Hier ein kleiner Beitrag aus Berlin. Im Westen der Stadt gibt es die sog. Siemensinsel, da kann man schön drum herum paddeln. Flugzeuge donnern einem über den Kopf, am Saatwinkler Damm donnern die Autos. Es wirkt so schön, kann aber auch mal ganz schön nerven, halt immer laut. Und trotzdem ist es ein Kleinod mitten in der Stadt, mit Enten, Reihern und durchaus klarem Wasser. Unter dem Radar der Stadt paddeln [Zitat Sebastian] ist nett beschrieben. Du bist mitten drin und doch auf der anderen Seite, nämlich auf der Seite vom Wasser. Oft, meist, paddel ich alleine, habe meinen eigenen Rythmus, der sich so schwer an Kajaks anpassen lässt. Spielerischer, neugieriger, mal hier und da schnüffelnd, beobachtend. Ein Fisch, Reiher usw. Suche die Ruhe und die Konzentration, Konzentration auf was anderes. Manchmal gelingt es, selbst wenn der 10te Jet über Dich hinweg pfeift. Trotz des hupens und des Lärmes kommt manchmal innere Ruhe auf, nicht immer. Manchmal kringel ich nur ein wenig vorm Vereinssteg und bin doch so weit weg, was kaum einer begreifen kann von den Kameraden. Manchmal muss ich mich auspowern, dann treibe ich meine "Dory" die Kanäle entlang und über die Seen. Leider ist der Radius mit dem TWISTER nicht so arg groß. Oft ist es viel einfacher vom Wasser aus Menschen anzusprechen, da reicht ein kleines Kind, was auf mich zeigt (besonders jetzt in der kalten Zeit) und "Hallo" ruft. Schon redest Du mit unbekannten Vätern, Müttern, Omas 5 Minuten über das Wetter, das Wasser, die Stadt usw. Der Blick von der Anderen Seite schafft Verbindungen, wenn auch nur kurze und flüchtige. Ich war heute wieder auf dem Wasser, Richtung Zitadelle Spandau, wie oft habe ich heute Spazeirgängern und Radfahrern noch frohe Weihnachten wünschen können. Hier auf dem Wasser und im Winter ist die Agression der Stadt wie weg geblasen. Es herrscht meht Offenheit. Das genieße ich. Und das geht glaube ich auch nur, wenn Du alleine unterwegs bist oder mit sehr ähnlich tickenden Mitpaddlern. Sonst stört man sich gegeseitig in seinen Bahnen und notwendigen Zeiten. Wenn mir in Berlin etwas gefällt und ich es vermissen würde, so sind es genau diese Wasserflächen, Kanälchen und Brücken. Dort stehen Fischer, an die Brückenpfeiler Graffity gesprüht, mit manch verrückten Aussagen, die von Liebe, Hass und Menschen erzählen, wenn auch schon teilweise Jahre alt sind. Was aus Ihnen geworden ist? Diesen Winter sind die Wasservögel anders, als in den letzten, so kalten Wintern. Sie sind nervös. Alle flattern schnell auf, selbst die so gelassenen Stockenten sind wie angebissen. Kaum kommst Du näher als 10-20m fliegen sie auf. Paddeln als urbane Subkultur? Auf alle Fälle! Nicht dort, wo man es in Berlin erwarten würde (vor der Bundeswaschmaschine ist es verboten), also nicht in der Stadtmitte, aber drum herum wird viel gepaddelt. Und im Winter kennt man dann doch viele von den Verrückten.
Vielleicht kommt ja ein wenig der städtischen Stimmung rüber...
meint der Boris
Bin mal eben Holz streicheln oder nen TWISTER versenken...
Das klare Dezemberwetter hat mir bei einer Neckarinselrunde zusammen mit Matthias vor 14 Tagen auch ein paar überraschend ansehnliche Bilder beschert, deren Motiv vielleicht gerade noch als "urban" durchgeht. Unser Universitätsstädtchen hat aus dieser Perspektive (und auch sonst) nicht viel "städtisches" an sich. Das macht es ja so lebens- und liebenswert.
