Moin Ca. von 12-16 uhr sind wir heute die Eider gepaddelt und dabei über den Westensee gefahren. Am Auslauf des Sees hatten wir gerade die Würstchen am Lagerfeuer verspeist als ich vom gegenüberliegenden Ufer hörte:" Die schwimmen ja immer noch im Wasser". Auf meine Frage, Warum, wo, wer, bekam ich zur Antwort, dass da vor 15 Min. ein Kanadier mit 2 Kindern gekentert sei und diese immer noch im Wasser wären obwohl doch ein anderes Kanu ( alles Leihcanadier) zur Hilfe geeilt sei. Für mich war die Stelle nicht einsehbar. Canadier ins Wasser und hin, dauerte so ca.10 Min. mit Volldampf. Situation stellte sich bei gut 3 Bf folgendermaßen dar: zu Hilfe geeilter überforderter Leihcanadier mit 2 Erwachsenen und 2 außenbords dran hängenden Kindern im Alter von ca. 11-13 J., Eltern der Kinder bereits über 100m abgetrieben, damit beschäftigt, das gekenterte Kanu durch ausschöpfen wieder flott zu bekommen. Entfernung zum Ufer ca. 300-400m. Längseits des stabilisierten Leihcanadiers hatten wir den älteren Jungen schnell im Boot, da er zumindest noch beim Reinziehen etwas Unterstützung geben konnte. Der Jüngere war kaum noch in der Lage sich am Süllrand fest zu halten und war nicht mehr zur Mithilfe fähig, 3 Erwachsene zogen ihn mit etwas Mühe aus dem Wasser. Ich hatte anschließend den Eindruck, dass sich niemand der realen Situation bewusst war und somit war ein Vorwurf überflüssig. Nachdem der körperliche Zustand des einen Jungen offensichtlich wurde, dämmerte es dann doch bei ein paar Menschen. Keine 5 Min. länger und der Junge wäre mit Schwimmhilfe bewegungsunfähig ertrunken. LG Jürgen
gut, dass Du in der Nähe warst und so schnell helfen konntest. Wir waren gestern bei unserem kleinem Paddelausflug die einzigen mit Schwimmwesten.... besonders Klasse war die Mutter mit Tochter (ca. 10) im Plantschgummiboot ohne Schwimmwesten aber stilvoll mit Strohhut....
Hallo Jürgen, Leben retten ist schon was besonderes, da kannst Du echt Stolz drauf sein.
Hoffentlich lesen Eltern und Jugendliche jetzt mal was über die Gefahren im kalten Wasser.
Jürgen, Dein Erfolg zeigt ja das Du richtig gehandelt hast. Bei mir geht dann immer als nächste Frage an mich: "Wie hätte ich reagiert." Da ich zum 1. Mai 2010 auch im Westensee "gebadet" habe, bin ich mir sicher, dass ich bei der Aussage: "15min im Wasser", sofort und ohne nachdenken zum Telefon gegriffen hätte und 112 angerufen hätte. Ort und Situation geschildert und informiert hätte, ich fahr da jetzt raus.
Meine größte Sorge wäre gewesen, das ich zwar lebendig bergen kann, der Geborgene dann aber, mit wieder einsetzender Durchblutung, endgültig unterkühlt.
Frage an die Rettungsspezialisten hier: Ist das hysterisch gleich die Rettungskräfte zu rufen? Oder blasen die lieber einen angelaufenen Einsatz ab, wenn ich nochmal anrufe und sage: "Die Bergung hat geklappt und Alle sind Wohlauf."
Gruß Andreas
"Doch es ist mit dem Feuer ähnlich wie mit dem Schwimmen, mag kommen was will, man sollte es beherrschen." :Feuer, Andy Müller
Hallo Andreas: Ich glaube, die Reaktion von Jürgen ist natürlich und die Naheliegendste, heute aber keinesfalls selbstverständlich. Die Rettungskette von vornherein zu starten, ohne die Situation überblicken zu können, ist sicher nicht jedermanns Sache. Dennoch: die wenigsten sind sich bewußt, daß auch unterlassene Hilfeleistung im zumutbarem Umfang, rechtliche Folgen haben kann und meiner Meinung nach haben soll! Zum Rettungseinsatz: Den genauen Grad der Unterkühlung festzustellen ist für Leien nicht ganz einfach, auch wenn die Stadien einer Unterkühlung im Erste Hilfekurs theoretisch klar definiert sind. Wenn der Betroffene seine Bewegungen kontrollieren, vernünftige Antworten auf Fragen geben kann und die Möglichkeit besteht die Person zu trocken und aufzuwärmen, ist es naheliegend ohne professionelle Hilfe auszukommen. Im Zweifel ist ein Einsatz zuviel leichter zu verantworten, als das Gegenteil.
Schwimweste, Ufernähe, Fahren in der Gruppe, ... irgendwie passt das mit dem Verleihgeschäft nicht recht zusammen. Zuviel Verantwortung, zuwenig Wissen!
