Teufelsmoortour 4.2011 In Anlehnung an Annette von Droste-Hülshoff „O, schaurig ists, übers Moor zu gehen“ wollen wir durch das "schaurige" Moor paddeln. Ein paar Gewässer fließen durch das Teufelsmoor nord-östlich von Bremen. Nach kurzer Anfahrt erreichen wir die Mündung des Oste-Hamme Kanals in die Hamme. Der Kanal verbindet die Oste mit der Hamme über einen Geestrücken. Hier können wir bei dem Gasthof „Zur Kreuzkuhle“ (http://www.kreuzkuhle.de/) , einer alten Zollstelle für die Torfkähne, nach kurzer Rücksprache mit dem netten Herrn Lütjen unkompliziert übernachten und auch eine tolle Abendessenbewirtung ist möglich. Ein sehr guter Start für die Tour (auf Nachfrage). Unser Zelt findet schnell die richtige Ecke, direkt am dunklen Wasser, zwischen Torfplaggen und alten Moorgerätschaften-sehr urig. Das Moorwasser ist hier, durch die Moorfasern, fast schwarz. Nach dem sehr guten Abendessen im Gasthof macht der Zeltofen es gemütlich warm. Draußen bellen die Rehböcke und rufen die Fasane. Morgens ist es dann nebelig, was einem guten Frühstück keinen Abbruch tut. Heute soll es noch sonnig und 22°C werden- ein erster, früher Sommertag. Nachdem alles verpackt ist, beweisen wir, das ein Kanadier solo-plus, inkl. Komfortgepäck mit Tipi, Zeltofen, Wanigan usw immer noch 18 cm Freibord hat. Das reicht für dieses Revier. Es sage also niemand , ein solo-plus sei nicht tourentauglich. Wäre ich nicht so faul gewesen, den Mittelsitz drin zu lassen, läge das Gepäck auch noch flacher aber es geht schon. Bei 70 cm Wassertiefe folgen wir dem Fluss. Nach 3,5 km mündet von rechts der Giehler Bach, der eigentliche Oberlauf der Hamme. Ein Rehbock beobachtet uns ruhig vom Ufer aus. Und über uns? Kreist da nicht ein Seeadler? Nach kurzer Strecke erreichen wir die erste kleine Schleuse, die wir selbst bedienen müssen. Mit einer Handkurbel wird die Hydraulik in Bewegung gesetzt, was sie nach einigen Versuchen auch tut. Wir sind wohl das erste Boot in diesem Jahr. Das Maß der Schleuse ist den alten Torfkähnen angepasst, die heute keinen Torf mehr, sondern Touristen transportieren. Das Wetter ist mittlerweile sonnig aber wir kämpfen mit dem stetigen Gegenwind. Teilweise brechen sich schon die kleinen Wellen. Der Moorfluß windet sich durch weites Land mit einem hohen Himmel. Eine Landschaft, die die Worpsweder Maler vor vielen Jahren anzog. Längst ist das Wasser tiefer und breiter geworden und bevor wir die nächste Schleuse überwinden, ist Mittag. Da schwimmt ein Bisam vorbei und dort hinter sehen wir Störche. Mit neuer Kraft werden dann wieder Tore auf- und zugekurbelt, eine willkommene Abwechslung. Nach weiteren 5 km passieren wir Worpswede. Hier sind mehr Leute unterwegs. Uns zieht es vorbei in die Knick- und Wiesenlandschaft. Nachdem wir die Eisenbahnbrücke der Moorbahn (BOE) passiert haben, mündet links ein größerer Graben, die Semkenfahrt. Nun noch 1 km und der Campingplatz Waakhausen (http://www.worpswede-camping.de/ ) ist nach 20 km erreicht. Ein uriger, baumumwachsener Platz mit viel Geschichte empfängt uns. Hier sind die Paddler fast unter sich. Ein individueller Service macht vieles möglich. Wir lassen es locker angehen. Irgendwann steht das Tipi und der Dutch Oven wird angeheizt. Es gibt Porree-Kartoffel-Hackfleisch –Auflauf mit ersten , eigenen Kräutern, eben kein fastfood. Wie üblich überfallen wir die wenigen Gäste mit Kochgerüchen und die Kreise um den DO werden kleiner… Nachdem der Magen befriedigt ist und wir eher selbstzufrieden vor uns hin sinnieren fangen die Waldkäuze ihr Abendlied an. Am Sonntag regnet es dann pünktlich zum Aufstehen. Die sonst so eifrigen Eichhörnchen bleiben also auch ungesehen. Somit wird das Frühstück ein wenig verlängert. Nachdem es dann zwar sehr bedeckt aber trocken bleibt, nehmen wir die letzten 10 km in Angriff. Auf der Strecke präsentiert sich noch mal die ganze Vogelwelt im Frühjahrsrausch. Hier huschen Teichhühner über den Fluss, dort balzen Blesshühner , da eine Mönchsgrasmücke, dort oben Greifvogel, und Formationen von Kanadagänsen, Graugänsen und Kranichen. Am späten Mittag erreichen wir Ritterhude und eine schöne Tour ist mal wieder zu Ende.
