Althochdeutsch: „ Wasser, an dem Wisente leben“ na ja es waren keine zu sichten!
Der Begriff „Wisent“ ohne e, ist mir anfangs nur als DDR Jeansmarkenhose bekannt gewesen. So ergab es sich, dass ich mit meinem Canadier in einer kleinen Gruppe von Faltboot und Kajak- Paddlern, die Wiesent von Doos bis Streitberg auf dem Wasserwege bei einem Pegel von 133 cm, am letzten Tage des Monat Mai, paddeln durfte, die Hose trug ich ja schon.
Am Einstieg Doos lag eine Armada von blauen Leihbooten, glücklicherweise sind wir vor dem Trubel gestartet und hatten nur einmal Kontakt mit einer größeren eiligen Gruppe mit Schutzhelmen, später nur zwei blaue Einzelfahrer und ein Schlauchboot. Die blauen Boote wurden mit Doppelpaddeln gesteuert, später erkannte ich auch warum, blaue Kontaktspuren an Flusssteinen waren oft zu erkennen.
In die Wiesent eingesetzt, erwartete uns nach weniger als einhundert Metern die erste Kurve, das Rauschen des Wassers kündigte etwas an, daraufhin fuhr ich als schließender und behielt etwas Abstand. In dieser ersten Prüfung stand ein Kajak unserer Gruppe mit dem Bug steil nach oben am Ufer, dem Kentern galt es nur noch abzuwarten, andere Boote mogelten sich an oder über Flusssteinen vorbei , ich selber konnte nur noch mehrere Seilfähren, hier und da abrufen um Fahrt herauszunehmen, die Lage zu peilen und mit Ziehschlägen und mehr, zwischen den Flusssteinen hier und da mit dem Paddel zu tricksen, anhalten war unmöglich, das einzige Kehrwasser war besetzt. Als eine Lücke offen war, steuerte ich diese an. In diesem Moment löste sich unkontrolliert rückwärts das Kajak vom Ufer und fuhr auf einen Stein auf und drehte sich in meine Schussbahn, glücklicherweise konnte ich gut Fahrt herausnehmen, den Kajakfahrer streifte ich leicht mit meinem Bug an seiner Schulter. Wenige Augenblicke später die nächste rauschende Angelegenheit, dort streifte ich einen so gut wie unsichtbaren Stein und überfuhr auch glatt einen. Danach bekam ich ein gutes Händchen und Auge für diese Geschichten.
Gröbere Gebrauchsspuren waren an meinen Expeditionsboot später nicht festzustellen. Das Pouch mit zwei erfahrenen Insassen hatte weniger Glück, sie hatten beim ersten Rauschen einen Spanten-bruch zu beklagen und später kam noch mehr Wasser wie üblich ins Boot und mussten nach etwa der Hälfte der Tour ihr Boot aufgeben. Einer von diesem Team wechselte in ein Wildwasserkajak, dies war nur möglich da wir bestens über Land begleitet wurden.
Die erste längere ausgewiesene ausgelutschte Umsetzstelle nach Doos, in Form eines Pfades über Matsch, Stock und Stein wurde ohne Knochenbrüche überwunden, ein klassischer Bootswageneinsatz ist dort nur bedingt möglich.
Es ging weiter zur Behringer Mühle bei Flusskilometer 34,8, danach eine unter Dampf betriebene Zugstrecke am Ufer entlang und weiter über die Sachsenmühle bei Flusskilometer 31,8. Die Umsetzaktionen dort waren weniger tragisch. Beim paddeln hier und da ein paar Fliegenfischer die unsere Boote nur mit Mühe verfehlten.
Das Baumfurter Naturwehr in einer Fluss S- Kurve bei Flusskilometer 28.8, eine im Herbst 2013 entschärfte anspruchsvolle Schlüsselstelle mit Wildwasserstufencharakter, kündigte sich durch bekanntes Rauschen an. Bei Sichtkontakt existierte die Insel nicht mehr, eine längere Schwallstrecke mit gutem Zug, hier und da höhere Wellen galt es zu durchfahren. Eine fixe Abtrift zum rechten Ufer konnte nur mit aktiver Paddelarbeit entgegengewirkt werden. Ein Ausstieg für eine Umgehung über Land war ausgewiesen und sah unkompliziert aus.
In Muggendorf in einem Biergarten direkt neben dem Fluss, etwa dreihundert Meter vom Wehr Muggendorf bei Flusskilometer 26,3 entfernt, gingen wir zur Mittagspause über. Mein Kanu trug ich in Sichtweite des Biergartens, der Besitzer des Aerius II fuhr es mittels Bootswagen, die anderen Boote verweiltem ohne Aufsicht am Wehr.
Es ging entspannt weiter, hier und da felsige Landschaften im Grünen, eine Burg hoch oben, die Burgruine Neideck , die im letzten Teilstück oft zu bewundern war.
