Es war ein ständiges "Hin und Her". Schon im Juli hatte ich dieses Boot aus dem Forums-Flohmarkt auf dem Zettel, dann war ich unsicher, wollte es aber im Urlaub probe- fahren. Schließlich entschlossen wir uns jedoch, an den Bodensee zu fahren und bei Sebastian die Felicity probezufahren. Aber das "Hin und Her" ging weiter. Für die Felicity hätte ich etwas auf Diät gehen müssen. Ich suchte weiter und weiter, dann wollte ich ja es zu meinem Geburtstag abholen und mir selbst das größte Geschenk machen, was ich mir je gemacht hatte.
Dann kam aber der Zahnarzt mit einem horrenden Kostenvoranschlag auf mich zu und ich habe in Polen abgesagt. Dann wollte ich es doch wieder unbedingt haben und überlegte:
Das bisschen was ich esse, kann ich doch zur Not auch drinken!
Das Boot ist jedenfalls eine absolutes Schmuckstück zu einem Super-Preis. So etwas findet man nicht alle Tage, aber es sprach ja so viel dagegen:
* Zähne müssen gemacht werden * Spülmaschine ist seit 1 Jahr kaputt * Kühlschrank und Waschmaschine machen seit letzter Woche "komische" Geräusche... * Am Auto war noch nie was, aber nach 210.000km sollte ich jetzt mal was dran tun..
Ok, das Geld für dieses Boot bekomme ich zur Not immer wieder zurück und ich habe ja noch einiges anderes, was ich versetzen könnte, wenn es eng wird,... also Augen zu und durch:
Auf nach Polen!
Am Samstag morgen um 03:00 Uhr ging es los. Einfache Strecke nach Luban sind 621km, kein Problem,ich sollte bis zum Abend wieder zurück sein. Aber es fing toll an, die ersten 300km wunderschöner Nebel und kaum jemand unterwegs, an den man sich als Hindernisspürgerät dran hängen kann. Wenn jemand überholte dann ein Wahnwitziger der mit 150 in die Nebelwand raste, da kann man sich nicht dranhängen, bei ausreichend Abstand sieht man die Rückleuchten gar nicht mehr. Also geduldig durch die Watte gezuckelt. Entschädigt wurde ich um 5:33 Uhr als der Nebel kurz aufriss und ein wunderschöner Sonnenaufgang mich begrüßte...
Nun gut, die Sonne vertrieb den Nebel und wie vereinbart traf ich um 10:00 Uhr in Luban ein. Der nette Eindruck des jungen Holzkünstlers, den ich bereits in unseren etlichen Mails gewonnen hatte, bestätigte sich. Ein ganz liebes, blutjunges Pärchen begrüßte mich mit einer tollen Frühstückstafel. Wir tauschten noch einige Gastgeschenke aus (ich bekam selbstgemachten Wein, selbstgemachte Seife , Kürbisse und ein selbstgebackenes Brot), dann ging es zu seiner Werk- statt. Sein neues Boot, ein als Solo modifizierter Prospector, war mittlerweile fertiggestellt.
Dieses Boot wiegt vielleicht gerade mal 19kg und wurde auf einem Mallengerüst mit Hartschaum- Kern gebaut und anschließend mit 3 Lagen Aramidfaser verstärkt und natürlich mit einem exquisiten Süllrand, nebst Decks mit Schnitzereien und Intarsien versehen.
Weiter will ich hier aber nicht vorgreifen, er hat schon Fotos in seinem google Kanal vom Bau dieses Bootes, aber hier geht es ja um mein Neues. Dann sah ich mein neues Kanu das erste Mal in Natura. Wir holten es aus der Werkstatt und reinigten es vom Staub.
Wir verluden beide Boote aufs Dach...
und dann konnten wir mit beiden Booten zu einem wunderhübschen "Kringelsee" in unmittelbarer Nähe fahren. Auch dieser See ein Juwel! Klein aber fein, rund 100m auf 50m groß.
