Der Wild Fire ist ein Kanadier, der von Bell Canoe Works in den USA hergestellt wird. Er hat eine Länge von 14' (427 cm), auch für einen Solo-Kanadier ist das recht kurz. Mittschiffs zeigt der Wild Fire deutliches tug in, was in einer Breite von 69 cm an den Gunnels resultiert. Die maximale Breite ist mit 76 cm deutlich größer. Der Wild Fire hat einen deutlichen Rundboden, was man auch an der Breite bei 8 cm Wasserlinie sieht. Sie beträgt 67 cm (wird laut Bell bei einer Zuladung von 110 kg erreicht). Die Bordwandhöhe liegt Mittschiffs bei 32 cm, im Bug bei 47 cm, das Heck zeigt 42 cm. Wie auch andere Boote von Bell hat der Wild Fire differentiellen Kielsprung. Im Bug sind das knapp 6.5 cm, im Heck 3.8 cm. Das ist bei 14' Gesamtlänge schon recht viel. Die optimale Zuladung liegt laut Bell zwischen 70 und 130 kg. Ich halte das für realistisch, würde selbst auch nicht mehr als 70 kg zusätzliches Gepäck mit in das Boot nehmen. Das Gewicht des Bootes liegt je nach Ausführung zwischen 15 (Kevlar Ultra Leicht) und 20 kg (Royalex). Wie man es von Bell nicht anders kennt, ist die Verarbeitung sehr gut. Das Laminat ist erstaunlich sauber gearbeitet, der Holztrim ist genau angepaßt und hat die ein Bell kennzeichnenden Walnuß Decks. Formschön ist der Wild Fire wie kaum ein anderes Boot.
Wenn man in den Wild Fire einsteigt, bemerkt man zunächst eine nicht besonders hohe Anfangsstabilität. Du sitzt also im Boot und beginnst zu paddeln, Du bemerkst, das man für 14' recht schnell unterwegs ist. Der Ausfluß am Ende des Sees ist schneller erreicht als Du eigentlich gedacht hättest. Der Bach beginnt sich in engen Kurven mit flotter Strömung dahinzuwinden. In der ersten Kurve bemerkst Du es dann. Du legst das Boot auf die Seite, lehnst es in die Außenkurve, wie von Geisterhand fährt es jede Kurve aus, wird dabei nicht einmal wesentlich gebremst. Die vielen kleinen Querströmungen gleiten unter dem Rumpf einfach hindurch, jetzt hast du ein breites Grinsen auf dem Gesicht, kein noch so kleines Kehrwasser wird ausgelassen um das Boot zu drehen, dann geht es rückwärts weiter, bis Dir einfällt, daß Du eigentlich mal einen ``reverse christie''2 probieren könntest. Kurz danach geht es vorwärts weiter, obwohl das Grinsen eigentlich ohne Spätfolgen nicht mehr breiter werden kann, wird es breiter. Auf eine Drehung folgt der nächste Kringel, dann versetzt Du das Boot seitlich mit einem ``side slip'', weil ein Baumstamm fast über den ganzen Flußragt. Fast ohne einen Laut von sich zu geben gleitet der Wild Fire zur Seite und dann weiter an dem Stamm vorbei, jetzt tut das Grinsen schon weh. Dann fällt Dir auf, daß es schon viel zu spät ist, obwohl Du auf dem See viel schneller warst, hat die fahrt viel länger gedauert. Das muß wohl irgendwie mit dem Grinsen in Deinem Gesicht zusammen hängen. Am Aussetzpunkt fällt Dir wieder die Anfangsstabilität auf, das Grinsen ist aber immer noch so groß wie zuvor.
