Moin,
vielleicht traut sich jemand, der öfters laminiert eine Ferndiagnose zu. Mein Problem: Ich habe eine Schadstelle an einem Stripper Canadier repariert. Glasmatte angeschliffen (nicht bis auf`s Holz. Nach Vorschrift und unter Beachtung von Temperatur (20°C), Mischverhältnissen usw mit West System zwei Lagen Köpergewebe 160 gr. laminiert. Nach der Trocknungszeit war das Ergebnis mechanisch ok aber optisch nicht so gut, da ich einen weißen Schatten im neuen Laminat habe. Wer hat einen Tipp? Zu hohe Luftfeuchtigkeit,80%? Örtlichkeit war ein Bootshaus. Nun habe ich gelesn, es gibt Glasgewebe, die sich nicht klar laminieren lassen...?
viele Grüße
docook
Hallo docook!
Ferndiagnose ist immer schwierig, aber ein paar Dinge fallen mir dazu ein:
Die Härter von EP-Harzen reagieren mit Feuchtigkeit, auch aus der Luft. Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit sollte man daher vermeiden.
Es dauert übrigens bei vielen EP-Systemen bei Raumtemparatur bis zu 7 Tage, bis sie völlig vernetzt sind. Kommt das Laminat vorher mit Wasser in Kontakt, kann es sich eintrüben, da unvernetzte Untergruppen mit dem Wasser reagieren, übrige Moleküle keine Reaktionspartner mehr haben, Härter mit dem Wasser zu Aminsalzen reagieren, etc..
Weitere Möglichkeit: Luft. Besonders hochviskose Harze können beim Mischen feine Luftblasen aufnehmen. Die können im Laminat verbleiben und es so optisch eintrüben. Das ist zwar nur selten und bei tieferen Temparaturen der Fall, kann aber wenn nötig durch entlüften im Vakuum oderdurch einen chemischen Zusatz vermieden werden.
Staub auf der Oberfläche (vom Schleifen) im Gewebe, Becher oder in der Luft könnte eine weitere Möglichkeit sein.
Das Fasermaterial selbst könnte schlecht getränkt worden sein, oder nicht für EP-Harze geeignet gewesen sein (Stickwort Puverbinder, ist aber eigentlich nur bei Fasermatten üblich).
Das ist mal was mir auf die Schnelle dazu einfällt. Ein Foto wäre natürlich hilfreich.
ja,es gibt 160 g-Gewebe,die sich nicht vollkommen klar laminieren lassen. Solche, die nahezu vollkommen klar werden, haben meistens den Zusatz "Aero". Sie sind etwa 1 EUR/m2 teurer.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich 110 oder 120 g/m2 viel klarer und brillianter verarbeiten lassen als die 160 g/m2.
Mit mikroskopisch kleinen Luftblasen und mit Staub hatte ich auch schon Probleme mit einem weissen Schleier.
Wenn Du die Stelle neu aufbauen möchtest, dann spart der Heissluftfön viel Zeit.Beim Abziehen des aufgeheizten Gewebes wird die Fehlstelle leider grösser - und muss dann vom nackten Holz aus neu aufgebaut werden.
Trübung durch Reaktion mit Luftfeuchtigkeit kann man auch durch auflegen einer Acetalfolie vermeiden - diese sind z.B. als Overheadfolien im Umlauf.. wenn mans sauber hinkriegt gibt es eine superglatte Oberfläche - mangels Luftkontakt vor allem eine klare.. aber das ist eher ein blushingthema, denke ich. Was Du beschreibst, hört sich für mich auch eher nach unvollständig benetzten Fasern an, evtl. durch falsche bzw. inkompatible Schlichte (das ist die Vergütung des Gewebes, die dazu dient dass das Harz gut einfliesst, um den perfekten Kontakt zu gewährleisten und genau das zu verhindern, was dir vermutlich passiert ist..).