Hier gab es fleischfressende Pflanzen und ich habe alleine 4 Wasserschlangen gesehen. Man sieht nur eine V-förmige Bugwelle durchs das spiegelglatte Wasser laufen und wenn man genau hinguckt, dann sieht man auch das Köpfchen rausgucken. Eine dieser Wasserschlangen kam auch direkt am Ufer vorbei, aber die Kamera hatte ich im Auto gelassen, das ist bei einer Probefahrt, die eine Eignung auf "Freestyleeignung" offenbaren sollte, auch unbedingt zu empfehlen... Daher nur ein Wiki-Bild:
Kurz zur Probefahrt. (Weiteres später.) Das Kanu besitzt einen schönen, halbrunden Boden, fühlt sich aber für mich bei weitem nicht so kippelig an, wie die kleinere Felicity oder der Wildfire. Kielsprung ist kaum festzustellen, aber dennoch ist das Boot ausgesprochen wendig und damit für die geplanten Zwecke durchaus geeignet. Besser noch, in leicht gekanteter Fahrt ist sie recht stabil, läuft trotz ihrer Wendigkeit sehr spurtreu, beschleunigt extrem schnell und hängt sehr lebendig am Paddel. Man bekommt so fast 2 Boote zum Preis von einem.
Nach der Probefahrt kam der schlimmste Teil. Meine Bedenken (s.o.) stellten sich wieder ein. Was tun? Jetzt ohne Kanu wieder heim zu fahren würde nicht ohne Traumata abgehen: Ich musste dieses Boot haben. Feilschen kam nicht in Frage, angesichts des Bootes wäre ich mir dabei wie ein Schuft vorgekommen. Nun, die Paddel passten zwar sehr schön farblich zum Boot, waren aber fast so schwer wie Beates Bärentöter. Sie sind aus Esche, verleimt und fiberglasverstärkt. Sie würden bei mir nur an der Wand hängen, dafür wiederum sind sie zu schade. Da es WW-taugliche Echtholzpaddel mit großem Blatt sind, sollte sich ein anderer Käufer finden lassen. Wir überlegten gemeinsam und fanden eine faire Lösung: Er gab mir einen Preisnachlass und behielt dafür die Paddel.
So waren wir beide zufrieden, verluden die Boote und brachten seinen Solo zurück zur Werkstatt. Ich konnte es mir dort nicht verkneifen ein wenig zu sticheln:
"Du, Gabriel? Guck mal, mein Kanu ist viel schöner als deines!"
Dann fuhren wir wieder zu seinem Herzblatt nach Hause, die mittlerweile ein tolles Mittagessen gezaubert hatte und fachsimpelten noch eine Weile, bevor ich zur Rückfahrt aufbrach.
Während der Fahrt hatte ich einen wunderschönen Blick auf das Kanu, Süllrand und Deck und wurde noch von einem schönen Sonnenuntergang verwöhnt ...
und freute mich schon auf die Reaktion von Beate, die leider nicht mitkommen konnte und das Kanu erst am folgenden Tag sehen durfte. Um 22:55 Uhr erreichte ich Horressen und war so aufgeregt, dass ich erst gegen 3 Uhr in einen wohlverdienten Schlaf sank....
Gewicht ~28kg, das ist dem Nußholz und den schönen Decks, Joch, Sitzen geschuldet.
Viel gesehen habt ihr von dem schönen Boot ja noch nicht, und die von mir bei der Jungfernfahrt gemachten Bilder sind ja noch unbearbeitet. Daher erst mal einige Bilder die Gabriel zwecks Verkauf selbst gemacht hat. Die Bilder können leider dem Original nicht gerecht werden, aber ich kenne euch ja..., ihr wollt Bilder, und so könnt ihr mich vielleicht etwas besser verstehen.
Und für alle, die es interessiert. Das Boot hatte zunächst ein mehrfarbiges Design und die Entstehungsgeschichte könnt Ihr in diesem Film sehen. Ich habe von seinem google+ Konto auch viele Bilder vom "Designumbau", auf Nachfrage gebe ich gerne den Link weiter.
