Diesen Bericht habe ich nach einer Fahrt im März 2014 geschrieben. Heute, am Ostermontag 2. April 2018, habe ich die Fahrt wiederholt - und es hat sich mir doch einiges anders dargestellt als "damals" beschrieben. Ergänzungen 2018 also in freundlichem Rot:
Also: München HBf ab 7.44 Meridian nach Rosenheim, dann RB Ri. Landshut, an Jettenbach 9.18 -Bedarfshalt, Zugführer bescheidsagen - Zur Sommerzeit kann man auch einige Züge später fahren, und die Strecke ab München Ost über Mühldorf nach Jettenbach kam mir kürzer und reizvoller und an Feiertagen nicht so überlaufen vor.
Das frühe losfahren lohnt sich, die Strecke ist schön und wenn man alle Sohlrampen und -schwellen vor dem Befahren anschaut, was bei einem Pegel von 122cm durchaus geraten ist, dauert die Tour einen ganzen Tag.
Ich bin heute bei 133cm gefahren. Viel besser! Man muß die Rampen nicht anschauen, wenn man einigermassen sicher rückwärts seilfähren kann - vom Boot aus sieht man die Durchfahrten erst im letzten Moment, dann muss man eben reagieren können - das konnte ich vor 4 Jahren noch nicht so gut.
Strecke ~22,5km, Pakcanoe bei Gegenwind, nur eine kurze Pause: 5,5 Stunden. Heute: 4 Stunden
Befahrungsregeln: für die beschriebene Strecke keine; Mindestpegel Kraiburg ist 100cm, heute war eher Niedrigwasser mit Pegel 122cm, grenzwertig, bei 20cm weniger Wasser will man hier nicht fahren.
Unterhalb 133cm fahre ich hier nicht mehr, das hat heute soviel Spaß gemacht...
Karte: Bayrisches Landesvermessungsamt UK50-44 Altötting-Burghausen oder Jübermann; Beschreibung der Tour ausführlich kilometriert beim SV Wacker Burghausen, Kanuabteilung, Zaunhubers Kurzbeschreibung der längeren Tour von Wasserburg nach Mühldorf (53km) gibts noch im Kanumagazin.
Der Inn fließt hier in seinem letzten unregulierten / renaturierten Stück in Bayern, denn die auch hier vorhandenen Kraftwerke werden über den vorher an der Staustufe Jettenbach abzweigenden Werkskanal versorgt.
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Früh aufgestanden also, der Meridian macht seinem schlechten Ruf alle Ehre und fährt am Hauptbahnhof schon zu spät los. In Rosenheim umsteigen ist seit dem Umbau (Aufzüge!) kein Problem mehr, der Schienenbus wartet auf Gleis 1a und bummelt dann los durch einen idyllischen recht leeren Teil von Oberbayern. Der Zug fährt oberhalb der Inntal-Hangkante und überquert ihn nur kurz vor Gars.
Wie oben: man kann durchaus später fahren, zB um 9:17 ab München Ost nach Mühldorf, dann nach Jettenbach (sind ca. 10min), dann ist man um 11 am Einstieg, das reicht dicke, wenn man so langsam aufbaut wie ich. Und: irgendwinen Vorteil muss die P(l)ackere ja haben, wenn man kein Auto umsetzen muß, kann man gemütlich später losfahren
Jettenbach Bahnhof ist dann ein Haltepunkt fast auf freier Strecke. Vom Bahnsteig in Fahrtrichtung aussteigen, hier folgt gleich die drittgrausigste Etappe der Tour: ca. 20min Fußmarsch an der Bundesstraße entlang zum Einsetzpunkt. Kein Randstreifen, das Gras ist kurz und der Boden trocken, so gehts einigermaßen. Schön ist ganz anders, auch wenn wenig Verkehr ist. Der Einsetzpunkt ist ausgeschildert (nicht vorher Ri. Wehr links abbiegen) unter der Straßenbrücke rechtsufrig und offensichtlich vielbenutzt - tiefe Fahrspuren bis ans Wasser. Hier baue ich das Boot gemütlich und sorgfältig auf - ich hab ja Zeit und es ist noch lange nicht die angekündigten 18°C warm und recht windig. Um 11.30 komme ich dann los.
