Hallo, zunächst möchte ich mich ganz kurz vorstellen da ich neu im Forum bin. Bis vor kurzem hatte ich noch ein Alsterkanu der Kroes Werft ( HH) welches ich in der schönen Hansestadt bewegte. Nach einem Großbrand der Lagerhalle ist nun leider nur noch Asche übrig. Nun habe ich wieder einen Holzcanadier gefunden. Sie (Irmi) stammt von der Söhnle Werft (Berlin), ist und war aber abweichend von den Junior und Senior Modellen nie mit Canvas bespannt, hat sehr schmale Spanten ( ca. 2cm breit) und achtern eine fest eingebaute Sitzfläche unter der sich ein verschließbares Staufach befindet. Außerdem kann man auch ein Ruderblatt am Heck befestigen. Sie befindet sich in einem bemerkenswerten Originalzustand den ich sehr gerne bewahren möchte. Jetzt zur Frage. Sowohl im Bug- als auch im Heckbereich sind die Planken locker. Wie und wo sind diese befestigt? Nieten? Nägel? Zuerst dachte ich das sie mit der gegenüberliegenden Planke verbunden/ durchgenietet sind. Das ist aber nicht so. Kann jemand die Fragen beantworten und weiß auch einen Rat wie ich die Planken fest und wieder dicht bekomme? Beste Grüße aus dem Norden
Wenn das gute Stück nie mit Leinwand bespannt war und offensichtlich nicht geklinkert ist, wie ist es dann abgedichtet? Von amerikanischen Booten kenne ich überlappende auf halbe Stärke gehobelte Planken, das sieht auf dem Foto ja aber nicht so aus.(Keine Nägel entlang der Plankenkanten.)
Zum eigentlichen Problem, wenn die Planken eh lose sind, kannst du ja mal vorsichtig ein paar von den Nägeln raus ziehen, dann ist die Länge und größe der Nägel schon mal klar. (Da ich dein handwerkliches Geschick nicht kenne: Auf solchem Holz muss eine Beilage unter den Nagelzieher.)
Edit, da eine Nachfrage per PN war was das soll, meine Erklärung. Wenn der Nagel okay ist, dann ist das Holz darunter rott. Wenn der Nagel durchgerostet ist, könnte das Holz noch gut sein. Die Zweite Variante ist eher unwahrscheinlich. Das heißt man muss das Boot vorne und hinten öffenen und neue Leisten an Bug und Heck einbauen, was sehr aufwendig ist.
Moin Moin, danke für die Tipps. Zunächst mal zu Dichtigkeit. Mein altes Kroes Kanu war Leistengeplankt, ohne Canvasüberzug. Einfach nur Leiste an Leiste, keine Schäftung o.ä. Nach einem trockenen Winter konnte man Licht durch die Spalten sehen. Das zog sich aber nach 2-3 Touren wieder völlig dicht. Denke (hoffe) das das hier auch so sein wird. Leider scheinen das an den Plankenenden keine Nägel zu sein. Die „Kupferdinger“ sitzen locker, so mit ca. 5mm Spiel, weigern sich jedoch hartknäckig herausgezogen zu werden. Kann man das ggf. nachnieten? Wie hält man dann aber gegen. Auf der anderen Seite ist ja auch eine Planke? Außerdem bleibt ja die Frage, warum sind die jetzt locker?
Keine Bespannung ist bei der Bauart ungewöhnlich, dass es überhaupt dicht wird ist überraschend.
Es gibt ja zwei Bauarten von Holzbooten, lebendes Holz und totes Holz. Lebendes Holz will immer schön feucht gehalten werden und hat tausende Jahre funktioniert. Birkenrindenkanus zum Beispiel hat man im Winter gern eingegraben, feucht und kein Frost. Seitdem es günstige Lacke gibt, kann man das Holz auch trocknen und durch den Lack trocken halten. Mit Lack geht das so lala mit Epoxi perfekt. Problematisch ist jeder Mix zwischen trocken und feucht. Man kennt das vom Wäschepfahl, in der Erde und an der Luft gut, aber an der Grenze Erde-Luft weggegammelt.
