Lewis und Clark Expedition light, ein Wasserpfad im Nirgendwo, hier und heute.
Nach wenigen Paddelschlägen tauche ich plötzlich ins Nirgendwo ein, die zuvor umständliche Anreise und Portage ist vergessen. Mein Kanu schleicht dahin, ich nehme meine Fahrt sofort heraus, die sanfte Strömung zieht mich wie ein Sog gut dahin. Ab und zu etwas zu fix um für alle Sinne auf der Hut zu sein, hier und da ein Baumhindernis. An einer Wassergabelung wirkt die Strömung gegen null, ich entscheide mich für den rechten Wasserpfad. Es geht im Schall eines klopfenden Spechtes dahin, ein Schwan sucht schon sehr früh gemächlich das Weite. Mein Weg und Zeitgefühl löst sich auf, es ist sehr ruhig und auch einsam, besonders wenn es enger wird. Mich überrascht, dass es nicht seicht ist, bis auf die Nadelöhre. Ich denke mir, jetzt fehlen nur noch die Schatten der Eingeborenen. Siehe da ein toter Vogel, es schaut wie ein Greifvogel aus, ich kann und möchte nicht näher heran. Mein Kanu gleitet an einer Wildschweinsuhle vorbei, ein Geräusch verrät das etwas Größeres Unbekanntes in der Nähe ist.
Irgendwann sehe ich den Schwan wieder, wir schauen uns auf über fünfzig Schritt gegenseitig an, er kommt kurz etwas näher. Ich muss nicht unbedingt wissen ob es weiter geht, ich kehre für heute um. Auf dem Rückweg scheint die Tierwelt aktiver zu sein, eine junge Entenfamilie ist die Vorhut bis zur Gabelung, ich schleiche mit Abstand hinterher, ich müsste links ab, paddle lieber geradeaus weiter. Die Strömung ist ab hier nicht träge, was der Entenfamilie auch Paddelarbeit abnimmt, nach einiger Zeit kehre ich um. Sofort dämmert es, einfach nur so ohne Mühe geht die kleinere Bergfahrt zurück zur Gabelung nicht, einmal muss ich erneut Anlauf nehmen. Vor der besagten Gabelung ist der Strömungsabschnitt geschafft. Beim Rückweg paddelte ich noch an einer Biberburg vorbei die mir anfangs einfach so aus dem Auge entflogen ist.
Spuren hinterließ ich nur auf dem Wasser, Landgang verbot ich mir, ich wollte es so belassen wie es ist, dieses Fleckchen Erde. Die Vorfreude und Spannung auf ein nächstes Mal im Strömungsabschnitt im Herbst oder Winter bleibt. So verbrachte ich zweieinhalb Stunden auf dem Wasser.
@Donaumike Das ist mal wieder ein sehr spannend und schön zu lesender Bericht einer tollen Tour! Schreibst Du eigentlich auch Bücher? Ich glaube das würde Dir echt liegen!
Sehr schön! Erinnert mich an Taubergiessen und dem Gelände davor und danach wenn man zur richtigen Jahreszeit, und vor allem unter der Woche da unterwegs sein kann. CU Bernd
Wunderschön zu lesender Wildnisausflug, mit etwas Spannung warte ich darauf auch hier im Norden in den Genuss des bei dir deutlich fortgeschritteneren Grüns zu kommen.
wie angekündigt konnte diesmal zur Winterszeit am 21. Tage im Januar 2016, mit dem Kanu auf dem Wasserpfad ins Ungewisse, tiefer hineingepaddelt werden. Die Temperaturen im Minusbereich und der Expeditionscharakter, veranlassten den Trocki anzulegen. Zumal war es sinnvoll sich auf das Nötigste zu beschränken, weil sperriges Gepäck irgendwann nur gestört und ggf. verloren gegangen wäre. Die Verpflegungsration beschränkte sich auf eine Thermoskanne Tee und zwei kleine süße Snacks. Sicherheitshalber wurde noch wasserdicht verpackter Zunder, Streichhölzer, Feuerzeug und eine Kerze mitgeführt.