Es folgt gleich die erste Sohlrampe und es wird deutlich wie wenig Wasser unterm Boot ist. Ein kurzes Hoppala, dann beruhigt sich der Inn und ich mich auch. Der Fluß wird schnell breit, ich halte mich am Prallufer, denn am Gleitufer ists kiesig flach. Das Boot gleitet knapp über große Findlinge, die unter Wasser liegen wie Seeelefanten und sich durch Veränderungen in den Windriffeln auf dem Wasser verraten. Ach ja, Wind. Ich hätt es mir ja denken können, ich bin schon oft im Inntal geradelt: es ist ein weites, tiefes Trogtal, das sich der Wind als Bahn ausgesucht hat. Die Strömung ist schwach, der Wind ist auch nicht stark, aber ausdauernd, gleichmässig kleine Wellen stromauf blasend. Es sieht so aus, als würde man gegen den Strom paddeln. Wenn ich aufhöre zu paddeln, dreht sich mein Boot quer zum Fluß und bleibt einfach stehen. Gut getrimmt. Je nach Richtung des mäandernden Flusses kommt der Wind mehr oder weniger von vorn, spürbar ist er fast den ganzen Tag, und ich habe ein paarmal laut geflucht, wenn er bei der Anfahrt einer Sohlrampe plötzlich stärker zu werden schien. Und ich hatte die Spritzdecke zuhause noch in der Hand gehabt… nächstesmal pack ich sie ein.
Ich habe die gründliche Flußbeschreibung des SV Wacker Burghausen vor mir liegen, und versuche abzuschätzen, wie lange ich brauchen werde. Als die nächste Rampe sich rauschend ankündigt, lege ich an einem feinen Sandstrand an und geh schauen. 3 Rampen hintereinander, sie sind rechts halbwegs fahrbar, die letzte, etwas flachere, beschließe ich zu treideln. Das hätte ich mal üben sollen - es ist eher ein Boot-über-Steine-ziehen und dauert furchtbar lang und schaut bestimmt arg unsouverän aus. Auch dauert das Anhalten, Aussteigen und Schauen lang, wenn man bedenkt, daß es auf der Strecke sicher 20 solcher Stellen gibt. Ich nehme an, daß bei 20-40cm mehr Wasser die Rampen deutlich überspült, die Wellen aber auch größer sein werden. Die nächsten Rampen und Schwellen schau ich mir ab jetzt jedenfalls vom Boot aus an, die Stromzungen sind gut zu sehen, meistens auf der rechten Seite und einigermaßen gut zu fahren - ein paar Steinberührungen hinterlassen keine Spuren am Boot, die Haut gibt einfach nach. Zweimal fahre ich doch auf einen Stein auf, obwohl ich den vorher gesehen habe - Steuerkünste sind noch verbesserungsfähig. Ansonsten klappt es fast immer. Fast. Für mich eine gute Übung im Flußlesen, schnell entscheiden und dann entschlossen fahren, intuitiv-abrasiv, quasi.
Der Wackere Sportverein hat allerdings ein paar Sohlschwellen / -rampen ausgelassen, scheint mir. An einer Stelle fahre ich fast auf ein Gußrohr auf. Beim späteren Nachlesen im DKV-Führer heißt es "Gasleitung quert" - das könnte es gewesen sein. (Der Führer kam erst nach der Tour per Post an, obwohl schon lange vorher bestellt)
Um 14.30, also nach 3 Std, bin ich bei der als Brotzeitplatz beschriebenen Insel, die heute wegen Wassermangel eine Halbinsel ist. Beim Brotzeiteln begegnen mir die einzigen Paddler, die ich heute treffe: Zwei im feinen Laminatboot namens "Ganes" fahren vorbei, kurzes Winken, sie sind weiter, ich dann auch bald. Es folgt der Heistinger Hang, ein spektakulär hohes Prallufer aus Kiessand, das vom scharf abbiegenden Inn ständig benagt wird. Es bröselt wirklich hörbar vor sich hin - selten kann man der Erosion so schön zuschauen. Es folgen noch viele Schwellen und Rampen, daß es mir eigentlich schon fast reicht, aber man kommt ja nicht aus. Ich steige wieder öfter aus und schau sie mir an, oft stehen Steine wie eine Schafherde im Fluß, nur - meistens, aber nicht immer rechts - ist eine schmale Passage.
Irgendwann kommt eine Straße mit Bebauung dem Fluß ganz nah. Laut meiner BLVA-Karte ist das schon Mühldorf, der Plan des SV Wacker hat seine Aussetzstelle erst 5km weiter unten, der Bahnhof ist aber hier näher. Noch eine letzte Rampe, da drüben ist schon ein Strand in der Abendsonne, zum Abbauen. Ich fahre die Rampe rechts an, weil links Wellen und Steine sind, und es knirscht und ich hänge auf einem Stein. An der allerletzten von gefühlt 20 Rampen! Ich fasse es nicht, schimpfe vor mich hin, das Boot dreht sich gleich quer zum Fluß, die Strömung ist recht stark, Aussteigen geht nicht… Mist. Ich schaukele das Boot irgendwie los, es dreht sich wild und ich rutsche rückwärts die Rampe hinunter, ohne umzufallen, aber viel hätte nicht gefehlt. Sehr lehrreich; Ich steuere das Sandsträndchen gegenüber an; Sand allerdings ist blöd zum Bootabbauen, ich muß wohl oder übel noch weiter stromab, weg vom Bahnhof. Es folgt ein letzter schöner Schwall mit größeren Wellen, dann eine Kiesbank, auf der sich jede Menge junger Mühldorfer tummeln. Schöne Stadt, die soviel von ihrem Fluß hat. Leider habe ich kein Abbaubier, aber es gibt Tage, da schmeckt der Rest Wasser aus der Flasche fast genausogut, und heute ist so einer.
