5 Tage den längsten, aber nicht den wasserreichsten Fluss Neuseelands von Taumarunui nach Pipiriki mit dem Kanadier gepaddelt. Das sind 155 km, man könnte auch noch bis Whanganui weiterpaddeln. Da hat es jedoch weniger Strömung und viel Farmland. Die Strecke durch den Nationalpark führt durch einen Urwald und erinnert mich von der Abgeschiedenheit her an den Yukon.
Am Vorabend der Tour treffen wir beim Vermieter in der Nähe von Taumarunui ein. Wir Übernachten auf seinem Gratiszeltplatz, der leider nur einen Wasseranschluss und ein Dixi-Klo hat. Eigentlich hätten wir noch gern einmal geduscht vor dem Abenteuer. Es gibt verschiedene Anbieter und von den Preisen und Ausrüstung unterscheiden sie sich nur minimal. Bei unserem Anbieter gibt es nur einen Transfer am Schluss der Tour, deshalb haben wir uns für ihn entschieden. Er stellt Old-Town Kanus ohne Kiel zur Verfügung, dafür sind sie etwas verbeult, was aber Standart ist. Man muss auch keine Erfahrung haben, jeden Anfänger lassen sie darauf. Bei einigen Schwällen ist etwas Kenntnis trotzdem von Vorteil und das Anlanden bei den Zeltplätzen in den Kehrwassern ist auch nicht immer einfach.
Morgens um 7 Uhr ist breefing. Etwa 20 Personen wollen heute starten, die meisten allerdings zu Tages- und Dreitagestouren. Zuerst gibt es eine rudimentäre Einführung in die Paddeltechnik. Man soll den Hindernissen ausweichen und bei den Schwällen in die Zunge reinfahren. Von Knien wird jedoch nicht gesprochen, dafür was man bei Kenterungen machen soll. Bei drei Schwällen wird noch beschrieben wie man sie fahren soll. Der letzte Schwall vor Pipiriki nennt der Vermieter 50%-Schwall, da dort ca. die Hälfte seiner Kunden kentert.
Nachdem wir gepackt haben gibt’s noch eine kurze individuelle Einweisung und wir dürfen einen Kreis paddeln. So sind wir um 11 Uhr auf dem Wasser. Noch ist eher wenig Wasser vorhanden und meistens geht es durchs Farmland. Man sieht zwar wenige Tiere, doch ab und zu ihre Hinterlassenschaften.
Am ersten Tag paddeln wir bis zum DOC-Zeltplatz Poukaria was etwa 5 Stunden sind. Es hat einige Schwälle wobei zwei etwas schwieriger sind: zuerst hat es nach einem einige Steine und Felsen in der Aussenseite der Kurve und beim zweiten liegt ein Baum am Ende der Zunge. Wir können beide Herausforderungen gut meistern wie auch alle andern, welche uns im Verlauf der Tour begegnen. Auch wenn einige finden, dass einige doch recht happig sind.
Wir haben heute schönes und meist sonniges Wetter. Wenn die Sonne scheint brennt sie so richtig, auch wegen dem Ozonloch. Sonnenschutz ist wirklich angesagt sonst ist man schnell ziemlich rot. Auf dem Zeltplatz angekommen sind wir schon etwas geschafft. Das Lager wird eingerichtet und ein selbst gemachtes Abendessen gekocht. Das überrascht die neuseeländischen Paddeln, da sie sich nur von Instant-Food ernähren. Sie nehmen Instant gefriergetrocknetes Fleisch (oder auch Tofu oder was es sonst noch gibt) und übergiessen es mit heissem Wasser. Die Pampe kann man wohl essen aber gut aussehen ist was anderes. Ein Anbieter davon nennt sein Produkt "Goumet-Outdoor-Menu". Dies ist jedoch ein Widerspruch in sich selbst vor allem wenn das Zeug in Neuseeland produziert wird.
Wir geniessen den Abend bei einem Glas Wein und können gut schlafen in dieser Nacht.
Am Morgen ist der Himmel bedeckt. Zwar hatten die Vermieter gesagt das Wetter soll in den nächsten Tagen "wonderfull" sein. Doch Wetterprognosen in Neuseeland sind nicht genau. Oft wird einfach vorausgesagt wie es im Moment ist: Sonnig, etwas bewölkt mit örtlichen schauern. .
Wir packen unser Zelt trocken zusammen. Nun paddeln wir den ganzen Tag im Nationalpark. Die Ufer werden immer steiler und alles ist bewaldet ausser dem Stück am Ufer, wo das Hochwasser noch hinkommt. Die Bäume sind so überwuchert, dass es uns schwer fällt zu sagen welche Blätter zum Baum gehören. So ist es auch schwierig zu bestimmen welcher Baum überhaupt das sein könnte. Mit jedem Zufluss wird der Fluss etwas mächtiger und die Schwälle sind nun einfacher zu befahren. Gegen Mittag setzt Regen ein. Nicht immer, es kommt in Schüben aber am Schluss friere ich etwas obwohl ich mir die Regenjacke angezogen habe.
