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Dieses Thema hat 2 Antworten
und wurde 1.580 mal aufgerufen
 TOURENBERICHTE
woodsia Offline



Beiträge: 47

29.12.2011 22:26
Kleine Winterausfahrt auf der Sieg am 28.12.11 Antworten

Bisher lohnte es sich nicht – seit drei Jahren wohnen wir an der Sieg und die letzten drei Jahre verdiente der Winter seinen Namen einigermaßen. Inklusive eines komplett zugefrorenen Flusses im Januar 2009 und in den Dezembern 2010 und 2011 hier in Rosbach.
Da haben wir auf unsere Langlaufskier zurückgegriffen und die Berge rund um den Ort unsicher gemacht. Wasser in fester Form hat unbestritten auch seine Reize.
In diesem Winter ist wieder alles anders – Westwinter eben.
Also haben wir erstmals beschlossen, die Sieg im Winter zu befahren. Vorher haben wir uns noch Neoprenanzüge besorgt – normalerweise steigen wir nicht unfreiwillig aus, aber wer weiß…
Start war die Einstiegsstelle in Wissen, der Siegpegel lag bei 132 cm in Niederschelden und 130 cm in Eitorf. Ideale Bedingungen und das Wasser hatte bereits wieder diese türkise Farbe – herrlich. Nachdem man während des Novembers den Fluss mit Watsandalen trockenen Fußes hätte durchqueren können…
Mit flotter Strömung geht es los, nach wenigen Minuten liegt Wissen hinter uns. Die Sieg macht dieser Tage ihrem alten, keltischen Namen „Sikkere“ – schneller Fluss – alle Ehre. Der Wisser Bach hat von rechts nochmals einen guten Wassernachschlag in die Sieg gebracht. Bald macht der Fluss an einer Engstelle bei einer kleinen Klippe eine scharfe Kehre nach rechts. Viele Stockenten bevölkern den Fluss. Die schlaueren drücken sich nah am Ufer an uns vorbei, die übervorsichtigen Enten heben immer 30 m vor uns ab; dabei tun wir gar nichts und wollen auch nicht mit ihnen spielen. Durch die gute Wasserführung geht es flott vorwärts. Schon erreichen wir die von links kommende Nister. Deren Wasserstand reicht für eine Befahrung jedoch nicht mehr aus. Da braucht es schon gut Wassernachschub aus dem Westerwald.
Die erste Wasseramsel kommt ins Blickfeld. Der etwa starengroße, mittelbraune Vogel ist gut an seiner schneeweißen Brust zu erkennen. Er bevorzugt Gewässer der Forellenregion mit hoher Gewässerqualität – ein gutes Zeichen für die Sieg!
Graureiher, etwas seltener Silberreiher, und Kormorane sieht man alleweil. Ein Kormoran ist über unseren Anblick wohl so erschrocken (zwei Menschen? Jetzt? auf dem Fluss??), dass er seinen gerade gefangenen Fisch fahren lässt. Also, wir wollten ihm seine Mahlzeit nicht streitig machen.
Ab Etzbach rücken die Felsen der umliegenden Berge dichter an den Fluss. Hierbei handelt es sich normalerweise um Tonschiefer oder Grauwacke. Diese Gesteine sind basenarm und Immer wieder fallen kleine Bäche steil aus diesen heraus in die Sieg. Oft treten diese Bäche aus kleinen, engen Tälchen heraus, die hier Siefen genannt werden. Diese Siefen, wie übrigens auch die Felsen direkt am Fluss sind auch die Heimat einer üppigen Farnvegetation. Polypodium vulgare, das Engelsüß, kann man jedenfalls recht häufig ausmachen. Sicher gibt es in den Siefen auch Schildfarne, aber dazu müsste man die Tälchen hochsteigen – was wir heute nicht wollen.
In der großen Flussschleife bei Fürthen blitzt dann das „fliegende Kleinod“ der Sieg, der Eisvogel vorbei. Zwei dieser hübschen Zwerge werden wir auf dieser Tour entdecken, immerhin - im Sommer sieht man in der Regel mehr von ihnen.
Es geht zwischen Fürthen und Au einigermaßen ruhig zu, bevor hinter der Straßenbrücke nach Hamm der erste recht zügige Schwall wartet. Unser Northwind geht gutmütig durch. Der Bugfahrer bekommt nur einige Spritzer ab. Ab der Brücke geht es bis Rosbach jetzt etwas wilder zur Sache. Immer wieder Stufen und Schwälle, die ein wenig Schwung ins Kanutenleben bringen. Hinter den Brückenpfeilern der flussbegleitenden Siegbahn warten schöne Kehrwasser, die zum Üben einladen.
Hinter Imhausen macht die Sieg eine Kehre nach Norden und man paddelt genau auf den „Alten Stuhl“ zu, einen schon 280 m hohen Bergrücken oberhalb von Rosbach, der auch das Startgelände der örtlichen Gleitschirmflieger ist. Auffällig sind der steile Abfall hinunter zum Siegufer und der dichte Bewuchs mit Traubeneichen. Hier spricht der Botaniker von einer extrazonalen Waldgesellschaft, die durch die Südexposition und das relativ trockene Mikroklima südeuropäischen Wäldern ähnlicher ist, als mitteleuropäischen. Das saure und nährstoffarme Ausgangsgestein tut dabei ein Übriges, so gar nicht das Gefühl eines klassischen „deutschen“ Waldes aufkommen zu lassen. Schon interessant, was man bei einer Kanutour alles über seine Heimat lernen kann.
Am Ortseingang von Rosbach taucht nun die Straßenbrücke auf, hinter der bei höherem Wasserstand die Sieg recht lebhaft zu Werke geht. 150 m weiter folgt die Eisenbahnbrücke und danach wird der Schwall über 300 m bei dieser Wasserführung schön spritzig.
Kurz dahinter gehen wir bei einer Bank am rechten Ufer an Land, packen unseren Bootswagen aus und schieben unser Boot nach schönen zweieinhalb Stunden und ca. 17 Flusskilometern nach Hause.
Das hat was, das Winterpaddeln.

VG
Woodsia

PS:
Das erste Bild zeigt die zugefrorene Sieg bei Rosbach im Januar 2009, man konnte drauf spazieren gehen.
Das zweite Bild zeigt den Alten Stuhl im Oktober 2010
Das dritte Bild zeigt die Einsatzstelle bei Wissen
Das vierte Bild zeigt die Nistermündung in die Sieg
Das fünfte Bild zeigt die große Siegschleife bei Fürthen

Angefügte Bilder:
Alter Stuhl Oktober 2010.jpg   Einmündung der Nister.JPG   Einsatzstelle bei Wissen.JPG   IMG_0854.JPG   SIMG0023.JPG  
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ronald Offline



Beiträge: 220

30.12.2011 11:30
#2 RE: Kleine Winterausfahrt auf der Sieg am 28.12.11 Antworten

Hi,

schön geschrieben - toll auch dass Flora und Fauna im Winter noch was hergeben... :-)

Grüße, Ronald


Doc Offline




Beiträge: 310

05.01.2012 17:54
#3 RE: Kleine Winterausfahrt auf der Sieg am 28.12.11 Antworten

Hallo,
schöner Bericht, vielen Dank
Rolf


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