Kann man eigentlich in der häuslichen Werkstatt ohne völlig überhöhten Aufwand mit Vakuumtechnik arbeiten? Ich will ein Boot reparieren und dabei vermeiden, dass es durch zu viel Harz beträchtlich schwerer wird. Dann liegen da noch diverse Paddeloprojekte rum, die mit Vakuumtechnik sicher auch ansehnlicher werden als wenn ich einfach so Harz drauf pinsele.
- Kennt jemand eine anschauliche Anleitung zum Vakuum-Prozess? - Wo bekommt man eine bezahlbare Vakuumpumpe her und kann man sich so eine Anlage mit überschaubarem Aufwand selbst zusammenbauen?
Ich stehe noch ganz am Anfang und recherchiere dieser Tage mal. Vielleicht komme ich dann auch selbst drauf. Aber ich wäre dankbar für den einen oder anderen Hinweis.
Hi Axel! Ja, sicher geht das. Die Frage ist halt welchen Vakuumprozess Du meinst, denn da gibt es viele. Bei Infusionen ist immer das Problem, dass es, je nach Form, viele Vorversuche braucht bis man die Fließfronten in den Griff bekommt. Das macht sie in vielen Fällen für Reparaturen ungeeignet. Der Nutzen ist außerdem Fraglich. Nur weil Du ein Vakuum benutzt, wird Dein Laminat nicht automatisch leichter.
Vakuumpumen sind relativ leicht bei Ebay zu bekommen. Die Qualität (Ölnebel, Betriebssicherheit) ist halt nicht der Brüller, aber wenn Du nicht gerade ein komplettes Boot wegwerfen musst oder die Werkstatt brennt falls die Pumpe ausfällt geht das schon. Eine Harzfalle kannst Du z.B. auch aus Abwasserrohren improvisieren.
Sag mal was Du machen willst und was Du Dir vom Vakuum erhoffst, dann kann Ich Dir was brauchbares dazu sagen.
Liebe Grüße, Sebastian
P.S. hier gibt es z.B. eine Anleitung für den MTI-Prozess: http://www.hp-textiles.com/arbeitsanleit...uuminfusion.pdf Dafür brauchst Du dann im Prinzip nicht mal ne Harzfalle und das Fließfrontenmanagement ist evtl. auch nicht so kritisch. allerdings kann man damit auch richtig schwere Laminate machen und die Frage ist halt wie gesagt ob Dir das für Reparaturen überhaupt weiterhilft.
Bei R und G gibt es auch Videos zum Vakuum-Bagging. Das ist im wesentlichen ein Handlaminat das anschließend verpresst wird. Überschüssiges Harz wird in einem Saugvlies aufgenommen.
in jedem Kühlschrank ist eine Pumpe mit Ansaug/ und Druckseite. Bei den meisten defekten Schränken sind die noch brauchbar. Man muss nur die Kupferleitung gut zukneifen um möglichst wenig Kühmittel freizusetzen.
Hallo Axel! Für das Vorhaben wäre das Vakuumsackverfahren (nicht Infusion, das wird gerne mal durcheinandergeworfen) tatsächlich ganz brauchbar. Eventuell würde es helfen den Süllrand dazu zu entfernen. Eventuell kannst Du die Vakuumfolie mit Tackytape gegen den Rumpf abdichten. Sonst kannst Du Dir auch aus Folie mit Tackytape einen großen Sack kleben in den das komplette Boot reinpasst und der dann innen und Außen vollständig anliegt. Das Gewebe würdest Du als gewöhnliches Handlaminat auflegen. Darüber kommt eine Lage Abreißgewebe, dann eine Lochfolie und eine Lage Polyestersaugvlies. Das kannst Du mit Klebeband fixieren. Dann kommt das ganze in den Sack. Der wird verschlossen und abgesaugt. Das Vakuum lässt Du drauf bis das Harz hart ist. Das Abreißgewebe, Lochfolie und Saugvlies kommen dann wieder runter. Innen und Außenseite würde ich in zwei separaten Schritten bearbeiten. Ich kann jetzt nicht sehen ob da ein Kernmaterial im Boden ist. eventuell müsstest Du das erneuern. Das Vakuumsackverfahren hilft Dir hier in erster Linie das Laminat gleichmäßig und vollständig zu verpressen. Überschüssiges Harz landet im Saugvlis. Ob es vom Gewicht her so viel bringt ist halt die Frage.
Im Prinzip funktioniert das ganze so wie hier: http://www.youtube.com/watch?v=LPXn038ahD4 Da Du aber keine Formenrand hast könnte es aber eben besser sein das ganze Boot in einen Sack zu stecken. Übrigens brauchst Du dafür nicht mal eine Harzfalle wenn Du vor der Absaugstelle etwas extra Vlies drapierst.