OK, daß war nicht ganz objektiv, zeigt aber wo der Wild Fire zu Hause ist. Auf nicht zu großen Seen ist er recht schnell unterwegs, läuft in Wellen aber nicht so trocken wie andere, längere Boote (z.B. Rendevous). Bei der Drehfreudigkeit fällt mir aber kein anderes Boot ein, daß so schnell ist. Die Drehfreudigkeit ist allerdings an das Maß der Kannte gebunden. Damit wird auch klar, warum der Wild Fire so gern zum Freestyle-Paddeln benutzt wird. Sicherlich gibt es auch hier Boote, die das besser können (wie der z.B. Twister), jedoch haben die dann auch kein Volumen mehr um mal 2 Wochen auf Tour zu gehen. Wildwasser ist nur sehr begrenzt möglich. Auch wenn der neue Bell Katalog etwas anderes impliziert, halte ich das Boot nur für leichtes Wildwasser geeignet. Die Stärke des Bootes liegt in anderen Bereichen. Ich kann mit meinem Wild Fire auf dem nächst besten Teich Freestyle paddeln, jeden Bach ohne schweres Wildwasser fahren, auf Seen ist man für die Länge von 14' schneller als mit jedem anderen Boot dieser Klasse und es geht genug Gepäck hinein, um kurze Touren von bis zu zwei Wochen zu machen.
Wie alle Bell Kanadier ist auch dieser kein Sonderangebot. Preise liegen zwischen DM 3140.- (Royalex mit Vinyltrim) und knapp DM 6000.- (Carbon). Für knapp DM 5000.- bekommt man den Wild Fire in WhiteGold mit Holztrim, das halte ich für sinnvoll. In Deutschland bekommt man nähere Informationen bei Wooden Boat. Allgemeines auf der Seite von Bell Canoe Works.
Ja, was soll ich zu so einem profunden Bericht noch Schreiben? Neues werdet Ihr nicht erfahren. Egal - ich tu´s trotzdem. Vielleicht, weil ich Jans Begeisterung teile, vielleicht auch um aus der Sicht eines weniger erfahrenen Paddlers etwas zu diesem Boot zu sagen, dessen wirkliche Stärken höchstwahrscheinlich wohl tatsächlich nur einer zu beschreiben weiß, der auch paddeln kann. Aber wie gesgt: sei´s drum. Ich habe bislang nur spärliche Erfahrungen machen dürfen. Zunächst in einem schweren GFK Boot, ich glaube eine Marke oder einen Namen hatte das gar nicht, dann in einem Boot von Ihr wisst schon wem und nun nach langer Pause sind wir zu einem Bell Boot gekommen. Jans Bericht über den North Wind war sehr hilfreich. Danke! Aber den Ausschlag gab dann das Probepaddeln. Das hat einfach gestimmt. Mit dem North Wind war ich dann fast jeden Abend auf der Ostsee, wenn der Wind eingeschlafen war. Herrlich war das. Aber nach 1 1/2 Stunden hatte ich kaum noch die Kraft, als recht kleiner Mann das Boot allein auf meinen VW-Bus zu hieven, ohne dabei einen Spiegel abzubrechen. Da wir ein wenig Geld über hatten, wuchs der Wusch nach einem Solo-Boot. Nach einiger Lektüre hier im Forum wollte ich gern einige Boote testen. Der Jörg sagte mir am Telefon, dass er für mich den Wild Fire favorisieren würde. Ich wollte nämlich in erster Linie ein leichtes Boot, mit dem ich am Abend nach Feierabend einige Kringel fahren kann, einen 2er begleiten und auch mal allein auf Kurztour gehen kann. Ach ja und außerdem wollte ich auch leichtes WW damit fahren können, wenn ich das denn mal gelernt habe. Klar, die „eierlegende Wollmilchsau“ gibt es wohl nicht aber ich war gern bereit, mich auf Jörgs Riecher und Erfahrung zu verlassen. Er kam in den Norden und ich konnte das Boot testen, wenn auch nur kurz, weil es heftig zu gewittern anfing. Dann hatte ich es irgendwann trotzdem und der erste Eindruck bestätigte sich: ich bekam Angst, zu kanten. Im größeren Boot war das nie ein Problem aber im Wild Fire ging das so schnell. Eine Bewegung