Wie auch immer, genau so wie ich Flüsse in ihren alpinen Oberläufen mag, genau so mag ich auch urbanes paddeln. Ausschliesslichkeiten sind mir fremd, fast alles hat seinen Reiz, egal ob absolute Einsamkeit, ein Industriehafen, das Meer, der Kleinfluss im Mittelgebirge, der an den Rückseiten der Gewerbebetrieben vorbei läuft, der Strom mit seinen Fracht- und Kreuzfahrtschiffen oder paddeln in der City. Es ist nicht immer schön, aber interessant allemale. Und man versteht Land und Leute besser, denn man sieht oft die "Rückseiten" und begreift das Verhältnis der Leute zu ihrem Gewässer. Einer meiner absoluten Favoriten ist nach wie vor Amsterdam. So ruhig (auch akustisch) und entspannt kann man die Stadt sonst nicht erkunden. Und es wird niemals langweilig.
und begreift das Verhältnis der Leute zu ihrem Gewässer.
Thomas, das hast Du schön gesagt. Man merkt wirklich, ob eine Stadt mit ihrem Fluss lebt, oder sich von ihm abgewandt hat. Bei Cottbus ist eher Letzteres der Fall. Ob man das schon als urbane Subkultur betrachten kann, weiss ich auch nicht, auf alle Fälle hat gerade das Freestylen das Potenzial dazu: Es gibt einem die Mögliuchkeit, ohne großen Aufwand, und ohne viel Naturfläche zu beanspruchen,sehr intensiv bei sich und in der Natur zu sein. Nicht umsonst sprechen viele, die das sehen, vom Zen des Paddelns. Doch merke ich an mir , dass das oft nur Theorie ist, und mir doch nicht egal ist, in was für ein Gewässer ich mein Paddel tauche. Gruß Hans-Georg
Ich habe Ende der 90er ein paar Jahre in Halle/Saale gewohnt, für mich war damals die Saale der wichtigste "Rückzugsraum" vom Leistungsdruck einer nicht ganz einfachen und nur mässig erfolgreichen Promotion in Experimentalphysik. Ich hatte es nicht weit zum Fluss, und viele Abende und Wochenenden habe ich paddelnd auf dem Wasser verbracht. Richtig schön war die Saale damals nicht, dafür war das Wasser noch zu dreckig, die Ufer zu vermüllt. Aber ich konnte mich je nach Bedarf auspowern oder an ruhigeren Abschnitten ganz gemütlich treiben lassen, und aufwärts paddelnd und abwärts treibend habe ich damals ein paar Entscheidungen getroffen, die Weichen in meinem Leben gestellt haben. Und das Sightseeing in den Ruinen der ehemaligen DDR vom Wasser aus hatte auch was für sich - zumindest für mich als "Wessi".
das urbane Paddeln ist für mich vor allem deshalb wichtig, weil es - wenn man in der Großstadt wohnt - das "Alltagspaddeln" ist.
Ich wohne in Hamburg und wurde vor über 30 Jahren in Schweden mit dem Paddel-Virus infiziert, als ich mit einem Freund und dessen Eltern dort mit Kajaks unterwegs war. Die Vermieter von unserem Ferienhaus am Östra Silen hatten auch einen laminierten Kanadier. Wir hatten viel Spaß mit dem Boot. (Dort haben wir damals übrigens in vier Wochen weniger als fünf andere Boote gesehen. Heute findet man da kaum noch einen Platz zum Anlanden, wo noch kein anderer sein Lager aufgeschlagen hat.)
Ich habe die nächsten 15 Jahre umständehalber kein Paddel mehr in der Hand gehabt. Das erste Boot (Seekajak) habe ich mir dann 1996 gekauft, den ersten Kanadier 1998. Alle Boote lagen aber meist nur in der Garage und wurden höchstens zweimal im Jahr in Urlauben bewegt. In manchen Jahren bin ich überhaupt nicht gefahren.
Ich habe dann für einige Jahre ein Tandem-Kanadier in einem Bootslager an einem der Alster-Kanäle liegen gehabt, bin aber so selten zum Paddeln gekommen, dass sich die 250,-€ pro Jahr nicht lohnten. Von dort aus konnte man natürlich die bekannten Wasserwege der Alster mit ihrer zum Teil sehr noblen Uferbebauung befahren oder zum legendären Feuerwerk, das aus Anlass des Japanischen Kirschblütenfestes jährlich über der Alster stattfindet, wo Massen an Booten unterwegs sind, da man vom Wasser aus am besten sehen kann.
