Hi Wolfgang, ich sehe die Gefahren auch. Und wenn es nur darum geht, daß viele Städter es gar nicht mehr gewohnt sind, die Gefahr eines Funkloches einzukalkulieren. Oder wenn Leute sich auf das Navigationssystem verlassen, nur um dann, wenn die Straße nicht mehr existiert, sich in der Pampa zu verfahren. Früher hat man sich mit der Straßenkarte auf eine Fahrt vorbereitet und hatte noch einen Atlas und optimalerweise einen Orientierungssinn im Gepäck. Heutzutage braucht man keine Orientierung mehr. Aber auch eine Offline-Karte ist nur dann gut, wenn das Anzeigegerät noch Strom hat. Da hat ein "analoger" Atlas/Wanderkarte den unschätzbaren Vorteil, daß man sich mit einem echten Kompass zusammen (und/oder einer guten Orientierung) orientieren kann, selbst wenn die Powerbar leer ist oder das letzte Päckchen Batterien verbraucht ist. Oder frei nach einem Aufkleber, den ich oft gelesen habe "als ich noch jung war": Erst wenn die letzte Ladung aus der Powerbar gesaugt ist, oder wenn die letzte Alkalibatterie leer ist, erst dann werdet Ihr merken, daß Technik nicht alles ist.
Mit einer Karte allein ist man auch noch nicht sicher unterwegs. Dazu fehlt noch der Kompass und man muss wissen was man damit machen muss.
Wenn man sich mit den Risikien auseinander setzt sollte doch der gesunde Menschenverstand auf die Idee kommen, dass die Batterie oder der Akku irgendwann aus ist und dass es keine Steckdose in der Wildniss gibt.
Aber es haben sich ja schon Leute im Lainzer Tiergarten verlaufen und den Notruf abgesetzt (mit dem Handy)
Als Best Ager habe ich den Vorteil, Zeiten erlebt zu haben, in denen wir völlig ohne elektronischen Schnickschnack unseren Weg gefunden haben. Navis können Dich durchaus auf der Autobahn zum Wenden auffordern. Das tut kein Autoatlas!
Dass man sich NIE NUR auf z.B. das GPS verlassen sollte, weiss ich seit ich zum ersten Mal damit in der Strasse von Bonifacio gesegelt bin und fast einen Felsen gerammt hätte. Laut GPS wäre Platz genug gewesen ... Ich hatte vor lauter Begeisterung für die damals neue Technik mehr den Plotter im Blick als die Realität!
Trotz dieser heilsamen Erkenntnis kenne ich heute nur noch wenige Telefonnummern auswendig (ist ja im Telefon alles abgespeichert). Da gibt es aber noch das kleine rote Telefonbüchlein - falls das Handy mal baden geht ...
Die Einfahrt nach Bonifacio ist aber auch UNGLAUBLICH! Wir sind vor der Einfahrt gekreuzt und haben sie nicht gesehen. Erst als neben uns französische Kampftaucher geübt haben und wir über Funk Kontakt zu deren Leitstelle hatten, haben wir uns getraut, direkt auf die Felsen loszusegeln... Wenn man dann knapp davor ist und links die Einfahrt sieht, wundert man sich, warum man sich nicht getraut hat, aber es waren halt auch nicht unsere 42 Fuß....
Wer übrigens mal einen stiNo 18m-Sattelzug mitten im Wohngebiet erlebt hat, der weiß, warum es die billigen GPS für alle und die teuren für Lastwägen gibt... Passiert mir hier in Singen immer wieder, daß Spediteure versuchen, ein paar Mautkilometer zu sparen.
Birgt unser Vertrauen auf Technik neue Gefahren? Keine Ahnung (unglücklich laufen kann es immer mal, davor ist niemand sicher) aber ich erwische mich gerade dabei, wie ich mich entspannt zurück lehne in dem Bewustsein immer eine Papierkarte dabei zu haben, es beruflich gelernt zu haben mit Karten umzu gehen und auch einen (analogen) Kompass bedienen zu können. Viele Grüße docook
Zitat Birgt unser Vertrauen auf Technik neue Gefahren?
