An diesem Wochenende ist eine Freundin zu Besuch, um sich mit meiner Hilfe ein Paddel zu bauen. Die Form ihres Paddels trägt sie schon lange im Kopf mit sich herum - inspiriert durch ihre Erlebnisse am, im und auf dem Wasser des Amazonas (manche Kanus waren wohl recht instabil) wird es eine für die Gegend typische Blattform haben. Verschiedene Bildvorlagen und die Beschreibungen eines brasilianischen Freundes mit indianischen Wurzeln verhalfen uns zu einem genaueren Bild. Nach einigen Tassen Kaffee, dem Feilschen um Zentimeter hier und da und sinnlosen wie hoffentlich auch sinnvollen Gedanken war der Entwurf fertig. Aus dem für mich üblichen lang und schmal wird nun kurz und breit. Und damit verbunden auch die eine oder andere neue Überlegung und Erkenntnis. Weil die größten Bäume im tropischen Regenwald nicht sehr tief im Boden wurzeln, bilden die Stämme stabilisierende Stelz-, Stütz- und Brettwurzeln aus. Die Paddel dort werden üblicherweise aus den Brettwurzeln gemacht. Bei uns wird es aus Kirschholz sein.
ein ähnliches Paddel befindet sich seit einiger Zeit in meinem Besitz. Obwohl sehr schwer lässt sich das Wasser damit recht ordentlich behandeln. Meins ist aus Nigeria, also einige Paddelschläge weg vom Amazonas. Ich würde gern mehr über die Entstehungsgeschichte der Blattform erfahren, vielleicht können hier die Spezialisten helfen.
darüber hatte ich mich letztens mit dem nassauer Jugendtrainer unterhalten. Seiner und inzwischen auch meiner Ansicht nach hat man einen schonenden Einstich bei dem man weniger Wasser nach unten drückt, viel Blattfläche in der Zugphase und wahrscheinlich auch ein freundliches Verhalten beim Aushub. Wir hatten überlegt, warum die Silhouetten der Blätter von Bentshaft-Paddeln genau umgekehrt sind - eher birnenförmig. Wir überlegen, für mein pazifisches OC ein Bentshaft-Paddel mit afrikanisch-oceanischer Blattform zu bauen. Weil ich am Rand eines Mischwalds wohne, suche ich mir den passenden Schaft beim Spazierengehen aus.
In Zeiten in denen man die Welt mit dem us-amerikanischen Urheberrecht "zu einem besseren Ort" machen will, würde ich ein Forum nie mit Fotos beglücken, die ich nur gefunden habe. Deswegen die Anregung mal Gurgel mit paddle oceanic Bilder von historischen Paddeln suchen zu lassen.
Bemerkenswert finde ich die Vielfalt: Vom Biberschwanz-Paddel über das Birnenform-Paddel bis zu dem Pfeilspitzen-Paddel und vor allem die Mischformen davon.
Graham Warren hat da eine Maßzeichnung in seinem Buch "100 Canoe Paddle Designs" und schreibt da auch einiges dazu. Ein überaus wervolles Buch für Selberbauer und Paddelfreaks mit vielen Maßrissen und Geschichten zu den verschiedenen Paddeln und Kulturen. Über diese merkwürdige halbmondförmige Griffvariante schweigt er sich aber auch aus. Weiß da jemand näheres dazu???
Ich habe mich auch gefragt, warum der Griff diese Form hat. Eventuell wurde es als Waffe beim Jagen oder Fischen benutzt? Unser Paddel ist fast fertig geworden. Ich bin schon gespannt, wie es sich später im Wasser macht.
>>> Ich bin schon gespannt, wie es sich später im Wasser macht.
Ich auch, auf Jedenfall ein interessantes Projekt und sicher war es ein schönes "Bau"-Wochenende.
Ich bin der Meinung das bei Vorwärtsschlagen die Blattform Nullkomma-ganz-wenig Einfluss hat, nur die Fläche macht "Musik".
Erst wenn es ans eingemachte geht, Fließwasser, Seen, ganz flaches Wasser, Jagd und so weiter, dann spielt die Form eine Rolle. Deshalb denke ich, man muss bei der Betrachtung von Paddeln immer auch das ursprüngliche Revier im Auge haben. Zum Beispiel könnte ja auch die spezielle Form des Griffes den Sinn haben, das man Äste gut unter Wasser drücken kann um sie mit dem Boot überfahren zu könnnen. Auf drei Paddel die man mit dem Blatt in den Flussschlamm steckt, könnte man auch gut das Boot Überkopf legen.
