Moin,
voriges Jahr
berichtete ich begeistert von meinen Versuchen, zerlegbares Lagergestühl selbst zu bauen. Dieses Jahr waren die damaligen Prototypen aus Kiefer und die zwei "Serienmodelle" aus Eiche im Regeleinsatz.
Die dabei gemachten Erfahrungen haben jetzt zu einer neuen Charge Roorkhee-Stühle geführt, die ich euch nochmal kurz vorstellen möchte.
Schnellresümee für Ungeduldige: Wer noch ein Bastelprojekt für Weihnachten sucht, dem kann ich dieses nach wie vor nur wärmstens empfehlen. Wer zwar gern die Stühle hätte, sich das Basteln aber nicht zutraut, kann sich bei mir melden:
Ich hab drei übrig, die ich zum Selbstkostenpreis in gute Hände abgeben würde. :)
Die Prototypen aus Kiefer sind schön leicht (3,5kg). Aber sie sehen nicht besonders wertig aus und die angespitzten Enden der Rundstäbe sind in einem Fall tatsächlich gebrochen.
Aus Eiche sind die Stühle praktisch unverwüstlich und wunderschön aber auch schwer (5,5kg).
Daher sind die neuen aus Esche. Meiner Meinung nach ein sehr guter Kompromiss: Sie sehen wunderbar aus, wirken immernoch unverwüstlich und liegen im Gewicht genau zwischen Kiefer und Eiche (4,5kg). Dabei sind einige Teile (Stausack und Armlehnen) sogar noch schwerer geworden (siehe unten), das Holz also noch leichter.
Eine Drechselbank habe ich leider immernoch nicht (kein Platz), weswegen die Beine wieder quaderförmig geworden sind. Dabei fällt mir eben auf, daß einem an gedrechselten Beinen aber auch das herrliche Bookmatching wie im obigen Bild der Eiche-Beine entgehen würde. Schon allein dafür schlepp zumindest ich gerne ein Kilo mehr durch die Gegend. Außerdem habe ich mich zwischenzeitlich mehr als nur mit dem stämmigen Aussehen der Beine angefreundet.
Das Leder für die Armlehnen schwankte bei den ersten Modellen in der Stärke zwischen zwei und vier Millimeter. Das wirkte minderwertig und sorgte für starke Längung am dünnen Ende und Einreißen der Löcher. Also bin ich bei den neuen in die Vollen gegangen: Satte fünf Millimeter dickes Leder verleiht ihnen nun ein angemessen robustes Auftreten.
Und schließlich zeigte sich, daß die Stausäcke beim ständigen Rein und Raus an den Umtragen und Scheuern an der freiliegenden Glasfaser im Boot einer nicht zu knappen künstlichen Alterung unterliegen. Folgerichtig kommen die neuen Stühle in Säcken aus dem derbsten verfügbaren wasserdichten Stoff daher (600g/m^2 statt 200g/m^2). Darin packen sie jetzt auf 63x21x15 cm.
Wenn man dann abends so gemütlich am Feuer lümmelt, nervt auf Dauer doch, daß die Rückenlehnen auf den Lehnenstäben gern nach unten wandern und dann wieder zurechtgerückt werden müssen. Daher habe ich an den neuen Täschchen angenäht, in denen die Stäbe stecken. Die Lehne kann so nicht mehr weg.
Die Kreuz-Quer-Schnurverspannung funktioniert ganz gut. Vor allem ist sie im wesentlichen selbstjustierend: Am Ende des Aufbaus wische ich meist nur ein- oder zweimal von oben nach unten drüber und dabei richtet sie sich ein. Allerdings ist der Aufbau mitunter etwas nervig, weil sich gern irgendwas irgendwo verhakt oder beim Einfädeln der Holzteile auf die falsche Seite schmuggelt. Wenn man's merkt, muß man dann fluchend nochmal ein oder zwei Aufbauschritte zurückgehen und wieder anfangen.
Daher hatte ich ernsthaft überlegt, die Verspannung aus waagerechten Einzelschnüren mit Schiebeknoten zu machen. Davon bin ich aber abgekommen, weil das gleich mal etwa drei Meter mehr Schnur pro Stuhl (und damit Gewicht) und 18 Schiebeknoten ausgemacht hätte. Ausserdem sah ich die Gefahr, daß einzelne Ösen bei ungenauer Justierung einen größeren Teil der Last abbekommen und dadurch ausreißen. Das waren dann schon genug Gründe, es einfach zu lassen, wie's ist.
In der Tat habe ich an den alten Stühlen einige minimal ausgerissene und angerostete Ösen gefunden. Leider waren die neuen Bespannungen da schon fertig. Ösen mit Haken, die sich in den Stoff krallen, wie an meinem Baker-Tent, habe ich leider keine auftreiben koennen aber wenigstens schonmal welche aus Edelstahl, die nun für die nächste Charge bereitliegen.
Messing hat sich übrigens nicht bewährt: Die reißen (zumindest bei mir) beim Setzen mit der Presse scharfkantig ein. Daran scheuert sich dann die Verspannungsschnur auf und justiert sich durch das ständige Hängen auch nicht mehr von selbst. Außerdem habe ich den starken Verdacht, dass das weiche Messing sich nicht so gut im Stoff "festhalten" kann und auf Dauer für noch stärkeres Ausreißen der Löcher sorgen würde.
Vielleicht mache ich bei der nächsten Charge auch noch einen Versuch mit angenähten Bändern und D-Ringen für die Justierung. Ist mir auch erst zu spät eingefallen.
Kennt eigentlich jemand eine Quelle für solche Krallen-Ösen?
Wie man vielleicht merkt, bin ich immernoch begeistert. Sowohl das Bauen als auch das Benutzen machen unendlich Spaß und die Roorkhees bleiben nur noch ganz selten zu hause.
Der entspannt sitzende Micha