Zeil kanotocht met Krentenbollen en pannenkoeken / Friesland/NL
Alec`s und mein Plan ist es für 10 Tage durch das niederländische Friesland zu segeln. Wir wollen Land und Leute mit und von unseren Holzcanadiern erleben und erkunden. Das Wetter verspricht sonnig zu bleiben und es erwarten uns Temperaturen von 30-37°C. Die Windbedingungen sind mit NO-NW bei 0-6 Bft prognostiziert, Regen soll es eher weiterhin keinen geben. Der Jahrhundertsommer zieht alle Register. Start ist in einem kleinen friesischen Ort - Winsum, etwas nördlich von Groningen. Wir können uns ganz unkompliziert auf einem Campingplatz einrichten. Einen ersten überraschten Blick gibt es bei der Frage nach dem Zelt und unserer Antwort: Wir schlafen in unseren Booten. Eine erste Erkundungstour starten wir dann, so richtig holländisch, direkt per Canadier, vom Wasser aus. Nach dem Check unserer Verpflegung kaufen wir noch fehlende Dinge ein und dann lassen wir den Abend mit leichtem köcheln und einem Glas Rotwein ausklingen.
Schnell sitzen wir gemütlich beim Frühstück. Es ist noch recht früh am Tag. Der Wind sieht nach einem Start unter Segel aus und so fangen wir an, unser Lager ab zu bauen, die Canadier direkt am schön niedrigen Holzsteg zu lagern und unser Gepäck und die Besegelung zu ordnen. Die ersten Tagesgäste schauen uns zu und stellen Fragen oder wir hören oh, mooie kanos, zijn dat zeilkanos? Wir legen ab, lassen den Ort hinter uns. Es geht durch grünes Wiesenland. Bald erreichen wir die erste Schleuse. Für Kleinboote gibt es als Zufahrt eine Art Wippe, die wir nutzen können. So muss für uns zunächst kein Tor geöffnet werden. Es geht weiter per Segel, zwischendurch legen wir unsere Canadier zum Päckchen zusammen, es gibt einen kleinen Schluck selbst gemachten Aufgesetzten - für uns und auch, um Rasmus günstig für unsere Tour zu beeinflussen. Dann wird es schnell recht warm und wir finden zum Mittagshalt einen kleinen Hafen mit Terrasse, Sonnenschutz und kalten Getränken. Das nächste größere Bauwerk ist die Schleuse Groote Provinciale Sluis in Zoutkamp. Der Wasserlauf wird breiter, 22 km haben wir gemacht. Wir finden einen passenden Übernachtungsplatz und sofort ergibt sich ein gemeinsames Tun von ausladen, Boote einrichten und Lager bauen. Mit unserer Küchenausrüstung bestehend aus einer Muurikka, einer Eisenpfanne, dazu ein Edelstahlleichtkochset sowie Gaskocher u Benzinkocher und außerdem noch meinem Wanigan mit Küchenutensilienrolle u.a.m. sind wir in jeder kulinarischen Richtung gut ausgestattet.
Wieder kündigt sich ein heißer Tag an. Es weht mit 3Bft und wir wollen segeln. Gleich nach dem morgendlichen Start erreichen wir das Lauwersmeer. Ein Binnensee, die hier immer Meere heißen, von imposanter Größe. Zudem sind die Ufer recht verzweigt. Wichtig: Schwimmweste anziehen, Gepäck gut sichern, Karte, Schwamm und Pütz in Griffnähe. Unser Kurs erfordert Kreuzschläge. Für mich wird es nass. Die Wellen werden höher aber ich beherrsche die Situation. Eine letzte Bucht, eine Schilfinsel und wir können unseren Kurs ändern und es geht das Dokkumer Dip, der langsam enger werdenden Ausfahrt des Lauwersmeer entlang. Bald kommt eine größere Schleuse die Willem Lorèsluis,,in Sicht. Das schleusen ist ganz unkompliziert: Schleusenmeister: Ich habe euch, mit den wunderschönen Canadiern, schon gesehen, fahrt einfach auf die Schleuse zu. Dann schleuse ich euch. So wird es auch gemacht. In der Schleusenkammer kommt der Schleusenwärter dann noch einmal extra zu uns - gucken „mooie houten boten “ Das gibt es nur in Friesland!