Zum urbanen Paddler in deinem Sinne bin ich aber erst seit gut einem Jahr geworden, als ich einen Paddel-Verein ganz in meiner Nähe aufgetan habe, in dem ich jetzt ein Tandem- und ein Solo-Canadier liegen habe. Mit dem Rad bin ich da in 5 Minuten, nehm meinen Einer, setze ihn ins Wasser, und weg.... Meistens Abends vor Sonnenuntergang oder auch mal Sonntagmorgen. Seltener fahre ich mit Frau oder Tochter im Zweier.
Mein Verein liegt nicht an Alster oder Elbe, sondern am dritten Hamburger Fluß, der Bille. Dort paddelt kaum jemand, so dass ich meistens allein bin. Die Bille mit ihren Kanälen reicht vom sehr schönen Wiesenflüsschen bis fast ins Zentrum mit sehr urbaner Bebauung. Die Möglichkeit ohne nennenswerten Aufwand paddeln zu können wenn ich Zeit habe, ist für mich ein enormer Gewinn an Lebensqualität. Ich habe ein paar Fotos angehängt.
moin Manfred vollkommen neue Persepktive - muss ich mal an einem Sonntag in Angriff nehmen - ist das alles oberhalb von dem Wehr in der Bergedorfer Innenstadt?? Gruß aus der Nordheide Albert
die Bilder sind von der unteren Bille im Abschnitt von der A1 bis zum Hafen (s. Karte). Diese hat mit der oberen Bille, die in Bergedorf über den im Mittelalter gegrabenen Schleusengraben in die Dove Elbe fließt, keine Verbindung mehr.
Moin Manfred, ich habe bisher verzweifelt versucht einen öffentlich zugänglichen Bootseinstieg in diesen Bereich der Bille zu finden. Hast Du einen Tipp? Gruss Henrik
Wer zu den Quellen will, muss gegen den Strom schwimmen
Moin Henrik, das ist tatsächlich ein Problem. Einen bequemen öffentlichen Einstieg mit Steg gibt es nicht. Ich habe mal eine Abbildung angehängt, wo ich drei theoretisch mögliche Einstiege eingezeichnet habe, die nicht weit von einer Parkmöglichkeit entfernt sind. Ausprobiert habe ich keinen davon. Bei "2." habe ich aber schon mal Paddler einsetzen sehen. Gruß Manfred
Ja, ich als Spandauer (Berliner) bin ja auch ein Stadtpaddler, wobei es wenn man der Havel raus folgt schon bald nicht mehr so städtisch ist. Ich mag es aber, in den urbanen Schluchten zu fahren. Das ist ein besonderes Gefühl von Enge, finde ich. Schwer zu beschreiben. In der Natur fühlt man sich frei und das ist auch toll, aber in der Stadt zu fahren ist so eng und spannend irgendwie.