Nach dem Portagieren, einer Kanuverwendung als Schlitten und einer abenteuerlichen Einstiegsmöglichkeit, saß ich nun im Kanu und sickere über dem Wasserwege augenblicklich in die weiße Welt hinein. Mein Kanu zog magnetisch dahin, es möchte sicher dorthin wo Antworten gegeben werden. An einem querliegenden Bäumchen stupste mein Bug an, um zu sehen was passiert. Es passierte auch nichts. So lege ich längsseits an und spürte wie das Kanu kippliger wurde. Die sachte Strömung und das Hindernis hatte ich etwas unterschätzt. So drehte ich das Kanu und paddelte durch eine Lücke unterm Gehölz hindurch, sodass es eine Menge Schnee hinabrieselte. In den weißen Wipfeln wurden Silber und Graureiher aus größerer Entfernung kurz gesichtet. Ein Fernglas wäre angebracht gewesen, hätte aber sicher als zusätzliches Gerödel gestört. An der bekannten Wassergabelung angelangt, zwei Schwäne voraus. Einer fauchte und schwamm nach links zum Strömungsabschnitt, der andere verflüchtigte sich in den rechten Wasserlauf. Näher herangepaddelt, entpuppte sich der rechte Wasserlauf zu einem mit Eis und Schneebedeckten Wasserpfad. Der Schwan tippelte darüber und verschwand. Die hinterlassene Spur schaute Schuhabdrücken ähnlich. So ließ ich mich in den eisfreien Strömungsabschnitt hineintreiben. Nicht lange und der erste Eisvogel flog dahin. Hier und da wurde es enger, Kiesbänke, Inseln in Miniformat zogen vorüber und schöne Kehrwasser, die für ein Solokanu gerade noch brauchbar waren, und auch genutzt wurden. Plötzlich tauchte der verlorengegangene Schwan, in etwa 80 Meter Entfernung auf und fauchte. Daraufhin setzten seine Flügel im bekannten metallischen Singen ein. Wir kamen uns näher zumal die Strömung kurzzeitig nachlegte. Der Schwan wurde immer schneller, lauter und mächtiger. Es dauerte nicht lange, da hob er ab und flog im Tiefflug direkt auf mich zu. Ich war etwas benommen und wurde zu einem Stein der kurz Aufschrie. Der Schwan flog neben meinem Haupt hauchknapp vorbei. Nach diesem unvergesslichen Erlebnis, parkte ich erstmal in einem kleinen Kehrwasser ein. Wenig später ging es weiter durch diese weiße Welt mit all seinen natürlichen Lauten und Augenweiden. Hinter einer Biegung wurde durch rauschen meine Aufmerksamkeit geschärft. Eine umströmte Insel, ein nicht weit weg davon gelegenes Rohrhindernis, sichtbar. Ein schmaler befahrbarer Weg führte darüber. Die Strömung wurde immer flotter und es musste eine Parklücke gefunden werden. Hinter der Insel in dessen Kehrwasser fand ich einen Platz für einen Orientierungshalt. Die Röhre wäre von den Abmessungen durchfahrbar gewesen, die Strömung und die nicht ganz freie Durchfahrt hielten mich davon ab. Eine weitere Anlandungsmöglichkeit am Ufer tauchte nicht auf, sodass mit Mühe etwa 50 Meter bergauf zurück gepaddelt werden musste. Dabei kam ich durch die Strömungsverhältnisse und mangelndem Platz zwischen knapp überspülten Kiesbänken und der Insel kurz ins straucheln. Nicht weit weg davon legte ich an. Dort gab es Tee und ein Teil meiner Notration. Die anschließende Erkundung über Land ergab, dass der nächste fließende Abschnitt sich weiter lohnen würde. Eine weitere Befahrung wird irgendwann folgen. Am Kanu zurückgekehrt, lies sich eine kleine Maus blicken, die gleich wieder unter dem Schnee verschwand. So verschwand ich dort auch wieder zur Basis mit sanfteren und unsanfteren Paddelschlägen.
Schei...Grammatik...
