Hallo Nach der Diskussion zur Bekleidung keimt bei mir wieder die Frage zum vernünftigen Wiedereinstieg ins Boot aus tiefem Wasser auf.
Was sagen die Profis? Ich habe bisher in keinem Buch etwas darüber zu lesen bekommen. (Als auch mal Jollen-Segler ist die Situation nicht besonders erschreckend, aber es geht eben nicht um eine Jolle.) Da der Canadier deutlich schmaler ist wird man beim einfachen Seitwärts hochziehen leicht das Boot wieder umschmeißen.
Was empfiehlt Ihr als Standart für ein mit 2 Personen besetztes Boot. Wie bekommt man neben dem Boot schwimmen möglichst viel Wasser aus dem Boot.
Als Hilfsmittel wären bei mir vorhanden: ca. 5m Leine vorne und hinten am Boot, als Schlaufe gelegt z.B. als Steighilfe verknotbar. 2 Kissenfender je ca. 4Kg Auftrieb am Paddel befestigbar, ähnlich Paddelfloat. Ösfass, fester Kunststoff-stoffbeutel ca. 15 Liter geht gut zum Schöpfen wenn viel Wasser im Boot ist, allerdings nicht, wenn man neben dem Boot schwimmt.
Eure Vorschläge will ich dann bei halbwegs angenehmen Temperaturen mal am Badesee trainieren.
Hallo Andreas, es gibt verschiedene Möglichkeiten. Sind mehrere Boote unterwegs, kann ein gekentertes Boot mittels Boot-über-Boot-Bergung in kürzester zeit wieder flott gemacht werden. Alternativ gibt es auch eine Parallel-Boot-Bergung, die weniger Platz in Anspruch nimmt, aber für das rettende Boot nicht ganz so sicher ist. Der Wiedereinstieg der Schwimmer erfolgt dann von der Seite (Retter stabilisieren das Boot) oder zwischen den Booten mittels Seekajakeintieg (vorteilhaft, wenn die Schwimmer körperlich nicht so fit sind).
Ist ein Tandemcanadier allein unterwegs, hilft ein Capistrano-Flip weiter. Dabei tauchen die Schwimmer unter das Boot und werfen es so hoch, daß es kielunten auf dem Wasser landet. Bei Wind ist das Boot unbedingt mittels Leine zu sichern. Ein Schwimmer steigt ein, der zweite stabilisiert gegenüber, dann stützt der erste mittel flacher Paddelstütze, der zweite Schwimmer steigt ein. Mit sehr schweren Booten oder zweischalig gebauten Booten läuft eine solche Rettung allerding sehr schlecht bis gar nicht.
Eine weitere Möglichkeit ist eine Boot-über Pack-Bergung. Dabei werden zwei große Gepäckstücke miteinander verbunden (sofern vorhanden), dann das Boot darübergezogen und gedreht. Einstieg dann wie gehabt.
Diese ganzen Geschichten lernt man mit Sicherheit nicht von Bildern, Büchern oder Videos. Am besten geht es im Rahmen eines Kurses bei guten Badewassertemperaturen. Wer es einmal drauf hat, ist nach 1 bis 3 min wieder im Boot. Dazu geht die Angst vor einer Kenterung im Kopf zurück, sollte es wirklich mal passieren, ist der Schreck kleiner und die Handlungen laufen routinierter ab. Auch kentern sollte man lernen und trainieren.
Solche Rette- und Bergemanöver sind fester Bestandteil von ACA-Canadierkursen. Sollte es mal im Raum Berlin Interessenten geben, könnte man mal einen solchen "Badetag" vereinbaren.
gehen die beschriebenen Techniken auch in Fließgewässern? Ein Fluss ist ja eingentlich nicht so breit. Bei flotter Strömung ein (volles) Boot an den Rand zu drücken kostet Zeit und einiges an Kraft. Besonders, wenn man es allein mach muss (z.B. weil der Tandem-Partner nicht die richtige Kleidung hat um im Wasser zu bleiben).
Ich möchte mein Boot aus diesem Grund mit Auftriebskörpern ergänzen. Was tun die, die schon mit "allen Wassern gewaschen wurden" und häufig auf Fließgewässern sind?
