ich habe ja die verschiedenen Threads zum Thema Schwimmweste gelesen. Nachdem ich aber im Canadier Handbuch von Ralf Schönfeld gestöbert habe, macht mich jedoch folgendes stutzig:
Laut Ralf sollte eine Schwimmweste folgende Eigenschaften haben: -Bergegurt oder Ausklinkweste - Bergeleine (cowtail) - Auftrieb 8-10 kg, Richtwert 10 kg bei 75 kg Körpergewicht.
Ich komme da leicht ins grübeln, bei meinen 87 kg Gewicht. Und lande bei den Anforderungen schnell bei den Westen für Strömungsretter: Palm rescue 850, Force 6....
Mache ich einen Denkfehler? Der hohe Preis von 200-300€ wäre mir egal, wenn mein Leben daran hängt.
Viele Grüße, Volker
I`ll meet you at the bend my friend, where hearts can heal and souls can mend. (Riverbend/Burning Baghdad)
Die 10N Auftrieb für 10Kg Körpergewicht sind stark diskussionswürdig. Als jemand, der vor allem aus dem Bereich Wildwasserkajak und Seekajak kommt, kann ich dir sagen, dass du kaum einen dieser Paddler treffen wirst, die solche voluminösen Westen benutzen, der Auftrieb ist so stark, dass er ein komplettes Durchrollen verhindern kann. Da werden eher 50-75N Westen benutzt. In wie weit der Auftrieb auch tatsächlich vom Körpergewicht abhängt ist ebenso diskussionwürdig. Astral als Preimumhersteller von Schwimmwesten beutzt jedenfalls für alle Größen des selben Typs den selben Auftrieb. Aufgabe ist ja vorrangig, den Kopf aus dem Wasser zu halten. Und der ist dann nicht soo unterschiedlich gross bzw schwer.
Alles über 100N halte ich Paddelsport für deutlich übertrieben. Ich persönlich benutze 72N Auftrieb bei knapp 90kg, früher hatte ich eine 100N Weste. Die ist toll beim Schwimmen im Wuchtwasser, aber scheisse beim Rollen. Vermissen tue ich den Zusatzauftrieb nicht, im Gegenteil.
Zitat von Volker1960 im Beitrag #1 wenn mein Leben daran hängt
Du willst einen Schwimmer aus einem Rücklauf retten. Du pfefferst ihm Deinen Wurfsack zu. Er kann ihn nicht fangen. Nochmal. Wieder nix. Seine Kräfte schwinden. An dieser Stelle stehst Du vor einer schwierigen Entscheidung. Sollst Du Dich von einem anderen Kameraden an DEINEM Bergegurt anseilen, um dem Schwimmer zu Hilfe zu springen? In diesem Fall rettet DEIN Bergegurt einem Anderen das Leben.
Cowtail: Der Nutzen im Canadier ist für mich zweifelhaft. Cowtails werden zum Abschleppen von Booten oder Ausrüstungsgegenständen - primär im WW - von Kajakfahrern benutzt. Vorteil: Du kannst den abzuschleppenden Gegenstand einklinken und hast danach beide Hände frei zum (doppel-)paddeln. Dabei ist zu beachten, daß die gespannte Länge der heute üblichen Cowtails auf die Länge von WW-Kajaks abgestimmt ist. Das ist wohl kaum mehr als 1,5m. Der abzuschleppende Gegenstand hängt unmittelbar hinter Dir. Wenn ich ein abgetriebenes Paddel mit dem Canadier berge, dann grabsche ich es aus dem Wasser und werfe es ins Boot (= Open Canoe). Beim Kajakfahren wäre das aufgrund des geschlossenen Bootskörpers unmöglich. Uferfern hänge ich es dann an den Cowtail und (doppel-)paddele zum Ufer. Ufernah pfeffere ich es direkt ans Ufer. Das Abschleppen eines vollgeschlagenen Bootes mittels Cowtail ist Irrsinn. Bedenke, das Boot hängt und zerrt direkt an Deinem Körper. In der Regel dient der Cowtail (im Kajak) dazu, ein vorher geleertes Boot von einem Ufer zum anderen zu traversieren, wenn sich der Schwimmer am anderen Ufer befindet. Aber selbst solche banalen Fälle bergen immer ein gewisses Risiko in sich. Daher ist bei Verwendung eines Cowtails GRUNDSÄTZLICH ein Ausklinkfeature OBLIGATORISCH.
Mal ne Frage: Wenn Herr Schönfeld all diese Features empfiehlt, sind dann in besagtem Buch auch Beispiele beschrieben, wo, wann und wie solche Features zum Einsatz kommen?
Der Einsatz solcher Features ist immer fall- und situationsabhänging.