Wir folgen der Lits-Lauwersmeerroute. Der Kurs erfordert jetzt eine Mischung aus Paddeln und Segeln. Diverse Brücken passieren wir anfangs mit legen der Masten dann auch nur teilweise abgeriggt - es passt so gerade. Wir schauen so ab und zu schon mal nach Übernachtungsplätzen und erreichen über die Nije Feart den kleinen Ort Zwaagwesteinde. wo nur drei größere Boote liegen, sonst ist es hier leer. Die Anleger sind nicht für uns geeignet und so heben wir unsere Boote auf die Wiese an Land und richten uns wieder ein. Schon klappt alles ganz schnell, echte Teamarbeit. Zum Abendessen gibt es frisch aus Pfanne und Topf Pfannkuchen mit Gemüse. In der schweren Eisenpfanne gelingen die sehr gut und machen zudem satt. Das Gemüse passt hervorragend dazu. Das Küchenteam Alec/Docook in action! Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück gehen wir, bevor es wieder richtig heiß wird, im Ort Zwaagwesteinde einkaufen, auch die typisch holländischen Kren¬ten¬bol¬len (weiche Rosinenbrötchen) für den Mittagssnack, wollen wir mitnehmen. Zunächst paddeln wir weiter auf dem Kanal, es weht kein Wind und das Thermometer zeigt schon 34 °C an. Das Burgumer Meer lässt einen weitergehenden Blick zu, dann verschwinden wir wieder im reetumwachsenen Kanal - De lits . Die Hitze macht das paddeln anstrengend.
Ja, in Friesland könnte man wochenlang durch die Kanäle wandern. Vielleicht gibt der Törnbericht Anregung für weitere Touren? Enno, du schreibst sehr anschaulich. Ich lese deine Zeilen und bin in Gedanken sofort wieder voll in der Reise drin. Ein weiteres Segelvideo zum Trip gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=gNx3e86e6nI Viele Grüsse, Axel
Schön, das sich bald das nächste, diesmal sehr verzweigte und mit kleinen Inseln durchsetzte Meer „De Leien“ zeigt. Wir suchen mögliche Plätze zum übernachten. Wir wollen irgendeinen Marrekrite Platz nutzen, eine weit reichende Auswahl von Naturplätzen für Wassersportler. Also einen Blick in die Wasserwanderkarte: Ja, da vorne, ganz in der Nähe ist noch ein Platz auf einer Insel. Da paddeln wir nach 12 km noch mal hin. Erst einmal gemeinsam die Canadier leer packen und die Boote an Land und entsprechend gelagert. Dann noch mal im See baden und anschließend abendliches köcheln auf unserer fast eigenen Insel. Selbst eine Bank mit Meeraussicht fehlt nicht. In unmittelbarer Nähe versucht ein Haubentaucheraltvogel seinem Nachwuchs das Fischchen fangen bei zu bringen.
Die Bäume machen unseren Tagesanfang mit Inselfrühstück etwas kühler So schmeckt der erste Kaffee gleich doppelt so gut. Wieder kommt kaum Wind auf. Wir starten mit „Holzwind“, nämlich unseren Paddeln in der Hand und verlassen diesen schönen, amphibischen See mit den vielen kleinen Inseln. Es gilt wieder einen Kanal zu befahren, den Opeinder Kanal. In der Nähe von Drachten erweitert sich der Kanal zu einem künstlichen Meer. Hier wird Sand abgebaut. Wir nutzen die Stelle mit weißem Ufersand und riggen unsere Canadier auf. Das erste Hinweisschild zum Nationalpark De Ålde Feanen steht am rechten Ufer. Der Wassersport ist im Nationalpark integriert, die Regeln sind plausibel und machbar ein zu halten. Über die Grutte Kriete gelangen wir in den nächsten See und finden einen tollen Inselplatz mit Steg, Ufersaum und Bäumen. Was machen wir zunächst? Alec kocht Tee. Diesmal ist der Steg so gut und niedrig, das ich mich entscheide meinen Canadier im Wasser zu lassen und dort zu schlafen. An Land bauen wir das Zelt mit einem Tarp auf und warten, dass die Temperaturen etwas absinken. Dann kommt wieder unsere Küche zum Einsatz. Ein toller Sonnenuntergang beendet einen ebenso tollen Tag.
