie sich das anfühlt (in Bezug auf Wärme und Gewicht) wollte ich diesbezüglich nie wieder ein Risiko eingehen.
Dafür war der Neo super - NUR: im Neo ist es schön warm, auch wenn die Luft kalt ist und man schwitzt mit der Zeit ordentlich - das Problem kommt, wenn man den Anzug dann naßgeschwitzt wieder ausszieht. Am Ufer stehen selten Umkleidehäuschen, die für Paddler zugänglich sind.. Und bei einem kleinen Austritt unterwegs macht man sich ebenso halb nackt und steht in eisiger Luft...
Nach dieser Fahrt war für mich klar, dass ich einen Trockenanzug kaufe, wenn ich weiterhin im Frühjar, Herbst und Winter unterwegs sein will!
Grüße aus dem südlichen Süden,
Klaus
Andreas Schürmann
(
gelöscht
)
Beiträge:
18.09.2017 11:05
#10 RE: Null Ahnung von Winterbekleidung: Neopren vs Trockenanzug
Wenn es um Kälteschutz geht ist der Trockenanzug die erste Wahl. Neopren ist beim Padden ähnlich warm, aber beim rumstehen ziemlich schnell kalt. Da finde ich Aquashell besser, man wird zwar nass, aber es ist trotzdem nicht so kalt.
Wo man beim Trockenanzug gut schauen muss, ist, dass er beim Paddeln bequem ist. Falten und Stellen die drücken merkt man beim schnellen anprobieren nicht gleich. Für Menschen deren Körpermaße nicht so von der Stange sind führt oft kein Weg am Maßanzug vorbei.
Auch beim an- und ausziehen haben die Hersteller unterschiedliche Konzepte.
Unterschiedliche Konzepte: .. deshalb habe ich einen von kokatatt der vorne zu schließen ist (und nicht im Nacken/ Schulter Bereich wie zbsp bei Palm ) . den kokatatt kann ich selber schließen und öffnen und brauche keine 2.person zum helfen..... Wenn es hoch hergeht auf dem Wasser schwitzt man auch mal im Trocki. Aber kurz lüften bei der Pause und gut ist. Oder auf gorotex oder ähnliches achten. Atmungsaktiv macht Sinn. Ansonsten find ich Hals abschluss in neopren angenehmer als Latex und reicht für bis ww2 gut. Lg Angela
Was GoreTex (und sämtliche Derivate, wie sie auch immer heißen mögen) anlangt, hab' ich da so meine eigenen Meinung. Nämlich was die vermeintliche Atmungsaktivität anlangt. Für mich ist die nicht oder kaum gegeben, weshalb ich bei Schuhen, Jacken, Hosen seit Jahren konsequent drauf verzichte. Bein Trockenanzug kommt man nicht drum herum. Oder? Was zum Kuckuck ist denn "Reed"? Nein, ich weiß was Reed auf englisch heißt, aber was ist das für en Material für HighTech Klamotten? Und was ist ein Chilleater?
Noch ein paar Anmerkungen zum Trockenanzug (ich wollte den erfahrenen See- und Wanderfahrern nicht vorgreifen, aber es scheint auf's gleiche rauszulaufen wie im WW):
+ Verlängert generell die Saison ganz erheblich, bei deutlichem Komfortvorsprung gegenüber Neopren.
+ Front- + Pinkelzipper sollten vorhanden sein, das ist Stand der Technik.
+ Darunter keinesfalls zweiteilige Unterwäsche, das gibt im Sitzen immer kalte Nieren! Am Besten einen Overall (oder zwei).
+ Wolle auf der Haut hat sich bewährt, am Fuß wie auch sonst. Merino-Overalls gibt's als Holzfäller- und Outdoorzubehör aus Skandinavien auch im deutschen Handel. Konventionelle Funktionswäsche tut's aber auch und ist günstiger.
+ Für ganz kalte Tage (bei mir ab ca. 5° C Luft) dann einen Fleeceoverall als Zwischenlage.
+ Bei integrierten Füßlingen (sehr empfehlenswert, da zwei lästige Bündchen weniger und Füße wärmer) Schuhe zwei Nummern größer kaufen, bei sehr dicken Socken (zweilagig) vielleicht auch drei.
+ Beim Anziehen darauf achten daß man keine Unterwäsche in den Bündchen einklemmt, sonst läuft doch was rein.
+ Bündchen und Reißverschluß immer gut pflegen; Talkum gibt's günstig in der Apotheke.
+ Anzug am Besten locker zusammengelegt und eher kühl als warm lagern.
+ Atmungsaktives Material ist OK, aber keine Garantie daß man nicht doch schwitzt. Immerhin bleibt die warme Feuchtigkeit drin und die kalte draußen.
+ Werbung: Mit meinem Palm Cascade habe ich bisher sehr gute Erfahrungen gemacht, Preis-/Leistungsverhältnis paßt, Haltbarkeit auch.