Am Sonntag fuhr ich früh zu Beate, es versprach ein super Paddel Tag zu werden. Schon auf dem Dach bewunderte sie das Kanu, erwartete aber auch schon ungeduldig die Jungfernfahrt.
Auf dem Campingplatz drehten wir dann erst mehrere Runden um das Kanu, um alle Details ausgiebig zu betrachten. Ein vorüberlaufender Jogger rief noch einmal zurück: "Tolles Boot!"
Schnell tauften wir das neue Boot auf den Namen "Ayita", auch dies ist wieder ein Frauenname der Cheyenne und bedeutet (First to dance) "Die, die zuerst tanzt". Ich fand dies ist durchaus passender Name für meine neue Schönheit. Dann legte ich es vorsichtig aufs Wasser. Nein, einen Bootswagen brauchte ich diesesmal nicht. Das Boot ist fast 20kg leichter als die Amadahy und damit auch alleine gut zu händeln.
Die Enten sahen direkt:
"Da ist ein Neues auf dem Revier!"
Staunend kamen sie heran...
... eilig und lautstark tratschten sie es herum und lockten so noch mehr Bewunderer zum Boot... während Beate am Ufer freudig der ersten Fahrt entgegen fieberte...
Vorsichtig stiegen wir beide ein und es fühlte sich auf den ersten Metern schon kippelig an, aber nach kurzer Fahrt merkten wir, Kippelig ist Ayita nicht, nein, sie gibt nur eine unmittelbare, feinfühlige und direkte Rückmeldung von allen Bewegungen im Kanu und auch auf jede Paddelbewegung. Auch zu zweit erwies sie sich als sehr wendig, aber auch als kursstabil. Sie ist ausgeprochen flott unterwegs und be- schleunigt fast widerstandslos, zwei Paddelschläge und schwupp hat sie Marschgeschwindigkeit. Leider habe ich die Kamera aus Vorsicht bei dieser Tour im Wowa gelassen, daher gibt es von der Tandemtour keine Bilder.
Dann kam eine 10m Yacht in zügiger Verdrängerfahrt auf uns zu und wir waren gespannt, wie sich Ayita verhielt. Kurz: Es war völlig ungewohnt, der schmale schlanke Bug schneidet durch die Wellen ohne das Boot fühlbar zu bremsen, das ist bei Amadahy völlig anders, sie stampft sich auch bei kleineren Wellen geradezu fest. Dieses Feststampfen geht Ayita völlig ab, leicht gleitet sie mehr durch, als über die Wellen, hat sie doch etwas Flare und wenig Auftrieb in Bug und Heck. Auch legt sie sich dank des runderen Bodens bei seitlichen Wellen nicht auf die Seite, sondern läßt die Welle fast ohne Neigung unter sich durchlaufen. Wellen die uns von hinten "überholten" haben wir kaum gefühlt, sondern dann vor uns gesehen. Ungewohnt das alles, aber Klasse!
Dann durfte ich ein bisschen alleine mit dem Boot spielen, davon gibt es auch wieder Bilder ...
Manchmal war ich wohl schneller als erwartet und verließ schon fast wieder das Bild...
Auch seitlich läßt sich Ayita sehr leichtgängig mit einer Hand wriggen, (ja, perfekt ist die Paddelhaltung nicht, aber ich fange ja erst an und man muss alles mal ausprobieren ).
Im Gegensatz zur Amadahay benötigt es max. 2 Paddelschläge um das Boot um 180° zu drehen:
Genug gespielt, paddelten wir ins Schleusenhäuschen um zur Feier des Tages auch gut zu essen! Unter- wegs fütterten wir unsere Schwanfamilie, wobei die "Kleinen" schon ganz schöne Brocken sind, die zwischen jedem Bissen laut fauchten. Man greift das Paddel schon fester, wenn das Boot von 6 Schwänen regelrecht eingezwängt wird. Als das Brot verteilt war und wir weiter wollten, sahen wir am Ufer schrecklich viele Menschen stehen, die fast alle am fotografieren, bzw. filmen waren...
