Da wir den 1. Mai in Dresden verbracht haben, suchten wir für das Wochenende eine schöne Paddeltour in der Gegend und kamen auf das naheliegendste: die Obere Elbe. Also fuhren wir am Abend des 1. Mai in Richtung Schmilka an der tschechischen Grenze, dem geplanten Einsatzort, besuchten auf dem Wege den Ort Königstein. Da man im Nationalpark Sächsische Schweiz schlecht frei übernachten kann, fuhren wir ein paar Kilometer weiter in den Wald südlich des Rosenberges (Růžovský vrch). Tolle Gegend da, sehr sehr ruhig, schöne Aussichten auf einige der Vulkanberge Nordböhmens.
Sonniger warmer Morgen, alles noch mückenfrei, windstill, perfekt. Beim Frühstück auffällig: Fichten sind sehr zähe Gesellen, selbst das weniger als bleistiftstarke Künzi-Holz lässt sich nur relativ schwer brechen. Noch ein paar Kleinigkeiten eingekauft beim Chinesen in Herrnskretschen (Hřensko), günstig getankt, und das Auto 10m vor der Grenze auf der deutschen Seite geparkt. Hier kann man einfach runterlaufen zur Elbe, zumindest so lange das Gras noch nicht viel höher gewachsen ist.
Um ¼12 geht es los, unsere Fahrt durch die Sächsische Schweiz. Vor uns ragen die >400m hohen Felsen der Schrammsteine auf. Sehr hübsch das Ganze, die Natur mit ihrem sehr frischen Hellgrün der gerade ausgeschlagenen Laubbäume kontrastiert mit dem dunklen Nadelkleid der Tannen, Kiefern und Fichten. Die Orte sind nach dem Katastrophenhochwasser 2002 und auch nach dem letzten großen Hochwasser 2013 alle niegelnagelneu restauriert, alles gut in Schuss, und auch sehr gut besucht. Besonders die Hunderte Radfahrer auf dem Elbe-Radweg fallen auf. Ich habe den Eindruck, die Hälfte sind Tschechen. Das Tourismus-Geschäft boomt enorm, man könnte glatt meinen, man sei hier im Westen ;-) Auf dem Wasser sieht man vereinzelte Leihkanu-Paddler, selten ein privates Kajak, häufig große Schlauchboote, die von Verleihern auf die Reise geschickt werden, ein paar dutzend Motorboote, die hier offenbar keinen Geschwindigkeitsbegrenzungen unterliegen, wenige Frachtschiffe, und viele viele Ausflugsschiffe, von denen die historischen Schaufelraddampfer, alle gebaut zwischen 1879 und 1929, die schönsten und eindrucksvollsten sind. Landschaftlich großartig sind der Lilienstein, die Festung Königstein, und gleich anschließend das Felsen-Gebiet um den Kurort Rathen. Vor vielen vielen Jahren bin ich mal einige der berühmten Felsen hochgeklettert. Wiedererkannt habe ich die Lokomotive und den Talwächter, ansonsten reicht die Erinnerung nicht mehr weit. Am Abend erreichen wir Pirna und verlassen die Sächsische Schweiz und damit auch das Nationalparkgebiet. Kurz hinter Pirna finden wir an der Mündung der Wesenitz einen schönen Platz zum Rasten. Er ist zwar noch belegt von 3 Anglern, aber wir werden uns einig und so beenden wir hier die Fahrt. Feuerholz findet sich genug, und so beschließen wir den Abend am wärmenden Feuer. Vollmond. Dutzende Abendsegler über der Elbe.