Das was mich überrascht hat, ist die nicht seltene Tatsache, dass billige sowie teure Trockenanzüge, ab Werk undicht sein können! Also nicht vom Preis täuschen lassen. Nicht verkehrt ist, wenn man einen Satz Manschetten plus Kleber parat hat. Früher oder später braucht man diese Ersatzteile eh. Bei meinem ist die Armmanschette abgerissen, die sollte ich nun endlich reparieren. Paddeln ist spannender als herumflicken..
@ Murphy: Talkum ist noch billiger, wenn Babypuder auf der Dose steht ...
Reed ist ein Hersteller und das verwendete Material ist dehnbar. Deshalb haben die Reed-Anzüge weder Neo, noch Latexmanschetten. Neu ist bei Reed jetzt ein Anzug aus robusterem Material, der demnächst die Manschetten aus dem Material der vorher genannten Anzüge bekommt. Vorteil ist die Reißfestigkeit und Langlebigkeit.
Günstige Anzüge gibt es auch, so ab ca. 400,- €. Dazu gehören die von Reed, die auch auf Maß um die 400 kosten (je nach RV). Artistik hat auch einen 399,- € Trocky im Programm. Auch der ist völlig o.k, aber natürlich kein Kokatat.
Bei Interesse kann ich da oder da eine Sammelbestellung mit OCJ Sonderpreis machen.
Edit: Ich habe sowohl Artistik als auch Reed in Gebrauch und bin mit beiden zufrieden. Der Reed ist ein Maßanzug und ich trage ihn deshalb und weil er viel weniger raschelt lieber.
________________________________________________________ BbbB ... Bis bald beim Bootfahren Max
ACA-Instructor und Nautiraid"Händlerchen" www.Kanu-FFB.de "Du kannst die Wellen nicht anhalten, aber Du kannst lernen, auf ihnen zu reiten." Joseph Goldstein
Moin Trockenanzug ist genialer Komfort. Hab meinen aus einem Angelkatalog (Marke Rhino) damals ca. 300 Euro. Immer noch dicht, Manschette oder Kragen lass ich vom Fachbetrieb (Dry Fashion) tauschen da ich dann sicher bin dass es im Notfall auch funktioniert. Bekleidung drunter? Das was ich auch sonst im Kanu trage, bei mir gab´s noch nie kalte Nieren auch ohne Overall. Einen Kopf könnte man sich bezüglich der Unterkleidung übers Wetter machen. Es ist kein Problem bei zu wenig Unterkleidung sich im Sommer den Hintern bis zur Bewegungsunfähigkeit im Trockenanzug ab zu frieren. Wassertemperatur im Kopf haben bei der Kleidungswahl macht auch Sinn. Bin kein Leistungssportler im Trockenanzug also hält sich Feuchtigkeit in sehr passablen Grenzen, wenn ich mich raus gepellt habe kann ich mit den Unterklamotten ohne Probleme in die Öffentlichkeit. Bei mir sitzt der Reißverschluss vorne, brauche keinen extra Zipper zum Pinkeln. Soll sich jeder einen Palm oder Kokatat kaufen der seinem Geld böse ist, ich persönlich halte das für Übertreibung aber man kann das natürlich wie mit den Autos sehen besonders wenn man sich Spartaner als Beispiel nimmt und die Qualität seiner Touren mit seinem PKW in Verbindung setzt. Liebe Grüße Jürgen
Hej Jürgen und alle anderen, welche mir hier zur Seite stehen. Ich habe nun eine knappe Woche herumgeeiert und nun eine Entscheidung getroffen. Den Rhino gibt es scheinbar nicht mehr, ein Kokatat (oder wie die heißen) "trägt" das Sacherl (auf gut oberösterreichisch ein kleiner Selbstversorger Bauernhof) nicht. Deshalb habe ich mir nun den hier bestellt: TYPHOON EZEEDON 3 FRONT ZIP DRYSUIT GRAU INKLUSIVE UNTERVLIES Mal sehen, vor allem wegen der Größe, aber die haben ja eh ein großzügiges Umtausch oder Rückgaberecht.
Cool. Wenn du magst, teste ihn doch mal absichtlich und erstell ein kurze Review. Vllt kann man den ja weiterempfehlen (Preis?, dicht?, bequem?, leicht zu handhaben? etc.)
So, der Typhoon Trockenanzug ist da. Mein Glück ihn in XL, nicht in XXL bestellt zu haben. Frage mich, ob nicht L auch genügt hätte, scheinbar bin ich schlanker als ich dachte. Leider ist der beiliegende und an sich tolle Innenanzug (Fleecestrampler) - der ist Made in China, not in GB (!) größentechnisch nicht vergleichbar. Der ist auch XL, aber da hoffe ich auf einige Schleudergänge bei 30°C, das er auch dazu wird. Morgen erfolgt hoffentlich der Test aufs Exempel. Ich gehe baden. Wenn sich Seekajaken im Attersee nicht ausgeht werde ich die Traun durchschwimmen.