Aufquellen zum abdichten und gleichzeitig auf den Fotos sichtbarer Lack, da könnte das Holz strukturelle Schwächen haben. Lassen sich die Kupfernägel im Steven nicht heraus ziehen, sitzen aber auch nicht fest, so könnte die Leiste dahinter komplett verrottet sein.
Da das Boot komplett gelackt ist könntest Du ohne viel zu riskieren mal mit einem kleinen Bohrer durch Planke und Leiste bohren um die Holzfestigkeit zu prüfen, oder halt einen Nagel mit "Gewalt" rausziehen. So oder so ein kleiner Schaden.
Aber nur wenn du die Festigkeit der Stevenleiste kennst, kannst Du die weitere Reparatur planen.
Im Winterlager achtet man bei feuchten Booten stets darauf, dass das Holz nicht zu sehr trocknet, weil die Verbindungen davon ausleiern. Feuchte Tücher unterm Boot oder ein Wasserzersteuber sind bei Holzbooten gute Praxis.
Moin Nordlicht-66, "früher" war ich mal Jollensegler und als Solcher hatte ich unter anderem eine Olympiajolle. Die Beplankung sah ähnlich aus wie bei deinem Kanu. Die Planken waren mit Messingschrauben an den Spanten verschraubt. Jede Schraube war in einem kleinem "Loch" von ca 6mm Durchmesser versenkt, welches dann mit Konusplättchen verschlossen wurde. Eine Bespannung gab es da auch nicht, nur Lack.
wenn ich mir Dein Bild so anschaue und Deine Beschreibung lese sieht es für mich danach aus als wäre am Steven Wasser /Feuchtigkeit eingedrungen und hat dafür gesorgt dass die Substanz in der die Planken festgenagelt sind verfault ist. Habe mir erlaubt in einem Screenshot von Deinem Bild rumzumalen 😊 Schaue ich mir in den Reflektionen in der Lackoberfläche an (blaue Markierung) meine ich eine gleichmäßig karierte Struktur zu erkennen - deutet für mich darauf hin, dass hier vielleicht schon mal mit Glasgewebe stabilisiert wurde. Interessanterweise ist entlang der Plankennägel (zwischen den grünen Markierungen) eine Trennlinie bzw ein relativ harter Übergang von gutem zu schlechtem Holz - hier ist das Glasgewebe bzw. Epoxy wahrscheinlich zu Ende und der Steven wurde ausgelassen. Ich denke wenn man es wieder richtig hübsch haben möchte wird man nicht umzu kommen den Steven auszutauschen (Nägel raus und versuchen den Steven möglichst intakt auszubauen um eine passende Replik anzufertigen). Wenn es nur funktional werden soll helfen Epoxydharz, ggf Glasgewebe und Lack...
Moin Christoph, ich habe im März einen Söhnel Senior in Berlin gekauft. Allerdings mit Canvas bespannt. Habe ihn fast 3 Monate aufgearbeitet (auch Beiträge in diesem Forum). Ich hatte sehr guten Kontakt zu Andre Riessler - www.holzstoff.com. Der kann Dir evtl auch sagen, ob, nach entsprechender Vorarbeit, eine Canvas-Bespannung möglich/sinnvoll ist oder nicht. Und er macht Dir sicher ein gutes Angebot dafür. Er macht nämlich noch diese Arbeiten. Es gibt auch noch Thomas Braun - www.thomas-braun-kanu.de. Er weiß auch alles und macht das eigentlich auch, hat aber nicht die breiten Canvasbahnen für einen Senior. Zu Deinem Schicksal kann ich sagen, dass wir unseren Söhnel schon bei Gustävel angemeldet hatten und auch einen Platz hatten. Im letzten Moment sind wir zu Silwar an die Alster gegangen. Tja, das war einfach nur Glück. Sonst wäre unser jetzt auch weg! Grüße Manfred Timm
