Die Nachrichten überschlugen sich am 25. und 26. Januar diesen Jahres:
- Raff alias RaffTaff sagte das erste Black-Forest-Winter-Camp ab - Kaalsche schlug sofort eine Ersatzveranstaltung in den Vogesen vor - Der Veranstaltungsort in den Vogesen war wegen einer geschlossenen Toilette nicht nutzbar - Kaalsche bot an, bei einer Ersatzveranstaltung am Freitag unterstützend mit einzuspringen - Wasserhexe suchte einen Veranstaltungsort im Schnee, um ihre neuen LL-Ski zu präsentieren - Wasserhexe entdeckte eine Lageralternative am Schluchsee direkt neben dem Raff-Taff-Gelände - Bjoernen stellte die Ersatzveranstaltung "Erste Schwarzwald-Eiswette" in das Forum ein - RaffTaff bestätigte, dass es so gut wie keine Buchungen für die Originalveranstaltung gab - Kaalsche sagte wegen seiner kranken Tochter und fehlender Versammlungsräumlichkeiten ab - Bjoernen fand in seinem Umzugschaos eine Cross-Country Ski-Ausstattung aus dem Jahre 1982 - Wasserhexe heuerte den Assistenz-Medizinmann, OC-Stuntman und Schluchsee-Guide Erich_L an - Wasserhexe buchte eine LL-Ski-Expertise und einen LL-Privatkurs beim LL-Skilehrer Erich_L
Anreise am Freitag:
Die Anreise gestaltete sich für mich wieder einmal klassisch. Nach gerade einmal 200 Metern Autobahn sah ich von Hinten schon die ersten Blaulichter heranbrausen. Kurz darauf stand ich auch schon in einer freundlich orange und rot blinkenden Autoschlange. Auf der gegenüberliegenden Fahrbahn hatte sich ein schwerer Unfall ereignet, an dem die vorbeifahrenden Autofahrer erst einmal anhalten und mit Mitgefühl elf bis dreizehn Rosenkränze beten und ihr Beiwohnen noch fotografisch dokumentieren mussten, bevor sie weiterfuhren. Die Radiosprecher nennen dieses Verhalten despektierlich: "Gafferei". Danach winkte aber des Deutschen liebste Freiheit, so dass ich den Schluchsee nach nur 4 Stunden erreicht hatte.
Perfekter konnte das Timing meiner Ankunft nicht sein. Kaum hatte ich den angenehm warmen Wohnwagen von Erich betreten, schon wurde uns von Gabi eine supergenialwohlschmeckendheiße Lauchkäsebratwurstsuppe kredenzt. Dazu gab es frisches Brot und einen angenehm frischen Rotwein. Wir unterhielten uns an diesem Abend lange und planten auch schon den Ablauf des folgenden Tages.
Danach heizte Gabi ihr Tipi auf, während ich noch das Tarp aufspannte, Zeltbahn, Synmat und Schlafsack auf dem trockenen Schnee ausbreitete um kurz darauf in der wohligen Wärme meines Nordisk Gormsson bei bester Schwarzwaldluft die mentale Aufbereitung der Gespräche des Abends aufzunehmen.
Ein ruhiger, entspannender Samstag:
Nach einer so entspannenden Nacht genehmigten wir uns ein großzügiges Frühstück mit allen Spezialitäten unserer Paddlerhaushalte. Dabei fiel mir wieder einmal auf, dass die Fernsehwerbung manchmal auf die falschen Zielgruppen setzt. Zumindest kenne ich keine größere Sportlergemeinde als die der Paddler, bei denen ein brauner, nussig-schokoladiger Brotaufstrich auf jedem Frühstückstisch zu finden ist. Das kann aber auch daran liegen, dass wir gerne unser Leben genießen und schon erfahren genug sind, um zum Frühstück Klamotten zu tragen, bei denen der eine oder andere Unfall bei der Einnahme dieses Vitamin-E-Lieferanten keine auffällig verräterischen Spuren hinterlässt. Ganz im Gegensatz zu den kindlichen Milchbubis in ihren schwarz-weißen Sport-Negligées.
Martin hatte inzwischen per Mail endgültig abgesagt. Irgendwo zwischen Annweiler und Neustadt an der Weinstraße hatte er einen Platz für sein Tipi gefunden, der mehr seinen Erwartungen für dieses Wochenende entsprach. Ich mutmaße immer noch, dass er sich heimlich bei Erich über unser Outdoor-Sport-Programm erkundigt hatte. Denn dieses begann am Samstag mit einer kleinen Skitour von maximal 16 Kilometern Länge.
Während Erich und Gabi mit ihren modernen Sportgeräten fast nur im Schneepflug über den Schnee schwebten, nahm ich mein Trainingsprogramm sehr ernst. Alter und Belag meiner Ski hatten im Schnee eine ähnlich trainierende Wirkung wie ein um den Canadier gewickelter LKW-Schlauch im Wasser.