Es ist auch schwieriger geworden einen Pausenplatz zu finden da oft die Felsen direkt in den Fluss hineinragen. In Whakahoro hat es angeblich das letzte Restaurant. Doch zuerst müssen wir da etwa 100 Meter einen Nebenfluss hinaufpaddeln und unser Kanu am lehmigen Ufer festbinden. Danach noch etwa 500 Meter hinauflaufen. Da hat es zuerst einen DOC-Zeltplatz, doch unser Material möchte ich nicht so weit hinaufschleppen. Und tatsächlich ist von den etwa 10 Häusern eines dabei wo man einkehren kann. Im Trockenen geniessen wir unsere warmen Getränke. Bei dem Wetter macht das Paddeln definitiv keinen Spass, aber man geniesst es dann umso mehr wenn die Sonne wieder scheint. Irgendwann gehen wir dann doch weiter zu unserem Zeltplatz. Nochmals sind 90 Minuten paddeln angesagt. Nun sind wir wirklich in einer Schlucht, auf beiden Seiten hat es steile Felswände.
Beim Zeltplatz Mangapapa ist die Anfahrt nicht ganz klar da es nachher einen Schwall hat. Nach dem besichtigen fahren wir dann in den Schwall und das Kehrwasser bringt uns zurück zur Ausstiegsstelle. Der Zeltplatz liegt wenige Meter über dem Fluss. Wir überlegen uns wo wir das Zelt aufstellen sollen als jemand uns begrüsst: und tatsächlich, die einzigen anderen Gäste sind zwei Frauen aus Leipzig. Mit ihnen hatten wir schon den Sylvester im Abel Tasman Park auf der Südinsel gefeiert. Wir wussten zwar, dass auch sie diesen "Great walk" machen, aber dass wir uns hier wieder treffen überrascht uns doch. Wir können unser Zelt in einer Regenpause aufstellen. Glücklicherweise hat der Platz auch einen überdachten Sitzplatz so dass wir nach dem Essen noch etwas zusammen sitzen können und unsere Reiseerfahrungen austauschen.
Am Morgen lässt der Regen nach. Trotzdem müssen wir das Zelt feucht zusammenpacken. Der Fluss ist nun träge geworden und die Schwälle werden immer seltener. Oft kilometerlang gibt es keine Ausstiegsstelle und ein kentern wäre wohl deshalb äusserst unangenehm. Wir begegnen auch nicht dauernd andere Paddler die helfen könnten.
Heute haben wir auch unsere Regenhosen angezogen. Wirklich warm ist es darin auch nicht. Zum Glück regnet es immer weniger und es ist ziemlich windstill. Wir sehen einige Kingfisher die etwas anders aussehen als unsere Eisvögel (gehören jedoch derselben Gruppe an). Das Wasser ist braun geworden vor lauter Schlamm welcher den Fluss mitführt. Eigentlich hatten wir den Zeltplatz in Mangawaiiti gebucht, doch beim Stopp beim John Coull Zeltplatz beschliessen wir da unser Nachtlager aufzustellen. Unsere Bekannten sind auch da, zudem hat der Zeltplatz ein Wasseranschluss der wirklich funktioniert was bei den vorherigen nicht der Fall war. Zum ersten Mal begegnen wir auch einer Rangerin. Nachdem wir ihr unseren Namen gesagt haben ist es auch kein Problem den Platz zu wechseln. Bezahlt hatten wir bereits online.
Da der Platz auch Hütten anbietet ist er etwas besser ausgebaut, so hat es eine Küche und Abwaschbecken. Kurz nach dem Einrichten regnet es nochmals und wir setzten uns wieder auf einen überdachten Tisch. Es soll der letzte Regen sein.
Die Rangerin schaut sich noch alle Boote an und findet, dass nicht alle hoch genug über der Wasserlinie liegen. Also nochmals 3 Meter die Uferböschung hinaufschleppen und gut anbinden.
Hier mitten im Park schlafen wir gut. Trotzdem hören wir mitten in der Nacht den Ruf eines Kiwis. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob wir das wirklich gehört haben, doch die Rangerin bestätigt es uns.
In der Nacht ist der Fluss tatsächlich um etwa einen Meter angestiegen. Der Himmel ist jetzt wieder etwas blau und so legen wir frohgelaunt mit der zusätzlichen Strömung ab. Schon beim ersten Schwall erleben wir eine unangenehme Überraschung: Ich will das Boot für die Zunge ausrichten, doch eine starke Windböe dreht das Kanu ab. Wir bewältigen den Schwall etwas ausserhalb der Ideallinie und landen im Kehrwasser. Zwar ist nichts passiert, aber immer wieder kommen starke Böen von vorn und hebt so leider die bessere Strömung wieder auf. Der Fluss schlängelt sich nun etwas durch das Gebirge, nach 5 km sind wir luftlinienmässig gerade 500 Meter weit gekommen.