Zitat von Haubentaucher im Beitrag #3...Seiner und inzwischen auch meiner Ansicht nach hat man einen schonenden Einstich bei dem man weniger Wasser nach unten drückt, ...
Gerade bei Rennfahrern findet man gern fast dokmatische Thesen zum "Wasser nach unten drücken". Da ich mehr aus der physikalischen Ecke komme frage ich mich immer, (da Wasser quasi inkompressibel ist,) wo denn das nach unten gedrückte Wasser hin soll, da ist doch überall Wasser.
Auch die praktische Beobachtung im Wasser mit größeren Schwebteilchen zeig, dass das Wasser immer sofort zur Seite ausweicht.
Zitat Zum Beispiel könnte ja auch die spezielle Form des Griffes den Sinn haben, das man Äste gut unter Wasser drücken kann um sie mit dem Boot überfahren zu könnnen. Auf drei Paddel die man mit dem Blatt in den Flussschlamm steckt, könnte man auch gut das Boot Überkopf legen.
Interessante Überlegungen! Da könnte was dran sein.
Zitat Ich bin der Meinung das bei Vorwärtsschlagen die Blattform Nullkomma-ganz-wenig Einfluss hat, nur die Fläche macht "Musik".
Bei so breiten Blättern könnte aber ein gewisse Drehung um die Längsachse entstehen,die auf die Handgelenke unschöne Auswirkungen haben dürften. Verzug im Alltagseinsatz ist bei Naturmaterialien ja auch immer wieder mal ein Thema. Von daher bin ich auf Praxiserfahrungen gespannt.
Ich find euer Projekt auch sehr spannend. Hab ja dies Jahr beim Nachbau alter Formen einige überraschende Entdeckungen gemacht, z.B. was Verankerung im Wasser und auch Eigenschaften verschiedener, von mir vorher nicht favorisierter Blattformen betrifft. Ich wünsche Euch ähnliche Entdeckungen und vor Allem: Spaß beim Machen. Das allein ist die Sache ja wert! Gruß Hans-Georg
Zitat Hab ja dies Jahr beim Nachbau alter Formen einige überraschende Entdeckungen gemacht, z.B. was Verankerung im Wasser und auch Eigenschaften verschiedener, von mir vorher nicht favorisierter Blattformen betrifft
Ich mußte genau daran denken, da ich ja auf dem diesjährigen Holzcanadiertreffen ein sehr schmales "laaanges" Blatt von Hans-Georg probieren durfte.Meine gefühlten Erlebnisse kriege ich mit meinem physikalischen Wissen und den erwarteten Eigenschaften noch nicht so wirklich übereinander. Da Bedarf es noch weiterer "Testreihen". Es ist doch immer wieder spannend ungewöhnliche Blattformen zu erfahren-/fühlen. Nicht alles läßt sich dabei, zumindest für mich, im voraus erklären
vor 10 Jahren konnte ich in Tefe bei einem Holzhändler und in einer Art Tante Emmaladen Paddel mitnehmen, die unterwegs auch immer wieder im Einsatz zu sehen waren - auch im Mündungsgebiet in Belem oder Manaus - die Formen waren sehr ähnlich an allen drei Orten. Eines hat mittlerweile den Besitzer gewechselt, von den verbliebenen ein Foto, dazu die Auswahl in der Holzhandlung und einige Menschen unterwegs, auch Fischer, die mit diesen Paddeln unterwegs waren. Das längliche, mitgebrachte Paddel hatte gefühlte 2 kilo, und wurde zu Hause heruntergehobelt, damit die Arme nicht zu schnell lahm werden... In Indien sah ich von der schmaleren Variante diverse - ohne Griff. Abgesehen von praktischen Nutzen gibt es nun mal auch viel Tradition oder "das tut's" bei Griffen und Blattformen. Fischer haben eben andere Bedürfnisse als Menschen, die 250m asap zurücklegen wollen. Euch wünsch' ich auf jeden Fall viel Spass mit dem selbstgebauten Paddel.