Von mir ein ganz klares Ja! Da wird zB. auf einer Fjällwanderung der Notfallspot wegen Durchfall gedrückt,obwohl noch ausreichend Proviant vorhanden ist und man das aussitzen könnte!https://www.outdoorseiten.net/forum/show...ing-in-Schweden Die durch Technik scheinbar machbare Sicherheit verleitet ja geradezu die eigenen Fähigkeiten zu verlernen,oder gar nicht zu erwerben! Das der Handynutzer bei der ach so wichtigen ständigen Kommunikation gegen den Laternenmasten läuft, oder einen Verkehrsunfall verursacht sind da nur die Anfänge!
Internette Grüße Thomas
Andreas Schürmann
(
gelöscht
)
Beiträge:
18.03.2016 09:29
#9 RE: Birgt unser Vertrauen auf Technik neue Gefahren?
Niemals ist das ein Problem der Technik, zumindest nicht GPS und Co. Das ist ein Problem des "gesunden Menschenverstandes" und dieser wird vorallem durch TV und Internet unterwandert.
Früher ging Hänschen zwar auch hinaus in die Welt und kam als Hans wieder ( - oder eben nicht). Aber heute verleitet: höher, schneller, weiter, dazu Wildnis nicht zu er-, sondern zu überleben, erst dann ist es eine Story.
Also bitte nicht begeistert die Böhme herunter paddeln, sondern mit Null Erfahrung die ganze Elbe inklusive Hamburger Hafen und weiter bis nach Helgoland, das sind Geschichten die der Leser liebt und in denen Firmen ihre Werbung plazieren. Ok, die echte Ziele sind natürlich der Yukon und der Grand Canyon.
Was zählt ist nur das große Abenteuer, bis dahin kann man entspannt fernsehen und 5kg Packungen Chips aus dem Regal greifen.
Solche Artikel dienen sicher auch der Akzeptanz Förderung für regulierenden Maßnahmen - Appalachian-Trail-Führerschein oder so.
Wollte man das Technikrad zurück drehen wäre ja die Frage wie weit - vor GPS, - vor Sextant - vor Sonnenscheibe - Kompass - Karte - Werkzeug benutzung. Das führt doch zu nichts. Wer zu doof ist, bleibt zu doof, egal ob mit oder ohne GPS.
Um die eigentliche Frage zu beantworten: Ja, natürlich. Es ist der Inhalt von Vertrauen, wenn es denn nicht gerechtfertigt war, eine Gefahr herauf zu beschwören.
Ich glaube nicht dass die Gefahren neu sind. Lediglich deren Einschätzung und der Umgang damit hat sich verändert. Fehleinschätzungen gab es immer. Ich erinnere mich wie mein Vater in den 80er Jahren tagelang am Mont Blanc festsaß, weil er und seine Kollegen in schlechtem Wetter einer anderen, schlecht ausgerüsteten Seilschaft aus der Patsche halfen. Auch Karte und Kompass helfen nichts wenn man seine fünf Sinne nicht gelegentlich auf die Umgebung richtet. Sicherheit ist für mich in erster Linie eine Frage des Verstandes und erst in zweiter Hinsicht eine Frage der Ausrüstung.
Vielleicht ist die Frage auch verwirrend, weil ja unterschwellig voraus gesetzt wird, dass hier Vertrauen auf Technik besteht. Ich habe da eher wenig Vertrauen.
Mein GPS hat mir in etwa genauso oft aus der Patsche geholfen, etwa eine Seeausfahrt zu finden, wie er mich in Tal oder unter dichtem Baumbestand diverse 100 Meter falsch verortet hat.
Im Sinne von Vertrauen ist gut, Plan-B ist besser, hat mich ein Technikproblem aber noch nie so weit gebracht, dass es eine Story wert wäre.
Es gibt expeditionsreife Menschen die das Zurechtfinden wo auch immer aus dem FF beherrschen und sich trotzdem verirren. In einem Fachbuch outete sich einmal ein Profi, der die Orientierung wirklich beherrscht. Dass er sich auf dem falschen Weg trotz Richtungspfeil befand, ist ihm erst aufgefallen, wo eine zu erwartende Auffanglinie nicht erreicht wurde. An seinen eigenen Schatten fiel ihm auf, dass er ostwärts statt nordwärts ging.