Grüße von der Donau oder nicht weit weg davon Mike
Die Neugierde war zu groß, um das dritte Vorhaben weiter aufzuschieben. Zumal sollte der Schnee noch hilfreich sein, solange etwas noch davon liegt, um mögliche längere Portagen mit Kanu auf Schnee durchzuführen. Die Möglichkeiten für die Anfahrt und das zurückkommen über Land und auf dem Wasserwege vervielfältigten sich.
Der nächste unbekannte Flussabschnitt, wurde rasch aber nicht in Eile über den nun bekannten Wasserweg erreicht. Die Schwäne suchten diesmal frühzeitig das weite, der Eisvogel durfte auch nicht fehlen. Mitten im weißen Flecken Erde auf dem Wasser, ging die Reise durch ähnliche Flussabschnitte wie der Der Paar und Abens. Baumhindernisse hielten sich in Grenzen, ein ausbooten durch brauchbare Fahrmanöver wurde so nicht nötig. Plötzlich ein sachtes knacken im Gehölz. Dumpfe leise Bässe von fixen Schritten im Ohr, siehe da ein Wildschwein, das sich elegant und ohne Lärm am Ufer entlang aus dem Staub machte. Dies war mein erstes Wildschwein, was ich vom Wasser aus gesichtet hatte. Jetzt wurde mir auch klar, warum Hochsitze, sei es intakt oder verfallen, hier und da anzutreffen waren. Einer davon lag als Treibgut mittig im Wasser.
In einem von mehreren kurvigen Abschnitten, musste einmal über eine Kiesbank, einem kleineren Baumhindernis ausgewichen werden, weil es im Stromstrich hing. Dort musste das Kanu eine sachtere Grundberührung wegstecken. Irgendwann kam mein erwartetes Ziel in Sicht, wo ich rechtzeitig ausbooten musste, um keinen Rohrklemmer dort zu bekommen. Irgendwann geht dort meine Paddeltour weiter, eine Übernachtung auf Tour wird immer wahrscheinlicher. Von dort aus zog ich mein Kanu gute zwei Kilometer über den Schnee, um auf dem Wasserweg zu gelangen, der mich zur Basis über mehrere Flusskilometer zurückführte.
Grüße von der Donau oder nicht weit weg davon Mike
Das klingt ja richtig spannend. Schön, dass Du den Schnee so gut nutzen kannst. Wir machen das im Winter auch gerne so, dass wir die Boote als Zugschlitten einsetzen. Gerne würde ich ja mal auf einer Karte nachverfolgen, wo Du Dich da so rumtreibst.
Axel
P A D D E L B L O G "Why would you want to sit and pull your canoe along, when you can stand tall and carry a big stick?" Harry Rock
Neugierde, kein schlechter Antrieb. Leider ist bei uns heuer absolut kein Schnee in Sicht. Unglaublich! So labe ich mich an Deinen Bildern und der eigenen Erinnerung:
ich werde Dir über den Landstrich berichten, wenn ich bei Dir am Neckar bin. Bis dahin sollte ich am Ziel sein. Schöne Aktion, die Wintertour bzw. Schlittenfahrt. Diesen Blogeintrag kannte ich noch gar nicht. Da war ich leider noch weit weg vom Open Canoe. Ich muss doch einmal alles nach und nach in Deinem interessanten und lehrreichen Blog durchlesen. Ich bin auch froh den wenigen Schnee genutzt zu haben, einen Tag später und es hätte nicht mehr gereicht.
„Gebt mir Kanu und Schnee, der Rest kann behalten werden“
Grüße von der Donau oder nicht weit weg davon Mike
Hier ein kurzes Filmchen von einem Teilstück der winterlichen Erkundungsfahrt. Nur gut das Foto mit Video verwechselt wurde. Absicht war, einen Eisvogel zu fotografieren...