Ich fahre mit dem Canadier kein WW und habe eine Weste ohne Bergegurt und Cowtail. Im WW per Kajak würde ich niemals auf diese Features verzichten.
Der cowtail dient nicht nur der Bergung von Gegenstanden, eigentlich ist er nämlich gar nicht dafür gedacht. Sondern in erster Linie dazu, um einen (bewußtlosen) Schwimmer abschleppen und bergen zu können.
Bei den füheren Dickschiffen war er meist auch noch auf dem Deck befestigt, mit Notauslöseschlaufe meist rechts hinter der Luke. Bei den heute üblichen kleineren WW-Booten ist die Decksbefestigung (wohl aus verschiedenen Gründen) nicht mehr üblich.
Tatsächlich war/ist so ein cowtail auch recht hilfreich um abgeschwommene WW-Kajaks auf einem schnellen Bach überhaupt noch bergen zu können. Gerade im Schulungsbetrieb kommt das schon mal vor. Ich habe in früheren Jahren das ein paar mal gemacht, anderenfalls hätte es vermutlich Bootsverluste gegeben.
Der Cowtail am Bergegurt erweitert auch die Möglichkeiten einen Schwimmer zu bergen, auch in der von JoeBee geschilderten Situation. Es gibt übrigens ein altes Lehrvideo von Horst Fürsattel dazu, immer noch sehenswert, ich meine ich hätte es hier im Forum auch schon mal verlinkt.
Allemal ist eine Schwimmweste, die getragen wird, besser als keine oder eine die immer im Auto/Bootshaus liegen bleibt.
Passform ist relevant, der Weste darf nicht über den Kopf rutschen! Dabei ist der Cowtail, der sich ja ggf auch nachrüsten läßt, eher Kür, ein Bergegurt mit Notöffnung an der Weste sollte mE eigentlich Pflicht sein, dito ein Lasche mit "Notöffnung" an der ein Cowtail gesichert werden kann.
Und: Die Lebensdauer der Schaumkörper ist begrenzt, bei guter Pflege (nicht in praller Sonne trocknen, nicht als Sitzkissen verwenden, unkomprimiert und trocken lagern) halten die Weste mE länger...
Mal ne Frage: Wenn Herr Schönfeld all diese Features empfiehlt, sind dann in besagtem Buch auch Beispiele beschrieben, wo, wann und wie solche Features zum Einsatz kommen? [/quote]
Ja, macht er. Mit dem Open Canoe im WW. Vorläufig ist das noch kein Thema für mich. Aber in 1-2 Jahren ziehe ich dies durchaus in Erwägung. Zur Zeit habe ich eine gut sitzende Weste mit 70N Auftrieb ohne Bergegurt und Cowtail. Und für die Kurse und meine Aktivitäten im Zahmwasser denke ich reicht das. Aber die Zeiten ändern sich, hoffe ich mal. Und mit zunehmender Erfahrung wird mich dann auch wohl WW jucken. Bis dahin ist aber noch ein wenig Zeit.
Viele Grüße, Volker
I`ll meet you at the bend my friend, where hearts can heal and souls can mend. (Riverbend/Burning Baghdad)
danke für den erweiterten Kommentar. Da stimme ich Dir zu.
Ich schilderte die Erfahrungen aus eigenen Erlebnissen. Glücklicherweise gehört die Bergung eines (bewußtlosen) Schwimmers mittels Cowtail nicht dazu. Im brenzligen Fall würde man aber doch eher den Wurfsack-Karabiner in den Bergegurt (am Rücken) direkt einklicken und nicht erst lange - irgendwo unter Wassser - nach dem Cowtailkarabiner suchen, der bei allen Westen an verschiedenen Stellen sitzt.
Wie ich sagte, alles immer fall- und situationsbedingt. Schwer pauschal zu beurteilen.
Mal ne Frage: Ist nicht der menschliche Körper etwas leichter als Wasser und hat nicht ein schwererer Mensch also sogar etwas mehr Auftrieb als ein leichterer? Ist das die Antwort, wieso eine 70-N-Auftriebsweste unabhängig von höherem Körpergewicht ausreichend ist?
Mal ne Frage: Ist nicht der menschliche Körper etwas leichter als Wasser und hat nicht ein schwererer Mensch also sogar etwas mehr Auftrieb als ein leichterer?
Ja, mein Namensvetter, da hast Du sowas von recht. Fett schwimmt oben.
@ Volker 1960 - Auftrieb 8-10 kg, Richtwert 10 kg bei 75 kg Körpergewicht.
Peile mal 69,9 kg an. Habe die Marke vor ein paar Tagen geknackt (Nachdenm ich vor Kurzem die 70 er Marke von unten her geknackt habe)
Ach nun mal im Ernst:
Die Schwimmwesten erleichtern nur das Obenbleiben. Ich liebe sie, da sie im Winter warm halten, und ich mich im Falle eines Falles nicht ums Obenbleiben kümmern muss.