LG, Sebastian
P.S. Von der Kühlschrankpumpenlösung halte ich, auch aus Umweltschutzgründen, nichts.
eine Alternative zum Vakuum ist es, nass in nass zu arbeiten. Ich bin nebenbeibemerkt nicht alleine drauf gekommen. Zum ersten Mal habe ich in einem Selbstbaubuch von Charlie Wong darüber gelesen, als ich mir in meiner Schulzeit ein Surfbrett gebaut hatte. Walter Heller, von Heller-Boote hat auch so gebaut und weder schlechte noch schwere Boote gebaut. Er hatte irgendwo mal einen längeren Bericht geschrieben, inzwischen als Ruheständler.
Das Harz einfach so draufzupinseln, gibt sicherlich ein extrem dickes Laminat. Ich würde Harz vorrollen, Gewebe drauf - faltenfrei, weiteres Harz mit einer Gummispachtel verteilen, Bläschen ausrollen. Mit der Gummispachtel zieht man überschüssiges Harz zur Seite. Wenn das Harz angeliert ist, nächste Lage drauf und so weiter. I25B von Vosschemie kann ich weiterempfehlen. Vielleicht noch einen ganz kleinen Schluck Styrol dazu, als Fließverbesserer. Wenn Du dem Epoxid verfallen bist, würde ich ein moderneres Harz, wie die von CTM nehmen, die Krebs und Allergien etwas weniger fördern, als das ältere von West-System.
... ömm - das abgepladderte Zeugs an der Unterseite machst Du doch sicher vorher ab (!?!) Dieser delaminierte Boden sieht zumindest auf dem Foto so aus, wie die nachträglich verstärkten Laminate, bei denen nur zaghaft angeschliffen wurde. Du würdest sicherlich nie Harz zwischen die Schichten kippen, hoffen, dass es seinen Weg findet und irgendwie alles gut wird. Sage ich nur, weil wir uns ja nicht kennen.
Beim Vergießen von gedruckten Schaltungen hatten wir auch mit einem Kompressor experimentiert, indem wir am Lufteinlass ein Vakuumschlauch angeschlossen hatten. Weil es die Firma noch gibt, gibt es keine Namen. Das "Vakuum" war ein leichter Unterdruck. Außerdem lief der Kompressor, dem es nun chronisch an Kühlluft magelte, schnell heiß. Man hätte den Unterdruckschlauch wohl eher an den Lufttrichter von einem dicken V8 hängen können ... Erst als wir eine richtige Vakuumpumpe hatten, konnten wir lunkerfrei vergießen. Weil bis dahin alles sehr dicht war, und wir nur ein relativ kleines Gehäuse leerpumpen mussten, hatte die Pumpe wenig zu arbeiten. In der Anfangsphase mussten wir viele vergossene Schaltungen wegschmeißen, weil die Masse hart geworden war, bevor wir nur halbwegs leergepumpt hatten. Für den Bootsbau im privaten Bereich, selbst für eine Kleinserie würd´ ich´s lassen.
>>> Von der Kühlschrankpumpenlösung halte ich, auch aus Umweltschutzgründen, nichts.
Ich auch nicht. Unter anderem dient (oder zumindest diente) das Kühlmittel auch als Schmiermittel für die Pumpe.
Ich halte den Vakuumprozeß zwar für den Ursprung von sehr guten Ergebnissen, wenn man ihn beherrscht, der Weg dahin ist aber mit Fehlern geplflastert. Ob das weniger an Gewicht bei einer Reparatur so groß ist, wage ich zu bezweifeln.
Zitat Ich halte den Vakuumprozeß zwar für den Ursprung von sehr guten Ergebnissen, wenn man ihn beherrscht, der Weg dahin ist aber mit Fehlern geplflastert. Ob das weniger an Gewicht bei einer Reparatur so groß ist, wage ich zu bezweifeln.
Das sehe ich genauso. Im Falle von Axels Reparatur sehe ich die Vorteile auch mehr im Flächigen verpressen des Materials. Andernfalls ist es schwer das ganze sauber an Ort und Stelle zu halten. Bei Funieren wird es ja auch so gemacht und die Folie mit der Atmosphäre obendrauf quasi als vollflächige und räumlich verwölbte Schraubzwinge gesehen.
habe auf der Außenseite gute Erfahrungen ohne Vakuumtechnik gemacht. Über das Laminat Abreißgewebe drüber und dann mit billigem Klebeband auf dem gewölbten Boden Spannung erzeugt (alternativ die Riemen, die du erwähnst, Vermutzungsgefahr). Epoxi relativ geizig aufgetragen, damit das Abreißgewebe nicht überschwemmt wird.
Habe die Gewichtseinsparungen bei Vakuumtechnik, die die Literatur angibt nicht ad hoc parat. So viel an Gewicht wirst du bei der Reperatur beim gut ausgeführten Handlaminieren nicht rausholen.