Samstag, 6. April : Paddeln an der Alten Donau mit dem AOC. Treffpunkt: 10:00Uhr, Steg des "Strandhotel" zwischen Wagramer Strasse und U1. Bis bald, am Wasser, W
"Umwege erweitern die Ortskenntnis." (Kurt Tucholsky)
Meine Ortskenntnis der Donau an der Stadt, beschränkte sich zuerst zu Fuß den Ufer entlang und jetzt vom Boot aus, in einem neuen schönen Fokus. Am Rande der Altstadt von Ingolstadt und doch mitten durch die Stadt, die durch die Donau geteilt ist, zwischen der BAB 9 Autobahnrücke, die nach Nürnberg und nach München führt, Richtung Westen nach Oberstrom, unter die Schillerbrücke, Eisenbahnbrücke, Donausteg am Rande des Klenzeparks, Konrad-Adenauer- Brücke und Glacis-Brücke hindurch, bis hin zur Staustufe, erstreckt sich das etwa drei Kilometer lange Revier für spontane Ausflüge zum Abschalten, Beobachten, Entspannen, Tee trinken, Testen und Spielen. Diese Gegebenheit führte auch zu dem richtigen Entschluss mich für ein Solo-boot zu entscheiden. Zuvor erkundete ich diese Strecke am Ufer entlang, über Jahre hinweg gern allein zu Fuß, bis heute noch und mit der Familie. Durch den oft wechselnden Pegel ergeben sich zwangsläufig kürzere Etappen und längere Etappen bergauf, je nach verfügbarer Zeit, Lust und Kraft. Erstaunlich ist wie ruhig es an und von der Donau aus sein kann, zu günstigen Tageszeiten, wenn der mäßige Verkehrslärm nicht so zu hören ist. Am Wochenende zur frühen Stunde ist es verständlicherweise am ruhigsten .Vor vielen Jahren bin ich einmal in der Dämmerung mit einem Schlauchboot mit Außenborder dort entlang gefahren und war überwältigt davon, das ich von der Stadt so wenig gesehen habe. Nichtweit vom Anfang der Strecke liegt ein neu angelegter Donaustrand, der zum Pausieren im Boot, bei Einsamkeit und Stille sehr schön sein kann. Kurz vor der Staustufe ist ebenfalls ein neu, nicht so bekannter Kiesstrand angelegt, der mit Hilfe des Flusses eine schöne urigere Form bekommen hat, ein schöner Ort zum Anlegen und mehr. Gegenüber der Donaubühne ist eine Bootsanlegestelle. Durch die Brückenfeiler und Kiesbänke ergeben sich zahlreiche Spielstellen. Neben Enten …. sind auch Jahreszeit bedingt, Schwäne, Komorane… zu beobachten. Eine Biberburg ist auch im Revier. Zumal sind neben sperrigen Fahrrädern am Ufer, Treibgut, Abfall, was von Bewohnern und Durchreisenden ist und das was der Fluss so mit sich bringt, auszumachen. Natürlich würde ich auch gerne in der Ferne paddeln und Abenteuer suchen, aber heute und jetzt sind für mich die kleinen Abenteuer und magischen Momente täglich vor der Haustür greifbar, ohne größeren Aufwand. Um dies zu erkennen, musste ich erst die Augen „weit“ öffnen. Das schöne ist für mich, das ich das von mir kurz beschriebene Revier, erst bis zur Schillerbrücke mit dem Boot befahren und halbwegs erkundet habe.
letzten Sonnabend bin ich abends endlich mal dazu gekommen, mit meiner Tochter die Bille weiter hoch zu fahren über die Umtrage hinter der A1 hinaus. Diese Umtragestelle war lange wegen Bauarbeiten gesperrt. Sicher eine der landschaftlich schönsten Paddelstrecken in Hamburg, auf der zudem kaum einer fährt. Da oben ist es dann allerdings überhaupt nicht mehr urban, auch wenn man sich noch weit im Hamburger Stadtgebiet befindet.
Umtrage 20m
Gruß
Manfred
P.S. Dies hier ist in Hamburg definitiv ein wichtiger Aspekt des urbanen Paddelns.
Friesach, hier ist das Mittelalter allgegenwärtig: Drei Burgen, Ruinen, Kirchen mit Geschichte, liebevoll renovierte Bürgerhäuser am Hauptplatz ... ein Kleinod. Und mit Burggraben. Da kommt das Kanu ins Spiel: Für Fotos, zum Erreichen des besten Stadortes, und auch als ungewohnter, doch idealer Ort zum Drehen eines kleinen Vorstellungsvideos für ein Solokanu. Das Schneiden hat Zeit bis in die Wintermonate, für die Aufnahmen war der Herbst besser. Einige Bildchen davon.
Bis irgendwann, im Stadtgraben? W
Ps. Die Vorrichtung im vorletzten Bild war zum "Bäckerschupfen", wenn deren Brötchen zu klein waren. Nicht zum Untertauchen von Kanuhändlern mit falschen Gewichtsangaben!
Wunderschöne mittelalterliche Bilder, lieber Wolfgang. Dir fehlt nur noch ein Schwert statt des Paddels und dem liebreizenden Burgfräulein die Krone. Ein Jammer, das es für uns so weit weg ist Bleibt gesund, schön und reich in jeder Hinsicht! Fred&Caroline