ich paddel seit über 20 Jahren, gut die erste Hälfte im Faltboot, die zweite im Kanadier. Ich bin in all den Jahren nie in eine Situation geraten, die ich als wirklich gefährlich einstufen würde. Ich habe immer gestaunt, wie andere mit solchen Booten kentern können. Und nun ist es mir auch passiert, schlecht getrimmter Kanadier, mein zweiter Mann war viel! schwerer als ich, unerfahren, heftiger Seitenwind, der das Boot um seinen tiefliegenden Schwerpunkt drehte, dann wohl einen heftigen Steuerschlag gegen die Windseite, da muss gleichzeitig eine Welle, vielleicht auch noch eine Böe gekommen sein und plötzlich lagen wir beide im Wasser. Mitte September, Sonnenschein, ca. 18° C Wassertemperatur, beide trugen wir Schwimmwesten. Ich war mir kaum der Situation bewußt, da waren die ersten Kajaker da, die die schwimmende Ausrüstung einsammelten, kurz darauf ein Angelkahn mit E-Motor, der uns aufnahm und das volle Boot an Land schleppte. Als mein Mitpaddler einstieg ahnte ich schon so etwas und verpackte alle Ausrüstung (Kamera, Brieftasche , Autoschlüssel) in die Tonne. Im Urlaub hatte ich die Kamera immer am Gürtel, an diesem Tag nicht. Wir hatten keine Verluste, außer die Bootsschnur, die ich dann nach der Rettung im Angelkahn vergessen habe... Ich will nicht die Schuld auf meinen Sozius schieben aber es macht doch etwas aus, ob jemand erfahren in so ein Boot steigt oder zum ersten Mal. Ist auch egal, meine Frage ist die, welche Möglichkeiten einer Selbstrettung habe ich im Kanadier (oder besser, wenn ich draußen bin)? Gibt es Möglichkiten das Boot selbst wieder schwimmfähig zu bekommen? (Luftsäcke klar, aber in der Regel brauche ich den Stauraum, zumindestens im Urlaub). Wie verhält man sich wenn einsam auf dem See ist? Interressant wären auch ähnlich Erfahrungen von euch, falls ihr euch traut...
was'n Zufall, gerade letzte Woche stand ich vor einem ähnlichen Problem. Ich war mit meinem 17"Prospector drei Tage allein auf der Parsenta(Polen) unterwegs, also wenig Gepäck. Dummerweise bin ich der Befahrungsempfehlung einer relativ aktuellen Broschüre des dortigen "Tourismusverbandes"- die dortigen Gemeinden haben sich eher lose zusammen geschlossen, mit dem Ziel, die Region touristisch ein wenig ins Rampenlicht zu rücken - gefolgt und habe mich an einem kleinen künstlichen Schwall rechts gehalten, obwohl meine innere Stimme mir sagte, dass es in der Mitte sauberer(also nicht so kabbelig) aussah. Kurz hinter der Mitte knieend, war ich eigentlich gut positioniert und habe vorher in dieser Haltung schon drei von diesen Stufen problemlos passiert. Als ich fast drüber war, hob es mich vorn aus dem Wasser und es machte Platsch. Zum Glück in Ufernähe, ich konnte das Boot in Richtung Ufer ziehen und dort umdrehen. Es war alles noch da, bis auf meinen heiss geliebten Hut, der jetzt als Fischfutter dient, ach ja die Broschüre war auch weg. Wie lange ich gebraucht habe, um das Wasser wieder aus dem Boot zu bekommen? Keine Ahnung, mir kam's ewig vor. Es war meine erste Kenterung mit dem Kanadier. Du siehst, du bist nicht allein. Aber zurück zu dem ursprünglichen Thema. Für ein leeres Boot gibt es den Capistranoflip (http://de.wikipedia.org/wiki/Capistranoflip). Herauszufinden ob und wie das funktioniert, ist eine Aufgabe für den nächsten Sommer. Für volle Boote hätte ich erstmal keine konkrete Idee. Das Problem sehe ich darin, dass man ja auf einem offenen See eher nicht bei Windstille und strahlendem Sonnenschein kentert. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass das Boot im umgedrehten Zustand am stabilsten im Wasser liegt. Für einen guten Tip wäre ich auch recht dankbar.
