Ruska nennen die Finnen die kurze Zeit des Herbstes, der im Englischen allgemeinhin als Indian Summer bezeichnet wird.
Diese Jahreszeit wollten Stefan, Rita und ich vom Candier-Treff München auf dem Ounasjoki in Lappland erleben.
Ausgerüstet mit 2 Pak-Canoes 165 und umfangreichen Equipment ging es am 27.08.2010 mit Finnair vom Flughafen München via Helsinki nach Rovaniemi. Mit dem Bus fuhren wir am nächsten Tag zur Einsatzstelle nach Enontekiö, wo wir uns kurz vor Ladenschluss noch mit dem notwendigen Proviant im örtl. Supermarkt eindeckten. Am Abend des selben Tages ging es mit unseren zwischenzeitlich einsatzbereiten Pak-Canoes hinaus auf den Ounasjärvi. Im letzten Abendlicht erspähten wir noch einen geeigneten Lagerplatz, wo die Stille Lapplands sofort von uns Besitz ergriff.
Für die nächsten 15 Tage waren wir zu dieser Zeit die einzigen Wasserwanderer auf dem ca. 300 km langen Ounasjoki. Als Routenbeschreibung diente eine Flussbeschreibung aus dem Jahre 1982 sowie die Finnland Straßenkarten GT 12 und 14. Außerdem hatte Stefan ein GPS-Gerät dabei, so dass wir logistisch ausreichend ausgestattet waren.
Ein etwa 7 KG schweres Baumwolltarp sollte sich während der Tour noch als äußerst nützlich erweisen. Unter dem Tarp konnte man prima Feuer machen und nasse Kleidung trocknen.
Die Tour lässt sich in zwei Etappen unterteilen. Von Enontekiö (Hetta) bis Kittilä sind es ca. 130 Flusskilometer. In Kittilä kann die Tour entweder beendet oder bis Rovaniemi (weitere 172 Km) fortgeführt werden. Kittilä wird regelmäßig von der Finnair angeflogen. Außerdem besteht eine gute Busverbindung sowie Einkaufsmöglichkeiten.
Im Oberlauf ist der Ounasjoki schmal und steinig, die Steine liegen in den Stromschnellen gleichmäßig verteilt, eine deutliche Fahrrinne war oft schwer zu definieren. Tückisch waren die Steine kurz unterhalb der Wasseroberfläche, die man bei dem dunklen Moorwasser nicht zu sehen vermochte und auf die unser Tandem das eine oder andere mal hängen blieb. Hier sind Faltkanadier klar im Nachteil, weil der weiche Rumpf nachgibt und man auf dem Hinderniss erst recht festsitzt. Hinzu kam, dass der Ounasjoki wenig Wasser zu führen schien. Selbst das "Anlanden" bereitete Probleme, da der Fluss im Uferbereich ebenfalls mit Steinen übersäht war. Auf die vorhandenen Zahmwasser- abschnitte konnte man sich allenfalls freuen, wenn einem kein Gegenwind ins Gesicht blies. Teilweise entluden wir die Canoes und fuhren diese ohne Gepäck über die Stromschnellen.
Ein Mißgeschick bescherte uns am zweiten Tag gleich einen Reparaturfall. Das Längsgestänge unseres Tandem war in der Mitte durchgebogen, eine Spante war gebrochen. Mit Kabelbinder und einem zurecht geschnittenen Holzast konnten wir das Pak-Canoe bis zum Ende der Tour aber wieder flott kriegen.
Aus meiner Sicht ist der Oberlauf des Ounasjoki eher für Solofahrer geeignet, Tandem mit entsprechender Zuladung und Tiefgang bekommen bei niedrigem Wasserstand erhebliche Probleme, weil aufgrund der Verblockung häufige Manöver und Richtungsänderungen angesagt sind. Hinzu kommen noch die unsichtbaren Felsblöcke unter Wasser.