Entsprechend "schlauchte" mich nichts mehr als die teils recht steilen Abstiege, die ich nur mit vollem Krafteinsatz innerhalb der gleichen Tageszeit wie Gabi und Erich hinter mich bringen konnte. Trotz der Mühen waren wir von dieser wundervollen Winterlandschaft hemmungslos begeistert. Der trockene Schnee auf den Ästen der Fichten setzte sich anfänglich kaum von der gespenstischen Nebel-Landschaft ab. Nach dem Anstieg auf ca. 1200 Meter drangen dann die ersten Sonnenstrahlen durch die hier nur noch dünne Nebeldecke.
Unter blauem Himmel, in kristallen glitzerndem Schnee und umgeben von den Spitzen der Landschaft des Hochschwarzwald genossen wir unsere Tour. Nach einer kurzen Pause machten wir uns auf den "Abstieg" in eine urige Gastwirtschaft am Ufer des Schluchsees.
Umgekehrt zum Radfahrer-Motto "Was man berauf gefahren ist, kann man hinterher auch schön Bergab rollen", stiegen wir nach der Vesper wieder gute 300 Höhenmeter an, um bald darauf die Runde am Auto zu beenden. Eine heiße Dusche und ein mit Heißhunger verschlungenes Abendessen in der gut gepflegten Anlage des Schluchsee-Camping entspannte uns so sehr, dass wir bald darauf in unsere Federn lagen.
Neuer Tag - Neues Glück!
"Und unterwegs machen wir ein richtig gutes Picknick. Ich habe da auch etwas ganz Besonderes dabei". Mit ungefähr diesem Wortlaut motivierte Erich uns am nächsten Morgen dazu, den aufkeimenden Muskelkater zu ignorieren und anstelle dessen die Wanderung zum Riesenbühl zu genießen. Dieser Sonntag begleitete uns mit einem tiefblauen Himmel, von dem sich die glitzernden Schneekristalle in einem harten Kontrast abhoben. Unsere Freude über dieses schöne Szenario wurde nur von der Neugierde über die von Erich angekündigte Überraschung überlagert. Deshalb fiel es uns auch leicht, den kalten Wind als Ausrede vorzuschieben, um baldmöglichst den Riesenbühl-Aussichtsturm und somit auch die grandiose Aussicht gegen ein schönes Plätzchen an der Sonne zu tauschen.
Bald darauf war der Tisch gedeckt. Unser Speisenangebot reichte von allen möglichen Wurstsorten über Kuchen, Kaffee und Schweizer Schokolade bis hin zu in Rotweinkelchen kredenztem Tempranillo, auf 19,7 Grad in einer Thermoskanne temperiert! Des Neides der Passanten bewusst, genossen wir diesen wirklich gelungenen Wochenendabschluss.
Was fehlt noch?
Nichts! Ich habe nicht meine Ski in die Mülltonne geworfen. Auf dem Rückweg konnte ich mittels eines geschickten Schlenkers durch den Nordschwarzwald alle bösen und zeitfressenden Unfälle und Staus umfahren. So kam ich am frühen Abend sehr entspannt nach insgesamt knapp 800 Kilometer Wochenendfahrleistung wieder in Wiesbaden an. Das Pech auf der Heimstrecke hatte ich an Gabi abgestreift. Sie musste leider an einem schweren Unfall vorbeifahren. Hat man so etwas erst einmal erlebt, fragt man sich, ob es nicht doch eher fair ist, Rettungskräfte und Opfer unbegafft in ihrer Situation zu respektieren und einfach weiterzufahren. Denn welcher Autofahrer käme Heute noch auf die Idee, tatsächlich für die Betroffenen auch nur einen Rosenkranz zu beten?
So, nach diesem, von tragischen Unfällen geprägten Wochenende konnte ich leider nicht unsere persönlichen Erlebnisse ausblenden. Denn diese Tragik gehört zum Leben dazu. Auch und besonders für uns Kanuten und Outdoorsportler als ein freundlicher Hinweis des Schöpfers auf unsere Verletzlichkeit. Nutzt diese Chance zur Reflektion und passt auch in dieser Saison gut auf Euch, Eure Familien und Kameraden auf!
Uuuups, den Bericht entdecke ich erst jetzt. Tolle Bilder, netter Text. Danke Bjørn! Vielleicht schaffe ich's ja nächstes Mal. Die Wochenden sind zur Zeit etwas zugeplant damit im Frühjahr wieder Luft für Paddelunternehmungen ist.
Danke für den Bericht Björn. Ich hatte eben erst Zeit, den in aller Ruhe durchzulesen (für deine Berichte nehme ich mir immer viel Zeit ). Liest sich locker und man kann euer Wochenende richtig nacherleben. Die Bilder sind der Hammer. Schwarzweiß finde ich klasse. Das bedeutet nicht fehlen der Farbe, sondern die Lichtstimmung kommt richtig gut.
Viele Grüße
Stefan
edit: ich sehe gerade das Copyright: tolle Bilder Gabi