Apropos Film, da gibt es auch schon ein Video über die ersten Versuche in meinem Kanal: (und da ist es wieder... dieses dämlich Grinsen der Bootfahrer)
hallo Gregor, das ist ja eine unglaubliche Schönheit, ganz besonders wenn man das Video sieht.Gratuliere! Kommst Du zum Dransersee? Dürfen wir das Böötchen dann mal anfassen? Ciao! Fred&Caroline
Zitat von trullox im Beitrag #6hallo Gregor, das ist ja eine unglaubliche Schönheit, ganz besonders wenn man das Video sieht.Gratuliere! Kommst Du zum Dransersee? Dürfen wir das Böötchen dann mal anfassen? Ciao! Fred&Caroline
Tut mir leid, das schaffe ich nicht. Vielleicht im nächsten Jahr.
Zum Kringelfiebertreffen 2015 sollte es aber klappen.
Glückwunsch zum sehr schönen Boot, da werden Träume wahr. Ein Weg der nicht irgendetwas Kostbares beschert hat, schöne Geschichte mit schönen eingefangenen Bildern und Filmchen, vielen Dank. Für Canadier aus Holz habe ich auch schon eine Schwäche entwickelt, die jetzt wieder angefeuert wurde, in Wendelstein, nicht so weit weg von mir, werde ich bei Gelegenheit mal in eine Kanumanufaktur eintauchen.
Hallo Gregor, vielen Dank fuer deine nette Worte :) Wir haben uns auch locker in deiner Geselschaft gefuehlt. Danke fuer deinen Besuch. Ich werde im Herbst 2014 noch ein Holzkanu bauen und zum Verkaufen ausstellen :) Hier ist ein kurzes Video vom Kanu-Test:
Yes, i got your mails. :) I had 4 days kanu trip down the River Kwisa - Bóbr, on distance Leśna - Żagań - Leodent. 4 days without internet. It was fabulous time. But something went wrong with memory card, and i don't have so much recording of that... Please don't buy cheap memory cards ever! Wine is made of white grapes.
Zitat von Gabriel im Beitrag #11... I had 4 days kanu trip down the River Kwisa - Bóbr, on distance Leśna - Żagań - Leodent. 4 days without internet. ...
You lucky guy!
Ayita brauchte ja auch einen Namenszug. Im Original sieht es ganz gut aus, die Farben auf den Fotos stimmen überhaupt nicht. Aber ich suche noch jemand, der mir den Namen in 1,0 mm gebürsteten Messing- blech mit einem Wasserstrahler ausschneidet, oder aus einem hübschen Furnier...
Das ist also nur ein Provisorium um Ärger aus dem Weg zu gehen...
Was für ein super schönes Boot! Da glaub ich gern, dass das dein ganzer stolz ist, das sieht echt toll aus! @Gabriel : wie lange brauchst du denn um so ein schönes Kanu zu bauen? (How long does it take to build such a great boat?)
Eike, this one took me about 300 hours. Every decorations takes exta time, also holes in gunwale takes lot of time, and more more patience. Also i'm not using staples what extend forming of hull x 4. If you know how to build this kind canoe without nice things i write above, you can do it even in 200 hours. If you don't know how to do it, you can spent much much more time. I encourage all to build their own canoe. It's possible, makes proud of own work, but builder must be patient end exact. For me that kind of work is easier, i'm carpenter and scalpturer, but somtimes mistakes happenig even me.
So... time of making canoe depends of your final expectings. I keep my expectations on high level, and still learn more how to make my work more exact.
Wow, 300 hours! But like Gregor said, its a great result. I never thought about builing my own canoe. But if it ever will happen, I guess I will give my best and would spend some 100 hours more to make it special. And I agree with you: this kind of work makes you very pround - its your Baby!