hatte jetzt mal Zeit mich etwas intensiver mit dem Steven zu beschäftigen. Zunächst mal zu dem „GFK Muster“. Zum Glück war es kein GFK. Hier hatte der Vorbesitzer mit „Panzertape“ eine provisorische Abdichtung herbeigeführt. Nach 10 Jahren auf dem Dachboden ist der dann abgefallen und nur das Klebemuster geblieben. Bei den „Kupferdingern“ handelt es sich um Nägel welche man vorsichtig herausziehen kann. Das Holz des Inneren Stevens scheint noch fest zu sein. Werde also versuchen die alten Nagellöcher zu schließen und dann die Planken neu zu vernageln. Apropos Planken. Dies haben so etwas wie „Nut und Feder“. Sind also nicht stumpf an stumpf wie bei einer Kraweelbeplankung. Darüber hinaus ist auf der Außenseite in den Spalten ein Baumwollfaden eingelegt, der jedoch nur noch ab und zu vorhanden ist (Auf dem Bild guckt er etwas unscharf aus der Fuge). Kennt jemand diese Bauart und ggf. wie man die repariert (originalgetreu)? Beste Grüße Christoph
Hallo Christoph, der Hinweis auf den Baumwollfaden war´s: dieser Faden wurde damals in die von Dir beschriebene Nut (sogen. "Shiplap-Joint") eingelegt und sollte sich beim Lackieren des Bootes dann Vollsaugen und damit die Dichtigkeit herstellen. In Peterborough/ Ontario wurde diese Bauweise entwickelt und dort dann von der Wood-Canvas-Bauweise abgelöst. Dort hatte man noch zusätzlich, bereits beim Bau, diese Wollfäden vor dem endgültigen Montieren der einzelnen Planken, diese Joints und den Faden mit Shellack verklebt. Jörg Wagner
da passt jetzt vieles zusammen. Werde da weiter recherchieren. Habe von der Bauart noch nie gehört. Bin auch dankbar für jede weitere Information. Wenn irgendwie möglich möchte ich das Söhnle auch möglichst originalgetreu restaurieren. Nochmals vielen Dank,
Shiplap-Joint ist ja schon mal ein ziemliches Highlight. Anders als bei Nut und Feder ensteht bei Shiplap-Joint keine "Wassertasche" unter der Feder, außerdem behält man die halbe Plankendicke und nicht nur ein Drittel. Wie schon geschrieben kannte ich das bisher nur von amerikanischen Booten.(War ja in der Herstellung auch irre aufwendig.)
Wichtig für diese Art der Fuge ist ihre Beweglichkeit, angefangen damit, dass man beim Einbau gut Luft zwischen den Brettern lässt -> heißt auch Nickeljoint, weil man bei Häusern jeweils eine Nickeldicke Abstand zwischen den Stößen macht.
Den beschriebenen Schellack solltest du Dir nicht wie üblich vorstellen, also nicht hart und spröde, sondern mit allerlei geheim Mixturen, nach Erfahrung des Bootsbauers eher elastisch (edit: siehe Korrektur dazu von Jörg Wagner im nächsten Post). Nicht ganz so wie Bitumen beim Kalfatern, aber die Richtung.
So oder so, ist es auch mit heutigen Möglichkeiten schwierig solch eine Verbindung abzudichten. 2mm Fuge +/-1mm würde Sikaflex zwar hergeben, nur muss man es schaffen, dass das Dichtmittel nicht am Fugengrund festklebt, sonst entsteht ein Riss an der Ecke zwischen beiden Planken und bei all diesen Materialien gehen Risse immer weiter.
Dein Problem mit den losen Kupfernägeln ist auch nicht ganz so einfach. Kupfernägel sind ja heute selten, es fehlt also Erfahrung und es könnte auch kein reines Kupfer sein, vieleicht Rotguß. Leimt man jetzt Dübbel in das Holz, kann man sich nie sicher sein, ob der Leim PH-neutral im Holz abbindet und wenn nicht wie das "Kupfer" darauf reagiert. Zusammen mit Wasser und dem was eh im Holz ist, können da überraschende chemische Prozesse stattfinden. Epoxi wäre schön neutral, würde einem in dem Bereich aber überall hin kriechen und die Elastizität der Verbindung total verändern. Ich würde mal mit einer Heißkleberfirma (z.B. Bühnen) sprechen, die Kleber sind neutral und bleiben recht elastisch, außerdem lassen sie sich mit Wärme auch wieder lösen. Also die Nägel im vorhanden Loch mit Heißkleber einkleben, dazu wird man Loch und Nagel vorwärmen müssen. Hierzu habe ich aber keinerlei persönliche Erfahrung.
