Hallo an alle, ich zerbreche mir schon seit Wochen den Kopf darüber und bin noch immer unschlüssig was die beste Lösung für mich wäre. Zur Thematik: Ich habe schon mehrere Paddeltouren hinter mir, einige davon auch im Ausland und nun stand ich - aus Kostengründen - vor der Entscheidung ein eigenes Boot zu kaufen. Entschieden habe ich mich für einen 17-Fuß Expeditions-Canadier, da ich immer große, längere Touren mit viel Gepäck fahre und sie am Besten zu meinem Tourenprofil passen.
Ich bin mir aber noch nicht ganz schlüssig, was das Material angeht: - Wünschenswert wäre dass es recyclebar ist, da ich kein Fan von Umweltverschmutzung bin.. - Es sollte leicht zu reparieren sein und - das Gewicht bei dem Koloss sollte natürlich auch so niedirg wie möglich sein.
Welches Material würdet ihr empfehlen? Theoretisch entspricht doch kein Material meinen Anforderungen zu 100%. Welche/n Hersteller könnt ihr mir nahelegen? Was sollte ich investieren?
Ich stand vor einem ähnlichen Problem und habe es mit einem 16 Fuss Adirondack in Royalex zu meiner vollsten Zufriedenheit gelöst. Längere Touren bis 10 Tage mit 2 Personen problemlos möglich.
das ist immer irgendwie die Frage nach dem Ei des Columbus, alles zusammen geht nicht und man muss seine persönlichen Prioritäten setzen.
Wir selbst haben im Laufe der Jahre schon verschiedene Royalex-Boote (gibt es neu nicht mehr) und welche aus Kevlar-Carbon gehabt. Aktuell haben wir uns nach einem Wenonah Minnesota 2 als Nachfolger einen Mad River Expedition 176 zugelegt; zumindest für uns ein guter Kompromiss aus Gewicht, Reparaturfreundlichkeit, Geschwindigkeit und Robustheit, leider recht teuer.
Ich bin auch ein großer Fan von nachhaltigen Kaufentscheidungen. Deshalb baue ich auch in Naturfaser. Das ist noch nicht die Lösung aller Probleme und passt auch nicht für alle Einsatzgebiete, aber es ist zumindest was den Ressourcenverbrauch und Energieeinsatz angeht ein erster Schritt. Echte Naturfaserverbundboote gibt es derzeit meines Wissens nur von einem, ich glaube, schwedischen Hersteller dessen Name mir gerade nicht einfallen (ich meine auch die bauen nur Solos) will und von uns. Nicht alles wo Flax draufsteht ist auch tatsächlich substanziell Flachs (oft ist es nur eine dünne optische Decklage und der Rest ist Kevlar).
Wenn es recyclebar sein soll, bleibt Dir derzeit nur PE oder Holz (Wood and Canvas, keine Stripper, die sind in der Regel GFK-beschichtet). Alles Andere ist derzeit kaum zu recyceln und nur thermisch zu verwerten. Beim Verbrennen sind vor allem GFK und Kevlar problematisch. PE lässt sich im Schadensfall schweißen, wenn man es kann, ist allerdings auch kaum kaputt zu bekommen. Holzboote lassen sich gut instandsetzten wenn man es fachgerecht macht. Viele haben schon 100 Jahre überdauert.
Ein Boot ist, wenn das Design was taugt kein Verbrauchsartikel, von daher würde ich eher in Richtung Nutzungsdauer verlängern denken als in Richtung Entsorgen. Faserverbundboote lassen sich sehr gut reparieren und brauchen kaum Pflege. Bei einem großen Boot mit viel Gepäck ist auch das Gewicht interessant. Da haben die Faserverbundwerkstoffen die Nase vorn. Es gibt Ansätze Kohlefaser wiederzuverwerten, das steckt aber noch in den Kinderschuhen und die Frage ist auch wie das Teil seinen Weg zu einem fähigen Verwerter bringt. Gewicht ist bei Kohle super, allerdings ist der Energieeinsatz lächerlich hoch, und der Preis auch (was auch der Treiber für die Wiedrverwertung der Fasern ist).