Mein Revier ist der Landwehrkanal in Berlin . Gut urban , manchmal fast zuviel... Aber ich kann nach 100m Tragen einsetzen, und habe eine wirklich spannende Strecke.Meine Lieblingsstrecke im Winter gute zwei Stunden in der Stadt aber doch weit von ihr entfernt. Ein paar Bildchen vom Landwehrkanal aber Vorsicht ich paddle im Stehen.
Zitat von paddelrudi im Beitrag #46 aber Vorsicht ich paddle im Stehen.
Gruß Holger
"Für den, ders mag, ist es das Höchste…" Schöne Bilder, so wär ich auch gern in der Stadt unterwegs, allerdings nicht ganz so hip, lieber im Sitzen ;-)
wenngleich ich immer wieder den Kopf schüttle über so viel Sorglosigkeit bezüglich Kälteschutz und Westenverzicht. Seid Ihr alle trainierte Eisschwimmer oder nur unbekümmert? Ich empfehle jedem mal den Selbsttest unter kontrollierten Bedingungen. Ich geb mir selbst ohne Trocki maximal 3 Minuten Handlungsfähigkeit bei den derzeitigen Wassertemperaturen und das nur ohne lähmenden Kälteschock oder Wassereinbruch ins Ohr.
und womit man paddelt ist doch egal, solange es Spaß macht ... auch wenn hier das Canadierforum ist
ja schwimmen durft ich auch erst probieren, mit Weste, Trocki is momentan noch nicht erschwinglich... ging scho...kalt war das anschließende Umziehen bei Regen :-)
Mit gutem Trocki würde ich am Liebsten jeden Tag die Donau runterschwimmen....ohne Boot :-)
Hier sind die Stadtbereiche leder ned so interssant und zu kurz. Aber die Bilder machen Lust auf eine Städtetour.
Nun war es soweit den etwa 1400 Meter langen „Künettegraben“ der mit dem Wasser des Flüsschen Schutter in den Siebzigern geflutet wurde, zu erkunden. Leider wurde durch das abzwacken der „Schutter“, die einst durch die Stadt floss, ihres natürlichen Flussbettes enterbt. Glücklicherweise gibt es Erwägungen die „Schutter“ wieder durch die Stadt fließen zu lassen.
Die Ingolstädter werden auch Schanzer genannt, weil die Stadt von Festungsanlagen und einst von Festungsgürteln / Forts umgeben war….
Die Befahrung des Grabens / Künettegraben stand schon vor meiner Paddelkarriere auf meinem Zettel, gestern konnte ich mir diesen Wunsch erfüllen. Sicherlich gibt es Bewunderer der Festungsbaukunst die mich deswegen beneiden würden… Ich suchte mir absichtlich einen trüben ungemütlicheren Tag heraus, weil so der angrenzende schöne Park so gut wie unbesucht von allzu neugierigen Menschen gefüllt ist. Später entdeckte mich doch eine Kindergartengruppe die vom angrenzenden schönen Spielplatz mit Matschanlage angerückt kam. Die Kinder standen auf dem neueren Steg, der alte Steg der von Pionieren aus Küstrin errichtet wurde, war mit ein Anlass für die Komödie „Pioniere in Ingolstadt“ von Marieluise Fleißer, später verfilmt von Rainer Werner Fassbinder….