Die "Bridge to nowhere" ist die grösste Touristenattraktion in dieser Gegend. Einfach weil es nichts anderes gibt. Der Weg dahin soll schön sein, allerdings ist auch der Fluss schön. So machen wir zwar eine Pause bei Mangapurua Landing, verzichten allerdings darauf diese Betonbrücke anzuschauen. Hier treffen wir auch zum ersten Mal auf Jet-Boote. Diese neuseeländische Erfindung bringen Leute auch bei niedrigem Wasserstand an viele Orte. Allerdings sind die Wellen erheblich und mit dem Kanu ein Ärgernis. Die Kapitäne schauen zwar in den Schwällen, dass sie keine Kanuten bedrängen, daneben aber donnern sie mit voller Geschwindigkeit an einem vorbei.
Wir kämpfen uns heute an den letzten Zeltplatz. Immer wieder hat es Windböen die beherztes paddeln erfordern wenn man nicht zurückgetrieben werden möchte.
Etwa 2 Kilometer vor dem Tieke Käinga Zeltplatz paddeln wir wieder durch einen längeren Schwall. Es hat einige Verwirbelungen im Fluss und am Ende kommt die Strömung von der Seite und sehr stark von vorn. So etwas hatten wir noch nie erlebt. Wir stehen mitten im Fluss, positiv gesagt sind wir am "surfen", allerdings müssen wir über die Seitenströmung wieder unseren Weg finden. Es geht einen Moment bis wir das begriffen haben doch danach erreichen wir rasch unser nächstes Lager.
Die Sonne weckt uns am letzten Tag unserer Tour. Nur noch 4 Stunden sind es bis Pipiriki. Die Grenze des Nationalparks ist heute schnell erreicht, man sieht das an den Monokultur-Wäldern und auch etwas Grasland säumt das Ufer. Leider ist der Wasserstand in der Nacht gesunken, dafür hat der starke Wind nachgelassen. Das Tal wird wieder breiter und man sieht vereinzelt wieder Farmen. Die Schwälle werden seltener, dafür sind sie oft länger. Manchmal muss man den Fluss nun lesen, wenn man nicht plötzlich auf einer Kiesbank auflaufen will, was bei der Trübung des Wassers nicht so einfach ist. Bei einer Pause treffen wir wieder auf die zwei Frauen aus Leipzig. Es ist ihre erste Paddeltour und heute kommt der 50%-Schwall. Sie fürchten sich etwas davor. Immerhin ist gleich danach die Ausstiegsstelle.
Unsere Vermieter haben uns gute Karten mitgegeben, und so wissen wir wann der berüchtigte Schwall kommt. Es hat ein markantes Haus und gleich danach beginnt dieses Abenteuer.
Kurz vor dem Schwall stehe ich nochmals auf um mir einen Überblick zu verschaffen und sehe in einer Linkskurve einige hohe Wellen. Da einfach nicht hineinfahren, sonst füllt sich das Kanu. Das gelingt uns auch ziemlich gut, die Wellen sind etwa 2 Meter neben uns. Allerdings ist danach der Schwall noch nicht zu Ende, dafür sehen wir schon die Ausstiegsstelle. Alles Wasser fliesst nun auf eine Stelle in der Mitte des Flusses zu, wie in eine Badewanne. Uns dämmert, dass der 50% Schwall noch vor uns liegt. Eigentlich möchten wir links daran vorbei, aber von da kommt so viel Wasser dass wir uns schlussendlich für rechts entscheiden. Mit beherztem Steuern gelingt es uns neben diesem Loch mit den hohen Wellen vorbeizuschleichen. Zwar schwappen ein paar Liter ins Boot, aber nun paddeln wir noch zur Ausstiegsstelle.
Alle Paddler schaffen es heute, die Stelle zu meistern. Wahrscheinlich ist sie bei wirklichem Niedrigwasser viel schwieriger zu befahren aber heute ist es definitiv ein 0% Schwall.
Wir ziehen unser Kanu aus dem Wasser und schon steht unser Vermieter mit Transporter bereit. Treffpunkt war zwar 1 pm, aber da es sonnig ist hat er damit gerechnet dass wir bereits eine Stunde früher da sind. Uns werden noch Muffins gereicht dann laden wir die Boote auf den Anhänger. Nach 90 Minuten Auto fahrt treffen wir wieder am Ausgangspunkt ein. Wir sind uns einig, dass dieser Fluss wirklich schön zu befahren ist: keine Umtragestellen, viel Natur und schöne Zeltplätze. Es hat viel spass gemacht, nun sehnen wir uns auf eine warme Dusche und danach geht’s noch zum Thailänder von Taumarunui. Sein Essen ist für neuseeländische Verhältnisse wirklich gut, der könnte sogar in Europa ein Restaurant eröffnen.