Andererseits ist gerade der Oberlauf der reizvollste Abschnitt, weil er von der Zivilisation abgeschiedener liegt, als die Strecke von Kittelä nach Rovaniemi.
Da wir im Oberlauf viel Zeit ließen (teilweise nur 13 km am Tag), gingen wir die weiteren Etappen schwungvoll an, so dass wir zwei mal am Stück auch die 30 km Marke und darüber erreichten. Zum Ende der Tour ließen wir es dann wieder gemütlicher angehen. Teilweise fuhren wir mit unseren Faltcanadiern erst mittags los.
Trotzdem sollte man die Strecke von Kittilä nach Rovaniemi nicht unterschätzen. Obwohl der Ounasjoki mittlerweile zu einem breiten Fluss geworden ist, gibt es nach wie vor viele Steine in den Schnellen, so dass der Fluss weiterhin unsere ganze Aufmerksamkeit fordert. Während Stefan unser Wildwasserexperte vorne weg fährt, machen es sich Rita und ich bequem, in dem wir ihm einfach hinterher fahren.
Die Qualen des Oberlaufs waren auf der zweiten Etappe nach Rovaniemi vergessen, bescherte uns das Wetter in Lappland doch einen "Altweibersommer" mit Temperaturen jenseits der 20 ° C Marke. In klaren Nächten hatten wir auch drei Mal Nachtfrost.
Ein Wort noch zu geeigneten Lagerplätzen. Es war nicht immer einfach einen geeigneten Lagerplatz für ein großes Tarp und zwei "Kleinzelte" zu finden, weil der Wald in der Regel bis zum Flussufer reicht.
Zwischen Kittilä und Rovaniemi gibt es eine überschaubare Anzahl von Lavus, die vornehmlich von Fischern oder Jägern genutzt werden. Diese sind in der Regel mit Grillstelle, Feuerholz, Trockentoilette und Mülleimer ausgestattet.
Der Schwierigkeitsgrad des Ounasjoki mit seinen mehr als 40 Stromschnellen bewegt sich im Bereich WW I und WW II. Eine einzige Stromschnelle (Molkoköngäs) bewegt sich im Bereich WW II - III. Die längste Stromschnelle im Oberlauf des Ounasjoki heißt Puksukoski mit 4300 m Länge und 15,8 m Gefälle (WW I).
Für uns hat sich der Weg gelohnt, auch wenn wir uns freuen, wieder zu Hause zu sein.
Ein paar nützliche Infos noch zum Schluss:
Die Busfahrt von Rovaniemi nach Enontekiö kann man einige Tage im Voraus via Internet buchen (ca. 50,- € pro Person / ab 3 Personen Gruppentarif). Der Transport eines Faltcanadiers schlägt bei Finnair mit 60,- € für die einfache Strecke zu Buche (max. 32 KG). Paddel, Bootswagen usw. kann man als weiteres Sportgepäck aufgeben. Für bis zu 20 KG Sportgepäck berechnet die Finnair weitere 30,- € je einfache Strecke. Hinzu kommen noch die Freimengen pro Person von je 20 KG. Man sollte das Sportgepäck auf jeden Fall vorher bei der Fluggesellschaft anmelden.
24 Bilder von der Tour sind zwischenzeitlich auf www.canadier-muenchen.de eingestellt. Dort ist eine eigene Rubrik für Bilder bzw. Ausfahrten unseres Canadier-Treffs vorhanden.