und das Boot lag schon auf der Kante. Daran musste ich mich gewöhnen. Die Stabilität eines größeren Bootes, die mir Sicherheit gab, war einfach nicht da. Aber man kommt doch recht schnell damit klar. Ich hatte das Gefühl, nicht nur jede Bewegung meines Körpers, natürlich auch jede des Paddels wird sofort umgesetzt. Von den Manövern, die Jan beschreibt, träume ich noch aber all das, was ich mit meinen wohl kaum zu benennenden Paddelschlägen beabsichtigte, geschah auch und das war klasse. Die Drehfreudigkeit des Wild Fire ist sagenhaft. Und tatsächlich kam ich auch schnell voran, wenn ich es wollte. Vielleicht hätte ich Probleme unseren North Wind zu begleiten, wenn 2 erfahrene Paddler drin sitzen aber so lange unsere Kinder keinen Kurs machen, wird es wohl gehen. Dann der erste Fluss. Leicht bewegtes Wasser. Da habe ich Jans Grinsen verstanden, das immer breiter wurde. Auch wenn ich froh war vorwärts fahrend sauber durchzukommen, war das Kurven ausfahren auf einem wirklich kurvigen Bach (Treene im oberen Verlauf) nur spaßig und schön. Geradezu spielerisch, selbst eben für einen eher unerfahrenen Paddler. Dann habe ich das Boot einfach mal beladen. Nur so zum Spaß. Zeit für eine Tour hatte ich leider nicht. Gepäck für etwa 4 Tage. Und dann in der Ostsee ausprobiert, was geht. Ich glaube, die Leute am Ufer haben sich köstlich amüsiert. Aber das war mir egal. Ich wollte wissen, was mit Gepäck passiert und wie sich das Boot verhält. Nachdem ich die Ladung zum dritten Mal anders geordnet hatte, war ich zufrieden. Ordentlich festgezurrt war sogar Kanten möglich. Gut, etwas behäbiger ging es schon zu aber ich hatte nie das Gefühl unzufrieden sein zu müssen. Ich konnte noch genügend Fahrt machen und die eingebüsste Wendigkeit war völlig ok. Jetzt habe ich den Sitz etwa 4 -5 cm herabgesetzt und nun kann ich mich zur Entspannung auch mal hinsetzten. Hab ich schon erwähnt, dass ich kein großer Mensch bin? Der Sitz selbst und auch der Schwerpunkt war mir auf dem werksseitig positionierten Sitz einfach zu hoch und dann das Boot für meinen Geschmack deutlich zu instabil. Nun ist es tadelsfrei. Je öfter ich mit dem Boot fahre, desto sicherer fühle ich mich. Auch die mangelnde Anfangsstabilität macht mir nichts mehr aus. Ach ja: Wind ist kaum ein Thema. Gut, bei Starkwind habe ich das Boot noch nicht getestet aber mit den „normalen“ Widrigkeiten bei uns im Norden komme ich im Wild Fire gut klar. Mit der richtigen Position im Boot geht sogar das Paddeln gegen den Wind erstaunlich unkompliziert.
Ich habe mehrfach die Bezeichnung Spielboot im Zusammenhang mit dem Wild Fire gelesen. Wenn damit gemeint ist, dass es möglich ist, damit um die Kurven eines Baches „herumzuspielen“, oder auf Flachwasser einige Kreise oder Kurven zu fahren, nur so zum Spaß, kann ich da zustimmen. Ich würde aber sehr wohl sagen, dass das Boot ein durchaus ernst zu nehmender Solocanadier ist, mit dem auch vieles möglich ist. Sicherlich – und das mag eine Einschränkung sein - ist seine Tourentauglichkeit mit davon abhängig, wie schwer der paddelnde Mensch selbst ist. Für mich ist seine Größe und seine Ladekapazität jedenfalls ausreichend.
Sehr langer Rede kurzer Sinn: Ich finde, Jan hat völlig Recht und dieses wunderschöne Boot ist nicht nur was für „Profis“. Auch Menschen mit deutlich weniger Erfahrung werden an diesem Prachtstück ihre Freude haben. Und ich freu mich riesig auf den ersten Kurs. Wahrscheinlich gefällt mir der Wild Fire danach doch noch besser als jetzt schon. Viele Grüße von Ole