Das was hier geschrieben wurde, ist natürlich alles schön und gut. Aber in der Realität steht vielen der eigene Körper im Wege um diese Dinge zu realisieren. Es wird oft sehr viel Zeit und Mühe investiert um die Ausrüstung zu optimieren, aber für die eigene, körperliche Fitness wird sehr wenig Zeit aufgewendet(oft jedenfalls). Eine Menge Leute hier haben sicherlich das Buch "Faszination Kanusport". Aber ich geh jede Wette ein, das das Kapitel 3, Seiten 20 bis 23, oft überblättert wird. Meiner Meinung ist es aber eines der wichtigsten, denn es bildet die Grundlage für all das was folgt.
@Kanuotter: Auf Fließgewässern(besonders den schnelleren)benutze ich einen Wurfsack hinten am Boot befestigt und mit Gummi geklemmt. Im Fall der Fälle greift man dann nach dem Sack und läßt das Boot schwimmen.Während das Seil aus dem Sack ausläuft, hat man Zeit sich am Ufer oder im seichten Wasser einen sicheren Stand zu suchen.Bei Zug auf dem Seil schwingt das Boot dann ganz von allein in ein Kehrwasser. Dabei muß natürlich eine freie Flußstrecke(keine Bäume/Felsen)abgewartet werden. Auftrieb und zumindest ein Wurfsack gehören sowieso in jedes Boot.
@Manfred Du hast natürlich recht,körperliche Fitness und viel Übung gehören zu allem dazu.Wer die Paddelstütze gut beherrscht braucht nur noch sehr selten "auszusteigen", hat keine Schwierigkeiten einzusteigen,unterkühlt nicht und muß bestenfalls etwas Wasser ausschöpfen. Also rein ins kalte Wasser und üben,üben,üben....
Der Capistrano-Flip klappt mit ultraleichten leeren Booten und auf glattem Wasser (wie auf den Bildern in dem Link) auch ohne nennenswerte körperliche Fitness. Nur leider kentert man ja in der Regel unter erschwerten Bedingungen. Auf freien Wasserflächen sind es Wind und Wellen, die ein Boot kentern lassen. Ich argwöhne, dass den wenigsten von uns dann so eine gymnastische Glanzleistung gelingt.
Nach so einer Kenterung müssen jedenfalls zum Bootaufrichten alle Utensilien raus. Den Plunder beieinander zu halten ist dann schon mal der Job des schwächeren Tandem-Partners. Der zweite kann dann das vollgelaufene Boot durch Absenken z.B. des Hecks und heftig von-sich-stoßen des Bootes (Bootsleine in der Hand behalten!) etwas leerer kriegen (angeblich geht das auch mit quergelegtem Boot). Anschließend kann er übers Heck einsteigen und das Restwasser weitestgehend herausschöpfen (mit einem Paddel schöpft sich so ein Gepäckentleertes Boot einigermaßen gut). Wenn an dieser Stelle kein Rollentausch stattgefunden hat muss der Gepäckhüter währenddessen weiter im Wasser blieben (und die Bootsleine halten). Erst wenn das Boot weitestgehend leer ist kommt Tandempartner zwei an Bord und das Gepäck wird eingeladen. Selbst dieses Manöver ist bei Wind und Wellen ein Kraftakt den ich lieber nicht erleben möchte... aber trainieren sollte man das wohl (nicht nur im Raum Berlin)
Axel
P A D D E L B L O G "Everyone must believe in something. I believe I'll go canoeing" Henry David Thoreau
Hallo Axel, noch ein paar Anmerkungen: Zwei normalkräftige Paddler schaffen einen Capistrano mit Booten bis 30 kg ohne größere Probleme, vorausgesetzt, sie können es und haben es mal trainiert. Es muß also nicht Ultrleicht sein. In der Panzerkreuzerklasse 40 kg + X sind die Aussichten sicher sehr dünn ....