Bei Flusskilometer 21,9 am Örtchen Streitberg im Schatten der Geister der Streitburg, galt es einem schwarzen Pfeil zu gehorchen, der den Weg zum Ziel andeutete. Ein blaues Leihboot folgte diesem Pflichtbewusst. Die Lücke rechter Hand wurde mit seltsamen Poldergeräuschen überwunden. Die wohl heil gebliebene Besatzung wartete neugierig auf Nachahmer. So riskierte ich einen gewagten Blick im Soge der Strömung vor der Abfahrtslücke und drehte nach näherer Sichtung ab. Mein Eindruck: Kanu zu lang, der Aerius II ebenso. Zwei kurze Wildwasserboote polderten sich hinab und bestätigten meine Annahme, dass es keine saubere Linie gab.
Umgehungsmöglichkeiten sind dort wohl nicht vorgesehen, durch Stopp- Schilder rechts nicht erwünscht und geländebedingt kaum möglich, durch Wassergräben zusätzlich abschreckend. Links davon ist der gedachte Weg länger und scheint noch komplizierter zu sein.
Eine Überschreitung dieses Absatzes vor Ort ist die einzige Lösung. Ein abenteuerliches Überheben der Boote beginnt, mein Kanu nehme ich das letzte Stück an die lange Leine und lasse die Strömung arbeiten, es gelang, eine neue Erfahrung in dieser Richtung wurde gemacht. Interessanter ist diese Herausforderung der Überwindung bestimmt, wenn man mit Tandembooten plus Kindern, Ballast,…unterwegs ist.
In Streitberg nach wenigen hundert Metern nach dieser Action ist unsere Tour von 18,1 Flusskilometern beendet, es hatte sich wieder gelohnt.
Grüße von der Donau oder nicht weit weg davon, Mike
Ich hatte mein Nachwort vergessen, hier als Nachbrenner…
Hier im Forum ist einiges zum Thema über die Suchfunktion (Wiesent, Baumfurter Naturwehr und Doos) zu finden.
Mein aktueller Eindruck ist, dass die Wiesent kein anspruchsloses Flüsschen ist. Es ist klug, an „nicht ohne“ Passagen, mit großzügigem Abstand zu anderen Booten zu fahren, besonderes vor Flusskurven. In unserer Paddelgruppe klinkte sich stets ein Vorhutpaddler nach den Passagen in die Kehrwasser ein, um grob zu scouten. Die Feinheiten liegen am Paddler.
Den meisten Leihbootpaddlern ist dies schnuppe, sie wollen und können meist auch keine saubere Linie fahren.
Ich habe von einigen Passagen Fotos gemacht, interessant ist, dass man von Oberstrom kommend kaum oder nur sehr schwierig die sehr schmalen Fahrlücken zwischen den Flusssteinen erkennen konnte(Foto Nr.: 4, 6 und Nr.: 10). Von Unterstrom aus betrachtet, sind die Lücken klar zu erkennen. Bei diesen drei Beispielfotos hatte ich keinen Steinkontakt, liegt bestimmt auch an meinem schmalen Kanu.
Von der Ausstiegsstelle (Foto) aus, kann man im Hintergrund den zu überwindenden Absatz erkennen, der ohne Kontakt zu Flusssteinen durch die Lücke nicht zu fahren ist. Ein Tandemboot kann auch mal dort schnell stecken bleiben.
Die Burgruine Neideck ist das Wahrzeichen der Fränkischen Schweiz.
Wisente gibt es im Wildpark von Ingolstadt am Baggersee, drei Wisente für jeweils drei harmlose Steinkontakte.
Grüße von der Donau oder nicht weit weg davon, Mike
Wir sind vor kurzem auch auf der Wiesent unterwegs gewesen. Ein ruppiger aber schöner Kleinfluss. Die Umtragungen sind echt nicht ohne gewesen. Wir hatten ein paar mal Steinkontakt mit Paddel und Boot, aber nichts dramatisches. Wir hatten das Glück und hatten den Fluss für uns alleine, nur einmal haben wir ein weiteres Tandem-Kanu getroffen, die aber vorzeitig aus dem Wasser sind. Von den Verleihbootpiraten war nichts zu sehen.. Wahrscheinlich hatten wir ein zufällig, gutes Zeitffenster gewählt... Hier ein kurzes Video dazu... (Leider hat der Akku der Cam frühzeitig aufgegeben und daher fehlen ein paar spritzige Schwallstellen.
Falls jemand morgen am 3.9.23 vor hat dort zu paddeln, oder kurzfristig noch eine Anregung braucht: Wegen einer Marathon-Großveranstaltung ist ein großer Teil der Paddelstrecke autofrei und damit hoffentlich stark lärmreduziert. Allerdings wird dadurch zusätzlich zu diversen Baustellen die Zufahrt zu den Ein- und Ausstiegstellen auch deutlich umständlicher; man sollte sich vorher gut überlegen wie die Logistik aussieht.