Diejenigen die sich nur auf die Technik (GPS) verlassen sind naiv. Diejenigen die mehrgleisig fahren sind dann besser beraten.
Bei der Dakar Rally zum Bsp. kennen sich die Fahrer sowie Copiloten mit GPS, Karte und Kompass aus. Jeder wird im Rahmen der Vorbereitung darauf geprüft.
Ich war auch schon auf dem richtigen Weg und habe mangels Karte und Kompass nicht gewusst wo ich war, das ist nicht weiter tragisch. Blöd ist nur wenn man seinen Weg verloren hat.
Ich nutze viele technische Errungenschaften im Alltag und bin sehr froh, dass es sie gibt. Dies im Bewusstsein, dass immer etwas schief gehen kann, die Geräte versagen können.
Bei Aktivitäten "draussen" scheinen einige Erdenbürger die Verantwortung für ihr Tun und Handeln teilweise an GPS & co. abzugeben. Oder etwas deutlicher ausgedrückt: sie setzen blindes Vertrauen in diese Dinger. Mögliche negative Konsequenzen wenn die Geräte nicht funktionieren nehmen sie, meist unbewusst, in Kauf. Wahrscheinlich besteht bei einigen eine Tendenz dazu, höhere Risiken einzugehen und die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen, gerade weil man diese Geräte ja hat. Wem die eigene Sicherheit wichtig ist kommt nicht darum herum, gut zu planen (inklusive Plan B und Notfallplan), die eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, wach zu sein und "sein Hirn einzuschalten".
Persönlich bevorzuge ich als Orientierungshilfsmittel nach wie vor Karte, Kompass und Höhenmesser. Einfach weil sie Netzunabhängig funktionieren und wartungsarm sind.
Bei Unternehmungen in sehr entlegene Gebiete kommen Satellitentelefon und SPOT auch mit. Einfach weil es sie gibt, vielleicht könnten die ja nützlich sein...............
Auch wenn ich bislang beim Paddeln (wohl auch weil ich noch nicht so viel unterwegs war im Canadier) hier noch keine nennenswerten Probleme hatte, bin ich doch froh, dass ich mich mit Kompass und Karte zurechtfinden kann und habe beim Paddeln, Trekking, Segeln und UL fliegen (bei den beiden letzten allein schon, aber nicht nur, aus Versicherungs- und rechtlichen Gründen) immer geeignetes Kartenmaterial und mindestens einen einfachen Marschkompass dabei. Das nützt natürlich nur dann etwas, wenn man damit umzugehen weiß. Leere Batterien beim GPS oder auch Störungen beim Empfang sind keine Seltenheit. Mobiltelefone/Satellitentelefone verleiten meiner Meinung nach dazu, sich darauf zu verlassen, dass man im Falle eines Falles schnell Hilfe herbeiholen kann. Deshalb sind viele Leute, die heute "draußen" unterwegs sind oft nicht einmal mehr mit den grundlegenden Überlebens- und Erste-Hilfe-Techniken vertraut. Deshalb, auch wenn Vertrauen auf die Technik alleine oft noch unproblematisch ist, wird es in Zusammenhang mit unzureichender Ausrüstung und Kleidung, mangelnden "Skills" und fehlender Revier-Kenntnis nicht selten zu einem tödlichen Problem.
Deswegen drucken wir auch alle Karten aus und verpacken sie wasserdicht. Flusskarten sind so einfach in der Tonne zu verstauen und jederzeit griffbereit und wir müssen keine Angst haben, dass das Papier mangels Akku oder Ähnlichem versagt, gleiches gilt für Bücher. Das Handy wird rege genutzt aber vorallem für Fotos und Musik und die gelegentliche Geschwindigkeitsmessung, wobei mir das auch schon manchmal zuwider ist, zumindest aufm Boot. Schliesslich sind wir in der Natur um der Technik zu entfliehen und auf Letztere zu vertrauen um Ersteres überhaupt (üb)erleben zu können wäre im mildesten Sinne paradox ;)