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Dieses Thema hat 5 Antworten
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 TOURENBERICHTE
ATMep Offline




Beiträge: 25

07.07.2021 23:28
Das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum - 144,5 km im Canadier Antworten

Wie sicherlich in unseren anderen Beiträgen ersichtlich, interesieren wir uns seit langem schwerpunktmäßig für möglichst naturnahe Wildnis-Treks und treten dabei vornehmlich rudelweise auf. Seit letztem Jahr jedoch, vielleicht auch wegen Corona oder auch nur einfach so, stellte sich auch bei uns die Frage, ob man in einem Canadier auch "schnell" fahren kann, und wenn ja, dann wie lange... Die Rennen der Triple Crown auf der anderen Seite des großen Teichs waren ja im Prinzip bekannt, und so wurde es Zeit, sich einmal näher damit auseinander zu setzen. Wie hinlänglich bekannt, ist es allerdings im hiesigen Land von Kajak und Olympisch-Hochknie gar nicht so einfach, sich der Materie zu nähern. Durch einige fachkundige Tipps hier aus dem Forum, sowie der großartigen Homepages canoeraceworld.com und thescienceofpaddling.net gelang es dann doch. Während des Lockdowns im Spätherbst 2020 starteten so die ersten Versuche mit Trainingsplänen, später dann noch ergänzt um einige Ingridenzien aus dem Ultra-Running, das zumindest im DACH-Bereich wesentlich weiter verbreitet und zugänglicher ist, jedoch nicht ohne Rückschläge auf eine doch sehr andere Fortbewegungsart angepasst werden musste. Mit den Details der Vorbereitung will ich keinen nerven, so viel sei nur gesagt: trainiert wurde seitdem immer, bis auf Montags, abwechselnd langsame lange Läufe und eben Langstreckenpaddeln. Eine Corona-Prämie bescherte dann später, Ende Februar ´21 ein Ergometer, was glücklicherweise vom übelsten Unwetter unabhängig machte - allerdings erst einge Zeit nach dem Wintereinbruch.



Nach ca. 1000km Vorbereitung (Ergometer-Meilen und laufen exklusive) kam dann im Frühsommer nach einigen coronabedingten Absagen die glückliche Gewissheit, dass zumindest einige Rennen stattfinden würden - so auch eines der Haupt-Events, das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum, ausgerichtet durch den WSV Warturm. Aus der eher zufälligen Begegnung mit dem Thema Ultra- bzw. Trailrunning war unterdessen auch reges Interesse geworden, wodurch die Vorbereitung des Rennes selber dann von Events wie den Western States 100 maßgeblich mitgeprägt wurde.



Hierbei hat es sich als sehr hilfreich erwiesen, keine Ziele wie z.B. XY km zu setzen, sondern einfach zu versuchen, so lange wie möglich aktiv auf der Strecke zu bleiben, dafür die Belastung aber auf ca. 75% (gemessen am Referenzpuls) herunterzuziehen. Die Pausenzeiten wurden außerdem auf 15 min nach jeweils 5/4/3/3 Runden begrenzt, was die Planung auch für die Support-Crew zwar umso anspruchsvoller machte, jedoch prima geklappt und uneingeschränkt zur Nachahmung empfohlen werden kann.

Endlich war es dann am 03.07.21 soweit, und eine Stunde vor Rennstart wurde im Nebel eine kleine Versorgungsstation um einen Camping-Stuhl herum aufgebaut. Der WSV Wartum war bis dahin schon sehr fleißig in Vorbereitung dieses tollen Events gewesen, und hatte auch die vortags angereisten Gäste mit Frühstück versorgt.



Und so ging es dann um 07:00 Uhr los - Runde um Runde, mit jeweils 2 Portagen auf 8,5 Kilometer und außerdem deutlich spürbarer Gegenströmung, was wir von dort so nicht kannten. Den Spruch "if it feels like work, you`re pushin' too hard" in Erinnerung, blieb nichts anderes als sich von der A-Geschwindigkeit zu verabschieden. Die Pulsrate bestätigte die Entscheidung umgehend und so ging es prima mit B-Geschwindigkeit bis zum ersten Pit-Stop nach 5 Runden.




Dass es dann tatsächlich geklappt hat, innerhalb von nur 15 min etwas zu essen, zu trinken, Blasen aufzustechen und zu tapen, die verhärteten Muskeln auf der Faszienrolle durchzunudeln, umzuziehen, Sunblocker nachzulegen, Proviant/Wasser ins Boot nachzuladen und noch kurz um die Ecke zu verschwinden, sprach wirklich für die Support-Crew. Wahnsinn! Und so ging es dann wieder Runde um Runde weiter, unterdessen bei knackigen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein. Irgendwann,während der siebten Runde, kam dann einer der unvermeidlichen Tiefpunkte: während einer scharfen Kurve zu stark reingehauen, und zack, vermeldete der Rücken links akute Überlastung. Kein Geschenk, zumal nicht bei den Portagen. Mit Atemtechnik und viel Zähneknirschen ging es trotzdem noch wie geplant zwei Runden weiter bis zum nächsten Boxenstopp, wobei von Top-Zeiten ab da wirklich nicht mehr die Rede sein konnte. Wie das auf solchen Langstreckenrennen dann aber so ist, waren die Schmerzen nach der nächsten 15min-Pause auch wieder verschwunden, und um 21:00 Uhr wurde dann der erste Renntag planmäßig abgeschlossen, Stand 10 Runden.



