Hallo an alle Forumsmitglieder,
mit diesem etwas ausführlichen Bericht möchte ich mich hier im Forum vorstellen. Ich heiße Stefan, wohne zur Zeit in Leipzig, bin bis vor kurzem nur wenig gepaddelt jedoch seit ich hier wohne permanent mit dem Kopf auf dem Wasser und jetzt zum Glück auch mit dem eigenen Boot. Dieses Boot, ein Pakboat 140 hat mir Axel für einen guten Preis verkauft, und dies ist gleichzeitig die Gelegenheit für ihn, sich zu vergewissern, dass es seinem ehemaligen Faltcanadier sowie seinem neuen Besitzer gut geht. Bis jetzt habe ich mich noch nicht gemeldet, weil ich noch keine Fotos vorweisen konnte und die ersten kleinen Ausflüge auf dem Kanal nicht der Rede wert waren.
Ich habe das Gefühl, dass Canadierfahren in Ostdeutschland noch etwas unterrepräsentiert ist, was sicher auf die hohe Popularität der Faltboote aus DDR-Produktion zurückzuführen ist. Leipzig ist eine sehr nasse Stadt und bietet aus historischer Zeit einiges an Wasserwegen sowie die Weiße Elster, die die Stadt durchfließt. Ich hoffe, dass sich einige von euch, auch aus dem ferneren Bundesgebiet angeregt fühlen, wenn sie einmal Leipzig besuchen, diese, wie ich finde, angenehmste Seite der Stadt kennenzulernen.
So.19.04.09
An meiner gewohnten Stelle am Mühlgraben im Palmengarten erfolgt der Aufbau meines Pakboat. Dieser geht mir dank etwas mehr Übung und musikalischer Begleitung (nahebei spielt auf einem Straßenfest eine Sambatrommelgruppe) bedeutend schneller als sonst von der Hand. Das Boot ist schnell beladen, hinten rein die Klappsackkarre mit der ich den Bootssack transportiere und vor mir etwas Proviant. Jetz heißt es ersteinmal mehrere Kilometer gegen leichte Strömung anpaddeln. Aus dem Mühlgraben hinaus, wo mich täglich das Nutria grüßt, auf die Weiße Elster, vorbei am Palmengartenwehr paddele ich das Elsterflutbett hinauf. Hier herrscht gespenstische Leere, ist hier doch die Woche über die Hölle los und das Wasser voll von Rudersportlern, Rennkayakern, und Vereinscanadierfahrern, so dass man sich nur vorsichtig am Ufer entlangtasten kann, damit man keiner dieser Sportskanonen in die Quere kommt. Heute kann ich die ganze Breite nutzen, brauch ich aber nicht, denn mittlerweile kann ich die Spur ganz gut halten. Bald überholt mich ein eleganter historischer Ruderzweier aus schönem Holz aus den 20er-30ern schätze ich mal. Das ist ein sehr schöner Anblick. Am Leipziger-Eck biege ich dann in die hier mündende Pleiße ein. Am hiesigen Bootsverleih versucht eine Familie in einem großen Leihcanadier voranzukommen, allerdings wenig professionell (drei links drei rechts und), so dass ich mir ganz toll vorkomme, weil ich solo immer noch schneller bin als diese Familie mit drei Paddeln. Sobald ich das Connewitzer-Wehr und damit den ersten urbanen Teil der Tour hinter mir gelassen habe, kann ich mich voll und ganz vom frischen Grün der Leipziger-Auenlandschaft berauschen lassen. Der Bärlauch, der zur Zeit kurz vor der Blüte steht, bedeckt zu dieser Jahreszeit in Masse den gesamten Waldboden und verströmt seinen Duft, den ortsunkundige Besucher gerne mit dem Ausspruch "Hier riecht's aber komisch!" würdigen. Ich biege in den Floßgraben ein, der die Verbindung zu den Seen südlich von Leipzig darstellt. Er schlängelt sich durch dichten, sich selbst überlassenen Auwald und Spaziergänger die ab und zu lautlos hinter einem Dickicht auftauchen, schauen und wieder verschwanden, überraschen mich so, als hätte ich ein Rudel scheuer Wildtiere gesichtet, dermaßen entrückt von der Zivilisation fühle ich mich an diesem Ort schon. Es gilt noch einiges Geäst im Wasser zu umschiffen und bald säumen wieder Gartenanlagen den Graben.. Ich höre die Straße schon näher kommen. Diese verläuft nördlich des kleinen Sees 'Lauer' und trennt derzeit noch See und Floßgraben, voneinander. Die Verbindung wird zur Zeit für Wasserwanderer mit dem Bau einer Brücke, die bis September fertig gestellt werden soll, wieder hergestellt. Jetzt muss ich aber wieder puckeln. Die Lauer ist mit etwas Rückenwind schnell überquert. Das Wasser ist noch glasklar aber eisig, was die ersten FKK-ler nicht davon abhält sich schon mal wenigstens die Fersen nass zu