Tourhinweise: Die Hamme ist 27 km lang. Da dieses Gebiet ab Ritterhude mit einer Schleuse gestaut wird, ist die Tour flussauf- wie flussabwärts zu fahren. Pausenplätze und Anleger für Paddler sind ausgewiesen. Es gibt weitere Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten mit Infrastruktur und auch Nebenstrecken. Das Gebiet ist durchaus familienfreundlich paddel bar . Ein freies Übernachten ist nicht möglich, da umfangreiche Naturschutzmaßnahmen gelten (bitte beachten). Es gibt im Nahbereich genug Ausstellungen, Museen usw zu allgemeinen und auch moorspezifischen Themen für das Schlechtwetterprogramm. Weitere Infos und Tipps (http://www.kulturland-teufelsmoor.de/) oder gerne auf Nachfrage. 4.2011 docook
Hallo, Am 17.4. findet auf der Hamme die Teufelsmoorrallye statt. Start und Ziel ist für die meisten beim Ruderverein Osterholz-Scharmbeck (neben Tietjens Hütte, ist wohl eher bekannt?). Vielleicht eine Alternative, wenn man nicht immer in Ruhe und alleine paddeln will. Am Ziel gibt es immer sehr leckere Kuchen, man darf nur nicht zu spät sein! Wir setzen immer am Torfkanal ein, fahren die 500m zum RV und dann bis zur Teufelsmoorschleuse (Mittagspause) und zurück (20km). War immer sehr schön, vor Allem im Großboot (10er Canadier) mit Freunden, die sonst nicht paddeln. Grüße, Skua
Moin Skua, ja, ist mir natürlich bekannt. Wer noch kurzfristig teilnehmen will, hier ein Link mit Infos http://werow.com/mod.php?mod=guide&op=an...&id=151&print=y Der Charakter ist nicht leistungsorientiert, wenn man nicht will. Es gibt mehrere Strecken und genug Zeit. Viele Grüße docook
Moin docook, das Du das kennst war mir natürlich klar, ich will eigentlich nur noch ein paar Ortsfremde in unser schönes Revier locken. Und es gibt ja viele Menschen, die auch gerne zu solchen Veranstaltungen fahren, schließlich gehöre ich selbst dazu. Leider kann ich dieses Jahr nicht mitfahren, da ich an dem Wochenende Schicht habe. Aber wir sehen uns dann ja spätestens beim Holzcanadiertreffen in Ritterhude. Viele Grüße, Skua
danke, dass Du "unsere" Region mit diesem tollen Bericht bekannt machst. Ihr hattet am Samstag aber auch gutes Wetter....
Meine Frau und ich befahren die Hamme im Frühjahr und Herbst fast wöchentlich und in den Sommermonaten manchmal zwei- bis dreimal die Woche (abends nach Feierabend: herrlich).