Auf stehendem Wasser muß niemand das Gepäck hüten. Es entfernt sich nicht unerreichbar weit. Bist Du mal in ein Boot eingestiegen, das halb mit Wasser gefüllt war? Ein solches Trumm liegt extrem instabil, weil das Wasser im Boot ständig hin- und her schwappt. Die Gefahr des erneuten Kenterns ist so sehr groß. Statt das Gepäck zu hüten sollte der zweite Schwimmer lieber das Boot stabilisieren. Das Boot mittels "Swamping" zu leeren, ist unter wiedrigen Bedingungen aus meiner Sicht noch Schwieriger und uneffektiver. Dann lieber einen schlechten Capistrano, das dauert 30 Sekunden und das Boot ist leer oder fast leer.
Letztlich gibt es keine Patentrezepte für jedes Problem. Es gibt aber viele Möglichkeiten. Wer die Möglichkeiten kennt und beherrscht hat es im Fall des Falles erblich einfacher und ist so auch sicherer unterwegs.
Hallo Kanuotter, diese Techniken gelingen auch im Wildwasser, es sind keine reinen Flachwassertechniken. Wir haben es vor ein paar Tagen noch erfolgreich trainiert. Es klappte recht gut. Gruß Thomas
Wenn das Boot halb voll Wasser ist, aber richtig herum, soll ich es erstmal ganz umschmeißen, um dann den Capistrano-Flip zu machen?
Beim genannten Link steigen beide gleichzeitig wieder ein, das oben genannte nacheinander ist einfacher oder? Bei verschieden schweren Paddlern z.B. 50kg, 85kg, wer sollte zuerst einsteigen?
Das mit Boot-über-Pack habe ich noch nicht verstanden. Ist es so gemeint das ich z.B. meine Packsäcke bündele unter einen Süllrandklemme und dann am anderen Rand versuche das Boot darüber hinweg zudrehen? (Berlin ist leider etwas weit weg, für einen Wochenendkenterkurs.)
Ich werde erstmal am Badesee üben, wenn ich es garnicht hinkriege melde ich mich für einen Kurs an.
Gruß Andreas
@Gast >>> dicht am Ufer 50m? 100m? Auf vielen Seen muß man schon aus Naturschutzgründen weiter vom Schilf wegbleiben. Wenn ich die Wahl habe zwischen 100m mit Boot im Schlepp schwimmen oder Boot umdrehen und paddeln, dann weiß ich was ich wähle.
Hallo Andreas, wenn Du einen Capistrano sicher drauf hast und Du weißt, daß er gelingen wird, schmeiß das Boot lieber um und flippe es dann. Wenn die Sache sehr unsicher ist, wäre ein vorsichtiger Einstieg mit Stabilisierung durch den zweiten Paddler eine Möglichkeit. Dann vorsichtig schöpfen. Mann sollte 500 kg schwappendes Wasser im Boot nicht unterschätzen .... das hat enorme Kraft.
Auf den Bildern des genannten Links steigen beide Paddler gleichzeitig ein. Wenn man sicher ist, die Technik gut drauf hat und keine großen Gewichtsunterschiede sind, ist das die schnellste Möglichkeit. Alternativ steigt zuerst der schwerere Paddler ein bzw. der, der die bessere Paddeltütze kann. Der zweite Paddler stabilisiert. Dann kann eventuell das Gepäck geborgen werden. Es ist dabei hilfreich, wenn ein 30 kg Packsack ins Boot gehievt wird, das der Nochschwimmer auch dabei das Boot stabilisiert. Erst nachdem die schweren Sachen an Bord sin, legt dann der Erste eine super Paddelstütze hin, während der Schwimmer einsteigt. Wichtig beim Einsteigen: Den Schwerpunkt möglichst flach halten, sich sofort auf den Rücken drehen, wenn der Allerwerteste über den Süllrand ist und sofort auf den Bootboden fallen lassen.
Boot über Pack meint: Zwei große Packsäcke zusammenbinden. Die schwimmen dann dicht unter der Oberfläche. Das gekenterte Boot mit den Süllrändern drüber ziehen. Liegt es auf dem Pack auf, ist der größte teil des Wassers draußen. Dann ruckartig umdrehen, schon schwimmt es wieder.
Das sind alles keine Patentrezepte. man muß immer alle Umstände abwägen, soll erst das Gepäck ins Boot oder ist das Wasser zu kalt, so daß der Schwimmer Priorität usw ....
