Liebe Paddelfreunde, letztes Wochenende gab es mal wieder ein herausragendes Paddelerlebnis, zumindest aus meiner relativ bescheidenen Sicht. Nein, ich meine nicht das 2. Holzkanadiertreffen im schafskalten Ritterhude (da hätten wir mit Aluspanten und PVC-Haut sicher nicht so richtig reingepasst), sondern die Spree unterhalb der Talsperre Spremberg. Dank einem Tipp im Faltbootforum wussten wir, dass die TS für Bauarbeiten abgelassen wird. Ein Anruf in der Außenstelle des Landesumweltamts brachte Gewissheit. Wir konnten mit 35 m³/s rechnen. Dass es sich um eine ganz besondere Abflusssituation handelt, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass für die nächsten Jahre normalerweise überhaupt keine Hochwässer aus dem Oberlauf bis zur TS Spremberg gelangen. Grund ist die Wiederauffüllung der riesigen Oberflächen- und Grundwasserdefizite im Braunkohlengebiet oberhalb Spremberg. Alle Hochwasserspitzen gelangen in die Tagebaurestlöcher. So könnte es also noch jahrelang (Jahrzehnte?) dauern, bis mal wieder die Talsperre abgelassen werden muss, oder bis das erste Hochwasser seinen Weg talabwärts findet, nachdem die Restlöcher geflutet sind. Die Spree ist an sich ein ganz normaler Tieflandfluss, der sich in der Niederlausitz durch flache, sandige und relativ dünn besiedelte Landschaft schlängelt. Leider wurde dieser Fluss, wie so viele hierzulande, auch begradigt sowie die Ufer befestigt. Damit das in dem lockeren Sand nicht rasch zur Eintiefung des Flusses führt, hat man alle paar hundert Meter bis wenige Kilometer entfernt Sohlschwellen in den Fluss gebaut. Bei Mittel- bis Niedrigwasser sind ein Teil dieser Sohlschwellen befahrbar, ein Teil muss umtragen werden. Alle paar Kilometer umtragen, das würde ich mir wahrscheinlich nicht gerne antun. Mit Paddlerunterstützender Infrastruktur (zB geeignete Aus- und Einsatzstellen) muss man in der Gegend auch nicht rechnen. Mit dem zZ hohen Durchfluss von 35 m³/s ist der Fluss bordvoll, an wenigen Stellen auch darüber. Damit lassen sich jetzt alle Sohlschwellen zwischen TS Spremberg und dem Spreewald befahren, ohne dass man unbedingt Grundberührung befürchten muss! Super. Wir also Freitag abend nach Bräsinchen, dem günstigen Einsatzort gleich unterhalb der Talsperre. An der Fahrradbrücke nördlich des Ortes konnten wir bequem aufbauen (Bild 2). 50 m weiter rauschte bereits die erste der insgesamt 4 größeren Sohlschwellen (Bild 1). Ich war schon überrascht von der hohen Fließgeschwindigkeit, der Wasserwucht, und den hohen spritzigen Wellen. Da haben wir zur Übung erst mal ein paar Abfahrten ohne Gepäck gemacht. Am Start waren ein Ally Solo und ein Feathercraft K-light. Ohne Gepäck besonders kipplig. Erster Versuch mit Doppelpaddel: spaßig, aber irgendwie kam ich damit nicht besonders gut zurecht. Jedenfalls sah ich mich schon mehrfach fast im Wasser (ihr müsst die Stelle mal in Zeitlupe anschauen). Die Paddelstütze klappte mit Stechpaddel besser (keine Angst, das Doppelpaddel fand seinen Einsatz natürlich später doch noch, aber auf den Geraden). Heftig waren auch die Schärfe der Wirbel und Kehrwässer an dieser Schwelle. Der K-light ist noch deutlich kippliger, und fiel auch gleich beim ersten Versuch um. Aber das war kein großes Malheur. Wenige Meter weiter kam alles wohlbehalten wieder an Land. Wir sind natürlich vorsorglich nackt gepaddelt, so dass auch keine Sachen zu trocknen waren. Gleich unterhalb ließ es sich auf einer gemähten Wiese gut übernachten. Der nächste Tag, der Samstag, sollte uns neben etlichen kleineren Sohlschwellen, die man ohne vorherige Besichtigung überfahren konnte, wieder 