Hallo Woody, ganz alleine ward ihr nicht. Wir, Familie mit 2 Kids, sind am 24.August in Enontekiö gestartet. Wir haben dort mit 2 gemieteten Kanus ebenfalls den Ounasjoki befahren. Mit den Steinen hast du recht, auch wir hatten mit den "Unterwasser"-Brocken einigemale Kontakt. Aber mit der Zeit haben unsere Kinder (11+14) sich als prima Späher entwickelt. Viel Spass haben dafür die spritzigen Abschnitte gemacht. Wir sind bis Levi gepaddelt und haben dann noch umgesetzt, um den Kapsajoki und Loukinen zu erkunden. Beide sind auch nicht schwer aber noch einiges einsamer als der doch recht "bevölkerte" Ounasjoki. Die Ruska hat eingesetzt und bei diesem phantastischen nordischen Licht insgesamt ein Genuß. Ich hoffe ihr hattet dann weiterhin noch das schöne Wetter auf Eurer Seite. Viele Grüße Walter
meinen ursprünglichen Beitrag habe ich modifiziert und zur Betrachtung der Bilder einen Link angebracht.
Stammen die von Dir eingestellten Bilder alle vom Ounasjoki?
Zu Deiner Tour hätte ich außerdem noch ein paar Fragen nach dem Vermieter der Canoes und den Kosten sowie von wo ab ihr wie lange auf den beiden anderen Flüssen unterwegs gewesen seid.
Vielen Dank im Voraus für die Infos und viele Grüße
Hallo Woody, die meisten Bilder sind vom Ounasjoki, zwei vom Kapsajoki. Der Kanuvermieter war Kinos Safaris (kinossafaris.com), Inhaber Mika Kuusela. Er wohnt in Köngäs und hat sein Büro in Levi. Er spricht sehr gut Englisch und war super zuverlässig, obwohl es nicht ganz einfach war. Wir waren vor unserer Bootstour noch 5 Tage wandern auf dem Pallas-Hetta Trail. Das geht dann so: Landung in Kittilä - Mika holt uns ab und bringt uns nach Pallas - 5 Tage wandern - Mika bringt die Boote und unser Paddelgepäck nach Hetta und nimmt die Rucksäcke mit - Paddeln bis Levi - Mika kommt und bringt uns an den Kapsajoki - Paddeln bis Levi - Mika holt uns uns wir bleiben in seiner Hütte am Ounasjoki (Klamotten waschen und Sauna geniesen) - Transfer zum Flughafen Kittilä. Kosten: Boote + Paddel + Schwimmwesten + 1 Tonne = 700€ für 13 Tage, Transfers + Hütte 300€ total also 1000€ Wir haben am Kapsajoki an der Strassenbrücke 955 eingesetzt. Weiter oben fehlt um diese Jahreszeit das Wasser. Nach ca. 50 km mündet der Kapsajoki in den Loukinen und dieser nach weiteren 15 km bei Levi in den Ounasjoki. Dafür haben wir uns 5 gemütliche Tage Zeit genommen (man kanns auch in zwei machen). Soviel erst mal, für weitere Infos kannst du mich direkt an mailen. Viele Grüße, Walter
danke für die nützlichen Infos, klingt echt verlockend, wenn man nicht ausschließlich Kanufahren will. Ich behalt`s mal im Hinterkopf und guck mir mal die von Euch durchgeführte Tour an. Auf jeden Fall werde ich in den nächsten Wochen nochmals auf Dich zurückkommen.
Hallo, wir haben die Tour bis Kittilä Anfang August 2007 auch gemacht. Das Kanu hatten wir bei Kinos Safaris gemietet. 2008 waren wir dann mit eigenem Pakboat auf dem Simojärvi und -joki und 2010 auf dem Kiiminkinjoki unterwegs. Alles tolle Flüsse und fast ohne andere Boote. Die letztgenannten haben mehr als 100 Schnellen von WW1 bis WW3, wenn man den ganzen Fluss abfährt, was wir aber nicht gemacht haben. Es gibt ein gutes Buch, dass die Flüsse in Nordfinnland beschreibt und einiges im Netz. Bei Fragen gebe ich auch gerne Infos. Zum Berichte schreiben habe ich leider noch nie die Zeit gefunden.
bei unserer Tour haben wir uns auf das "Büchlein" Kanuwandern in Nordfinnland bezogen, welches in D im Nordis Verlag 1988 erschienen ist (Preis ca. 5,- €).