Ich hatte den Tag vor allem als sehr warm in Erinnerung, habe meine Mütze regelmässig im Kanalwasser gedippt, um einen kühlen Kopf zu behalten. Die Tagesetmale wurden kleiner, wegen den Temperaturen, weil wir paddeln mussten, und weil wir im Naturpark an einer wirklich schönen Ecke angekommen waren.
Wir sind nun in einer Wasserwildnis angekommen, mit der Option sich zu verfahren, Die Ålde Feanen bestehen aus Moorgebieten, wo früher u.a. Torf gegraben wurde und die jetzt renaturiert, ein Rückzugsgebiet für Flora und Fauna sind. Dem niederländischen Selbstverständnis gemäß werden die Menschen hier mit den Freizeitaktivitäten eingebunden. Es gibt viel zu erkunden. Im Tandemteam und ohne Gepäck geht es flott voran. Wir paddeln mit kleinen Umwegen und lassen die vielen Eindrücke auf uns wirken. Weite Wasserlandschaften, verborgene Durchfahrten im Gebiet Princenhof, schöne, an das Ufer geduckte Häuser und tolle Plattbodenschiffe gibt es zu entdecken. Am Bezoekerscentrum Nationaal Park De Alde Feanen ist es kein Problem den Canadier geschützt vor dem Eingangsbereich liegen zu lassen (nachher kam dann auch prompt die nette Feststellung: oh, wat een leuke boot ). Wir schauen uns die Naturausstellung an, wie die Menschen hier früher gelebt haben, heute leben, wie sich hier Flora und Fauna entwickeln und wie die Perspektiven aussehen. Nachdem unser Bildungshunger gestillt ist, paddeln wir diagonal zum nahen Ort Eearnewoude, dem touristischen Zentrum der Alde Feanen. Hier tobt das Leben. Wir finden schnell einen geeigneten Anlegeplatz und schauen uns um. Auch einen kleinen Mittagssnack, echt niederländisch Kipsatè, finden wir gegen den normalen Hunger. Dann geht es wieder per Paddel zu unserem schönen Inselplatz zurück. Dann bauen wir einen Schattenplatz auf und es gibt bald wieder pannenkoeken mit Sahnegemüse. Nebenan sitzt eine Graugans bei uns auf der Wiese und wartet auf Happen – vielleicht?
Wer in diesem Gebiet lebt, der benutzt das Boot so, wie andere ihr Auto. Tolle Flora und Fauna, übrigens. Ich kann mich an ein Reh erinnern, das einfach über den Kanal schwamm und wieder im Wald verschwand. Ja, es war immer noch heiss. Bier kühlt man an solchen Tagen übrigens am besten, wenn man es in ein nasses Küchenhandtuch einschlägt und in der Brise aufhängt. Viele Grüsse, Alec
Heute wollen wir weiter. Nach dem packen können wir bei 2-3 Bft segeln. Auf dem Weg nach Grou dürfen wir auf dem Prinses Margriet Kanaal teilweise nicht segeln, der Binnenschiffsverkehr nimmt zu, eine Fähre ist in Betrieb, es wird eng. Im Hafen von Grou legen wir an. Wir gehen einkaufen, erkunden den netten Ort und machen eine Getränkepause. Es ist wieder so heiß, dass wir am nächsten Meer, dem Pikmar, Schatten suchen, Tee kochen, Kren¬ten¬bol¬len essen und baden. Dabei entdecken wir auch ein Stück Meer, das es auf der Wasserwanderkarte gar nicht gibt - dort müsste Land sein! Nach Rücksprache mit einem ortsansässigen Motorbootfahrer erfahren wir, das dort tatsachlich ein Stück Meer neu gebaggert wird - sozusagen weißes unerkundetes Gebiet – spannend. Wir müssen nun durch die anschließenden Kanäle paddeln.Dabei paddeln wir in einem Trog, über eine Brücke über die Autobahn hinweg - ein seltsames Gefühl. Unser Ziel ist Akkrum. Durch ganz kleine Kanäle und unter ganz kleinen Brücken bekommen wir einen Eindruck von diesem Ort. Es geht sozusagen über die Hintergärten durch Akkrum. Nach einigem Suchen bleiben wir beim Hafen Tusken de Marren. Gleich neben der Einfahrt finden wir, nach 14 km, ein schönes Stück Rasen mit toller Aussicht. Dann erkunden wir die Strandbar und Restaurant "De Koken"
Die Verpflegungssituation war die ganze Reise über super. Friesland ist auf "Wassersport" eingerichtet - das heisst, das Befahren der Kanäle und Seen mit 9 - 14 m langen Stahl-Motorbooten. Daher gibt es viele Häfen, in denen man immer eine stille Ecke findet, um die Kanus ein paar Stunden liegenzulassen. Viele Übernachtungsmöglichkeiten, für uns Kanufahrer: die Marrekrite-Plätze, die Wiesen an den Passantenhäfen und die Campingplätze direkt am Wasser. Das Versorgungs- und Übernachtungsnetz ist so gut, dass man nach Wind und Wetter fahren und die Tage sehr flexibel planen kann.