Zu guter Zeit bei fünf Grad plus tauchte ich mit meinem Kanu nach einem Spaziergang durch den Grünen Walde auf einem schmalen Pfade, in das fließende Element ein. Den ersten von den zwei schon befahrenen Gewässerabschnitten kürzte ich durch diesen Landweg ab, um mir das zeitraubende einsetzen und aussetzen zu ersparen. So begann ich mit dem zweiten Gewässerabschnitt und durchpaddelte diesen in der Annahme wieder ein Wildschwein oder anderes zu entdecken. Leider ließ sich keines blicken, dafür einige Suhlen an den Ufern. Das bekannte Umfeld diesmal nicht in Weiß, grün ist auch eine schöne Farbe. Das Kanu glitt dahin, plötzlich tauchte ein Fischotter auf und verschwand. Irgendwann das Erste ausbooten, nur ein paar Meter versetzt vom letzten Mal, weil das Wasser dort zu unruhig wurde. Das ausbooten wurde dennoch schwierig, zu tief für meine Paddelstiefel und das Ufer zu hoch. Nun war ich dort angelangt wo ein neues Abenteuer auf dem unbekannten Wasserwege beginnen sollte. So setzte ich in den sacht fließenden Wasserpfad mit geländebedingten Hürden neben einer Wildschweinsuhle ein. Der folgende Abschnitt schlängelte sich durch die Wildnis, hier und da ein Bäumchen im Wasser, was präzise Fahrt und Umsicht erforderte. Die Ufer und die Vegetation beeindruckten durch ihre Vielfalt. Ein weiterer Fischotter ließ sich diesmal länger blicken. Oft ein Knacken im Urwald der Stille, keine Sicht auf deren Ursache, ein Umstand an das ich mich erst wieder gewöhnen muss. Einige Stellen wurden so idyllisch, wo sich ein Gefühl des Angekommen - sein - einstellte. Plötzlich wieder ein Knacken, eine Hirschkuh oder verwandtes konnte für einen Augenblick gesichtet werden. Nicht weit weg davon ein breiterer Abschnitt, mit einem größeren Teich zu verwechseln. Ein Schwan verkrümelte sich und ein Kranich schloss sich nicht weit weg davon mit an. Wenige Enten suchten das Weite, auf der Donau ist derzeit mehr Betrieb. Die Anspannung stieg, eine unbekannte Hürde sollte langsam auftauchen. So kam ein Durchlass in Form einer Röhre zum Vorschein, die zu einer Durchfahrung durch dessen Ausmaße animierte. Mit Schwierigkeiten wurde in einem winzigen Kehrwasser davor geparkt, das Umsetzen wurde ähnlicher Natur wie zuvor. An Land war ich kurz orientierungslos, weil ein Wasserlauf zu viel, das Gelände einem Urwald glich. Kartenmaterial existiert davon nicht, was einem etwas beistehen könnte. Nach einer entspannten Erkundung über Land wurde ich wieder Herr meiner Sinne. Nach dem einbooten war ich auf dem rechten Wege und erkannte, das der Durchlass eine gute Mausefalle gewesen wäre. Der Flusscharakter wechselte sich ständig mit Kleinfluss und größeren Bach ab. Ein sachtes Rascheln und Knacken, ein Rehbock der sich etwas länger blicken ließ. So tauchte ich immer weiter hinein und wurde ganz süchtig danach. Gefühlsmäßig näherte ich mich einer weiteren Portage, die Erkundung aus der Luft hatte dies zu erahnen gelassen, was sich aber nicht bestätigte. Nun war ich an meinem Ziel angelangt; nicht ganz! Es waren noch etwa 20 Meter bis zu einem befestigten Weg, der auch auf Zivilisation hindeutete. In der Nähe von einer Biberröhre legte ich nun an. Auf einmal tauchte einfach so ein Biberkopf vor meinem Bug auf, schaute mich für mehr als fünf Sekunden an, platschte und verschwand. Dorthin zum Weg konnte nicht gepaddelt werden, weil der Sog des Durchlasses einen Klemmer verursacht hätte. Nun stieg ich abenteuerlich aus und musste für 20 Meter Luftlinie zum Ziel, einen Umweg von etwa 70 Metern durch unwegsamstes Gelände mit Sumpf überwinden. Am Ziel sortiert und mit einem Notvorrat gestärkt, war nun die Tour einer anderen schönen Art zu ende. Fortsetzung folgt, irgendwann.