Ich zerlege das Boot, verpacke es wieder, wuchte den Bootswagen das Ufer hinauf und zockele los. Nun folgt die zweitgrausigste Etappe der heutigen Tour: der 14%-Berg, das lange Steilufer des Trogtales hinauf, der bahnhof ist natürlich ganz oben. Leider hab ichvergessen, mir die Mühldorfer Abfahrtszeiten zu anzuschauen, so verpasse ich meinen Zug um 10 Minuten und muß 50min warten. Wenigstens hat der Bahnhofskiosk offen - Sonntag um 19Uhr! Mühldorf, Du Rom des Landkreises Mühldorf! und es gibt kaltes Traunsteiner Hofbräu! So kaufe ich mir mein Aufbau- GIpfel- und Abbaubier in einem und ziehe frohen Mutes zur nagelneuen Brücke über die Gleise. Aufzug endlich gefunden - Ausser Betrieb… und jetzt kommt die grausigste Etappe - das Boot durch die Unterführungen schleppen: Treppe runter, Treppe rauf, um auf dem Bahnsteig dann fast selbst zusammenklappen.
Die oben als "grausig" beschriebenen Etappen habe ich heute als vollkommen harmlos erlebt. Das halbe Stünderl den Berg rauf zum Bahnhof nach so einer schönen Tour ist wirklich nicht der Rede wert, inzwischen funktionieren auch die Aufzüge
Fazit: 1. Der Inn ist (auf dieser Teilstrecke) sehr schön; hier werd ich noch öfter fahren. Zaunhuber setzt ihn mit der Isar gleich. 2. Bequemes fahren erst ab Pegel Kraiburg ~140cm oder mehr - 122 war knapp. 133 ist i.O. 3. Spritzdecke gegen den Wind und bei höheren Pegeln vermutlich auch gegen das Wasser 4. Früh losfahren, Zeit lassen und abends Mühldorf geniessen - ich hab mir die Zeit für letzteres nicht genommen. 5. Wer kann, verzichte auf das Zugfahren und mache die Tour mit dem Auto - oder mit einem leichteren Boot. Die Wege vom und zum Zug sind lang und unschön und nur was für Extremisten.
s.o. Wahrschenlich bin ich heute abgebrühter und weiß besser, was ich an der unabhängigen Alleinfahrerei mit dem Pakcanoe eigentlich habe und stelle mich deshalb nicht mehr so an wie vor 4 Jahren. Was besseres als in Ruhe und vollkommen stressfrei einen schönen Fluß runterzufahren, gibts doch eigentlich nicht.
Ich bin die Tour heute am Ostermontag - nach 4 Jahren - zum ersten Mal wieder gefahren und habe meinen Breicht oben etwas kommentiert. Schee wars, sauschee :-)
Sohlschwelle / -rampe von unten. Von oben sieht man - nix.
Heute (fast schon: gestern), am Karsamstag 2019, bin ich die Tour wieder gefahren. Das Kraftwerk bei Töging wird umgebaut, die Ausleitungsstrecke ab Jettenbach kriegt mehr Wasser - heute um die 150cm statt der 130cm sonst um diese Jahreszeit. Mehr Wasser = mehr Spaß, alle Sohlschwellen blind befahrbar, aber auch riesige Kehrwasserkreisel hinter den Buhnen von Kraiburg.
Und: 4 Stunden Gegenwind, wie immer :-), da half auch das neue Paddel nix - nach 23 km Blasen an den Händen und morgen Muskelkater. Ansonsten: Sonne, karibisch blauer Himmel über türkisem Wasser, aber auch große Teile des Ufers mit Bluetoothboxen beschallt, denn ich war zwar der Einzige auf, aber bei weitem nicht der Einzige am Fluß. Wetter toll, Laune auch, beim nächsten Mal nehm ich zwei Bier mit statt nur eins (Brotzeit + Abbau) und ein leichtes schmales Holzpaddel gegen den Gegenwind.
Sehr schöne und für mich (paddeltechnisch) unbekannte Gegend. Danke für das erneute Zeigen. Hättest du Lust auf eine gemeinsame Falterausfahrt? Vielleicht im Oktober? Vorher sind wir hoffnungslos ausgeplant Stelle mir das auch schön bei Laubfärbung vor.
Grüßle, Stefan
__________________________________________________ Stark und groß durch Spätzle mit Soß' ..... Gottes schönste Gabe: der Schwabe!