Überlegung deshalb: geiziges Mischungsverhältnis für Köper/Epoxi vorher ausrechen über das Köpergewicht. Und nur soviel Epoxi anrühren, wie dein handwerklicher Ehrgeiz es will (die Literatur gibt dazu auch Anhaltspunkte was beim Handlaminieren machbar ist). Dann hast du recht wenig Harz im Überschuss. An den Stellen, wo das Abreißgewebe trocken bleibt Epoxi mit Spachtel in Köper hineinarbeiten. Das Abreißgewebe drauf, ggf. eine zweite Lage Abreißgewebe drüberlegen, natürlich mit dem Spachtel ausstreichen.
Ein Gedanke, den ich noch nicht ausprobiert habe, vielleicht eine Spinnerei: Auf das Abreißgewebe Renovierungsfolie legen. Dann aus der Mitte heraus trockenen Sand aufbringen, damit der Epoxi von innen (tiefster Punkt) nach außen durch den Sand/Druck an die Ränder gedrückt wird. Bei der Größe der Fläche sicher nur für 2 Leute, weil du ein kleines Zeitfenster hast bis zum Gelieren. Setzt auch voraus, dass der Rumpf stabil genut bei der Reperatur ist und durch den Sand keine Beulen entstehen.
Zitat bei gutem Vakuum ist das Gewichtsverhältniss von Epoxy/Glass 40% zu 60% ( sprich 400ml Epoxy zu 600 gr/m2 Matte)
Die Zahlen sollten vermutlich eigentlich Faservolumeanteile sein, oder? 400ml Epoxidharz wiegen aber nicht 400g sonder eher sowas um die 450g und das Fasergewicht müsste man auch erstmal in Volumen umrechen (ca. Gewicht / 2,6) damit man es in Relation setzen kann. Dann klappt's auch mit der Anteilsberechnung, die aber für eine Reparatur eher weniger interessant sein dürfte.
wenn ich keinen Fehler in der Rechnung habe (edit: ihr seid zu nett - keiner hat gemeckert..., korregiere etwas die Werte; Mehrgewicht 0,6 kg statt 0,3) zeigt sich folgendes Bild (Daten aus Faserverbund Werkstoffdaten, Swiss Composite, Fa. Sutter Kunststoffe):
1 mm Schichtlaminat bei 3 Meter Länge und 80 cm Breite: Handlaminieren: Mehrgewicht ca. 0,6 kg, Bootsgewicht vmtl. 20 kg Wo ist bei einer Reparatur der Gewinn wenn man technischer Mehraufwand Vakuumtechnik, Verbrauchsmaterial, Invest Vakuumpumpe.... betrachet?
Beim Laminieren wird bei beiden Techniken die gleiche Menge Glasgewebelagen eingebaut, bei Vakuum wird nur mehr Epoxi rausgesaugt also Vakuumtechnik: 60% Volumen Glas = 0,6 Liter, 40% Epoxi = 0,4 Liter Handlaminieren: 0,6 Liter Glas, 0,6 Liter Epoxi (edit: wegen 50:50, war 0.5 Liter)
Annahme: Axel laminiert in Vakuumtechnik 1 mm Schichtdicke, 80 cm breit, 3 Meter lang. In Dezimeter Volumen Vakuumtechnik = 0,01 dm * 30 dm * 8 dm = 2,4 Liter Volumen Handlaminieren 20% mehr (edit: war 10%)
0,24 Liter Epoxi wiegen: 2,4 * 20% * 1,25 kg = 0,6 kg (bei Dichte 1.1 0,52 kg)
Mehrgewicht beim Handlaminieren diese Schichtdicke: 0,3 kg
Morgen gehts endlich mal wieder aufs Wasser (heute zu nass)
Hallo Sebastian, habe Äpfel mit Birnen verglichen. Man sollte hinter allen Zahlen 'Gramm'einhängen. Aber der Gedanke dahinter ist vermutlich klar.
Hallo Norbert, das ist immerhin 1/3 Kilo was man im Urlaub eine Woche lang durch die Gegend paddelt. Dann nehme ich lieber eine Dose Bier mehr mit ;) Aber man sollte nicht ausser Acht lassen, dass durchs Vakuumsaugen ein hochwertigeres Laminat entsteht. Das ganze (gutes Laminat und Gewicht) ist vielleicht eher für Sportpaddler interessant, als für Hobbykanuten, aber die Spielerei mit Vakuum kann interessant sein.
Ich gebe mir zwar Mühe einigermaßen sportlich unterwegs zu sein aber ich bekenne, dass ich die Vakuumtechnik inzwischen doch bereits abgeschieden habe. Mir wird das zu kompliziert. Ich arbeite voraussichtlich innen mit Abreißfließ um überschüssiges Harz weg zu bekommen. Wie ich die Schäden außen am Boot behebe ist mir vorläufig noch völlig schleierhaft. Aber das ist ein anderes Thema für einen anderen Thread - ich werde mich beizeiten Hilfe suchend an Euch wenden.
Vielen Dank erstmal für die Anregungen und Vorschläge.