„Quäl dich du Sau“ 3 Monate Abstinenz vom Paddeln. Ich hatte mir vorgenommen erst wieder auf´s Wasser zu gehen bis eine größere Bootsreperatur abgeschlossen war. Letzte Woche war es so weit. Die Arbeiten am Royalex waren zu 80 Prozent abgeschlossen. Ich wollte wissen, ob meine Verarbeitung auch heftigen Belastungen stand hält, bevor die kosmetischen Arbeiten an Unterschiff beginnen.
Samstag morgen, die Sonne geht über dem Tal auf. Mit dem Kaffeebecher in der Hand genieße ich den Fernblick über das Tal. Die Mondsichel steht im Süden noch hell am Himmel, links unterhalb lächelt Venus - das wird ein herrlicher Tag . Der Entschluss viel auf Mosalb und Schwarzbach. Wegen Baumhindernissen sicher keine Spaßtour aber ein guter Materialtest für die Reparaturen am Boot. Also bloß kein großes Gepäck. Handylinse statt Kamera, Thermoskanne statt Kelly Kettle. Am Ende vom Tag war ich froh über den Entschluss.
Einstieg am Ende vom Karlstal. Am verfallenen Wehr begrüßte mich schon das erste Baumhindernis.
Der Fluss ist hier stellenweise nur 2 m breit. Nicht unbedingt ein typisches Canadierrevier. Aber die Einsamkeit des Tales hat seinen Reiz. Nach 2 km häufigeren Umtragens ein Hof mit tief liegender Brücke. Ich muss mich unter den Sülrand legen und hangele mich mit den Händen unter der Straßenbrücke durch.
Vor dem Mühlenweiher „Knochenhauermühle“ wird der Fluss breit und flach. Weiden gehört der Fluss, ich muss „einige“ Meterchen umtragen. Der Raureif und Reste von Schnee machen das Portagieren heute leicht. Ziehen und Schieben statt tragen. Die letzten Meter dann Paddeln auf dem Mühlenweiher bis Seeende zum Umtragen zwingt. Den Schwall an der verfallenen Pulvermühle umtrage ich auch. Bei den Temperaturen keine Experimente: Kein Handyempfang, 2 km bis zum nächsten Ort, ich will paddeln und nicht frieren ...
Geiselberger Mühle ist eine nette Stufe. Bei Hochwasser sicher fahrbar, aber heute lieber nicht. Ich freue mich auf die Kneipe beim Campingplatz. Die Gäste sind über die Schwimmweste und das Paddel etwas irritiert, aber das legt sich schnell. Die Küche ist lecker und preiswert. Heute ist Schlachtfest. Als ich die Portionen sehe ist klar, das der Tag hier zu Ende ist, wenn ich das Tagesmenue bestellen würde. Entweder ich brauch danach einen Verdauungsschlaf oder das Boot geht beim Wiedereinstieg unter.
Der Fluss wird jetzt angenehmer. „Weniger“ Baumhindernisse, etwas breiter, die Strömung bleibt flott. Dann kommt Steinalben mit seinen zwei Mühlen. Bei warmem Wetter wäre die erste Mühle evtl. fahrbar, heute will ich nicht. Direktes Umtragen des Wehres geht mit großen Booten leider nicht. Also das Boot auf die Schulter und 1 km durch den Ort. An der nächsten Mühle bin ich platt. Den Bootswagen hatte ich aus Gewichtsgründen zu Hause gelassen. Also die letzten Meter um die Mühle rum lieber zwei mal gehen. Erst Gepäck und Paddel, dann das Boot.
Bahnlinie und Bundesstraße werden jetzt spürbare Begleiter. 2 km nach Steinalben kommen mehrere Brücken kurz hinter einander. Dann plötzlich ein altes Stautor mit zwei engen Bögen. Schnelle Strömung, scharfer 90-Grad-Knick mit Prallwasser. Ich hab nicht rechtzeitig anhalten können zum Lage peilen. Die tief stehende Sonne und die Reflexionen auf dem Wasser sind übel. Das Kleinhirn übernimmt das Kommando. Danach kurzes Verschnaufen und Zufriedenheit, ich paddel trocken weiter in Richtung Waldfischbach und Burgalben.
Diese Ortsdurchfahrt ist im Winter nicht gerade ein Paddleridyll. Die Gärten gehen dicht an den Fluss. Mit etwas Toleranz würde ich sagen, jeder Garten braucht auch seine ungepflegte Ecke und Sammelplatz für Allerlei. Wegen des Hochwassers sind die meisten Brücken im Boot nur liegend passierbar. Zwei mal muss ich wegen Hindernissen im Ort umtragen. Mit der Mündung in den Schwarzbach nimmt die Fließgeschwindigkeit noch mal zu. Das Tal dreht nach Süd-Westen in die tief stehende Nachmittagsonne. Schön, wenn nicht die häufigen Baumhindernisse wären. Ich verfluche die Reflexionen auf dem Wasser. Irgend wann ist meine Mütze mal wieder hinter mich gezogen und landet im Wasser.
