Einige hier haben es vielleicht schon mitbekommen, nach meiner Glaskogenkarte plane ich derzeit eine Kanukarte über das Rogengebiet. Ich bin auch mit dem Zeichnen schon recht weit fortgeschritten, da kommt am Wochenende meine Frau ins Büro und meint, ganz sachlich:
"Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass du mit deinen Karten vielleicht mehr Leute in die Gegend lockst als diese vielleicht verträgt? Darüber solltest du dir klar werden, bevor du weiter zeichnest und viel Zeit, Energie und auch Geld in das Projekt investierst!
Ich: Grübel, grübel, also ich glaube nicht, dass so viele Leute meine Karte kaufen werden, ist ja bei der ersten auch nicht so berühmt, aber du hast Recht, da sollte ich mal drüber nachdenken. Dann kamen so Gedanken wie Besucherlenkung durch den Eintrag von Portagen etc., aber plötzlich war da ein schaler Beigeschmack bei einem bisher voll Enthusiasmus betriebenen Vorhaben...
Wie seht ihr das so?
Bin schon gespannt,
Heinz
Nur zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde Vögel fliegen.
Hallo Heinz! Ich persönlich kann da nur die Strin runzeln! Du bist kein Reiseveranstalter und lockst keine Leute dorthin. Du erleichterst Ihnen nur die Orientierung, was wiederum mithilft, das man nicht wild querfeldein latscht. Somit könnte man Deine Karte auch als Beitrag zum Naturschutz sehen. Ich vermute, dass kaum einer nur wegen Deiner Karte in das Rogengebiet fährt. Auf die Menschenmengen die da hinfahren haben lokale Faktoren sicher mehr Einfluss. Wer hinfahren will - der fährt eben hin. Man muss sich nicht jedes Problem auf die eigenen Schultern laden. Natürlich kann man mit genug Vorstellungskraft zu jeder eigenen Handlung eine schädliche Auswirkung finden. Allerdings muss man sich nicht jeden Schuh anziehen. Wer Bergschuhe herstellt lockt die Menschen vielleicht auch in die Berge. Das trifft aber noch keine Aussage darüber, ob diese Menschen dort Schaden anrichten. Soll der Schuhmacher jetzt aus Gewissensgründen nur noch Hausschlappen machen?
Ich finde Deine Arbeit spannend, interessant und nützlich. Sie hat etwas Pionierhaftes; und Pioniere haben immer schon Gegenredner gehabt. Mach weiter so!
Wenn Du der Natur etwas Gutes tun willst, dann könntest Du Dir ja überlegen, welche Hinweise und Eintragungen in dem Zusammenhang noch sinnvoll wären (Mülleimer, Toiletten, Öffentliche Verkehrsmittel, oder was immer man sich da noch denken kann).
Es ist immer wieder interessant, wie Menschen viele Gründe finden warum andere etwas nicht tun sollten.
Ganz liebe Grüße, Sebastian
- "It's not the equipment!" (Pat Moore) - ...der will nur spielen! Für alle die am Bodensee spielen wollen: http://www.freestylecanoeing.org
danke für deine Reaktion und die Gedanken, die ich mir auch schon in ähnlicher Form gemacht habe. Aber es tut gut, es von jemand anderem geschrieben zu lesen. Ehrlich gesagt hatte ich kein wirklich schlechtes Gewissen, als ich die Glaskogenkarte gemacht habe und ich glaube auch, dass die Infos, die in die Karte eingeflossen sind, viele Leute dazu ermutigen, diese schöne Tour zu machen. Nur ist halt das Rogengebiet einsamer, fast das ganze Areal besteht aus Naturschutzgebieten unterschiedlichen Standards. Allerdings hat Jürgen mir erzählt, und auch meine Recherchen im Inet haben dies bestätigt, dass einige Anbieter aus D diese Gegend bereits in ihr Tourenangebot aufgenommen haben und die Leute in nicht gerade kleinen Gruppen dort durchschleusen...
LG Heinz
Nur zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde Vögel fliegen.
Ich sehe die Abivalenz sehr gut. Kevin Callan argumentiert auf der "This is canoeing" DVD gerade andersrum. Er meint das die Leute die Natur nur schützen wenn sie sie kennen und gern haben und das es sein Beitrag zum Schutz der Natur sei, möglichst vielen Menschen diese Natur (durch Outdoorleben und Kanufahren) nahe zu bringen.
Andererseits ist es halt das Paradoxe am Tourismus, das viel da hin wollen wo's unberührt und einsam ist - und plötzlich ist's da dann gar nicht mehr so einfach. Und dann suchen sich einige wieder was einsameres, dies wird wieder bekannt...
Obwohl ich nicht glaube das dieser Kreislauf beim Kanufahren sich im Moment allzuschnell dreht. Dazu ist das Wanderpaddeln im Moment zu wenig populär.