Ich würde erstmal den Bootstyp nach Einsatzgebiet bestimmen und dann sehen in welchen Materialien es den gibt. Wenn es nicht Holz sein soll und kein Wildwasser gefordert ist würde ich möglichst zu Carbon ohne Kevlar tendieren. Wenn es Wilder zugeht ist Royalex der Beste Kompromiss zwischen Robustheit und Gewicht (lässt sich aber etwas schwerer reparieren), Wenn Du mit dem höheren Gewicht und eventuell wabbeligerem Boden leben kannst, dann PE.
Aluminiumboot, natürlich 100% recycelbar, aber hält noch wie neu wenn alle anderen Boote längst verrottet oder 3x recycelt wurden, Verzeit jeden Handlingfehler kann immer unter freien Himmel gelagert werden. Braucht keine Pflege. Meins wird jetzt 36 Jahre alt ich würd mal sagen hir hat keiner so lange ein Boot.
Wenn es ums Wegschmeißen geht, ist PE und Alu am sortenreinsten. Beide sind von der Energiebilanz her trotzdem nicht "nur-gut"
Die Natur, ob Gewebe oder Holz, die mit synthetisch hergestellten Harzen getränkt wird, hat am ehesten etwas mit schonender Gewinnung, vielleicht schonender Herstellung zu tun. Selbst ein Leisten- oder Sperrholzkanu, dem man eine eventuell aufgebrachte Gewebeschicht abgezogen hat, besteht trotzdem aus behandeltem Holz, mit dem keiner seinen Gartengrill befeuern würde. Das gleiche hätte man bei lackiertem Holz, wenn moderne Lacke verwendet wurden, die das Boot entsprechend haltbar machen.
Von den ersten überhaupt hergestellten GFK-Booten sind noch viele im Gebrauch, wo meiner Ansicht nach die PE-Boote nicht ganz mithalten können. Daher auch von mir eine Stimme zum selten wegwerfen anstatt schöner wegwerfen.
Das öklogischste was gleichzeitig gut hält, wäre vielleicht ein Klinkerkanu, das geölt und mit Naturlacken, wie Standöl lackiert ist, das, wenn es mal längern nass ist, im UW-Bereich mit Holzkohlenteer behandelt ist. Trotzdem ein Boot, das viel Pflege braucht, denn Süßwasser ist Gift für Holz. Annähernd unbbehandeltes Holz hält nur im Salzwasser und auch dort nur gewisse Zeit.
Hallo Elch, mein ältestes voll funktionsfähige Holzboot ist von 1883, die weiteren alten Boote in meiner Scheune, z.T. fachmännisch restauriert und quasi neuwertig, im Zeitraum von 1905 bis 1952 entstanden und nach Restaurierung werden sie auch gefahren. Jörg Wagner
Zitat Aluminiumboot, natürlich 100% recycelbar, aber hält noch wie neu wenn alle anderen Boote längst verrottet oder 3x recycelt wurden, Verzeit jeden Handlingfehler kann immer unter freien Himmel gelagert werden. Braucht keine Pflege. Meins wird jetzt 36 Jahre alt ich würd mal sagen hir hat keiner so lange ein Boot.
..ich kenne da so ein zwei Verleiher in Schweden, die würden sich die Bäuche halten wenn sie das lesen könnten. Aluminiumcanadier sind zwar sehr robust,aber jeden groben Unfug quittieren sie mit Beulen die die Fahreigenschaften nicht unerheblich beeinflussen. Bei den günstigeren Modellen werden dann auch gerne mal die Nieten undicht,oder das ganze Boot ist verzogen! Im kenne am oberen Klarälven eine Stelle an dem ein Alucanadier seit Jahren durch "Handlingsfehler" sauber um einen Stein gefaltet liegt. Kaputt kriegt man alles,wenn man hirnlos damit umgeht! Übrigens haben wir im Verein ein laminiertes Lettman-Kajak Baujahr 1969....