Um Festungsbauarchitektur oder Kunst zu erkunden bietet sich der Herbst bestens an, weil man so besser einen Einblick in die Kasematten, Schießscharten usw. bekommt, sonst ist alles durch Vegetation umso mehr verborgen. Ich selber bin kein Festungskunstfetischist aber schaue mir ab und zu so etwas an. Zum Glück kam es in Ingolstadt nie dazu so etwas Gewaltiges in Kriegszeiten mit Truppen zu überwinden. Verdun zeigt dies am deutlichsten…
So nun war es zu spät die etwa 3000 Meter der Donau bergauf zu paddeln so dass ich jetzt noch ein schlechtes Gewissen habe. So kam es zu einer Planänderung! Im nu verfrachtete ich mein Boot mit teilweiser neuer Ausrüstung für Testzwecke auf einen antikeren Boots-waagen, meinen großen wollte ich nicht nehmen. Nach dem Eilmarsch über Land kam ich noch zu guter Zeit an, setzte in den Graben ein und paddelte etwa zehn Meter sanft dahin bis ich buchstäblich vor schrecken aus dem Boot (fasst ) gepurzelt bin. Einige Vögel schreckten aus einer Mauerwerksöffnung die für die Abführung von Pulverdämpfen dienen sollte heraus. Der Lärmpegel ähnelte Gefechtslärm der Glücklicherweise nie hier zu hören war. Nach dem Schrecken tastete ich mich an einem Baumhindernis vorbei, der Graben war nicht seicht, wie ich erst vermutet hatte, mein Paddel hatte kaum Grundberührung. Im Graben gibt es keine Strömung, nur der nicht beständige Wind und das Paddel sorgte für den Antrieb und Bewegung. Ab und zu war ich Anlass, dass einige Wasservögel das Weite suchten, einige waren zu gemästet dass sie das Fliegen wohl verlernt hatten. Zur Brutzeit hätte ich diese Unternehmung sicher nicht ins Auge gefasst. Im Graben war es sehr ruhig, ab und zu fasst Totenstill, kaum zu glauben mitten zwischen Altstadt und neuerer Stadt, und der rotierenden Baustelle (neues Sporthallenbad). Der aufgezwängte Zickzackkurs durch die Kasematten schirmt Geräusche von außen ab, im inneren ist die Akustik von Mensch, Tier und Material impulsiverer Natur. Die Kasematten werden stellenweise von der Stadt, Vereinen noch genutzt. Ein sehr schönes Freibad liegt einen Steinwurf hinter dem Graben verborgen.
So nun sind es im Künettegraben nahezu mit Abstechern 3000 Paddelmeter geworden, nach dem umsetzen zum Ufer der Donau und einer kleinen Brotzeit unter der Glacisbrücke ging es etwa 3000 Meter auf dem Fluss bergab. Die Donau fühlte sich trotz des seichteren Pegels von nur 180 cm sehr unruhig an, ich war noch zu sehr auf das stille Wasser eingestellt und brauchte einige Zeit um damit wieder klar zu kommen.
Für hungrige Donaupaddler ist der Biergarten vielleicht irgendwann interessant, wer nicht zu guten Fußes ist oder sein möchte. An der Glacisbrücke anlanden und die knapp achtzig Meter in den Künettegraben umsetzen, etwa 600 Meter paddeln und direkt am Biergartengeländer festmachen um eine vernünftige Brotzeit zu machen. Die einzige Art hier mit dem Kanu so zu einem Biergarten in Ingolstadt zu gelangen. Verbotstafeln gibt es (noch?)keine, auf die Wasserbewohner mit Flügeln und Flossen sollte Acht gegeben werden. Gegenwärtig wird ein neues Sporthallenbad errichtet, dort soll es eine Terrasse mit Steg für Ruderboote geben, um den Künettegraben vom Wasser aus hautnah erleben zu können.
Bei meiner 20. Bergtour erwähnte ich die „Schutter auch mal kurz:
„Auf dem Weg dorthin passierte ich die „Schutter“, einst Lebensader der Stadt, leider 1975 unter Tage verbannt, weil Wirtschaftlich nicht mehr wichtig für die Stadt. Das Wasser der „Schutter“ soll auch zum Bierbrauen getaugt haben, wenn vorher bekannt gegeben wurde, die Schmutzwäsche darin nicht zu waschen. Von der „Schutter“ ist nicht viel übrig geblieben, ein kaum wahrzunehmendes, totes Rinnsal an der Mündung, was nach 31 Kilometren und 34 Metern Gefälle in die Donau dort mündet. Eine Stahlsäule mit Gedenktafel wurde ihr zu Ehren errichtet.“
Mehr Bilder und einen kleineren Bericht gibt es beim Tourenbericht: Le glacis
Die Vögel waren wohl eher in der Mauser, und nicht überfüttert, sie konnten deshalb nicht fliegen. Wenn sie ihre Flugfähigkeit durch die Mauser verlieren suchen sie verstecke auf, damit sie ihre Fressfeinde nicht sehen. Vermutlich handelt es sich um Zugvögel (Wintergäste) diese beginnen die Mauser nach der Ankunft in ihren Winterquartieren. Also in der kalten Jahreszeit nicht auch noch jeden Winkel befahren.