2 große Schwälle bescheren. Aber so weit war es noch nicht. Die Insel Höhe Neuhausen sind wir links gefahren. Rechts ist ein richtig ekliges Wehr. Schon unter der Brücke, zZ Baustelle, kann man hängenbleiben, jetzt viel zu niedrig für Paddler und die Bewehrungseisen spießen einen auf. Die möglichen Ausstiegsflecken sind unangenehm. Links an der Insel entlang musste zwar zu Beginn auch ein Wehr umtragen werden, aber die Strecke danach bis zur Wiedervereinigung war sehr schön und sehr schnell (Bild 3). Nicht in den Büschen verfangen - fast wäre die Brille weg gewesen. Aber zufällig fand sie sich später dann doch noch in den Haaren hängend ;-) Der nächste große Schwall erwartete uns an einem Spree-Knick zwischen Frauendorf und Gallinchen. Wir haben ihn besichtigt und sind dann beide Boote mit Gepäck runtergefahren. Nur Kamera, GPS und Ausweise blieben an Land. Hier musste man nur aufpassen, dass einen die schnelle Strömung nicht rechts in die Bäume zieht (Bild 4). Ging aber beide Male gut. Danach kamen zwar weitere kleinere Schwälle, aber die waren kein Problem, einfach drüber ohne Anhalten. Anhalten mussten wir dann aber doch bei den nächsten Wehren. Bis zum nächsten schönen großen Schwall hinter Cottbus sind 4 Wehre zu umtragen. Immerhin gibt es bei Dreien bereits Stege bzw. Treppen zum Aus- und Einsetzen. In Cottbus geht es ziemlich flott voran. Untrügliches Zeichen dafür, dass man sich bereits in Cottbus befindet, sind die unsanierten Plattenblöcke aus DDR-Zeiten links und rechts. Dann gibt es doch noch einen kurzen direkten Kontakt mit der Stadt: am Eiscafe direkt am Ufer (Bild 5). Der nächste schöne große Schwall ("Höhe Skadow") kommt 400 m nach der Brücke Lakomaer Chaussee. Spätestens an der Kurve hört man ihn donnern. Das bedrohliche Geräusch gemahnt zur Besichtigung (Bild 6). Der Weg dahin, auf Google Earth gut zu sehen, stand weitgehend unter Wasser. Auch hier kamen beide Boote heil runter. Nur mit den Filmchen haperte es etwas. Nun war es schon nach 7. Wir paddelten noch 2 km weiter, um dem Rauschen zu entkommen und fanden einen schönen Platz am rechten Ufer, wo man die Abendsonne auf dem Deich genießen konnte. Schöne Eichen, so seitlich von der Abendsonne beschienen. Gegenüber trällerte der Drosselrohrsänger, ab und zu kam eine Flussseeschwalbe und Reiher vorbei, und einige unbekannte Vögel ließen sich auch hören (Bild 7). Bei Sonnenuntergang noch ein besonderes Erlebnis. Hoch über dem Fluss stand einige hundert Meter stromauf eine wabernde "Rauchsäule" aus dicht an dicht herumschwirrenden Mückenleibern. Ich habe so was noch nie gesehen, kenne das nur aus der Literatur, und würde gerne wissen, ob man heutzutage so etwas in manchen Gegenden noch regelmäßig beobachten kann. Der nächste Tag startete gleich mit der letzten großen Sohlschwelle Höhe Döbbrick. Auch diese haben wir uns angeschaut (Bild 8) und ein paar gefährdete Kleinigkeiten rausgeräumt (wir sind da immer noch nicht durchgehend perfekt wasserdicht ausgerüstet). Mit dem Ally bin ich dann gut rübergekommen, aber mit dem K-light hats mich letztendlich auch erwischt ;-) plitsch platsch (Bild 9). Aber wieder kein Problem, an Land das Wasser ausgekippt, und weiter gings. Die warme Sonne tat das Übrige. Zwischen Döbbrick und Fehrow geht es jetzt durch einen erst kürzlich renaturierten Abschnitt. Der sah zT wirklich sehr schön aus jetzt (Bild 10). Der Fluss verzweigt sich während Hochwasser und fließt ab und zu mehrfach parallel. Jetzt bei Hochwasser konnten wir uns aussuchen, welchen der verschiedenen Fließwege zu fahren (Bild 11). Es handelt sich um das bisher größte