Der große Vorteil liegt tatsächlich darin, dass die Hamme fast strömungslos ist und man gut die erste Strecke gegen den Wind starten kann, um dann leider öfters mit "abflauendem Wind" zurückpaddelt. Man vermeidet damit das zeitaufwendige Umsetzen des Autos. Da man an jeder autobefahrenen Brücke ein- und aussetzen kann, lohnt es sich immer, die Hamme auf Teilstücken zu befahren. Auf diese Art sind wir im letzten Jahr so ca. dreimal die Hamme in allen Bereichen abgefahren. Sowie man den Bereich Worpswede, die Brücken und parallel verlaufende Wege verläßt, fährt man oft ganz ungestört: Natur pur! Ein weiterer Punkt im Frühjahr und im Herbst ist, wenn die Uferränder noch nicht, oder nicht mehr zugewachsen sind, dass man bis weit ins Land sehen kann, weil die Hamme nicht in einem typischen eingeschnittenen Flussbett verläuft, sondern der Wasserstand künstlich konstant gehalten wird. Damit paddelt man auf Augenhöhe mit den Kühen oder erblickt diverse andere Tiere und Pflanzen in der weiteren Umgebung. Am genialsten ist für mich allerdings der Himmel mit seinen unterschiedlichen Wolkenbildern. Als ein, im einem "Bergischen Tal nahe der Wupper" großgewordener Junge genieße ich gerade diesen herrlichen Blick in die "Weite".
Von der Hamme zweigt im Bereich Worpswede die Beek in das Gebiet "Breites Wasser" ab. In den seenähnlichen Ausbuchtungen der Beek gibt es große, zusammenhängende See- und Teichrosenfelder, die die Wasserfläche bedecken und weiß und gelb blühen. Bei entsprechenden Lichtverhältnissen ein supertoller Anblick! Das "Breite Wasser" selbst ist leider/zum Glück gesperrt. Wer den Bereich "Beek" mal fahren möchte, sollte das möglichst in diesem Jahr noch realisieren, da die Wasserfläche wahrscheinlich aus Naturschutzgründen nächstes Jahr gesperrt wird und nur noch mit geführten Exkursionen befahren werden kann (dieses verdanken wir den Freizeitpaddlern, die es geil finden, durch die Seerosenbereiche zu "pflügen" und an allen möglichen und unmöglichen Stellen an Land zu gehen). Die Beek darf nur vom 1.Mai bis zum 15. Oktober befahren werden um rastende Zugvögel zu schützen.
Wie in dem Bericht von docook beschrieben, eignet sich die Hamme sowohl für eine Wochenendtour als auch für einen kürzeren Paddeltrip, wo man die Strecke und den Zeitfaktor nach Lust und Laune selbst bestimmen kann.
Da die Wind- und Wetterverhältnisse, die Vegetation und die Motivation (mal sportlich <> mal entpannend) doch sehr unterschiedlich sind ist die Hamme unser idealer "Hausbach", den wir immer wieder gerne befahren. Vielleicht trifft man doch mal den ein oder anderen Paddler.....................
Docook, nochmals danke für Deinen tollen Bericht und den Bildern!
Moin Moin, Zitat: Von der Hamme zweigt im Bereich Worpswede die Beek in das Gebiet "Breites Wasser" ab. In den seenähnlichen Ausbuchtungen der Beek gibt es große, zusammenhängende See- und Teichrosenfelder, die die Wasserfläche bedecken und weiß und gelb blühen. Bei entsprechenden Lichtverhältnissen ein supertoller Anblick! Das "Breite Wasser" selbst ist leider/zum Glück gesperrt. Wer den Bereich "Beek" mal fahren möchte, sollte das möglichst in diesem Jahr noch realisieren, da die Wasserfläche wahrscheinlich aus Naturschutzgründen nächstes Jahr gesperrt wird und nur noch mit geführten Exkursionen befahren werden kann (dieses verdanken wir den Freizeitpaddlern, die es geil finden, durch die Seerosenbereiche zu "pflügen" und an allen möglichen und unmöglichen Stellen an Land zu gehen).
Ein Jammer! Und wieder werden die organisierten,kontrollierbaren,langjährig paddelnden Kanuten mit Bezug zu IHREM Revier mit so einem Todschlagargument weiter reglementiert.Über das Störpotenzial, sich ruhig verhaltender Kanadierfahrer, kursieren sehr kontroverse Annahmen."Die Freizeitpaddlern" sind erst durch geleitete Maßnahmen dort mehr geworden. Ich könnt kotzen (Ende der Aufregung). Viele Grüße docook
wunderschöner Bericht aus der Heimat. Den besonderen Reiz dieses Flüsschens kann man garnicht genug hervorheben. Und eigentlich sollten die lokalen Touristik-Fachleute sich über unseren Besuch freuen. Ansonsten wäre die immer noch recht attraktive Infrastruktur an dem Bach und seinen Nachbargewässern schon längst verschwunden.
ich möchte meine platte Aussage: "die bösen Freizeitpaddler sind schuld das die Beek evtl. gesperrt wird" nicht so als alleiniges Argument verstanden wissen, da es für solche Flussbereiche wie die Hamme unterschiedliche Interessenkonflikte bestehen.