Falls du die Karte fertig zeichnest gehe ich nächsten Sommer nach Lappland ;-)
danke Heinz, daß Du mal dieses Thema anschneidest und danke Sebastian für Deine aufmunternden Worte.
Mir geht es genauso mit "Isar und Nebenflüssen". Einigemale dachte ich schon daran, das ganze Kartenwerk einzustampfen um nicht noch mehr Leute auf die Isar zu locken. Besonders im Juni/Juli/August, wo sich Hunderte ohne alle Kenntnisse im Badeschlauchboot hinunterschwemmen lassen, kommen mir Zweifel an meinem Angebot - man fühlt sich fast als Mittäter.
Ich bin gespannt, wie die Meinung hier so ist. Morgen fahre ich erst mal ... an die Isar. Grüße aus dem bayrischen Oberland Christian
Hallo Heinz, ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Nach der Logik Deiner Frau wären dann auch Reiseberichte, Foren usw. wenig "umweltverträglich". Mit Karten und Infos lockst Du niemand ins "große Abenteuer". Das machen Veranstalter, die Lagerfeuerromantik und Abenteuer zum Aufwand und Risiko eines "All inclusive-Urlaubs" propagieren. Wer seine Tour selber denkend und individuell plant, braucht eine Karte, wer alles fertig bucht, überläßt die Planung anderen ...
Wir hatten diese Problematik schon vor einigen Jahren im Offroadtourenbereich. Dort hat sich diese "Logik" dann leider auch bewahrheitet. Nachdem die diversen Tourenführer & Reiseberichte erschienen sind wurden die Westalpen (Italien/Südfrankreich) förmlich überrannt. Dies hatte aber auch mit dem Trend zum SUV/Geländewagen zu tun. Heute sind etliche der schönsten Strecken in den Alpen gesperrt.
Bei unserem schönen Sport habe ich diese Befürchtungen eigentlich nicht, da sich meines Eraschtens kein "Individuellmassentourismus" im Canadier/Kajak entwickeln wird. Du weißt selber, welcher Aufwand auch trotz gutem Kartenwerk für so eine Tour anfällt. Vielleicht kommen durch Deine Karten einige "Neulinge" auf den Geschmack, die kommen m.E. aber eher aus dem "Outdoor/Trecking/Rucksackbereich" die den richtigen Umgang mit der Natur eh schätzen.
Und der "Massentourismus Kanu", der kommt von den Kanutourenanbieter gegen die ein Nichtproduzieren Deiner Karten machtlos ist. Wenn die kommen, dann kommen sie, da hast du eh nkeine Change....
Moin Heinz Hab mir ein paar Gedanken gemacht und mich innerlich von der Ecke als echte Wildnis verabschiedet, sehe das bisher geschriebene recht ähnlich. Du fertigst über den Rogen eine Karte über ein mittlerweile regelmäßig touristisch genutztes und erschlossenes Gebiet, ich sehe da nichts verwerfliches. Machst Du es nicht, tuts ein Anderer. Wir werden schon eine neue Wildnis finden. Ende 1960 anfang 1970 wurde die erste große Fliegenfischerhütte am Rogen gebaut und an der Röa bin ich damals auch schon über Hamburger beim Fliegenfischen gestolpert, die Wege mit den roten Alukreuzen existierten dort auch damals schon. Es gibt noch genug ganz wilde Ecken, sicher so viele, dass ich sie in meinem Leben nicht mehr auf dem Wasser erfahren oder zu Lande erlaufen kann. Würde mich freuen, wenn dich die Worte dazu ermuntern, weiter zu machen, mit Freude und nicht mit einem schlechten Gewissen. LG Jürgen
PS: Wenn ich in fortgeschrittenerem Alter mal wieder auf den Rogen möchte und ich noch seniler bin als es jetzt schon der Fall ist, werde ich bestimmt froh sein, von Heinz Amler die 5te Neuauflage zu erwerben.
umweltsäue benutzen deine karte bestenfalls um bequemer rum zu sauen, falls die überhaupt eine brauchen, sauen tun die aber auf jedenfall. die liebhaber der natur nutzen deine karte sicher nicht zum schaden der selbigen. die karte dürfte auch nicht mehr in den bush bringen, das ist ein zeitgeistproblem, kein kartenproblem. moose
wenn das deine Mission ist, mach weiter. Tourenberichte und Fotos sind sicher stärkere Motivatoren als Karten.
Um noch einen neuen Gedanken zu den anderen Meinungen (die ich teile) bei zu steuern: Die Summe der Menschen, die mit dem Paddel in die Natur möchten wird in den nächsten Jahren gleich bleiben. Ich glaube nicht, wir lösen mit Karten oder Tourenberichten eine Outdoor-Welle aus. Also wird das ein Gebiet vielleicht mal stärker besucht, dafür das andere Gebiet dann weniger.
... Nicht das Werkzeug ist gut oder böse, sondern das, was man damit tut ...
Es gibt einige Werkzeuge, mit denen man sehr wenig gutes anfangen kann - Deine Karte zählt sicher nicht dazu.