Renaturierungsvorhaben in Brandenburg. Die Sohlschwelle, die hier bei Christoph Moder zu sehen ist, haben wir überfahren, ohne sie explizit zu erkennen. Das ist immerhin die einzige, die einen Kanupass spendiert bekommen hat. Bei 35 m³/s konnte man sie einfach so runterfahren. Wie es vor der Renaturierung aussah, kann man dann ab Fehrow studieren. Geradlinig durch die Landschaft gelegte Kanäle, ein bischen Vorland, dann Deiche links und rechts. An der Verzweigung Nordumfluter-Hauptspree musste dann noch einmal ein Wehr umtragen werden, und dann waren wir auch schon in Burg. Von dort kommt man auch Sonntag nachmittag ganz gut zum Auto in Bräsinchen zurück (alle 2 h Bus 47 und OE65). Die Sohlschwellen haben wirklich viel Spaß gemacht. Ich habe ja nicht so viel Erfahrung mit Wildwasser, so dass das mal eine richtig gute Gelegenheit war. Wenn wir nicht nächstes WE anderes vorhätten, würden wir glatt noch mal hinfahren ;-)
Gruß Michael
hier ein zusammengefasstes Filmchen mit Ausschnitten von allen 4 großen Sohlschwellen: http://www.youtube.com/watch?v=fHd_Nt9AMoA Die Bildqualität ist nicht so berauschend (Olympus C5050 von 2002). Aber dank Mp4Cam2AVI konnte ich wenigstens diese Schnipsel verlustfrei zu einem Gesamtfilm kombinieren (nicht geschnitten, nur zusammengesetzt).
Gestern noch einmal an der Spree - aber nur am Spreeknick bei Frauendorf, den ganzen Tag die Schnelle runterdonnern und wieder rauftragen. Das LUA Bandenburg versprach diesmal 40 m³/s. Wir fuhren im Zweier, im Ally Tour. Die Spritzdecke wurde gleich zu Hause gelassen, denn wenn schon denn schon will man ja auch ein bissl nass werden ;-)
Da werde ich glatt neidisch. Sieht nach einem ziemlich tollen Spaß aus, den ihr hattet. Und das Lächeln in die Kamera ist fast so perfekt wie bei den McGuffins. Vielleicht etwas autentischer.
Alos, as ist genau das, was ich hier in der Region suche... Wo guter Wein wächst, ist schlecht paddeln... Zumindest im Sommer.
ja, das hat Spaß gemacht. Natürlich waren es nur 50 m Wildwasser, eine Fahrt etwa 120 m lang. Aber wenn man die richtige Linie fährt, immer auf den höchsten Wellen, das hatte schon Wucht. Nur einmal sind wir zu weit nach rechts geraten, wo die schnelle Strömung unter die Bäume am rechten Ufer schießt. Pro Fahrt waren dann immer zwischen 2 und 15 L Wasser zu entsorgen. Und durch das Umtragen blieb man warm ;-)
Wer auch Lust hat auf eine flotte Spreefahrt, der hat jetzt wieder die Chance. Die Abgabe aus der Talsperre Spremberg wurde am 30.09.2010 um 8.30 Uhr von 50 m³/s auf 65 m³/s erhöht.
Hallo! wie ist das denn in frauendorf? ich wollte mal im frühjahr mit dem ally ein wenig das handling im ww probieren. hat man dort ständig leichtes ww? oder muss man warten, bis da mal die sperren geöffnet werden? gruß nico
Tja, das weiß ich auch nicht. Ich glaube normalerweise, bei Niedrig- und wohl auch bei Mittelwasser, gibt es dort keine befahrbare Schnelle. Hochwasserzeiten sind gerade im Sommer immer nur für wenige Tage seltene Ereignisse. Deshalb war das ja auch so eine besondere Situation, bei der man schnell reagieren muss. Im Moment haben wir so etwa 21 m³/s, etwas über MQ Januar. Das mag schon ausreichen. Wir waren da bei ca. 35 und bei 40 m³/s.
Hallo Leute, es ist wieder soweit: Die TS Spremberg lässt bald 30 cbm/s und mehr ab. Damit beste Bedingungen für Wildwasserfahren auf den Sohlschwellen.
danke, daß du diesen älteren Beitrag noch einmal hervorgeholt hast. Er war mir bisher entgangen. Ganz schön spritzig, was ihr da mit euren Faltern paddelt
Gruß, Stefan __________________________________________________ Stark und groß durch Spätzle mit Soß'