Rettungwswesten sind ein anderes Thema. Ohnmachtsicher, DIN-Normen, Körpergewicht etc.
Gewichtige Grüße
Dull Knife
Im Leben ist es wie beim Paddeln: Wenn die großen Wellen kommen, immer in der Hüfte schön locker bleiben.
Zitat Mal ne Frage: Ist nicht der menschliche Körper etwas leichter als Wasser und hat nicht ein schwererer Mensch also sogar etwas mehr Auftrieb als ein leichterer? Ist das die Antwort, wieso eine 70-N-Auftriebsweste unabhängig von höherem Körpergewicht ausreichend ist?
Das kommt wesentlich darauf an ob du gerade ein- oder ausgeatmet hast. Du kannst das ja mal selber ausprobieren indem Du im Wasser (dort wo Du stehen kannst) komplett ausatmest. Ich gehe dann problemlos unter. Das Blöde dabei: unter Wasser kann man normalerweise nicht einatmen. Du musst den Auftrieb für das Wiederauftauchen also mit Schwimbewegungen erzeugen. Taucher machen die Feintarierung über die Atmung. Beim Ausatmen sinkt man ab und beim Einatmen steigt man auf. Solange man nicht zu tief atmet wirkt sich das aber nicht besonders stark aus. Die Wassertiefe spielt da eventuell auch eine gewisse Rolle. (Ist schon viele Jahre her dass ich das letzte mal Tauchen war.)
Die Schwimmweste sollte auf stehendem Wasser also mindestens so viel Auftrieb haben, dass Sie das Lungenvolumen ersetzt, egal wie man atmet. Bei bewegtem Wasser sollte es auf jeden Fall etwas mehr sein. Wenn man auf größeren Wasserflächen alleine unterwegs ist bietet sich eine größere Weste an. Beim Capistranoflip hilft jedes bischen zusätzlicher Auftrieb enorm.
Ich habe eine WW-Weste mit überlangem Cowtail die ich in meiner Zeit als Guide benutzt habe. Mehr als müde Paddler Abschleppen habe ich damit allerdings nie gemacht. Handwerkszeug ist nur in entsprechend fähigen Händen nützlich. Wenn man nicht weiss was man mit einem Cowtail machen soll, dann braucht man ihn vermutlich auch nicht.
zum Thema Sicherheit und „so was kauf ich mir mal, wenn ich weiß, daß ich es brauche“ eine kleine Anekdote:
Ich führe schon seit Jahren einen Wurfsack im Boot mit. Groß und mächtig, dazu gedacht, bei einer Kenterung im zahmen Fluß damit an Land zu schwimmen und das Boot vom Ufer her zu Bergen. An die Rettung eines Paddlers hatte ich nie gedacht. Wozu auch? Da wo ich paddel, kommt kaum jemand in ernsthafte Not.
Nun paddelten Angela und ich letzten Sommer auf dem Tarn in Frankreich. Mit WWII+ war die Strecke deklariert. Für manche hier lässig, für uns mitunter spannend. Plötzlich sehen wir an einer Schwallstelle ein etwa 15 jähriges Mädchen heulend auf einem größeren Fels mitten im Fluß sitzen und ihr Kajak krampfhaft festgeklammert. Daneben ein mächtiger Felsblock, an der etwas entspannteren Durchfahrt war gerade ihr Vater mit verzweifelten „Rettungsaktionen“ beschäftigt. Mir blieb eine etwas knifflige verblockte Durchfahrt. Anhalten konnte ich nicht mehr davor, so fand ich dahinter ein Kehrwasser. Angela erging es schlechter. Sie hatte die Situation schneller erkannt, versuchte direkt anzufahren und kam selbst in eine etwas prekäre Situation. Ich hatte das nicht so recht mitbekommen, weil der große Felsblock mir die Sicht versperrte. Ich sah sie erst, als sie etwas zerzaust und rückwärts dahinter hervorkam. Außer ein paar Schrammen am Boot und einem erheblichen Schrecken war es offenbar glimpflich abgegangen. Ich schnappte meinen Wurfsack und stapfte Richtung dem heulenden Mädchen. Angela folgte. Da der Tag schon etwas spannungsgeladen angefangen hatte, kam von hinten der Kommentar: „siehst du, jetzt wäre es gut, wenn du mal Wurfsackwerfen geübt hättest“. Ich um eine patzige Antwort nicht verlegen sagte“was bringt dir dein toller Rescue Kurs? Du hast ja nicht einmal einen Wurfsack!“ Zusammen ergaben wir aber das perfekte Rettungsteam. Angela warf sauber meinen Wurfsack und das Mädchen war bald inklusive Boot gerettet.