machen. Im Süden stellt ein kleiner Graben eine Verbindung zum Cospudener-See her. Am Ende des Kanals wartet eine neue SB-Schleuse auf den Paddler, da der Wasserspiegel dieses 1999 fertig gefluteten Tagebaus etwas höher liegt. Leider ist sie außer Betrieb und das obwohl ich mich so auf die Schleusung gefreut habe. Also wieder umtragen, wobei ich mit einem Pärchen ins Gespräch komme, welches mir in ihrem Faltboot gefolgt ist. Wir gehen uns gegenseitig zur Hand und so haben wir noch Zeit etwas über unsere Boote zu plaudern. Ich erfahre, dass sie auf dem See ihre Segelanlage ausprobieren wollen, was ich mir dann noch etwas angeschaue. Am Sonnenstand registriere ich, dass es bereits später Nachmittag geworden ist und ich ja noch den halben See überqueren und zurück nach Leipzig muss. Ich verabschiede mich und peile mit meinem Boot das Westufer an, jene Stelle an der die Entfernung zwischen Cospudener-See und vorbeifließender Weißer Elster nur ein paar hundert Meter beträgt. Dort angekommen funktioniere ich die Sackkarre in einen provisorischen Bootswagen um, schultere mein Gepäck und und ziehe das Boot über eine Asphaltpiste bis zum Elsterufer. Die Einsatzstelle unterhalb einer Brücke ist sehr ungünstig, das Ufer sehr steil und Boot und Gepäck nur über Gestrüpp und Wurzelwerk ins Wasser zu bugsieren. Ich hätte gut daran getan mir die Zeit zu nehmen und mir etwas stromauf- oder abwärts eine bessere Stelle zum Einsetzen zu suchen, denn als ich gerade mit blick elsteraufwärts platz genommen habe und mich aus dem lächerlich kleinen Kehrwasser hinter einem Schotterhaufen in den Strom drehen will, dreht mir die zugegeben sehr schnelle Stromzunge den Bug so heftig, dass ich das Gleichgewicht verliere und kentere. Der Fluss ist hier Tief und eng und fließt sehr schnell. Ich schaffe es das gekenterte Boot noch schwimmenderweise zu drehen und rette mich ans nächste Ufer, wo ich noch das restliche Wasser aus dem Boot schütte und meine Utensilien wieder ordne. Zum Glück sind beide Paddel noch da, doch meine schöne Alusackkarre bleibt ein Opfer an den Flussgeist und auch meine Kamera musste Wasser schlucken, weil sie ja mir zu diensten an der Schwimmweste hing und nicht in der wasserdichten Packtasche verstaut war (Aus Schaden wird man...Na?). Deshalb ist an dieser Stelle auch Schluss mit Fotos. Alles in Allem ist es recht glimpflich abgelaufen. Ich hatte ja vorgehabt Kentern lieber erst einmal auf dem See in Ufernähe zu üben. Ich habe zum Glück noch etwas Wechselbekleidung und eine Fleecejacke mit, so dass ich auf der recht langen Heimreise nicht allzu sehr frieren brauche. Die ganze Aktion hat mich jedoch sehr viel Zeit gekostet und ich weiß, ich muss noch ein Wehr umtragen - die Sonne steht bereits bedrohlich niedrig. Ich genieße trotzdem die Fahrt auf dem schnell fließenden Fluss und durch einige hübsche Schwälle, verzichtete aber darauf Kehrwasserfaht zu üben. Vorbei an Feldern, Kleingärten, schließlich den ersten Villen nähere ich mich wieder der Stadt. Im alten Industrieviertel Plagwitz passiere ich die Terassen der Restaurants und Cafés sowie die gigantische Kulisse der alten Buntgarnwerke in deren Räumen heute Lofts für die besser Betuchten untergebracht sind. Von den Balkonen direkt über dem Fluss angeln ein paar der Bewohner, was mich schon ein bisschen neidisch macht(andererseits find ichs aber tierisch dekadent). Ich bin wieder kurz vor meinem Ausgangspunkt, nur noch am 'Kanusport-Club Klingerweg' vorbei und rein in meinen kleinen Mühlgraben, an dessen Ende ich mich ziemlich erschöpft aus dem Boot hieve. Die Tour hat länger gedauert als ich dachte. Zuhause messe ich in Google-Earth noch mal nach. Cirka Zwanzig Kilometer in Neun Stunden, das viele Umtragen und die Quasselpausen, sowie mein kleines Malheur habens gemacht. Das fließt alles in die nächste Tourenplanung mit ein.
Im großen und Ganzen habe ich die Tour gemacht, die hier beschrieben wird. Kritik gibts von mir natürlich an den vielen Hindernissen, die jetzt aber nach und nach von der Stadt beseitigt werden. Vor allem fehlen aber an den Flussufern sichere und für Wasserwandere deutlich ausgewiesene Einsatz- und Umtragungsstellen.