Das ist so nicht ganz Richtig, Thomas, es wird immer wieder von den grusseligen Alucanus aus Schweden berichtet, auch diese Teile sind sehr alt,werden viel vermietet an unbedarfte Touries und haben sicher unmengen Kriegsverletzungen. das man dem Werkzeug was jeder zu Handeln vermag und wenig Pflege bekommt, den Vorwurf macht unansehnlich zu sein ist eigentlich Schade. An meinem Boot habe ich in all den Jahren 2 Popnieten erneuert, seine Beulen und Schrammen hat es sich verdient.
Wie ist eigentlich die Umweltbilanz von Aluminium bei der Herstellung? Ich nehme an der TO interessiert sich nicht nur für die Entsorgung, sondern auch für eine Umweltschonende Erzeugung. Sicherlich sind auch die allermeisten anderen Canadier keine Bioprodukte, aber so umweltfreundlich ist der Werkstoff Alu leider auch nicht.
Und wieweit unbedarfte Touries die Fahreigenschaften eines verbeulten Alucanadiers einzuschätzen wissen...
LG Günter
A bad day on the water is better than any good day at work (Jerry Vandiver)
Ich schreibe das hier als Importeur von Swift Canoes.
Geringes Gewicht, gute Haltbarkeit, dazu reparaturfreundlich? Da fällt mir als erstes Kevlar Fusion ein, aber top verarbeitet, natürlich im Vakuumverfahren.
Etwas schwerer, aber immer noch leicht und sehr robust: Expedition Fusion mit Kevlar, Innegra und Basalt ... mein persönlicher Favourit, mit dem ich jetzt auch schon etwas Erfahrung habe.
Preislich sind beide nicht billig, aber hochwertig.
Nutzungsdauer ist sicher ein wichtiger Umweltaspekt. Vielleicht soviel dazu: Bei den Algonquin Outfitters am Algonquin Park liegen ca. 400 Kanus, alle in Kevlar. Diese sind 4 Jahre im Einsatz, erleben dabei mehr als private Kanus in einem Menschenleben und werden dann als Gebrauchtboote angeboten.
LGW
Im Bild: Expedition Fusion, das ich wegen seiner Eigenschaften und Anmutung für unsere 10 Jahresfeier für die ccb-edition Kanus gewählt habe.
Die Ökobilanz von Alu ist erstaunlich hoch und Kunststoff weit überlegen, auch weil sich das Alu beim Recycling nicht verschlechtert. Kann aber jeder selber googlen.
Kevlar ist für mich in den meisten Fällen die erste Wahl beim Material.
Bei dem Wunsch nach unkaputtbaren, recyclebaren Materialien sollte man die Komponente Paddler nicht außen vor lassen.
Wenn ich mit einem Canadier umgehen kann, dürfte der i.d.R. ein Paddlerleben lang halten. Damit dürfte die "Ökobilanz" besser ausfallen, als bei vielen anderen Dingen.
Da wir kein Wildwasser fahren, war Carbon die beste Wahl. Bei den normalen Fluß- und Seentouren und 4 - 500 km im Jahr werden wir den wohl kaum zerstören. Zudem sind Laminatboote leicht zu reparieren. Wie es mit der Wiederverwertung in 20 - 30 Jahren aussehen wird? Keine Ahnung, hoffe aber, das ich das noch erlebe. Jedenfalls ist der Preis für ein Kevlar- oder Carbonboot bei einer solchen geschätzten Lebensdauer nebensächlich. Wenn man allerdings jedes Jahr ein neues Boot braucht ......
!!WOW!! Vielen Dank für die zahlreichen, informativen Antworten. Ihr habt mich meinem Ziel - ein eigenen Kanadier - wieder ein Stück näher gebracht. Jetzt heißt es Angebote vergleichen. Danke