Ich habe heute Luftaufnahmen der Hammeniederung gesehen: Ein wunderschönes Gebiet! Mit EU-Fördermitteln wurden die Hammealtarme renaturiert, ehemalige wassergefüllte Senken wieder ausgebaggert, kurz: ein großes, zusammenhängendes Naturschutzgebiet ist entstanden! Seltene Pflanzen und Tiere sollen in wiedervernässten Bereichen sich wieder ansiedeln und durchziehenden Zugvögel sollen wieder Rastplätze angeboten werden. Der "Naturschutz" möchte uns Menschen (nicht nur Paddler) als größten Schädling am liebsten aus dem Gebiet verbannen, was ich bei einigen Spezies auch gut nachempfinden kann ("Schön das Sie da sind............und nicht hier!"). Die Hamme soll sich in Ruhe entwickeln: kein Wellenschlag, keine Uferbetretungen! Der "Gewässerschutz" möchte Bewegung in der Hamme (Ruder- und bedingt Motorboote), damit die Hammeniederung nicht verlandet sondern schiffbar bleibt. Der "Tourismus" möchte natürlich viele zahlende "Sehleute" zu Fuß, per Fahrrad, oder von der Wasserseite her ins Naturschutzgebiet holen.
Diese drei Positionen gilt es nun unter einen Hut zu bekommen. Dabei kann nur ein Kompromiss herauskommen: gewisse Bereiche bleiben gesperrt; andere Bereiche eingeschränkt; unvermeidliche Bereiche freigegeben! Eigentlich bin ich dankbar für diesen Interessenkonflikt. Es kann nicht einseitig komplett gesperrt, oder einseitig freigegeben werden. Dadurch bietet sich uns die Chance, die Hammeniederung in weiten Teilen auch in Zukunft befahren zu dürfen. Ich freue mich, dass z.B. durch naturverträgliche Rückbauten der Uferbefestigung, die Hamme optisch noch interessanter wird.
Wie schon gesagt: Eine Paddeltour in der Hammeniederung lohnt sich immer (wieder)!
vielen Dank für diese wirklich gute Zusammenfassung. Ich denke, dass wir es hier mit dem immerwährenden Dilemma zwischen Schutz durch Ausgrenzung und Schutz durch verständnisvollen Umgang zu tun haben. Schwer zu lösen. Angesichts der vielen anderen Faktoren wie Tourismus versus Arbeitslosigkeit, absolut einmalig wunderschöne Vorzeigelandschaft versus absoluter Naturschutz zu deren Erhalt, Freizeit- und Erlebnisbedürfnis der Bevölkerung versus Schutz von Flora und Fauna ist eine Region sicherlich gefordert, eine ausgewogene Lösung zu finden. Auch und gerade in dieser Region würde ich angesichts der wirklich hohen Arbeitslosigkeit darüber nachdenken, ob vielleicht eine verständnisvolle Nutzung mit Unterstützung durch "1-Euro-Ranger" nachhaltiger ist, als Betretungsverbote mit wenigen nutzbaren Flächen, die dann um so konzentrierter und nachlässiger betreten werden. Letztlich gilt es auch, eine Nachhaltigkeit in der Bevölkerungsstruktur des Umlandes sicherzustellen. Abwanderung ist seit dem Ende der Torfwirtschaft ein ernstes Thema, dass sich erst durch den Tourismus wieder einfangen ließ. Es war ja auch eine Art intellektuellen Tourismus', der letztlich vor gut einhundert Jahren zur Bildung der Künstlerkolonie in Worpswede geführt und im Vorübergehen einen wichtigen, sehr nachhaltigen Wirtschaftsfaktor im Teufelsmoor implementiert hat.
Wie schon gesagt, ein Dilemma, dessen Abwägung sicherlich nicht einfach ist.