Wenn ich die Wahl habe zwischen 100m mit Boot im Schlepp schwimmen oder Boot umdrehen und paddeln, dann weiß ich was ich wähle.
Ich weiß auch was ich dann wähle ... Ich werde höchstwarscheinlich nicht mit Kleidung und Boot im Schlepp die 100 m schwimmen ... probiere es mal, so bei 12 bis 15 grad Wassertemperatur. Falls doch geschwommen werden soll, ist es ratsam, das gekenterte Boot mit dem Kiel nach unten zu drehen, so schleppt s sich etwas leichter ...
Wenn die Temperaturen erträglicher werden, werde ich testen wie ich unser Boot umwerfen kann um schwimmen zu vermeiden.
@Frank "Den Kopf immer schön einziehen." Habe ich bei den Kajakfahrern gelesen, hätte ich aber sicher vergessen. Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung.
Moin, meitens im C1 unterwegs, das Motto bloß nicht aussteigen auch wenn die Rolle nicht gleich klappt. Im Dickschiff je nach Kleidung, (meistens Neo)Wind, Wetter und Wassertemperatur wird der Abstand zum Ufer angepaßt. Schon mal einer den Flip mit Gepäck geschafft? Lieber schnell ans Ufer bevor man aus dem letzten Loch pfeift und der Abstand noch gößer geworden ist. Albert
Wer hat Erfahrung mit Auftriebskörpern im Flachwasser? Spitzenbeutel sind bei uns seit einiger Zeit Standart bei Flußwanderungen, unbestritten ein Sicherheitsgewinn (auch für die Boote selbst) und hilfreich ein Kanu nach einer Kenterung zu bergen. Sie kosten wenig Volumen, sind am Platz wo ein kieloben schwimmendes Boot am tiefsten eintaucht. Gerade beim der Vorbereitung des Capistrano-Flip kann ich mir vorstellen , daß Kraft gespart werden kann, die im Fall der Fälle (kaltes Wasser) nicht unbegrenzt vorhanden ist. Efahrung damit habe ich noch nicht, steht aber auf der to-do-liste für den Sommer 2008.
Hallo Wolfgang, praktische Erfahrungen direkt hab ich nicht. Grundsätzlich hast Du aber Recht, vorteilhaft sind die Teile in so fern, da das Boot wesentlich höher aufschwimmt. Ich würde es beim Capistrano als kleine Erleichterung sehen. Werfen mußt Du das Boot trotzdem, beim Wurf mußt Du trotzdem den "Saugglockeneffekt" vermeiden. Kraft wird sicher weniger gespart, insgesamt wird es aber etwas einfacher. Vielleicht noch ein weiterer Vorteil: Bei einer Gepäcktour läßt sich das Gepäck schneller und einfacher unter dem Boot rauszuchteln, weil das Boot eben höher aus dem Wasser kommt. Die Gefahr, daß es recht voll läuft und man erst einmal ne Luftblase unter dem Boot schaffen muß, entfällt so.
Bei zweischaligen Booten mit Winnetouspitzen wäre auch eine Boot-über-Boot-Bergung so erheblich einfacher oder auch überhaupt erst möglich, weil sich so in den Spitzen nur noch wenig Wasser sammeln kann.
ich habe auch keine Erfahrung mit Spitzenbeuteln, glaube aber nicht dass diese bei einem unbeladenen Boot großartig helfen. Nach meinen Erfahrungen ist auch das "Flippen" des Bootes - zumindest bei verträglichem Gewicht - das kleinste Problem beim Wiedereinsteigen. Mein größtes Problem -zumindest als Solofahrer- ist der Wiedereinstieg selbst, wenn keiner stabilisiert ist das ein ganz schöner Kraftakt. Das nächste Problem ist dann das mehr oder weniger viel Wasser dabei mit ins Boot kommt, bei mir reicht schon eine erstaunlich geringe Menge (geschätzt so ca. 5cm ?? hoch, vielleicht 100 l ??), und das Boot ist nicht beherrschbar und schneller wieder umgeschlagen als ich es leer bekomme.