Moschemühle ist heute eine nett rauschende Stufe. Rechts umtragen. Im Sommer würde ich hier gerne ein Tänzchen auf den Wellen wagen. Bis zum Ausstieg noch ein paar Baumhindernisse. Die sind aber meist zum Überklettern (Boot unter durch), ich muss nur noch selten raus an´s Ufer.
Der Ausstieg kommt in Sicht und wie beim Einsteig auch hier ein Baum quer durch den Fluss. Die Äste am Rand schimmern silbern glänzend vereist im Abendlicht. Ich bin zufrieden und müde und freue mich: auf die beste Frau der Welt, die mich heute abholt, und die gelungene Reparatur am Boot.
Tour-Telegramm
Die Mosalb ist ein Kleinfluss im Süden von Kaiserslautern. In seiner Fortsetzung wird sie zum Schwarzbach, der hinter Zweibrücken in die Blies mündet. Der obere Bereich der Mosalb (Einstieg am Ausgang Karlstal) ist eher etwas für Lokalpatrioten mit der Einstellung „quäl dich du Sau“. Wer diesen oberen Talabschnitt erleben möchte kann auch in unmittelbarer Nähe zum Fluss bis Geiselberger Mühle wandern. Wer Portagen nicht schreckt, dem sei Schnee und gefrorener Boden empfohlen. Ein Einstieg ab Steinalben ist lohnenswert, wenn gelegentliche Baumhindernisse nicht die Laune trüben. Die direkte Bahnanbindung entlang Mosalb und Schwarzbach bis nach Zweibrücken und Bliekastel macht es auch für Solopaddler interessant. Ab Bibermühle können Gepäckfahrten bis in die Saar gefahren werden. Die Pegelstände von Contwig und Einöd sind gute Indikatoren. Ich bin bei Contwig 148 bzw. Einöd 170 cm gepaddelt (Brückenproblematik siehe oben). Mittlere Pegel bewegen sich ca. 50 cm darunter. Bei Hochwasser ggf. vor Fahrtantritt die letzte Brücke in Burgalben (nähe Alphahouse) prüfen. Ab Frühsommer könnte manches Baumhindernis durch die lokalen Paddelclubs entschärft worden sein. Wegen der Baumhindernisse empfiehlt sich eine glatte Mütze oder Hut mit Kinnriemen. Bei Winterfahrten bei Sonnenschein eine Sonnenbrille mit Polarisationsfilter. Die Reflexionen in Kombination mit Baumhindernissen sind wegen eingeschränkter Sicht ätzend. Der Fluss hat keine Kehrwasser. Er ist aber technisch anspruchsvoll, da bei flotter Strömung die Durchfahrten bei Baumhindernissen oft nur durch sicheres „Einparken“ angefahren werden können.
Humorvoller Nachschlag
Auf einer älteren Seite von Axels Paddelblogg war ich vor 2 Jahren auf eine Video von Cavin Kallan gestoßen. Mit einem tollen Contry Song von David Hatfield. Damals mussten wir alle in der Familie laut lachen, weil es uns an eine Familientour auf Mosalb/Schwarzbach vor 5 Jahren erinnerte. Letztes Wochenende hatte ich den Song wieder auf den Lippen...
Das ist auf alle Fälle so ein Fluss wo du am liebsten mit einem 16 kg Kevlar-Karbon-Ding drauf möchtest aber am besten deinen alten Panzer wählst. Nichts für Menschen, die ihr Boot nach der Tour putzen und polieren. Und nichts für Paddler, die ungerne schwitzen.
Vielen Dank für den spannenden Bericht. Das ist beim Lesen fast so wie selber paddeln. Ob Du nicht besser noch jemanden mitgenommen hättest (für den Fall das doch mal unter einer dieser tief hängenden Brücken was schief geht)? Aber ich bekenne, dass ich auch ab und an alleine unterwegs bin wenn ich besser jemande dabei gehabt hätte... Axel
die meisten Äste habe ich ja umtragen. Etwas ernsthafter: bei der Jahreszeit findet sich selten jemand, ich war für das letzte Wochenende bemüht in einer Gruppe zu paddeln. Dann wäre ich aber die Tour nicht gefahren. Und bis auf das Stautor bin ich sehr vorausschauend und konservativ gefahren. Für meinen Teil hatte ich mit der Situation dort keine zu großen Probleme nur gerne etwas Zeit gehabt mir die Durchfahrt durchs Nadelör zu planen.
Gruß Norbert
lej
(
gelöscht
)
Beiträge:
03.02.2011 18:31
#7 RE: Mosalb & Schwarzbach oder "Quäl dich du Sau"
Moin Norbert Das ist richtiges Abenteuer! Tolle Bilder, nette Story. Zum Video: wer ähnliches noch nicht selbst erlebt hat, hat was verpasst, wunderschön. LG Jürgen