ein wichtiges Thema, das Du hier ansprichst und dazu ein Thema was häufig vernachlässigt wird. Die Beherrschung von Rettungstechniken, z.B. Boot über Bootbergung sind u. U. lebensrettend. Und oft kommt es so wie es bei Dir passiert ist, eine Kenterung wenn man nicht damit rechnet. Wellengang, schwere nasse Klamotten trotz Schwimmweste, Unterkühlung und Panik machen die Tour zum Alptraum. Rettungs- bzw. Bergetechniken kann man nicht durch erlesen lernen, sondern man muss diese geübt haben, um diese im Ernstfall selber zu beherrschen oder anderen helfen zu können. Eine gute Möglichkeit diese Fertigkeiten zu erlangen, ist z.B. die Unterweisung durch einen qualifizierten Ausbilder/Instruktor. Beim Canadiertreffen 2002 in Carwitz habe ich diese Möglichkeit der Unterweisung genutzt und übe seit dem immer mal wieder, z.B. den schon genannten Capistranoflip.
Hi Ralf, mir ging es im letzten Frühjahr ganz ähnlich. Erst richtige Kenterung seit 21 Jahren im Canadier. Ich war mit einem guten Kumpel mit dem ich schon einiges auf dem Wasser zurückgelegt habe und der fast genau solange paddelt wie ich, im Frühjahr 05 in der Schweiz um ein wenig gemässigtes WW zu paddeln. Eine angekündigte Schwelle wurde als gefährlich beschrieben, es hatte dort schon Tote gegeben. Es war eine 2+ die aber durch das Hochwasser das anlag entweder abgesoffen oder eben verstärkt war. Es wurde ein starker Rücksog beschrieben. Es war letztendlich ne satte Dreier! Die lag so blöde lag das man etwa 1 Km vorher hätte anlanden müssen um die zu besichtigen. Wir waren zu faul dazu und verliessen uns auf die Angaben des DKV Führers der besagte unbedingt rechts halten, links absolut unfahrbar. Tja, war wohl etwas veraltet die Angabe. Nun war rechts absolut unfahrbar :-( und links hätte es klappen können. Im Nachhinein lasen wir im Schweizer Kanuführer das die Schwelle bei einem schweren Hochwasser vor einem Jahr sich umgestaltet hatte und man sich unbedingt links halten sollte. Als wir das Dilemma sahen war es zu spät zum Seitenwechsel wir also versucht rechts durchzukommen da anlanden auch nicht mehr ging, der Fluss war viel zu schnell. Wir wurden jedenfalls von der rechten Seite in eine stehende Walze in Flussmitte von über 1 Meter reingeschossen und das Boot drehte sich auf der Stelle um die Längsachse wie ein Kreisel. Wir waren mit geschlossener Persenning unterwegs. Ich flog im hohen Bogen aus dem Boot und war erstmal auf Tauchstation. Wassertemp. 5-6 Grad und das war schon nicht wirklich lustig bis wir da wieder raus und an Land waren. Ohne Schwimmweste hätte es übel ausgesehen. Man hat in dem Gestrudel absolut keine Orientierung von oben und unten. Nur die Weste zieht einen dann in die richtige Richtung. Mein Freund hatte ordentliche Probleme mit dem Kälteschock, er war minutenlang ziemlch daneben. Ich musste dann noch gut 50 Meter am Ufer lang und nochmal in den Fluss hüpfen um das Boot zu bergen das beinahe schon in der nächsten Schwelle war. Das drehende Boot hatte meinem Freund der nicht ganz so schnell rauskam voll den Süllrand ans Bein geknallt so das er hinterher einen mords blauen Fleck davontrug. Insgesammt eine heftige aber auch wichtige Erfahrung. War meine erste Kenterung nach 21 Jahren paddeln :-). So locker gehe ich sowas nie mehr an. Wir hatten keinen Neo an aber zum Glück sehr dichte Klammotten mit Neobündchem an Hals und Armen. So waren wir nur ein wenig nass als wir rauskamen. Verluste waren der Lukendeckel der Mittelluke und eines meiner Kniepolster und eine ordentliche Schramme in unserem Selbstbewusstsein. CU Bernd nicht nur drüber reden...machen!