Hallo Andreas, das mit der Elastizität von dem eingesetzten shellack ist so nicht ganz richtig. Es ist z.Bsp. bekannt, dass man beim Restaurieren alter Rushton-Boote sich oft beim Versäubern der Joints seine Stecheisen ruiniert hatte, weil dieser shellack so extrem ausgehärtet war, da war nix mit Elastizität. zu Zeiten, als es noch keine wasserresistenten Leime gab, war diese Art der Abdichtung bei dünnernn Leistenplanken absolut üblich und fast die einzige Möglichkeit, Wasserdichtigkeit zu erzeugen. Diese Bootrümpfe galten als außerordentlich steif und spröde und wurden auf bewegtem Wasser deshalb sehr vorsichtig behandelt, die Rushtons galten darüberhinaus als legendär nahtdicht und Bewegung in den Plannähten würde dann gelegentlich zum Aufbrechen dieser Verleimungen führen Jörg Wagner
@Jörg Wagner Vielen Dank für die interessanten Infos. Ich habe gedacht, die crispen Nahtdichtungen wären eine unerwünschte Alterung. Schellack im Geigenbau wird ja seit Jahrhunderten recht dauerhaft auf eine bestimmte Elastizität eingestellt. Ich hatte vermutet das der Kontakt mit Wasser das bei Booten schwieriger macht.
So oder so, würde ich mir heute kein Boot wünschen, das so spontan und spröde seine Dichtigkeit aufgibt, wie ich Schellack in der Werkstatt erlebe.
Hallo Andreas, damals gab´s nichts Besseres, aber auch in der Instrumentenpolitur wird da nix eingestellt (ich bin da quasi vom Fach), je reiner der shellack umso besser. Es wird lediglich, wenn der Polierballen "nicht läuft" mit einem nadelkopfgroßen Tröpfchen Polieröl , direkt auf den Ballen aufgebracht, nachgeholfen. BTW, im Geigenbau wird eher Öllack verwendet, kein Shellack. Jörg Wagner
ein ganz herzliches Dankeschön an die Expertenrunde. Das sind Informationen die ich wie ein trockener Schwamm aufsauge. Habe im Internet nur ganz wenig über Shiplap-Joint und auch nicht so richtig viel über die „nackten“ Rushton Boote gefunden. Gibt es da weiterführende Literatur/Informationen? Herzliche Grüße.
Hallo Nordlicht, "Rushton and His Times in American Canoeing" wäre DAS Buch: ISBN 0-8156-0141-7
Wenn Du im Norden wohnst : nächstes Jahr zu Pfingsten bin ich mit Ralf und Tine in Bremen, dort machen wir ein Freestyle-WE, wäre ein netter Anlaß, sich mal zu treffen und auszutauschen. Happy paddling Jörg Wagner
Zitat von Jörg Wagner im Beitrag #17..., aber auch in der Instrumentenpolitur wird da nix eingestellt (ich bin da quasi vom Fach), je reiner der shellack umso besser.
Ich hatte nicht an die Oberfläche*, sondern an den Einbau der Einlage gedacht. Diese verändert ja die Kopplung zwischen Decke und Seitenwand. Dort meine ich wurde mit modifiziertem Schellack geleimt(sonst ja mit Knochenleim). Leider hatte ich das Buch in dem ich es gelesen habe nur geliehen. Vielleicht findet sich ja ein Geigenbauer hier im Forum der dazu etwas schreiben könnte.
*Allerdings machte in der trivial Journalie vor Jahren ja die Runde, das Stradivari Urin in seinen Lack getan hätte - wie auch immer - abwegig ist Harnsäure in der Grundierung nicht.
Die Thema bezogene Erkenntnis ist vielleicht, dass sich viele Herstellungsprozesse nicht mehr exakt reproduzieren lassen und man deshalb vorsichtig experimentieren muss.