Am nächsten Morgen wird das letzte Holz für einen Topf Nudeln, Kaffee und Tee verbrannt. ¼11 sind wir auf dem Wasser. Erstes Highlight: die Papierfabrik Heidenau. Zu DDR-Zeiten ragten hier 2 dicke Stahlrohre in den Fluss und spuckten eine braune stinkende Flüssigkeit aus, die die Gesamtabwasserbelastung der Elbe massiv anhob. Ich habe noch das Bild vor mir: ich stand auf einem der Rohre, braune Brühe ergoss sich in den Fluss, gelbbrauner Schaum trieb in großen Mengen das linke Ufer den Fluss herab, und der Ausflugsdampfer "Karl-Marx" schnaufte stromauf an der düsteren Szene vorbei. Das Bild ist hier auf S. 10 bzw. 12 zu sehen. (Die Abwasserbelastung welche damals aus der Tschechei kam war schon nicht wenig, aber der Raum Dresden verdoppelte die Abwasserlast der Elbe gleich noch mal). Ganz so schlimm ist es heute nicht mehr, wenngleich natürlich die Elbe auch heute nicht unbelastet ist. Nach einer halben Stunde sind wir in Pillnitz - Kontrastprogramm zu den Resten der alten Industriearchitektur in Heidenau. Wir landen an und deponieren das Boot vollbeladen auf der Wiese direkt unter dem Schloss. Eine Aufsicht oder irgendeine Sicherung scheint nicht nötig, die Besucher hier sehen alle sehr zivilisiert aus. Das Schloss Pillnitz wurde von August dem Starken seiner Mätresse Gräfin von Cosel geschenkt. Im Jahr 1718 nahm er das Schloss durch Enteignung wieder zurück in seinen Besitz, nachdem die Gräfin in Ungnade gefallen war. Ab 1720 wurde es weiter unter August dem Starken im barocken Stil um- und ausgebaut und erhielt mit Wasserpalais und Bergpalais seine wichtigsten heutigen Gebäude. August wollte das Schloss „indianisch“ gestaltet wissen, womit orientalisch beziehungsweise asiatisch gemeint war. Auch der Schlosspark bietet etliche Sehenswürdigkeiten, so zB eine vielzahl exotischer Bäume, die älteste japanische Kamelie in Europa, die Orangerie, oder auch den chinesischen Teich. An dessen Ufer lagert eine Graugans, ein intelligenter sonst recht vorsichtiger Vogel, aber hier fühlt er sich so sicher, dass sie fast gestreichelt werden kann. Als wir nach 3 Stunden Rundgang wieder am Boot ankommen, hat sich noch ein zweites hinzugesellt. Wir fahren weiter, passieren das Blaue Wunder, bewundern die Albrechtsschlösser, die neue Waldschlösschenbrücke und erreichen das Zentrum Dresdens mit seiner herrlichen Altstadt, Brühlscher Terrasse, Albertinum, Frauenkirche, Schlosskirche etc.. "Elbflorenz" ist wirklich nicht übertrieben.
½4 landen wir nach insgesamt 54km in der Nähe des Hafens DD-Neustadt, Andrea packt das Boot zusammen, und ich mache mich auf zum Zug, um das Auto aus Schmilka heranzuholen. Leider bin ich dabei vom Pech verfolgt. Den Zug 15:50 um eine ½ Minute verpasst, der nächste Zug 16:20 fällt aus, der nächste 16:50 fährt nur bis Bad Schandau, und so gelange ich erst 18:20 nach Schmilka. Aber ab da lief alles glatt, Rückfahrt etc.
Die Bilder dieses Ausflugs in der richtigen Reihenfolge und mit individuellen Beschriftungen findet der Interessierte hier.
Moin Michael, da hast du wieder sehr schöne Bilder ein gestellt. Die Elbe von ganz oben bis vor die Haustür wäre bei mir möglich. Im Moment ist keine Zeit für so eine Tour, deine Bilder haben mich auf den Geschmack gebracht das mal nach zu machen. Du schilderst da Probleme mit Übernachten, gibt es keine Möglichkeiten an der Elbe da oben?
LG Jürgen
Troll
(
gelöscht
)
Beiträge:
17.05.2015 14:02
#5 RE: Obere Elbe zwischen Schmilka und Dresden, Mai 2015
es gibt ausreichend Übernachtungsmöglichkeiten. Aller paar Kilometer mehr oder weniger komfortable Bootshäuser, diverse lauschige wilde campgrounds ( erwischen lassen kostet allerdings ) und nicht zuletzt höchst geheime Geheimtipps... die nicht vor Herausgabe der Rig-Infos ausgeplaudert werden.