Moin Ich bin fest überzeugt davon, dass jeder hier aus dem Forum sofort reagiert und das Richtige gemacht hätte. Wir haben Bergegeschichten, Wassertemperaturen und Sicherheitsausrüstung hier so oft als Thema, dass jedem die richtige und kompetente Entscheidung nicht schwer fallen wird, vielleicht der wichtigste und gewinnbringendste Aspekt des Forums. Den Beitrag habe ich eingestellt, weil ich über die Einschätzung der Situation durch die Beteiligten und die immerhin 10 Canadierbesatzungen im weiteren Umfeld so überrascht war. Erst mal war nur ein Leihcanadier hin gefahren um zu helfen. Wären sich die anderen Beteiligten der Situation bewußt geworden, hätten sie sicher auch geholfen. Mir selbst ist es das erste Mal richtig klar geworden, wie unzureichend Schwimmhilfen für Kinder sind, wenn Wasserkälte zu wirken beginnt. Ich bin richtig dankbar für die gemachte Erfahrung, denn dadurch werde ich unsere Sicherheitsausrüstung noch mal eingehender unter die Lupe nehmen auch wenn ich schon genau weiß, was Standard sein sollte und wie in den vergangenen Jahren den Wiedereinstieg unter erschwerten Bedingungen üben. LG Jürgen
Zitat von WenigPaddler Frage an die Rettungsspezialisten hier: Ist das hysterisch gleich die Rettungskräfte zu rufen? Oder blasen die lieber einen angelaufenen Einsatz ab, wenn ich nochmal anrufe und sage: "Die Bergung hat geklappt und Alle sind Wohlauf."
Bin zwar kein "Spezialist" dafür, kann Dir aber aus vielerlei Erfahrung sagen, es ist ausdrücklich richtig, Rettungskräfte zu rufen, da man den medizinischen Zustand der betroffenen Personen zu Beginn einer Rettungsaktion nie abschätzen kann - auch nicht bei durchtrainierten Sportlern, pp.!
Und die Anschlussbemerkung ist voll ins Schwarze getroffen, wenn keine Notwendigkeit für ein weiteres Anfahren von Rettungskräften besteht, ist es sehr wichtig, ein 2. Mal anzurufen!
Bei Wassertemperaturen von 5° - 10° ist die minimale Überlebensdauer im Wasser bei rund einer Stunde angesiedelt, das heißt aber nicht, dass jemand, der evtl untrainiert oder anderweitig chronisch erkrankt ist (und da zählt auch der nicht diagnostizierte Herzklappenfehler dazu) nicht auch vorher sang- und klanglos untergeht!
Ich hatte erst selbst vor wenigen Wochen einen 73-jährigen, der im Eis eingebrochen ist und rund 10 Minuten komplett im Wasser war - der Notarzt sagte, weitere 5-10 Minuten wären der Exitus gewesen...
ich bin stolz auf Jürgen, weil er SOFORT geholfen hat, das alleine ist ja in unserer Gesellschaft (leider) keine Selbstverständlichkeit mehr!
Hab Deinen Beitrag heute früh gelesen, gleich ausgedruckt und als Fallbeispiel mit Übungsaufgaben mit in den heutigen Kurs genommen.
Dankeschön.
@Leichtgewicht:
Zitat Bei Wassertemperaturen von 5° - 10° ist die minimale Überlebensdauer im Wasser bei rund einer Stunde angesiedelt, das heißt aber nicht, dass jemand, der evtl untrainiert oder anderweitig chronisch erkrankt ist (und da zählt auch der nicht diagnostizierte Herzklappenfehler dazu) nicht auch vorher sang- und klanglos untergeht!
Wenn er keine Schwimmweste trägt geht er sehr wahrscheinlich weit vorher unter. Die Stunde bezieht sich, so wie ich das gelernt habe, auf das eintreten der Bewusstlosigkeit bei Unterkühlung. Das bedeutet nicht, dass man so lange schwimmen kann. Erst durch eine geeignete Schwimmhilfe wird die Stunde möglich. Kann sein, dass Du das so meintest, wollte es nur nochmal deutlich machen.
Zitat von MrDickDie Stunde bezieht sich, so wie ich das gelernt habe, auf das Eintreten der Bewusstlosigkeit bei Unterkühlung. Das bedeutet nicht, dass man so lange schwimmen kann. Erst durch eine geeignete Schwimmhilfe wird die Stunde möglich. Kann sein, dass Du das so meintest, wollte es nur nochmal deutlich machen.
Vielen Dank, Sebastian, genau so war es gemeint, jetzt kommt es nochmal deutlich rüber, hab' mich da nicht so klar ausgedrückt.
Wahrscheinlich, weil ich eh' davon ausgehe, dass jeder eine Weste tragen sollte, die ohne sollen ruhig vorher absaufen, die haben es eigentlich nicht anders verdient!
im Survivalhandbuch der Royal Airforce steht sinngemäß:
Grad Wassertemperatur = Minuten Überlebenschance also bei 5° C Wassertemperatur wird von 5 Minuten Überlebenschance (wohlgemerkt Chance!!) ausgegangen....die Trockenanzüge waren zur Zeit WWII selbst beim Militär noch nicht soweit entwickelt, also ähnliche Voraussetzungen wie bei uns ohne Trockenanzug. Gruß ALbert
Es ist nie verkehrt, den Rettungsdienst frühzeitig (also mit feststellen einer Notsituation) zu alamieren. Bei mir in Bayern gilt eine Hilfsfrist von 15 (fünfzehn!) Minuten nach Alarmierung. Für den Anrufer bedeutet das eventuell ca. 20 Minuten warten und überbrücken zu müssen, bis professionelle Hilfe eintrifft. Daher also lieber erstmal die Situation melden, das vermeidet späteres frustanes Warten. Stellt sich später heraus, dass alles gar nicht so bedrohlich ist, wird der Rettungsdienst trotzdem anfahren. Hat sich die Situation wirklich entschärft, so trollen sich die Rettungsdienstler wieder und verbuchen das Ganze als Werbungseinsatz.
Eine weitere Anmerkung sei mir auch noch erlaubt: Unterkühlungsstadien sind nicht Lehrinhalt eines EH-Kurses! Die Erfassung dieser Daten ist für Laienhelfer zu viel verlangt.