Enthalten sind 9 Touren; die von Dir beschriebenen Touren (Simojärvi -joki sowie Kiiminkijoki) sind dort auch enthalten.
Im Internet lässt sich noch ein ausführlicher Bericht eines Landshuter Paddlers finden, außerdem noch ein klein wenig in englischsprachigen Foren.
Ansonsten sieht`s eher mager aus. Mit dem Berichte schreiben geht`s mir genauso wie Dir. Entweder man macht es gleich - was diesmal der Fall war -
oder man macht`s nimmer. Wenn Du magst, kannst Du mir eine Private Mail schicken, wäre vielleicht nicht schlecht, wenn wir mal ausführlich drüber
plaudern könnten. Ansonsten würde mich natürlich interessieren, welches Buch Du empfehlen kannst.
vielen Dank für die Erfahrungsberichte mit dem Ounasjoki. Ich habe mir drei Freunden im August die selbe Tour vor. Wir haben da noch ein paar Fragen und es wäre nett wenn ihr uns da weiterhelfen könntet. Zum einem wäre da die Wasserfrage, ich bin schon recht viel in Skandinavien, primär Schweden unterwegs gewesen und dort war das Wasser immer trinkbar, wie habt ihr das auf dem Ounasjoki erlebt? Würde gerne meine Mitreisenden beruhigen und den Kauf eines Wasserfilters vermeiden, denn unsere Reise Budget ist eh schon stark begrenzt.
Eine weitere Frage wäre, wie sind die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort, gibt es dort eine gute Infrastruktur vom Fluss aus oder muss man weit fahren um Nachschub zu erhalten?
Das wärs erstmal an Fragen kommen aber sicherlich noch mehr;)
ich war mit Woody letztes Jahr am Ounasjoki. Vom Oberlauf bis Kittilä ist das Wasser sehr sauber aber moorig. Ab Kittilä kann es schon mal passieren, dass man von dem ein oder anderen Motorboot einen Ölfilm auf der Wasseroberfläche sieht. Woody hat sein Trinkwasser im Supermarkt gekauft, ich habe eine Trinkflasche mit Filter dabei gehabt (kostet ca. 50 Euro). Zum Kochen haben wir das Wasser aber meistens vom Fluss genommen. Einkaufsmöglichkeiten gibt es in Hetta und in Kittilä ziemlich nahe am Fluss (siehe Google Earth). In Kittilä und Rovaniemi bekommst du sogar Schraubkartuschen für Gaskocher an der Tankstelle.
Stefan hat Dir schon die nötigen Infos gegeben. Solltest Du noch weitere Fragen haben, kannst Du mir gerne eine private Mail mit Deiner Telefonnummer oder e-mail Adresse senden.
Kurz nochmals zur Wasserqualität: Abgekocht haben wir das Wasser immer verwendet (Tee, Kaffee). Man kann in den Supermärkten - so geschehen in Kittälä - auch Trinkwasser auf dem WC abfüllen. Außerdem gibt es hin und wieder Ferienhäuser am Wegesrand, die über einen Brunnen (nicht die Regel) verfügen. Den Kauf eines Wasserfilters würde ich als obsolet ansehen, wenn man das Wasser zum Abkochen aus dem Fluss nimmt und das Trinkwasser z.B. aus einem Ortlieb-Wassersack. Stefan hatte eine Trinkflsche mit eingebautem Filter mit, so dass er seinen Trinkwasserbedarf unmittelbar aus dem Fluss deckte. Unterwegs sahen wir noch einen Campingplatz kurz vor der Straßenbrücke in Kittälä. wir lagerten aber bereits vorher in Supermarktnähe. Diesen vermerkte Stefan auf der Busfahrt nach Hetta in seinem GPS.