Hallo, Kentern auf dem Fluss ist sicher unangenehm und vielleicht auch gefährlich, mit beladenem Boot auf dem See in kaltem Wasser aber, glaube ich, hast du keine Chance. Wir waren letzten Herbst im Katmai-Park in Alaska und wollten die Savonovski-Runde machen. Eine Querung des Sees ist dabei zwingend. Der Führer warnt vor heftigen, plötzlich auftretenden Winden mit entsprechenden Wellen. Nachdem wir den See 2 Tage beobachtet hatten, haben wir das ganze Unternehmen abgeblasen und sind ganz bescheiden dem Ufer entlanggeschlichen.....
kann mich meinen Vorschreibern nur anschließen: Übung macht den Meister. Und da empfehle ich die Selbstdisziplin, auch wirklich in Klamotten und Schwimmweste zu üben, nicht nur in Badehose - die Bewegungsabläufe und der Kraftaufwand unterscheiden sich gravierend.
Aber vor dem Üben empfehle ich zusätzlich noch das Studium, also gründlich informieren wie der Capistrano-Flip oder T-Rescue im Detail abläuft. Und das alles in Gedanken auch immer wieder neu abzuspielen. Wenn das sitzt, hast Du einen entscheidenden Vorteil. Und mußt nicht erst, wenn Du im Bach liegst, überlegen was nun zu tun ist. Mit diesem Gedankentraining plus etwas Übung haben meine Schüler schon mehrere male im WW2 den t-rescue auf Anhieb hinbekommen.
Wegen der ganzen Bootsbeladung, die nach einer Kenterung über das Wasser verstreut herumtreibt: Es erfordert auch Gewöhnung und Selbstdisziplin, daß man pro Person nur ein, maximal zwei Packstücke mit ins Boot nimmt. Und ansonsten nichts weiter, auch keinen Kleinkruscht. Das Gepäck kann so entweder schnell in ein Helferboot übernommen werden. Oder kann mal etwas unbeaufsichtigt herumschwimmen bis man das Boot wieder flott hat, und dann ist es schnell wieder eingesammelt.
Wenn überhaupt das Gepäck im Boot festgebunden wird, dann so daß es a) satt drin liegt (Prüfung: Das beladene Boot mal kopfüber hochheben und schütteln - wenn das Gepäck dann baumelt war es nicht fest) und b) daß es auch dann leicht gelöst werden kann, wenn man schon ein paar Minuten im kalten Wasser gelegen hat. Also auch einhändig mit klammen Fingern. Weil diese zwei Punkte mißachtet wurden, habe ich schon zwei richtig haarige Bootsbergungen im Bärenloch (Schwarzer Regen) durchmachen müssen. Grüße Gero
im Vergleich zu dem Erlebnis von Lodjour war meines ja wirklich harmlos, da ja nie eine wirkliche Gefahr bestand. Die Sache sähe sicher anders aus, wenn mir das in Schweden irgendwo in der Wildnis passiert wäre. So eine geplante, teure Tour in Alaska, auf die man sich sicher lange freut, umzustellen, da gehört schon was dazu. Ich denke unter diesen Bedingungen ist man leicht bereit das Riskiko etwas zu erhöhen, denn der ganze Aufwand soll doch nicht umsonst sein... Den Capistranoflip habe ich mir über die links mal angesehen. Auf den Bildern (http://www.americanwhitewater.org/resour...sues/1964_3.pdf) sieht es eher so aus als ob das Boot mit Absicht gekentert wurde. Es ist auf keinem Bild wirklich vollgelaufen. Das irritiert mich ein bißchen. Ein volles Boot umzudrehen und langsam zu heben, damit das Wasser raus kann, ist wohl noch etwas anderes. Na ja, nächstes Jahr werde ich das testen. Das hätte in unser Situation helfen können. T-rescue, Boot über Bootsbergung kenn ich theoretisch vom Kajak. Sollte das auch mit zwei Kanadiern funktionieren? Gibt es denn Literatur zum Thema, also Rettungstechniken im Kanadier? Wobei mich als Seenpaddler eher weniger das Wildwasser interessiert. Ich denke im WW ist noch manches anders.