Inzwischen habe auch ich ein Sicherheitstraining absolviert und in der Reflektion an jene Begebenheit fallen mir ein paar Sachen ein
Wir hatten alle Zeit der Welt, denn das Mädchen hatte einen guten Platz. Was hätten wir noch anderes machen können? Inzwischen haben wir beide zusäzlich einen Wurfsack am Körper. Ich hätte am Cowtail gesichert zu dem Mädchen waten können. Sie hatte nämlich weder Schwimmweste noch Schuhe. In dem Tosen des Wassers war Kommunikation unmöglich und es hat lange gedauert, bis sie kapierte, was wir von ihr wollten. Oder ich hätte mich mit Cowtail und Bandschlinge an einem Uferbaum sichern können, um beim Herüberziehen mehr Sicherheit für einen guten Stand zu haben..........
Aber die eigentliche Moral von der Geschicht' : seht zu, daß ihr genügend Rettungsmaterial habt. Ob ihr damit umgehen könnt oder nicht, ist sekundär (meine persönliche Meinung). Es findet sich jemand, der es kann. Ich war nie gut in Ballweitwurf, Kugelstoßen schon eher. Sollte ich deshalb auf einen Wurfsack verzichten? Lieber schlecht geworfen oder einem besseren Werfer überlassen, als gar nicht dabei gehabt. Umlenkrolle für Flaschenzug. Mancher Technikmuffel kapiert nie, wie das geht. Aber ist der Held, wenn einem Retter seine Rolle abhanden kommt, eine Zusätzliche fehlt, etc. Dann ziehst du mit einem Strahlen deine Rolle aus der Weste und bist das entscheidende Puzzleteil, der Held des Tages.
Ein weiteres Sicherheitsteil wird oft vernachlässigt: Nimm Müsliriegel mit. Mit Schoko, bappsüß. Das hilft Nerven beruhigen und Tränen trocknen nach überstandener Havarie.
Dann, wenn es sich ergibt, besucht ein Sicherheitstraining. Was man alleine schon immer üben kann, ist Wursackwerfen und -stopfen. Oder testet, ob euer Sicherheitsgurt zum Cowtail richtig auslöst. Das habe ich erfahren: man schlauft ja vorne zweimal durch die Metallöse und klemmt dann mit der Klemmschnalle fest. So, nun hängt euch unter vollem Zug an das Cowtail und zieht vorne den „Rettungsknubbel“ um die Klemmschnalle zu öffnen. Der Gurt muß sauber durch die Metallöse laufen und euch freigeben. Darf sich nicht selbst verklemmen.
Daß das Cowtail zum Abschleppen gut ist, war mir nicht bekannt. Ich sah es immer nur als Selbstsicherung. Entweder sichert mich daran einer, wenn ich ins Wasser gehe, um vor Ort zu Bergen, oder ich hänge mich damit irgendwo an, damit ich sicherer am Ufer stehe.
Ach ja, meine Rettungsweste ist von der voluminösen Sorte. Habe ich sie in der Hand, denke ich: boah ist die schwer. Trage ich sie, merke ich nichts mehr davon (bin ja selbst von der voluminösen....ähm... kraftigen Sorte). Da ist der Wurfsack drin, das Rettungsmesser dran, ein weiterer Carabiner, das Cowtail mit Carabiner, und etlicher Kleinkram, wo ich denke, ich brauch das am Körper statt im davongeschwommenen Packsack.
Dann die Kleidung: kleidet euch fürs Wasser, nicht für die Luft. Ich wurde neulich mal wieder wegen meinem Trockenanzug belächelt. Dem Lächler entgegnete ich nur: "ich spring mit Trocki ins 7° kalte Wasser um einen rauszuziehen. Machst du das in Jeans auch?" Dann war Ruhe. Vielleicht paddelt man so sicher, daß man meint, auf entsprechende Kleidung verzichten zu können. Was aber, wenn man einem anderen Paddler zu Hilfe kommen muß? Dann sollte man sich nicht selbst in Gefahr bringen.
So, das waren meine paar laienhaften Gedanken zum Thema Sicherheit. Viel Text, aber vielleicht ergibt sich manche Anregung.
Stefan
__________________________________________________ Stark und groß durch Spätzle mit Soß\'
für deinen Bericht. Vergleichbare Erlebnisse hatte ich beim Bergsteigen in den Alpen mehrfach. Daher finde ich mein "Sicherheitsdenken" selber auch nicht zu übertrieben. Und im Herbst geht es nach Tübingen zum Sichheitstraining.
Gruß, Volker
I`ll meet you at the bend my friend, where hearts can heal and souls can mend. (Riverbend/Burning Baghdad)