Am besten in Zukunft Harz & Gewebe zusammen testen, bevor man "in Produktion" geht ;D
Wer mit Schlichte versehenes Material nimmt, sollte erst garnicht damit laminieren. Gefinnnishte Gewebe sind fürs Laminieren besser geeignet, da das Harz zügiger in die Fasermatten eindringen kann und die Verbnidung zwischen Glas und Harz beim Finnish besser funktioniert. So gab es bei mir noch nie weiße Schatten beim Laminieren.
war mir noch gar nicht bewusst, dass die beiden Begriffe "Schlichte" und "Finish" Unterschiedliches bezeichnen - ich dachte bisher, es gibt unterschiedliche Schlichten (geeignet für unterschiedliche Harzsysteme) oder gar keine. Was ist denn der Unterschied?
OK - hast recht, ich konnte es nicht abwarten und habe selbst mal nachgeschaut.. demnach ist die Schlichte kein Haftvermittler, sondern ein Rest der Verarbeitungshilfsmittel aus der Weberei. Finish - dieser Haftvermittler eben - wird dagegen nur auf gewaschenes und damit von Schlichte befreites Gewebe aufgebracht. I.d.R. wird das ganze z.B. bei "Aero-Qualität" gemacht.
Gut, dann hätten wir das auch geklärt, d.h. das war dann das, was ich oben eigentlich meinte - inkompatibles Finish, wobei Schlichte auch inkompatibel mit gewissen Harzen sein kann..
Es gibt verschiedene Arten von Schlichten. Textilschlichten bestehen in der Regel aus Stärke und Ölen und schützen die Faser während der Weiterverarbeitung vor Reibung. Die Textilschlichte verschlechtert die Haftung der Matrix. Gewebe mit Textilschlichte werden in der Regel thermisch entschlichtet oder Gewaschen und danach mit einem Silan gefinisht. Die meisten Glasfasergewebe haben jedoch eine Silanschlichte die direkt nach dem Spinnen auf die Faser aufgetragen wird. Sie dient sowohl dem Schutz der Faser als auch als Haftvermittler der mit den meisten Reaktionsharzen reagiert.
Die Bezeichnung Aero sagt nur, dass das Luftfahrt-Bundesamt keine Einwände gegen die Verwendung eines Werkstoffs im Flugzeugbau hat, sofern der Verwender die Eignung feststellt. Die GL-Zulassung regelt ähnliches für den Bootsbau.
Bei transparenten Oberflächenbeschichtungen ist ein gefinishtes Gewebe sicher Hilfreich. Es ist auch etwas geschmeidiger, verzieht sich aber auch leichter, besonders in Köperbindung. Es geht aber auch ohne und Aero muss es sicher nicht unbedingt sein. Wenn Temperatur, Sauberkeit und Luftfeuchtigkeit nicht stimmen wird es auch mit dem teuersten Gewebe nichts. Ebenso spielt das Harz eine gewisse Rolle. Am Ende ist es vor allem handwerkliches Geschick und Erfahrung die den Meister macht.
Moin, ich habe noch nichts repariert bzw den Zweitversuch gestartet. Einmal wegen fehlender warmer Arbeitsräume und auch weil ich momentan nicht motiviert bin. Mechanisch haät`s ja auch bisher. Soweit der Zwischenstand... Viele Grüße docook
Moin, hier die abschließende Information (nach wie vor steht die Fehlerquelle bei dem ersten Laminierversuch nicht so richtig fest). Ich habe die weiße Reparaturstelle herausgeschliffen und mit neuem Glasgewebe- 160g/qm Köper- und neuem Epoxydharz laminiert. Dabei habe ich im August Tage gewählt mit milden Temperaturen und wenig Luftfeuchtigkeit (so um die 20°C, 60% rel. Luftfeuchte im Bootshaus gemessen). Das Ergebnis ist ein klares Laminat also alles ok. Viele Grüße docook