Mir bleibt auch manchmal ein schaler Beigeschmack, wenn ich jemandem eine 'unberührte Ecke' empfehle. Letztendlich sorge ich damit dafür, dass sie wieder etwas mehr berührt wird. Für diesen Gegensatz habe ich (für mich) auch noch keine Lösung gefunden. Wahrscheinlich gibt es auch keine. Vielleicht gibt es aber auch gar kein wirkliches Problem...(?)
Zitat Mir bleibt auch manchmal ein schaler Beigeschmack, wenn ich jemandem eine 'unberührte Ecke' empfehle.
Wenn man das konsequent weiterdenkt, dürfte man nicht nur einen unberührten Flecken nicht empfehlen, man hätte dort auch selbst nichts verloren. Vom eigenen Standpunkt aus wollen die meisten Menschen ja ein Riesenstück Land für sich alleine haben. Das ist genaugenommen ziemlich egoistisch. Es stört mich eigentlich nicht, wenn mir unterwegs Menschen begegnen, solange sie sich mit angemessenem Respekt gegenüber der Natur und ihren Mitmenschen verhalten. Da gibt es durchaus auch nette Begegnungen. Auch zu Voyageurszeiten waren die Menschen nicht alleine auf dem Fluß - im Gegenteil. Wenn man bedenkt, das da schonmal 50 great caneos gleichzeitig unterwegs waren, war in den entlegenen Ecken früher sicher mehr los. Was mich stört, ist wenn die "große blaue Kathedrale" verbaut, vermüllt und unnatürlich verändert wird, oder wenn Menschen sich laut schnatternd durch die Gegend bewegen als konsumierten sie einen Besuch im Zoo oder Erlebnispark, wo sie überall ein Anrecht auf Toiletten, Imbissbuden, Mülleimer, Grillstellen und Sitzgelegenheiten hätten. Das schadet der Natur vielleicht nicht mal so sehr, aber allein das Wahrnehmen dieser Ignoranz, fordert dann doch oft alle Toleranzfähigkeit die ich aufbringen kann. Vermutlich trifft das aber auf das Rogengebiet noch lange nicht zu.
Nachdenkliche Grüße, Sebastian
- "It's not the equipment!" (Pat Moore) - ...der will nur spielen! Für alle die am Bodensee spielen wollen: http://www.freestylecanoeing.org
Ich mache mir viel mehr Sorgen um die Flüsse vor der Haustür. Wenn wir auf unserer ( Un-)Kulturlandschaft besser aufpassen, müssen wir nicht 1500 km und mehr fahren um endlich "unberührte Natur" zu genießen und diese - und alles dazwischen - damit zu beeinträchtigen.
Wenn sich alle an Salza und Soca drängen, fühle ich ( Egoist ) mich auf der Gurk wie im Paradies. Bitte keine Karte davon! Wäre auch sinnlos. Der Abschnitt ist kaum 15 km lang und vom richtigen Wasserstand abhängig. Etwas zuviel und es wird gefährlich, etwas zu wenig und Du treidelst die größte Strecke. Für "Kommerz" fällt das aus.
Heinz: Gute Karten sind für mich an sich schon wertvoll.
In der Schädlichkeitsrangliste von 1 bis 10 000 schaffst Du es nicht in die Wertung, in der Nützlichkeitsscala - für den der die Karte nutzt - aber unter die top 10! Es liegt in der Hand jedes Einzelnen, was er damit macht. Ein Hinweis auf umweltverträgliches Verhalten wird jene bestärken, die daran interessiert sind.
Für alle anderen sind dann gesetzliche Einschränkungen ... nötig, die dann wieder auch die ersteren treffen.
Dann brauchen wir Karten von hinter dem Ural .. der Anfflug wird leider wieder ein wenig weiter... und so weiter...
Ich glaub, ich krieg Fernweh ... es ist ein Teufelskreis!
moin Heinz ich sehe eine Karte/speziell jetzt auch Deine als ein wichtiges Steuerungsmittel an, um die "Wege in die Wildnis" zu lenken. Es gibt meiner Ansicht nach viele Leute, die sich auf Grund des Kartenbildes orientieren und sich auch entsprechend dann in der Gegend bewegen. Und wir sollten uns auch an die vorgegebenen Wege halten, tun wir es nicht stören, wir den Rest der ver- bliebenen "Wildnis". In meiner Arbeit für den Artenschutz habe ich selbst immer ein Unbehagen, wenn ich auf Grund von Ausnahmegenehmigungen mal in Ecken schauen darf/muss, wo "ottonormalverbraucher" nicht hin kann.
Und zum Glück gibt es selbst in unserem dicht besiedelten Land noch kaum berührte Ecken, was ich jetzt gerade wieder hier im Saale- Unstrut Tal feststelle. Ma muss bloß die Augen aufhalten und die richtige Karte dabei haben:-) Heinz mach weiter so Gruß Albert