Nach unserem Frühstück, unterbrochen von niederländischen Erklärungen, wie wir reisen kommt Koos mit seinem Segelcanadier per Auto angefahren. Na, dann gilt es erst einmal zu berichten! Wir packen und riggen auf. Koos ist am schnellsten unterwegs, ich am langsamsten. Die Wellen werden höher. Ein Reff ist nötig, damit wir noch berechenbar unterwegs sein können. Bei mir wird es sportlich-nass. Ich schaffe es noch, laut GPS, meine Segelgeschwindigkeit zu messen 8-12 km/h - nicht schlecht für meinen Canadier. Neben der Segel - und Schothandhabung befördere ich Wasser mit dem Schwamm außenbords. Manchmal spritz das Wasser bis zu meiner Sitzposition aber es macht Spaß. Und wieder ist eine ferne Insel unser Ziel. Hier richten wir uns ein. Der nächste Tag beginnt mit Kaffee an den Schlafsack Für Heute wird Gewitter und Regen angesagt. Wir wollen eigentlich los, warten aber noch bis Mittag. Jetzt haben wir westliche Winde und wir starten. Mit halbem und raumem Wind geht es flott zurück übers Sneeker Meer, vorbei an wogendem Reet. Teilweise bin ich schneller als einige Motorboote. Die Wellenkämme brechen sich teilweise mit weißem Bart. Es beginnt zu regnen und Akkrum ist noch nicht in Sicht. Insgesamt sind wir aber sehr schnell unterwegs, erreichen „unseren“ Hafen Tusken de Marren wieder und richten uns wieder ein. Am nächsten Morgen beginnt der Tag ein letztes Mal mit dem Geräusch der Kaffeemühle….
Ende
Abspann
So, jetzt ist es aber gut – genug geschrieben - genug berichtet! Ein Dank an Alec und Koos - wir sind nicht zum letztenmal gemeinsam gesegelt!
Ich hoffe der eine oder andere Mitleser findet genug Anregungen zum nachmachen. Die Möglichkeiten sind geradezu unendlich. Ein wirklicher Gewinn sind die niederländischen Marrekriteplätze und das dahinter stehende System für Wassersportler.
Und : zuhause gibt es dann auch wieder Rosinenbrötchen und Pfannkuchen
Moin Michael, Spartaner@ Zitat: Das sieht so leichtfüßig aus, eure Segelei.
Naja, ich will da keine Wissenschaft draus machen aber für eine gewisse Tourtauglichkeit pirscht man sich an die Art und Weise des Segelns mit so kleinen Booten ontour immer weiter an das Machbare heran und vervollkommnend sich. Einerseits muss alles Gepäck mit, andererseits soll auch gut gesegelt/gepaddelt werden (können). Nichts ist ärgerlicher, als wenn das weggestaute Segelgerödel beim paddeln stört oder umgekehrt das segeln nur zu eingeschränkt geht, weil irgendetwas nicht funktioniert. (Nebenbei erkennt man, wie ich so unterwegs bin.)
Ich habe eher mehr Gepäck dabei, weil ich auf ein gutes Lagerleben Wert lege.Dafür "muss" ich dann auch mehr schleppen bzw sorgsamer packen.