Habe mit 16 Jahren, einen Tag nachdem ich mein erstes Moped bekam einen leichten Unfall gebaut. Das war sehr heilsam für mich und meinen Fahrstil. Eigentlich kann ich für die Kenterung neulich dankbar sein, weil sie mein Interesse auf vorher doch Vernachlässigtes lenkt. Sicherheit auf dem Wasser bekommt doch eine andere Relevanz.
es wird gleich alles viel anschaulicher... Nur warum da niemand über Bug oder Heck ins Boot steigt verstehe ich nicht. Da verringert sich die Gefahr des erneuten Kenterns doch erheblich. Ich bin bis jetzt nach dem Baden immer über Heck oder Bug wieder ins Boot gestiegen, und vorher hinaus...
Hallo Ralf, bei einer Kenterung läuft ein Canadier nur selten komplett voll. Sollte es doch so sein, kann man ihn im Wasser hochkant drehen und so ein Teil herausbekommen. Dadurch entsteht zumindest eine ausreichende Luftblase unter dem Boot. Sehr wichtig beim Hochwerfen ist, daß der "Sauglockeneffekt" überwunden wird, in dem eine Seite ganz leicht angehoben wird, so daß schon Luft unter das Boot kommt. Auch ganz wichtig: zumindest bei Wind muß das Boot vor dem Werfen mit einer kurzen Leine gesichert sein. Wäre sonst dumm, wenn das Boot wieder schwimmt, der Wind es davon trägt, schneller als Du schwimmen kannst.
Der Einstieg über die Bootsspitze ist eine recht wackelige Angelegenheit, die bei schlanken, scharf geschnittenen Booten oft kaum machbar ist.
im Gegensatz zu den "Vorschreibern" habe ich mein Boot schon öfters falsch herum schwimmen sehen(- folgende Anmerkung ist deshalb bestimmt nicht "Profihaft" geneint.) Dabei ist das Boot eigentlich immer komplett vollgelaufen (Roylex, keine Luftsäcke). Sobald man selbst wieder weiss, wo oben und unten ist (und vielleicht noch helfende Hände zum Gepäckaufnehmen in der Nähe sind), ist es allerdings mit ein bischen Übung nicht so schwer, zu zweit das Boot auch auf offenem Wassser fast leer zu bekommen und auch wieder einzusteigen. Vorrausstzung ist allerdings es vorher geübt zu haben (ich empfehle allerdings warme Seen in Südfrankreich, da ich die unfreiwillige Übung in der letzten Woche schon recht kühl empfand.)
Hallo, auf unserer Wandertour am Canadiertreffen fand ich ein Boot nach einer ordentlichen Kenterung nur noch ca. 2 cm aus dem Wasser ragen. Drei Paddler ohne Schwimmwesten im Wasser, ratlos, zwei (Leih-) Canadierbesatzungen ebenso. Hätte auf einem großen See fatal sein können. Das gekenterte Boot hatte keine Auftriebskörper aber schön hochgezogene Steven. Der Süllrand war sehr stark nach innen gezogen, was den Saugglockeneffekt verstärkte. Der Name des Bootherstellers tut hier nichts zur Sache..... Es war saumäßig schwer, den Rand soweit aus dem Wasser zu heben, bis Luft darunter kam und das Wasser herauskonnte. Ohne vorherige Unterweisung (danke, Frank)und Übung hätte ich das Boot nicht bergen und nicht helfen können. Wenn mangelnde Kenntnis/Übung und ungünstige Ausrüstung zusammenkommen, kann selbst ein kleiner Trip gefährlich werden. Eine gute Tour sollte erst zu Hause zu Ende sein. Viele gute Touren wünscht Euch Martin