Wie es wohl am nächsten Tag sein würde? Naja, nach spätabendlicher Aufnahme von 1kg Nudeln, gefolgt von Übelkeit und einigen Stunden komatösen Kurzschlafs beschleicht einen dann um 06:00 Uhr am Folgetag schon das blöde Gefühl, das nun alles wieder von vorne losgeht, vor allem die Gegenströmung, die Seerosen vorm Bug, die Portagen und die Schmerzen. Immerhin verhieß der Wetterbericht bedeckten Himmel und etwas Regen, weswegen riskiert werden konnte, nicht ganz so viel Wasser mitzuschleppen. Der Anstrengung am Vortag Tribut zollend, hatten wir uns im Vorfeld ohnehin für den zweiten Tag Pausen nach 3/3 Runden vorgenommen. Wenig überraschend, waren die Gegenströmung, Seerosen und Portagen auch immer noch da. Die Temperaturen waren aber angenehmer, und vor allem war der Schmerz im linken Rücken verschwunden. Der kurze Schlaf zwischendrin hatte Wunder gewirkt.



Da beim 24h-Paddeln nur ganze, "gefinishte" Runden gezählt werden, ist die Aufteilung natürlich schon von Bedeutung. Es kann sonst ja vorkommen, dass man zwar noch Puste hat, aber nicht mehr vor dem Abpfiff über die Ziellinie kommen würde. Aufgrund der schwindenden Restzeit verzichteten wir auf die letzte Pause, um die 15 min mitzunehmen und bei Mobilisierung der letzten Kräfte noch eine weitere Runde "dazwischen" zu bekommen. Da dies allerdings schon nach insgesamt mehr als drei Marathon-Distanzen in Folge war, gelang das trotz finalem Angriff leider schlussendlich knapp nicht mehr. Die vorherigen Rundenzeiten berücksichtigend, wurde eine Stunde vor offiziellem Renn-Ende berechtigterweise für uns abgepfiffen. Der Gesamtstand betrug 17 Runden, was 144,5 km und 34 Portagen bei einer Netto-Fahrtzeit von ungefähr 21,5 h entspricht und für einen tollen dritten Platz reichte.



Da wir somit eine Stunde vor Ende frei hatten, war es auch endlich möglich, nach einer Dusche die tolle Bewirtung der Wartumer auszukosten und später einigermaßen erfrischt die Siegerehrung mit den tollen Preisen mitzuerleben. So klang eine wunderbare Veranstaltung aus, die nicht nur sportlich begeistert, sondern auch einen tollen Spirit und ein klasse Gemeinschaftsgefühl mitbringt.

Wir freuen uns auf das nächste Mal in zwei Jahren!

Angefügte Bilder:
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Donaumike Offline




Beiträge: 1.367

08.07.2021 08:52
#2 RE: Das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum - 144,5 km im Canadier Antworten

Tolle Sache und Leistung. Löblich wenn man Ziele hat und umsetzt.
Vielen Dank für's mitnehmen und teilen im kurzweiligen Bericht.
Gegen den Strom zu paddeln ist sicher eine Umstellung wenn man es nicht gewöhnt ist, dies wär dann meins;-)
Schön zu sehen auch bei Eis und Schnee gepaddelt/ trainiert zu haben. Letztes Jahr hatte ich über 1000 Kilometer, knapp die Hälfte gegen den Strom. Ich bin dieses Jahr nicht so im Form, hatte eine Blase bekommen bei nur 22 Kilometer:-))
Gruß Mike


C1_passion Offline




Beiträge: 288

08.07.2021 10:11
#3 RE: Das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum - 144,5 km im Canadier Antworten

Hallo Thorben,

was für ein schöner "Tourenbericht". Ich bin echt geflasht. Als ich 2019 meine Paddelleidenschaft neu definiert habe, bin ich auch in dem Segment angekommen: Canoe-Marathon im Solo Canadier nach Art der Rennen in den USA. Da ich aber das neue Boot auch für Touren einsetzen wollte ist es kein reines Rennboot (schöner Wenonah den du da hast: J-203?) geworden. Die Zielsetzung war damals der Wesermarathon. Leider ist es durch Covid nicht dazu gekommen...bis jetzt.
Und leider wusste ich von so einem Event wie ein 24h Rennen nichts! Super schade, ich wäre dabei gewesen. Dann hoffentlich nächstes mal!
Das mit dem Training im Winter bei jedem Wetter mache ich auch und ich kann es nur jedem empfehlen. Beim Rennen kannst du das Wetter ja auch nicht ändern.
Gerne würde ich mal eine paar "Fahrdaten" austauschen (PN?), um mal ein Gefühl dafür zu bekommen, in welchen Bereichen du gefahren bist.
Ich bin ganz bewegt davon, dass es in Norddeutschland noch weitere "Verrückte" Solo-Renn-Canadierfahrer gibt und würde einen Austausch von Infos, gemeinsame Fahrten (Training?) wirklich gut finden.

Grüße von der Mittelweser

Volker

Solo Canoe: GRB Newman Classic XL
Paddle: BlackBart Bentshaft, Northstar Voodoo
Tandem Canoe: Wenonah Itasca


ATMep Offline




Beiträge: 25

12.07.2021 19:59
#4 RE: Das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum - 144,5 km im Canadier Antworten

Hi Volker,

Irgendwie ging die PM nicht raus - hat es jetzt geklappt?

VG


Thomas130 Offline




Beiträge: 418

13.07.2021 10:55
#5 RE: Das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum - 144,5 km im Canadier Antworten

wow, das ist eine Wahnsinnsleistung
Respekt


vg
thomas


HeikoV Offline




Beiträge: 131

14.07.2021 13:24
#6 RE: Das 10. 24h-Paddeln auf der Ochtum - 144,5 km im Canadier Antworten

Wow, ganz großes Kino!

Wir müssen dringend mal wieder zusammen auf's Wasser. Aber ich packe einen kleinen Bremsfallschirm ein für den Fall, dass Ihr mir zu schnell seid ;-)


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